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Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der [[Hollandsturmflut]], die am 1. Februar 1953 für über 2.000 Tote sorgte und die [[Sturmflut 1962|Hamburger Sturmflut]] am 16./17. Februar 1962, bei der 315 Hamburger starben. Die „Jahrhundertflut“ von 1976 und die „Nordfrieslandflut“ von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der [[Deichbau]] und der Küstenschutz erheblich verbessert worden war, kam es hier nur zu Sachschäden. |
Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der [[Hollandsturmflut]], die am 1. Februar 1953 für über 2.000 Tote sorgte und die [[Sturmflut 1962|Hamburger Sturmflut]] am 16./17. Februar 1962, bei der 315 Hamburger starben. Die „Jahrhundertflut“ von 1976 und die „Nordfrieslandflut“ von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der [[Deichbau]] und der Küstenschutz erheblich verbessert worden war, kam es hier nur zu Sachschäden. |
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Die größte Häufung von Sturmfluten an der deutschen Küste ereignete sich vom 26. bis zum 28. Februar 1990. Innerhalb von drei Tagen trafen eine Windflut, zwei Orkan- und zwei Sturmfluten auf die Küste. In [[Büsum]] wurden Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu einigen Sachschäden.<ref name="GSH">[http://www.geschichte |
Die größte Häufung von Sturmfluten an der deutschen Küste ereignete sich vom 26. bis zum 28. Februar 1990. Innerhalb von drei Tagen trafen eine Windflut, zwei Orkan- und zwei Sturmfluten auf die Küste. In [[Büsum]] wurden Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu einigen Sachschäden.<ref name="GSH">[http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/sturmflut.htm Geschichte Schleswig-Holsteins:Sturmfluten]</ref> |
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[[Datei:Afsluitdijk - cropped.jpg|miniatur|Der 32 Kilometer lange [[Abschlussdeich|Afsluitdijk]] der [[Zuiderzeewerke]]]] |
[[Datei:Afsluitdijk - cropped.jpg|miniatur|Der 32 Kilometer lange [[Abschlussdeich|Afsluitdijk]] der [[Zuiderzeewerke]]]] |
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Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreichen Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das „Festland“ wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmfluten bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie [[Nehrung]]en oder [[Geest]]zungen. Erste menschliche Siedlungen im flachen Meeresspiegelbereich wurden ab dem 7./8. Jahrhundert auf [[Warft]]en errichtet – künstliche Hügel von mehreren Metern Höhe. Bis zum Übergang vom Früh- ins Hochmittelalter dienten [[Ringdeich]]e dazu, größere Gebiete zu schützen. Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen, die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Bereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln. |
Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreichen Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das „Festland“ wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmfluten bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie [[Nehrung]]en oder [[Geest]]zungen. Erste menschliche Siedlungen im flachen Meeresspiegelbereich wurden ab dem 7./8. Jahrhundert auf [[Warft]]en errichtet – künstliche Hügel von mehreren Metern Höhe. Bis zum Übergang vom Früh- ins Hochmittelalter dienten [[Ringdeich]]e dazu, größere Gebiete zu schützen. Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen, die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Bereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln. |
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* [http://www.edc.uri.edu/lme/text/north-sea.htm Large Marine Ecosystems: North Sea] (englisch) |
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* [http://www.ospar.org/eng/doc/pdfs/R2C2.pdf Überblick über Geografie, Hydrografie und Klima der Nordsee (Kapitel II des Quality Status Report). Herausgegeben von OSPAR, 2000] (PDF; 2,94 MB) |
* [http://www.ospar.org/eng/doc/pdfs/R2C2.pdf Überblick über Geografie, Hydrografie und Klima der Nordsee (Kapitel II des Quality Status Report). Herausgegeben von OSPAR, 2000] (PDF; 2,94 MB) |
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* [http://www1.uni-hamburg.de/SYKON/ Bericht der Universität Hamburg über die Nordseeforschung mit Vorschlägen für zukünftige Forschungsarbeiten. Projekt SYCON = Synthesis and New Conception for North Sea Research] (engl.) |
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* [http://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/CONTIS-Informationssystem/ContisKarten/Gesamte_Nordsee%2c_saemtliche_Nutzungen_und_Schutzgebiete_.pdf Karte sämtlicher menschlicher Nutzungen der Nordsee] (PDF; 273 kB) |
* [http://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/CONTIS-Informationssystem/ContisKarten/Gesamte_Nordsee%2c_saemtliche_Nutzungen_und_Schutzgebiete_.pdf Karte sämtlicher menschlicher Nutzungen der Nordsee] (PDF; 273 kB) |
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* [http://www.wsd-nordwest.de/vk/karten/dbwk1000/index.html BWaStr Karte DBWK 1000, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes] |
* [http://www.wsd-nordwest.de/vk/karten/dbwk1000/index.html BWaStr Karte DBWK 1000, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes] |
Version vom 4. Mai 2013, 11:21 Uhr
Die Nordsee ist ein Schelfmeer am Rand des Atlantischen Ozeans im nordwestlichen Europa. Bis auf die Meerengen beim Ärmelkanal und beim Skagerrak auf drei Seiten von Land begrenzt, öffnet sich das Meer trichterförmig zum nordöstlichen Atlantik. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben rund 80 Millionen Menschen.
Die Nordsee selbst ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Weg Mittel- und Nordeuropas zu den Weltmärkten. Die südliche Nordsee ist zusammen mit dem angrenzenden Ärmelkanal die am dichtesten befahrene Schifffahrtsregion der Welt. Unter dem Meeresboden befinden sich größere Erdöl- und Erdgasreserven, die seit den 1970er Jahren abgebaut werden. Kommerzielle Fischerei hat den Fischbestand des Meeres in den letzten Jahrzehnten vermindert. Umweltveränderungen entstehen auch dadurch, dass die Abwässer aus Nordeuropa und Teilen Mitteleuropas direkt oder über die angrenzende Ostsee in das Meer fließen.
Geographie
Die Nordsee liegt größtenteils auf dem europäischen Kontinentalschelf. Eine Ausnahme bildet lediglich ein schmales Gebiet der nördlichen Nordsee vor Norwegen. Die Nordsee wird begrenzt von der Insel Großbritannien im Westen und dem nord- und mitteleuropäischen Festland mit Norwegen (Nordost), Dänemark (Ost) sowie Deutschland (Südost), Niederlande (Süd), Belgien und Frankreich (Südwest).
Im Südwesten geht die Nordsee durch die Straße von Dover in den Ärmelkanal über, im Osten hat sie über Skagerrak und Kattegat Kontakt zur Ostsee und nach Norden öffnet sie sich trichterförmig zum Europäischen Nordmeer, das im Osten des Nordatlantiks liegt.
Neben den offensichtlichen Grenzen durch die Küsten der Anrainerstaaten wird die Nordsee durch eine gedachte Linie vom norwegischen Lindesnes hin zum dänischen Hanstholm in Richtung Skagerrak abgegrenzt. Die nördliche Grenze zum Atlantik ist naturräumlich weniger eindeutig. Traditionell wird eine gedachte Linie von Nordschottland über die Shetlands bis hin zum norwegischen Ålesund angenommen; nach dem Oslo-Pariser-Abkommen von 1962 verläuft sie etwas weiter westlich und nördlich entlang von 5° westlicher Länge und 62° nördlicher Breite auf Höhe des norwegischen Geirangerfjords.
Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 1120 km von 50°56'N bis 62°N. Die maximale Breite von Osten nach Westen beträgt 1001 km von 4°26'W bis 9°50'O.
Die wichtigsten Zuflüsse sind vom Festland her die Schelde, die Maas, der Rhein, die Ems, die Weser und die Elbe sowie die Themse, die in England nördlich der Straße von Dover in dieses Meer mündet.
Die Flächenausdehnung der Nordsee beträgt rund 575.000 km² bei einer durchschnittlichen Tiefe von 94 Metern, das ergibt ein Wasservolumen von rund 54.000 km³.
Geologie und Hydrologie
Geologie
Entstehung
Die Nordsee ist ein geologisch altes Meer und ihre Entstehung sowie die Veränderungen in Gestalt und Größe sind über einen Zeitraum von etwa 350 Millionen Jahren zu beobachten. Im Tertiär senkte sich das Nordseebecken endgültig. Die jetzige Form erhielt sie jedoch erst mit dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 11.000 Jahren. Auch der jetzige Zustand ist nur ein Stadium in der dynamischen Entwicklung der Nordsee: langfristig lässt sich weiterhin ein Anstieg des Meeresspiegels beobachten, der über die letzten 7.500 Jahre gerechnet bei etwa 33 Zentimeter/Jahrhundert liegt (mittleres Tidenhochwasser an den deutschen Küsten). Im letzten Jahrhundert stieg das Wasser um etwa 20 bis 25 Zentimeter.
In der Weichseleiszeit waren wie in den anderen Eiszeiten auch große Wassermengen im Eis der Gletscher gebunden, das Inlandeis Skandinaviens war bis zu drei Kilometern dick. Der Meeresspiegel lag auf dem Höhepunkt der Weichseleiszeit bis zu 120 Meter unter dem heutigen Stand, die Küstenlinien verliefen etwa 600 Kilometer nördlich des heutigen Stands. Große Teile der Nordsee lagen damals trocken. Am Ende der Weichseleiszeit lag der Meeresspiegel etwa 60 Meter unter dem heutigen Normalnull, wobei die Küstenlinie nördlich der heutigen Doggerbank verlief. Die gesamte südliche Nordsee war Festland, das sogenannte Doggerland, die britischen Inseln und das europäische Festland waren eine zusammenhängende Landmasse. In den darauf folgenden Jahrtausenden stieg das Wasser, wobei dieser Anstieg im Laufe der Zeit an Geschwindigkeit abnahm.
Vor etwa 9.850 bis 7.100 Jahren wurden Teile des Elbe-Urstromtals überflutet. Etwas später öffnete sich der Ärmelkanal und das Wattenmeer begann sich zu bilden. In der darauf folgenden Zeit wechselten Phasen stärkeren Wasseranstiegs (Transgression) mit solchen einer Wassersenkung (Regression). Vor etwa 5.000 Jahren (3000 v. Chr.) lag der Meeresspiegel an der südlichen Küste etwa vier Meter unter dem heutigen Niveau, um den Beginn der christlichen Zeitrechnung knapp zwei Meter unter dem heutigen Meeresspiegel. Nachdem er zwischenzeitlich anstieg, sank er um 1000 wieder auf das Niveau zu Beginn der christlichen Zeitrechnung, um schließlich in mehreren Schüben langsamer weiter zu steigen.[1]
Gestalt und Gliederung
Die Nordsee ist ein Schelfmeer mit einer durchschnittlichen Tiefe von nur 94 Metern. Der Meeresboden liegt größtenteils auf dem Schelf, und so steigt die Tiefe von 25 bis 35 Metern im südlichen Teil auf bis zu 100 bis 200 Metern am Kontinentalhang zwischen Norwegen und nördlich der Shetlandinseln. Der gesamte südliche Teil des Meeres ist dabei höchstens 50 Meter tief. Die Ausnahme bildet die Norwegische Rinne; an dieser tiefsten Stelle misst die Nordsee 725 Meter. Die flachste Stelle abseits der Küstengebiete liegt in der Doggerbank. Die südliche Nordsee wird von zahlreichen großen Sandbänken durchzogen.
Die Nordsee wird generell in die flache südliche Nordsee, die Zentralnordsee, die nördliche Nordsee und die Norwegische Rinne mit dem Übergang Skagerrak unterteilt. In der südlichen Nordsee geht der Ärmelkanal in die Straße von Dover über. Die Southern Bight liegt vor der niederländischen und belgischen Küste, die Deutsche Bucht inklusive der Helgoländer Bucht vor der deutschen Küste. Das Flachwassergebiet der Doggerbank begrenzt die deutsche Bucht hin zur Zentralnordsee. Das Wattenmeer zieht sich an der südlichen Küste von Den Helder in den Niederlanden nahezu die gesamte deutsche Nordseeküste entlang bis Esbjerg in Dänemark.
Die Flachwasserzone Doggerbank ist etwa halb so groß wie die Niederlande mit einer Tiefe zwischen nur 13 Metern bis zu höchstens 20 Metern. Sie ist als Ort zum Fischfang berühmt, bei Stürmen brechen hier sogar häufiger die Wellen.
Die Norwegische Rinne ist durchschnittlich 250 bis 300 Meter tief, wird am Übergang zum Skagerrak bis zu 725 Metern tief und spielt eine wichtige Rolle beim Wasseraustausch mit Ostsee und Atlantik. Entlang der Norwegischen Rinne fließt der Norwegische Strom, über den der größte Teil des Nordseewassers in den Atlantik fließt. Ebenso fließt hier ein Großteil des aus der Ostsee stammenden Wassers nach Norden. In der Zentralnordsee, etwa 200 Kilometer östlich der schottischen Stadt Dundee finden sich im Devil's Hole weitere Gräben. Die wenige Kilometer langen Gräben gehen in einer Umgebung, die etwa 90 Meter Wassertiefe hat, auf 230 Meter hinunter.
Die Straße von Dover erreicht Meerestiefen von etwa 30 Metern, der Meeresgrund fällt nach Westen hin bis zum Ende des Ärmelkanals bis zu 100 Meter ab. Zwischen den Niederlanden und Großbritannien liegen Tiefen zwischen 20 und 30 Metern, die bis zu 45 Meter an der friesischen Front gehen.
Für Fischerei- und Wettervorhersagen wie beispielsweise die des Seewetterdienstes Hamburg wird die Nordsee in verschiedene Teilbereiche untergliedert:
Westliche Nordsee von Norden nach Süden:
- Viking – östlich der Shetlandinseln, wird im Süden durch Forties und im Osten durch Utsira begrenzt
- Forties – östlich Schottlands
- Dogger – liegt unter anderem über der Doggerbank
- Südwestliche Nordsee – das Gebiet der Southern Bight
Östliche Nordsee von Norden nach Süden:
- Utsira – westlich der norwegischen Küste, nach der gleichnamigen Insel
- Fischer – grenzt westlich an den Skagerrak
- Deutsche Bucht – zwischen der niederländischen, deutschen und dänischen Nordseeküste
Hydrologie
Grundlegende Daten
Der Salzgehalt des Meerwassers ist orts- und jahreszeitenabhängig und liegt zwischen 15 und 25 Promille in der Nähe der Flussmündungen und bis zu 32 bis 35 Promille in der nördlichen Nordsee.
Die Temperatur kann im Sommer 25 °C erreichen und 10 °C im Winter. Die Temperatur variiert dabei stark abhängig vom Einfluss des Atlantiks und der Wassertiefe, vor allem wegen der Meeresströmungen. In der tieferen nördlichen Nordsee, in einem Gebiet südlich und östlich der Shetlands, ist die Wassertemperatur durch das einströmende Atlantikwasser das ganze Jahr über fast konstant bei 10 °C, während an der sehr flachen Wattenmeerküste die größten Temperaturunterschiede auftreten und es in sehr kalten Wintern auch zu Eisbildung kommen kann.
Wasserzirkulation
Wasserzirkulation allgemein
Das Austausch-Salzwasser der Nordsee fließt durch den Ärmelkanal und entlang der schottischen und englischen Küsten aus dem Atlantik in die Nordsee. Größter Süßwasserzulieferer sind die in die Ostsee mündenden Flüsse, die über das Skagerrak ihren Abfluss in die Nordsee finden. Die Nordseeflüsse entwässern etwa 841.500 km² und bringen pro Jahr ungefähr 296 bis 354 km³ Frischwasser ins Meer. Die Ostseeflüsse entwässern mit 1.650.000 km² knapp das doppelte Gebiet und tragen 470 km³ Frischwasser jährlich bei.
Entlang der dänischen und norwegischen Küsten fließt das Wasser im Norwegischen Strom in den Atlantik zurück. Dieser bewegt sich vor allem in einer Wassertiefe von 50 bis 100 Metern. Das Brackwasser der Ostsee und aus Nordsee- und Fjorden stammendes Frischwasser sorgen für einen relativ niedrigen Salzgehalt des Stroms. Ein Teil des wärmeren einfließenden Atlantikwassers dreht entlang des Stroms wieder nordwärts und sorgt für einen warmen Kern im Gewässer. Im Winter hat der Strom eine Temperatur von 2 bis 5 °C; die Salinität beträgt weniger als 34,8 Promille. Das durch eine Front getrennte Atlantikwasser der Nordsee ist hingegen über 6 °C warm; der Salzgehalt liegt bei mehr als 35 Promille.[2]
In etwa ein bis zwei Jahren ist das Wasser im Meer komplett ausgetauscht. Innerhalb des Meeres lassen sich anhand von Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffen und Verschmutzung klare Wasserfronten erkennen, die im Sommer ausgeprägter sind als im Winter. Große Fronten sind die „friesische Front“, die Wasser aus dem Atlantik von Wasser aus dem Ärmelkanal trennt und die „dänische Front“, die Küstenwasser vom Wasser der Zentralnordsee trennt. Die Einmündungen aus den großen Flüssen gehen nur langsam in Nordseewasser über. Wasser aus Rhein und Elbe beispielsweise lässt sich noch bis zur nordwestlichen Küste Dänemarks klar vom Seewasser unterscheiden.
Die wichtigsten direkten Nordseezuflüsse sind:[3]
- Rhein/Maas (Niederlande) 2.524 m³/s
- Elbe (Niedersachsen/Schleswig-Holstein) 856 m³/s
- Glomma (Norwegen) 603 m³/s
- IJsselmeer (Niederlande) 555 m³/s
- Weser (Niedersachsen/Bremen) 358 m³/s
- Skjern Å (Dänemark) 206 m³/s
- Firth of Tay (Schottland) 203 m³/s
- Moray Firth (Schottland)
- (diverse Flüsse inklusive des Spey) 168 m³/s
- Schelde (Belgien/Niederlande) 126 m³/s
- Humber (England) 125 m³/s
- Forth (Schottland) 112 m³/s
- Ems (Niedersachsen) 88 m³/s
- Tweed (Schottland und England) 85 m³/s
- Themse (England) 76 m³/s
Wasserzirkulation durch Stoffeinträge aus Flüssen und der Atmosphäre
Die Auswirkung von Stoffeinträgen aus Flüssen und der Atmosphäre lassen sich als komplexe Szenarien nur mit Hilfe von modernen numerischen Verfahren berechnen.
Gezeiten
Die Gezeiten werden durch die Gezeitenwellen aus dem Nordatlantik ausgelöst, da die Nordsee selbst zu klein und zu flach ist, um eine nennenswerte Tide auszubilden. Ebbe und Flut wechseln sich in einem Rhythmus von 12,5 Stunden ab. Die Gezeitenwelle läuft bedingt durch die Corioliskraft an der Ostküste Schottlands in südlicher Richtung, weiter längs der englischen Küste und erreicht etwa 12 Stunden nach Eintreffen in Schottland die deutsche Bucht. Sie umläuft dabei drei amphidromische Punkte. Eine Amphidromie liegt kurz vor der Straße von Dover. Sie bildet sich durch die Gezeitenwelle, die über den Ärmelkanal einläuft, und beeinflusst die Gezeiten in dem schmalen Gebiet De Hoofden in der Southern Bight zwischen Südengland und den Niederlanden. Die beiden anderen amphidromischen Punkte liegen kurz vor der Küste Südnorwegens und auf einer Schnittlinie zwischen Süddänemark und Südschottland über der Jütlandbank auf 55° 25' N, 5° 15' E. Sie bilden ein einziges Feld, um das die Gezeiten herumlaufen.
Der Tidenhub liegt so in Südnorwegen bei unter einem halben Meter, erhöht sich aber, je weiter eine Küste von der Amphidromie entfernt liegt. Flache Küsten und trichterartige Verengungen erhöhen den Tidenhub. Am größten ist er in der Wash an der englischen Küste, wo ein Tidenhub von 6,8 Metern erreicht wird. An der deutschen Nordseeküste beträgt der Tidenhub je nach Küstenform und -lage zwischen zwei und viereinhalb Metern. In den Flachwasserbereichen wird der tatsächliche Tidenhub jedoch stark von weiteren Faktoren wie der Küstenlage und dem herrschenden Wind oder Sturm beeinflusst (Sturmflut). In den Mündungsgebieten der Flüsse kann ein hoher Wasserstand der Flüsse den Fluteffekt maßgeblich verstärken.
Flora und Fauna, Umweltschutz
Starke Gezeiten, große algen- und Seetangreiche Flachwasserbereiche, der Strukturreichtum und der große Nährstoffvorrat in der See sorgen für ein vielfältiges Leben in der Nordsee.
Lebensraumtypen der Nordsee
Die Nordsee bietet eine Reihe sehr verschiedener Lebensraumtypen, die von unterschiedlichen Biozönosen bewohnt sind. So unterscheidet man grundsätzlich in die Lebensräume der Küstengebiete, die verschiedene Küstentypen wie die Steilküsten, Felsküsten und Sandküsten beinhalten, von den tatsächlichen aquatischen Lebensräumen. Wichtige Übergangsgebiete stellen im Fall der Nordsee zudem die Salzwiesen und die Wattflächen dar, die sich durch einen Wechsel der Lebensbedingungen abhängig von Ebbe und Flut auszeichnen. In der Nordsee liegt das größte und artenreichste Wattenmeer der Welt. Auch die Bereiche der großen Flussmündungen, die Ästuare, die sich durch eine Durchmischung des in die Nordsee fließenden Süßwassers und des salzigen Nordseewassers auszeichnen, stellen einen eigenen Lebensraumtyp dar.
Die aquatischen Lebensräume lassen sich zudem in das Freiwasser, das sogenannte Pelagial, sowie den Gewässerboden, das Benthal, unterscheiden. Die benthischen Lebensräume wiederum unterscheiden sich durch ihre Tiefe sowie durch ihre Bodenbeschaffenheit. So können sie felsig, kiesig oder sandig sein, außerdem können sie mehr oder weniger bis gar keine Schlickschichten tragen.
Umweltschutz
Die Nordsee leidet durch direkte Einleitungen von Schadstoffen, durch die Schadstoffbelastungen, die die Flüsse mit sich führen, und vor allem in den Küstenregionen unter den Belastungen, die die menschliche Nutzung mit sich bringt. Der Küstenschutz hat an der gesamten südlichen Nordseeküste einen stark landschaftsverändernden Einfluss. Tourismus und Freizeitgestaltung spielen hier eine ambivalente Rolle – zum einen belasten sie die Küstengebiete stark, zum anderen aber geben sie einen direkten ökonomischen Anreiz, die Landschaft weitgehend unversehrt und „schön“ zu erhalten. Wegen Überfischung schrumpfte in den 1970er Jahren vor allem die Population des Nordseeherings. Die Kabeljau-Bestände sind trotz einer gemeinsamen EG-Regulierung aus dem Jahre 1983 in den letzten Jahren extrem zurückgegangen.
Zum Schutz der Nordsee trafen die Anliegerstaaten verschiedene Abkommen. Das Bonner Abkommen von 1969 war das erste internationale Abkommen zum Umweltschutz in der Nordsee und betraf ausschließlich die möglichen negativen Folgen der Ölförderung.
Die Abkommen von Oslo (1972) und Paris (1974) beschäftigten sich erstmals in größerem Maßstab mit Schadstoffen im Meer; in ihrer Folge verabschiedeten die Anliegerstaaten 1992 die Oslo-Paris-Konvention. Für den Umweltschutz an den Küsten sind die Anliegerländer zuständig, die zu diesem Zweck verschiedene nationale Regelungen getroffen haben. In Deutschland bilden die Nationalparks Wattenmeer in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg die größten deutschen Nationalparks.
Küste und Inseln
Die Nordseeküste befindet sich derzeit in keinem Endzustand, sondern ist in stetiger Bewegung. In jüngerer Zeit trug neben singulären Naturereignissen, wie Sturmfluten, auch die in den letzten 500 Jahren gezielt betriebene Landgewinnung durch den Menschen zur Änderung der Küstenlinie bei.
Nördliche Nordsee: Fjorde, Schären, Kliffe
Die Nordsee wird durch ihre größte Insel, Großbritannien, nach Westen begrenzt, allerdings liegt nur die Ostküste an der Nordsee. Zu den größten Inselgruppen, die komplett in der Nordsee liegen, gehören die Shetlandinseln und Orkney.
Die nördlichen Nordseeküsten sind glazial geprägt durch die großen Gletscher, die auf ihnen zu den verschiedenen Eiszeiten lagen. Dadurch entstand eine stark gegliederte und zerklüftete Küstenlandschaft. Die Fjorde entstanden durch Gletscher, welche aus dem Hochgebirge durch sie hindurchzogen und in den Untergrund tiefe Rinnen schnitten und schabten. Während des folgenden Anstiegs des Meeresspiegels füllten sich diese mit Wasser. Sie weisen oft steile Küstenlinien auf und sind für Nordseeverhältnisse sehr tief. Fjorde kommen insbesondere an der Küste Norwegens vor.
Fjärde sind ähnlich wie die Fjorde aufgebaut, jedoch meist flacher mit breiteren Buchten, in denen sich auch oft kleinere Inseln befinden. Die Gletscher, die zu ihrer Entstehung führten, konnten den Untergrund auf einem größeren Gebiet beeinflussen und räumten so weitere Strecken des Landes ab. Fjärde finden sich vor allem an der schottischen und nordenglischen Nordseeküste. Einzelne Inseln in den Fjärden oder Inseln und Küste sind heute oft durch Nehrungen oder Halbinseln aus Sandablagerungen verbunden. Lokal heißen diese Tombolos.
Die Fjärde gehen nach Süden in eine Kliffküste über, die vor allem aus Moränen der Eiszeitgletscher entstanden sind. Durch den horizontalen Aufprall der Nordseeküste entstehen hier Abbruchküsten; das Material, das dabei abbricht, ist wichtiger Sedimentlieferant für das Watt auf der anderen Seite der Nordsee. Große Ästuare (Trichtermündungen) mit den dazugehörigen Watt- und Marschgebieten unterbrechen diese Kliffküste. Große Mündungen im Süden Englands gehören zu den Flüssen Themse und Humber.
Sowohl in Südnorwegen als auch an der schwedischen Küste des Skagerraks finden sich Schären. Entstanden ähnlich wie Fjorde und Fjärde hatten hier die Gletscher noch größeren Einfluss auf die Landschaft, so dass diese weiträumig abgetragen wurde. Strandflaten, die sich vor allem in Südnorwegen finden, sind Gesteinsplatten, die oft mehrere Kilometer Ausdehnung haben, fast vollkommen abgeschleift wurden und heute oft wenige Meter unter der Meeresoberfläche liegen.
Südliche Nordsee: Flachküste und Wattenmeer
Die Flachküste der südlichen und östlichen Küste bis hinauf nach Dänemark ist in ihren Grundzügen zwar ebenfalls eiszeitlich geformt, ihre Form wird jedoch vor allem durch das Meer und Sedimentablagerungen bestimmt. Der gesamte Küstenverlauf ist flach, die Tiden überschwemmen oft große Landstriche und geben diese danach wieder frei. Das Wasser lagert Sedimente ab. Im mikrotidalen Bereich (bis 1,35 Meter Tidenhub), wie etwa an der niederländischen oder der dänischen Küste, bilden sich Strandwälle mit Dünen. Im mesotidalen Bereich (1,35 bis 2,9 Meter Tidenhub) bilden sich Barriereinseln, im makrotidalen Bereich (über 2,9 Meter), wie etwa in der Elbmündung, bilden sich unterseeische Sandbänke.
Die niederländischen West- und die deutschen Ostfriesischen Inseln sind Barriereinseln. Sie entstanden an den Brandungskanten des Meeres, an denen durch die Brandung Sedimente aufgeschüttet und hinter der durch die brechenden Wellen Sedimente abgetragen wurden. Im Laufe der Zeit sammelten sich so Sandplaten an, die schließlich nur noch von Sturmfluten überschwemmt wurden. Die ersten Pflanzen begannen auf den Sandbänken zu siedeln, das Land verfestigte sich.
Obwohl sie heute befestigte Inseln sind, befinden sich einige von ihnen auch weiterhin in Bewegung. Für die ostfriesische Insel Juist beispielsweise sind seit 1650 fünf verschiedene Kirchplätze nachweisbar, da der Ort des Kirchenbaus mit der sich verlagernden Insel Schritt halten musste. Zeitweise bestand Juist auch aus zwei Inseln, bevor es wieder zusammenwuchs. Die benachbarte Insel Wangerooge verschob sich in den letzten dreihundert Jahren einmal um ihre komplette Länge nach Osten. Aufgrund der herrschenden Umweltbedingungen wird auf den Ostfriesischen Inseln an den Westküsten Land abgetragen, während sich an den Ostküsten Sedimente ablagern. Die Westküsten werden deshalb heutzutage verstärkt von den Menschen geschützt. Der Wattstrom (auch Balje, Gatt oder Tief) zwischen den Inseln dient zum Durchfluss der Gezeiten, so dass dort die Strömung ein Zusammenwachsen der Inseln verhindert.
Die Nordfriesischen Inseln sind hingegen aus den Resten alter Geestkerninseln entstanden, die durch Sturmfluten und Wassereinwirkungen teilweise abgetragen und vom Hinterland getrennt wurden. Sie sind deshalb oft höher und in ihrem Kern weniger stark Veränderungen ausgesetzt als die südlich liegenden Inseln. Außerhalb des Kerns finden sich aber dieselben Prozesse wie an West- und Ostfriesischen Inseln, besonders ausgeprägt auf Sylt, wo ein Durchbruch der Insel im südlichen Bereich droht, während der Lister Hafen im Norden versandet.
Die Halligen sind Reste des in mittelalterlichen Sturmfluten untergegangenen Marschlandes. Ihre Gestalt war in der Vergangenheit großen Veränderungen ausgesetzt. Von einmal über hundert Halligen existieren heute nur noch zehn, die übrigen sind entweder abgetragen oder ans Festland angedeicht worden.
Die sich nördlich anschließenden Dänischen Wattenmeerinseln sind aus Sandbänken entstanden. Noch bis in das 20. Jahrhundert war die Versandung der Inseln ein großes Problem. Zum Schutz der Inseln wurden kleinere Wälder angelegt.
An der südöstlichen Küste finden sich ebenfalls viele ausgedehnte Ästuare wie die von Maas, Rhein, Weser, Elbe oder Eider.
Besonders die Southern Bight veränderte sich durch Landgewinnung, denn die Niederländer waren dabei besonders aktiv; das größte Projekt dieser Art war die Abdeichung und die Landgewinnung am IJsselmeer.
Zwischen Esbjerg (Dänemark) im Norden und Den Helder (Niederlande) im Westen erstreckt sich das Wattenmeer. Dies ist eine von Ebbe und Flut geprägte Landschaft, von der wichtige Teile mittlerweile zum Nationalpark erklärt wurden. Die Insel Helgoland bildet einen Ausnahmefall, da sie nicht durch das auflaufende Watt entstand, sondern erheblich älter ist und aus Buntsandstein besteht.
Sturmfluten und Küstenschutz
Sturmfluten gefährden besonders die Küsten der Niederlande, Belgiens, Deutschlands und Dänemarks. Diese sind relativ flach, so dass bereits eine relativ geringe Erhöhung des Wasserstandes ausreicht, um weite Landstriche unter Wasser zu setzen. Zudem sind Stürme aus westlichen Richtungen an der Nordsee besonders heftig, so dass die gefährdetsten Stellen die südöstlichen Küsten sind. Winde aus Nordwest treffen dabei vor allem die Niederlande und die niedersächsische Küste, Winde aus West- bis Südwest die schleswig-holsteinische Küste. Im Laufe der Geschichte kosteten Sturmfluten hunderttausenden Menschen das Leben, diese Fluten formten maßgeblich die heutige Küstengestalt mit. Bis in die frühe Neuzeit hinein lagen die Opferzahlen oft bei mehreren zehntausend oder gar hunderttausend Opfern pro Flut. Inwieweit diese Zahlen zuverlässig sind, kann aber nach heutigem Wissen nur schwer eingeschätzt werden.
Die erste aufgezeichnete Flut ist die Julianenflut vom 17. Februar 1164. In ihrer Folge begann der Jadebusen zu entstehen. Die Erste Marcellusflut 1219 traf vor allem Westfriesland, bei der Sturmflut von 1228 überliefern die Chroniken 100.000 Tote. Die Zweite Marcellusflut oder Grote Mandränke von 1362 trifft die gesamte südliche Nordseeküste, wieder überliefern die Chroniken 100.000 Tote, große Teile der Küste werden zerstört und dauerhaft an die See verloren. Übrig bleiben Halligen. Darunter befindet sich auch die heute sagenumwobene Stadt Rungholt. Die Insel Strand entsteht aus den Überresten. Bei der Burchardiflut (Zweite Grote Mandränke) 1634 wird unter anderem die Insel Strand zerstört. Bei der Neujahrsflut 1721 wurde die Düne von Helgoland getrennt.
Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der Hollandsturmflut, die am 1. Februar 1953 für über 2.000 Tote sorgte und die Hamburger Sturmflut am 16./17. Februar 1962, bei der 315 Hamburger starben. Die „Jahrhundertflut“ von 1976 und die „Nordfrieslandflut“ von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der Deichbau und der Küstenschutz erheblich verbessert worden war, kam es hier nur zu Sachschäden.
Die größte Häufung von Sturmfluten an der deutschen Küste ereignete sich vom 26. bis zum 28. Februar 1990. Innerhalb von drei Tagen trafen eine Windflut, zwei Orkan- und zwei Sturmfluten auf die Küste. In Büsum wurden Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu einigen Sachschäden.[4]
Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreichen Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das „Festland“ wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmfluten bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie Nehrungen oder Geestzungen. Erste menschliche Siedlungen im flachen Meeresspiegelbereich wurden ab dem 7./8. Jahrhundert auf Warften errichtet – künstliche Hügel von mehreren Metern Höhe. Bis zum Übergang vom Früh- ins Hochmittelalter dienten Ringdeiche dazu, größere Gebiete zu schützen. Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen, die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Bereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln.
Die moderne Form des Deichbaus durch kommerzielle Unternehmer mit der bis heute benutzten Deichform begann im 17./18. Jahrhundert in den Niederlanden. Diese niederländischen Deichbauern exportieren diese Form auch in die anderen Nordseeregionen. Die Hollandflut 1953 und die Hamburger Sturmflut 1962 waren Grund dafür, dass die Deiche noch einmal erhöht wurden und die Deichlinie durch Landgewinnung und Sperrwerke verkürzt wurde, um dem Meer so wenig Angriffsfläche wie möglich zu geben.
Heutiger Küstenschutz an der flachen Nordseeküste besteht aus mehreren Ebenen. Das Deichvorland nimmt dem Meer bereits einiges an Kraft, mit dem es auf den Deich treffen kann. Liegt der Deich direkt am Meer, ist ein besonders gesicherter Schardeich notwendig. Der Seedeich wurde im Laufe der Zeit immer höher (bis zu 10 Meter) und bekam ein flacheres Profil, um ebenfalls die Angriffskraft der Wellen zu schwächen. Moderne Deiche sind bis zu 100 Meter breit. Dahinter folgt ein Deichverteidigungsweg und meist weiteres dünn besiedeltes Land. In vielen Gegenden folgt nach einigen Kilometern eine weitere Deichlinie.
Reicht der Schutz durch Dünen, um das dahinter gelegene Land vor der See zu schützen, werden diese heute mit Strandhafer bepflanzt, um sowohl Erosion durch Wind und Wasser als auch das Wandern der Dünen selbst zu vermindern. Besonders aufwändige Maßnahmen des Küstenschutzes sind die Zuiderzeewerke in den Niederlanden oder Sandvorspülungen vor der deutschen Insel Sylt.
Menschliche Nutzung
Die südliche Nordseeküste ist sehr dicht besiedelt und wird dementsprechend stark genutzt. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben 80 Millionen Menschen, davon fast die gesamte Bevölkerung der Niederlande und Belgiens, fast alle davon in urbanen Gegenden. In diesen Bereichen haben die Küstenregionen eine Bevölkerungsdichte von über 1.000 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Küstenabschnitt zwischen Hamburg und Brüssel ist stark industrialisiert. Hier findet sich eine der größten Ansammlungen von Schwerindustrie weltweit.
Politischer Status
Obwohl die faktische Kontrolle der Nordsee seit der Zeit der Wikinger entscheidend für die Machtverhältnisse in Nordwesteuropa war und sich seit dem Ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg zur Frage der Weltpolitik entwickelte, gehörte die Nordsee bis nach dem Zweiten Weltkrieg juristisch niemandem, die angrenzenden Staaten nahmen nur schmale Küstengewässer für sich in Anspruch. In den letzten Jahrzehnten hat sich dies allerdings gewandelt.
Die an die Nordsee angrenzenden Länder beanspruchen die Zwölfmeilenzone[5]. Die seewärtige Grenze dieser Zone bildet die Grenze des deutschen Hoheitsgebietes. Die Fläche der Nordsee innerhalb des Hoheitsgebietes ist als Seewasserstraße eine Bundeswasserstraße.
In der Zwölfmeilenzone nehmen die Länder beispielsweise das exklusive Recht zur Fischerei wahr. Island konnte in den sogenannten Kabeljaukriegen international eine 200-Meilen-Zone der Fischfangrechte durchsetzen, der sich die EU-Staaten anschlossen und so faktisch die Nordsee gegenüber anderen Ländern verschlossen. Der Fischfang ist auf EU-Staaten und den Anrainerstaat Norwegen begrenzt; andere Länder müssen spezielle Abkommen schließen. Die Koordination beruht auf der gemeinsamen Fischereipolitik der EU und Verträgen zwischen der EU und Norwegen.
Nachdem unter der Nordsee Bodenschätze gefunden worden waren, nahm Norwegen die Rechte des Übereinkommens über den Festlandsockel für sich in Anspruch, woraufhin die anderen Staaten ebenso verfuhren. Der Nordseeboden ist weitgehend entsprechend dem Mittellinienprinzip aufgeteilt, nach dem die Grenze zwischen zwei Küstenstaaten auf einer gedachten Mittellinie liegt. Nur zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark wurde der Boden nach langwierigen Auseinandersetzungen und einem Spruch des Internationalen Gerichtshofs[6] anders verteilt. Da Deutschland aufgrund seiner geografischen Positionen sonst nur einen sehr kleinen Teil Boden im Verhältnis zur Küstenlinie bekommen hätte, gehört nun noch ein weiteres Feld, der sogenannte Entenschnabel, zur deutschen ökonomischen Zone.
In Bezug auf Umweltschutz und Meeresverschmutzung hat die 25- bzw. 50-Meilen-Zone des MARPOL (marine pollution)-Abkommens Geltung. Die Oslo-Pariser-Abkommen beschäftigen sich ebenfalls mit Fragen des Meeresschutzes in der gesamten Nordsee. Im Wattenmeer sind jeweils die nationalen Staaten zuständig, die dieses Problem national unterschiedlich lösen; um eine gemeinsame Politik in Bezug auf das Wattenmeer zu gewährleisten, tagt die Trilaterale Wattenmeerkommission.
Für Schiffssicherheit und eine Koordinierung des Seeverkehrs soll die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs sorgen, die Anfang 2003 ihre Arbeit aufnahm. Die Kommission gehört zur EU, Norwegen und Island haben als direkt betroffenen Staaten ebenfalls einen Sitz in ihr. Nach dem 1978 verabschiedeten Paris Memorandum of Understanding haben sich unter anderem alle EU-Staaten verpflichtet regelmäßig 25 Prozent der Schiffe, die einen EU-Hafen anlaufen auf die Einhaltung internationaler Sicherheitsbestimmungen zu überprüfen. Das Wattenmeer und die Küsten Großbritanniens, Belgiens und Frankreichs wurden als Particularly Sensitive Sea Area ausgezeichnet. In der Nordsee gelten ebenso wie in der Ostsee die strengsten Bestimmungen der MARPOL-Konventionen zur Abwasser- und Müllentsorgung vom Schiff aus.
Rohstoffe
1958 entdeckten Geologen bei Slochteren in der niederländischen Provinz Groningen ein Erdgasfeld. Es stand zu vermuten, dass sich weitere Felder unter der Nordsee befinden würden, jedoch waren zu diesem Zeitpunkt die Besitzrechte an der Nordsee im Hochseebereich unklar.
1966 begannen Probebohrungen, 1969 entdeckte die Phillips Petroleum Company im norwegischen Sektor das Ekofisk-Feld – damals eines der 20 größten Erdölfelder der Welt, das sich zudem durch sehr hochwertiges schwefelarmes Öl auszeichnete. Die erste kommerzielle Ausbeutung erfolgte ab 1971, das Ekofisk-Öl wurde erst mit Tankern, ab 1975 mit einer Pipeline ins englische Cleveland und seit 1977 auch mit einer weiteren Pipeline ins deutsche Emden geleitet. In größerem Maßstab beuten die Ölkonzerne die Vorräte der Nordsee jedoch erst seit der Ölkrise aus, als der international steigende Ölpreis dies wirtschaftlich attraktiv machte und die notwendigen hohen Investitionen ermöglichte. In den 1980ern und 1990ern folgten weitere große Entdeckungen von Ölfeldern. Obwohl die Produktionskosten vergleichsweise hoch sind, haben die hohe Qualität des zu fördernden Öls, die politische Stabilität der Region und die Nähe zu den Absatzmärkten Westeuropas die Nordsee zu einer wichtigen Ölregion werden lassen.
Mittlerweile gibt es im Meer 450 Bohrinseln, die Nordsee ist das wichtigste Gebiet der Offshore-Förderindustrie. Die meisten Plattformen befinden sich im britischen Sektor der Nordsee, gefolgt vom norwegischen, dem niederländischen und dem dänischen Sektor. Der britische und der norwegische Sektor enthalten dabei mit Abstand die größten Ölreserven. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein im norwegischen Sektor 54 Prozent der Öl- und 45 Prozent der Gasreserven befinden. Bedeutende Ölfelder sind neben dem Ekofisk-Feld auch das norwegische Statfjord-Feld, zu dessen Erschließung erstmals die Norwegische Rinne mit einer Pipeline überwunden wurde. Das norwegische Staatsunternehmen Statoil erhält, einem norwegischen Gesetz entsprechend, mindestens 50 Prozent der Anteile an Ölfeldern, die im norwegischen Sektor liegen. Das größte Erdgasfeld der Nordsee ist das Troll-Feld. Es liegt in der Norwegischen Rinne in einer Tiefe von 345 Metern, so dass große Anstrengungen unternommen werden mussten, um es überhaupt zu erschließen. Die Bohrplattform ist mit 472 Metern Höhe und 656.000 Tonnen Gewicht die größte Offshore-Bohrplattform und das größte jemals von Menschen transportierte Objekt.
Im deutschen Sektor befinden sich nur zwei Plattformen, es handelt sich bei ihm um den am wenigsten erschlossenen Sektor in dieser Hinsicht. Das größere der beiden Felder ist das Ölfeld Mittelplate.
Ihren Hochstand erreichte die Förderung 1999, als fast 6 Millionen Barrel (950.000 m³) Erdöl und 280.000.000 m³ Erdgas täglich gefördert wurden. Mittlerweile gilt die Nordsee als erschlossenes Rohstoffgebiet, in dem kaum noch größere Entdeckungen zu erwarten sind. Alle großen Ölkonzerne sind an der Förderung beteiligt, in den letzten Jahren haben aber große Ölkonzerne wie Shell oder BP die Ölförderung in dem Gebiet bereits eingestellt und die Fördermenge geht seit 1999 aufgrund fehlender Reserven kontinuierlich zurück.
Der Preis von Brent Crude, eine der ersten in der Nordsee geförderten Ölsorten wird heute als Standard- und Vergleichspreis für Erdöl aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten genutzt.
Neben Öl und Gas entnehmen die Anrainerstaaten dem Meeresboden auch jedes Jahr mehrere Millionen Kubikmeter Sand und Kies. Diese werden vor allem für Bauvorhaben, zur Sandaufschüttung an Stränden und zum Küstenschutz verwendet. Größte Entnehmer 2003 waren die Niederlande (etwa 30 Millionen m³) und Dänemark (etwa 10 Millionen m³ im Nordseeraum). Deutschland entnahm der Nordsee 700.000 m³.[7]
Regenerative Energien
Die Nordsee-Anrainerstaaten, allen voran Großbritannien und Dänemark, nutzen seit dem Ende der 1990er Jahre die küstennahen Bereiche der Nordsee zur windbetriebenen Stromproduktion. Erste Windkraftanlagen entstanden vor der englischen Küste (Blyth im Jahre 2000) sowie der dänischen Küste (Windpark Horns Rev im Jahre 2002).
Seit 2001 bestehen Planungen, auch in der deutschen Wirtschaftszone der Nordsee Offshore-Windparks zu errichten, welche die gegenüber Windparks an Land erheblich stärkeren und gleichmäßigeren Winde auf See nutzen können. Bisher wurden 697 Windkraftanlagen an 10 Standorten genehmigt (Stand Dezember 2005). Gegen diese Windparks werden jedoch auch Bedenken vorgetragen: Befürchtet werden beispielsweise Schiffskollisionen und eine Beeinträchtigung der Meeresökologie, vornehmlich während des Fundamentbaus. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den Abnehmern zu einem Transportverlust von Energie führt und der Neubau von Leitungen im Wattenmeer erforderlich sein könnte, das jedoch fast komplett als Biosphärenreservat und Nationalpark ausgewiesen ist.
Energiegewinnung aus dem Meer befindet sich noch in den Anfangsstadien. Während die südliche Nordsee nach Meinung der meisten Experten zu geringen Tidenhub, Wellen und Strömungen für derartige Versuche aufweist, könnten sich an den Küsten Norwegens und am Übergang zwischen Nordsee und Irischer See geeignete Stellen für Wellen- und Strömungskraftwerke finden. Erste Versuche mit dem Wellenkraftwerk Wave Dragon wurden von 2003 bis zum Januar 2005 an der dänischen Küste abgeschlossen. Eine Mini-Pilotanlage für ein Osmosekraftwerk existiert beim norwegischen Trondheim.
Fischerei
Seit etwas über hundert Jahren wird an der südlichen Nordseeküste Fischfang in kommerziellem Ausmaß praktiziert. Fischfang in der Nordsee konzentriert sich auch heute noch auf den südlichen Teil und die Küstengewässer, wobei vor allem mit Grundschleppnetzen gearbeitet wird.
Durch stetige technische Weiterentwicklung dehnten sich die Fangmengen bis in die 1980er-Jahre beständig aus, bis sie mit etwa 3 Millionen Tonnen pro Jahr einen Höchststand erreichten. Seitdem ging die Fangmenge zurück, heute werden etwa 2,3 Millionen Tonnen pro Jahr gewonnen, aber mit teilweise erheblichen Unterschieden in einzelnen Jahren. Neben dem angelandeten Fisch gehen Schätzungen zufolge jährlich in der Nordsee ca. 150.000 Tonnen nicht marktfähiger Beifangfisch und rund 85.000 Tonnen tote oder geschädigte Wirbellose als Beifang wieder über Bord.
Vom angelandeten Fisch wird etwa die Hälfte zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet. Zu den wichtigen gefangenen Fischen gehören Makrele, Kabeljau, Schellfisch, Wittling, Seelachs, Scholle und Zungen. Ebenfalls werden Nordseegarnele, Hummer und Krabben (Kurzschwanzkrebse) gefangen. Verschiedene Muschelarten wie Miesmuscheln, Kammmuscheln oder Austern werden in Kulturen gezüchtet, so dass man bei der Ernte nicht von Fischerei im eigentlichen Sinne sprechen kann.
Der Fischfang in einer so dicht besiedelten Umgebung auf technischem Hochstand bringt die Gefahr der Überfischung mit sich.
Obwohl die Fangquoten seit 1983 von der EG/EU reguliert werden, leiden vor allem Schellfisch und Kabeljau durch den Fang. Alleine die Schleppnetzfischerei Dänemarks kostet jährlich 5.000 Schweinswalen das Leben. Seit den 1960er Jahren wurde versucht, die Fischbestände durch verschiedene Regelungen wie bestimmte Fangzeiten, eine begrenzte Zahl von Fischereischiffen etc. zu schonen, diese Regeln wurden aber nicht systematisch angewandt, so dass sie kaum Entlastung brachten. Seitdem mit dem Vereinigten Königreich und Dänemark zwei wichtige Fischereinationen Mitglied der Europäischen Gemeinschaft wurden, versuchen diese mit Hilfe der Gemeinsamen Fischereipolitik das Problem in den Griff zu bekommen, Norwegen hat in der Hinsicht verschiedene Abkommen mit der EG getroffen.
Land | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 1996 | 2002 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Dänemark | 96.494 | 284.527 | 528.127 | 1.806.191 | 1.328.251 | 1.284.365 | 1.249.656 |
Norwegen | 296.337 | 323.381 | 480.819 | 498.777 | 617.741 | 618.669 | 691.062 |
Vereinigtes Königreich | 308.895 | 343.002 | 410.775 | 389.417 | 343.205 | 355.385 | 295.367 |
Deutschland | 233.481 | 305.776 | 284.685 | 90.217 | 108.990 | 63.647 | 69.836 |
Niederlande | 64.438 | 92.119 | 121.524 | 213.365 | 256.597 | 140.765 | 146.835 |
Sowjetunion | 89.269 | 352.857 | 429.182 | 7.181 | 1 | 0 | 0 |
Frankreich | 79.751 | 149.769 | 202.948 | 100.861 | 64.860 | 35.262 | 55.379 |
Schweden | 43.680 | 71.899 | 124.790 | 86.465 | 116.695 | 72.863 | 131.991 |
Färöer | 38.630 | 17.111 | 63.725 | 71.540 | 23.292 | 27.572 | 0 |
Island | 0 | 50.065 | 21.111 | 523 | 0 | 8 | 4.668 |
Belgien | 28.036 | 30.094 | 26.547 | 32.065 | 26.889 | 18.880 | 14.657 |
Gesamt | 1.286.230 | 2.120.137 | 2.807.950 | 3.306.127 | 2.893.422 | 2.643.719 | 2.687.299 |
Zahlen stammen von der FAO, zitiert nach der University of British Columbia. In der FAO-Fangregion „Nordsee“ sind Skagerrak und Kattegat eingeschlossen.[3]
Handelsschifffahrt
Im Einzugsbereich der Flüsse, die in die Nordsee münden, leben auf ungefähr 850.000 km² etwa 160 Millionen Menschen. Die Ströme entwässern einen Großteil Westeuropas, darunter ein Viertel Frankreichs, drei Viertel Deutschlands, fast die gesamte Schweiz und Großbritannien, die Hälfte Jütlands, die gesamten Niederlande und Belgien, den Süden Norwegens sowie kleine Teile von Österreich. In diesem Bereich findet sich die größte Ansammlung weltweiter Industrie, allein 15 Prozent der Weltindustrieproduktion finden im Einzugsbereich der Nordsee statt.
Europas größte Häfen befinden sich an der Nordsee. Dabei konzentriert sich die Schifffahrt vor allem auf sechs große Häfen. Während die kleineren Regionalhäfen in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung verlieren, hat sich der Containerbetrieb in den vier größten Häfen, Rotterdam, Antwerpen, Hamburg und Bremen/Bremerhaven, von 1991 bis 2000 um etwa zwei Drittel erhöht. Mit Abstand größter und wichtigster Hafen ist Rotterdam. Nach eigener Auskunft ist das Hinterland des Hafens ganz Europa. Es gibt wöchentliche Feeder-Verbindungen in 140 andere Städte. Allerdings werden Skandinavien und der Ostseeraum hauptsächlich über Bremerhaven und Hamburg bedient.
In der Nordsee fanden in den frühen 1990ern 27,5 Prozent der weltweiten Schiffsbewegungen statt, mit steigender Tendenz. Der größte Teil dieser Bewegungen fand in der südlichen Nordsee statt, wiederum ein größerer Teil davon auf der Schifffahrtsstraße zwischen Elbmündung und Ärmelkanal. Seit den späten 1960er Jahren gilt er in der Nordsee ein System der Zwangswege: um den Schiffsverkehr möglichst reibungslos und unfallfrei zu gestalten, werden sowohl spezielle Tiefwasserwege ausgewiesen als auch sich behindernder Schiffsverkehr systematisch getrennt. Die wichtigsten Tiefwasserwege laufen von der Straße von Dover in die Deutsche Bucht, große Häfen haben jeweils eigene Zugangswege, die im Bedarfsfall mit Ausbaggerungen bei einer konstanten Wassertiefe gehalten werden.
Die Nordsee ist ein viel befahrenes Gewässer, in dem wichtige Handels- und Verkehrswege verlaufen. Unter Seefahrern ist sie berüchtigt, unter anderem wegen des „Blanken Hans“ und der Untiefen wie der „Große Vogelsand“. Grundseen und sehr schwerer Seegang zu Zeiten der Sturmfluten in Frühling und Herbst haben schon zu vielen Schiffsunglücken geführt, die in früheren Zeiten gelegentlich auch Strandräubern als Verdienstquelle gedient haben.
Tourismus
An den Küsten werden sowohl die Strände als auch die Küstengewässer touristisch genutzt. Touristisch besonders erschlossen sind dabei die belgische, niederländische, deutsche und dänische Küste. In Großbritannien gibt es einzelne Touristenorte an der Nordseeküste. Der Küstentourismus konzentriert sich in England auf die Kanalküste.
Windsurfen und Segeln sind wegen des immer vorhandenen Windes beliebte Wassersportarten. Die Nordsee gilt wegen der starken Gezeiten und der vielen Flachwassergebiete in Küstennähe als wesentlich schwieriger zu segelndes Gebiet als Ostsee oder Mittelmeer, so dass hier weit weniger Segler unterwegs sind als an den anderen Küsten.
Das Wattwandern an den nordfriesischen Inseln und Halligen, den dänischen und ostfriesischen Inseln, aber auch Angeln und Sporttauchen, beispielsweise das Wracktauchen bei Scapa Flow, ist möglich.
Die besonderen klimatischen Bedingungen an z. B. der deutschen Nordseeküste gelten als gesundheitsfördernd. Bereits im 19. Jahrhundert nutzten Reisende ihren Aufenthalt an der Küste als Kur-Urlaub. Die günstigen Klimafaktoren von Luft, Temperatur, Wasser, Wind und Sonnenstrahlung aktivieren Abwehrkräfte und Kreislauf, stärken das Immunsystem und wirken heilend insbesondere auf Haut und Atemwege. Im Sinne der Thalasso-Therapie werden neben den klimatischen Gegebenheiten dabei zur Kuranwendung auch Meerwasser, Schlick, Sole, Algen und Meersalz als Heilmittel genutzt.
Eine Besonderheit waren in Deutschland die bis in die 1990er Jahre durchgeführten Butterfahrten, die als Schiffsfahrten außerhalb der Hoheitsgewässer einen zollfreien Einkauf ermöglichten.
Geschichte
Namen
Der Atlas Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. führt die Nordsee unter dem griechischen Namen Vorlage:Polytonisch Germanikòs Ōkeanós, der als Lehnübersetzung ins Lateinische als Oceanus Germanicus oder Mare Germanicum, von da ins Englische als German Sea und ins Deutsche als Deutsches Meer[8] gelangte. Die im spätmittelhochdeutschen belegte Bezeichnung nordermer oder nortmer wurde im 17. Jahrhundert durch den heute geläufigen Namen Nordsee ersetzt, das niederländischem Noordzee entspricht, welches wiederum ein Gegensatzpaar bildet mit der Zuidersee, der ‚südlichen See‘, von Friesland und der Nordseeküste her gesehen.[9] Bedingt durch die Verbreitung des von den Hansekaufleuten genutzten Kartenmaterials setzte sich der Name Nordsee, engl. North Sea, frz. Mer du Nord etc. allmählich europaweit durch. Daneben gebräuchliche Namen waren lange Zeit Mare Frisicum ‚Friesisches Meer‘ und Westsee, dessen dänische Entsprechung Vesterhav neben Nordsø heute noch üblich ist.
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Oceanus Germanicus - Karte von Gerhard Mercator, 1596
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Oceanus Germanicus oder De Noordt Zee - Atlas von Willem Blaeu, 1631
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Mare Cimbricum (Kimbrisches Meer) oder Westsee (Karte des Herzogtums Schleswig, 1650)
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Mer d'Allemagne (Deutsches Meer) - Französische Karte, 1771
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Mer du Nord (Nordsee) für den nördlichen Abschnitt, Mer d'Allemagne für den südlichen Abschnitt - Französische Karte, 1780
Nordsee als Verkehrsweg auf die britischen Inseln
Die erste geschichtlich verbürgte intensive Nutzung der Nordsee als Verkehrsweg erfolgte durch die Römer. 12 v. Chr. ließ Drusus eine Flotte von über 1000 Schiffen bauen und über den Rhein in die Nordsee segeln. Der überlegenen Zahl, Taktik und Technik der Römer hatten die Friesen und Chauken nichts entgegenzusetzen, und als die Römer zu den Mündungen von Weser und Ems vordrangen, mussten sich die dort ansässigen Stämme ergeben.
5 v. Chr. konnten die römischen Kenntnisse über die Nordsee im Rahmen eines militärischen Vorstoßes unter Tiberius bis hin zur Elbe deutlich erweitert werden: Plinius beschreibt, dass römische Seeverbände an Helgoland vorbeikamen und sich bis an die Nordostküste Dänemarks vorwagten.
Mit den Feldzügen Julius Caesars und der späteren Eroberung der Insel durch Aulus Plautius (43 n. Chr.) begann ein reger und regelmäßiger Schiffsverkehr zwischen den Häfen in Gallien (Portus Itius) und denen in England. Diese Ära dauerte knapp 350 Jahre und endete mit dem Rückzug der römischen Legionen um das Jahr 400.
Im verbleibenden Machtvakuum auf der britischen Insel stießen die ursprünglich aus dem heutigen Norddeutschland und Dänemark stammenden Sachsen, Angeln und Jüten mit der nächsten großen Wanderungsbewegung über die Nordsee vor. Sie waren während der römischen Besatzungszeit Britanniens bereits als Söldner während der Spätphase des Römischen Reiches eingesetzt worden, überquerten in den Jahrhunderten der Völkerwanderung zahlreich die Nordsee und siedelten sich im Süden und Osten Englands an, wobei sie die ursprünglich dort lebenden Kelten in die Gebiete des heutigen Schottlands und Wales vertrieben.
Ungefähr im 7. Jahrhundert wanderten die ursprünglich aus den heutigen Niederlanden stammenden Friesen über die Nordsee auf die nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum und Föhr aus. In einer zweiten Einwanderungswelle im 11. Jahrhundert wurde auch das jütländische Festland zwischen Eider und Wiedau in Südjütland besiedelt, wo die Friesen auf die Jüten stießen. Das nordfriesische Siedlungsgebiet macht heute einen Großteil des Kreises Nordfriesland aus.
Die nächste größere Wanderungswelle über die Nordsee brachte die vor allem aus dem heutigen Dänemark und Norwegen stammenden Nordmannen auf die britischen Inseln. Mit dem Überfall auf Lindisfarne 793 begannen die Plünderungszüge der Wikinger, die die nächsten hundert Jahre vor allem als Piraten und Plünderer unterwegs waren. Sie überfielen küstennahe Klöster, Gehöfte und Städte und fuhren auf den Flüssen landeinwärts. Dem Anglo-Saxon Chronicle zufolge begannen sie ab 851, auch zu siedeln. Diese Wanderungsbewegungen aus Skandinavien hielten bis etwa 1050 an.
Alfred dem Großen von Wessex gelang es als erstem sächsischen König, den Wikingern Widerstand zu leisten, indem er eine eigene Flotte aufstellte. Er konnte das Gebiet von den Dänen befreien und gilt als erster englischer König. Während das Meer die britischen Angelsachsen von den germanischen Stämmen getrennt hatte, hielten die Skandinavier die gesamte Zeit über die Nordsee Kontakt zur alten Heimat. Somit gehörte der größte Teil der britischen Inseln und der nördliche Teil des Meeres fest zum Machtbereich skandinavischer Könige, den Wikingern.
Hardiknut war der letzte dänisch-britische König, nach seinem Tod zerfiel das Reich auf Grund innerer Konflikte, die politische Union zwischen Skandinaviern und Briten über die Nordsee hinweg war getrennt. Nachdem diese Trennung erfolgte, begann die Nordsee vorerst ihre Bedeutung zu verlieren. Seit dem Einfall Wilhelms des Eroberers aus der Normandie im heutigen Frankreich orientierten sich die britischen Inseln ebenso wie die westlichen Küstenregionen der Nordsee entlang der großen europäischen Flüsse nach Süden in Richtung Mittelmeer und Orient.
Die wichtigste Verbindung zur Außenwelt für Norddeutschland und Skandinavien war hingegen die Ostsee, wo die Hanse ihre Blütezeit erlebte. Der einzig bedeutendere Handelsweg über die Nordsee führte durch die deutsche Bucht von Flandern in die Häfen der Hansestädte.
Hanse
Die Hanse hatte ihren Schwerpunkt zwar in der Ostsee, wichtige Kontore befanden sich aber auch im norwegischen Bergen (Bryggen), dem Stalhof im englischen London und dem flandrischen Hansekontor in Brügge.
Der Aufstieg Brügges begann für die Nordsee nicht untypisch mit einer Sturmflut, die 1134 eine tiefe Fahrrinne, den Zwin, riss, die das Anlaufen größerer Handelsschiffe in die Stadt ermöglichte. Zwischen Brügge und London begann sich, ein lebhafter Handelsverkehr mit britischer Wolle und flandrischen Tüchern zu entwickeln.
Ab dem 13. Jahrhundert reisten deutsche Hanse-Kaufleute regelmäßig nach Brügge und London und begannen, eine regelmäßige Handelsroute in diese Städte aufzubauen. Brügge wurde zum Endpunkt der Ost-West-Handelslinie mit dem Peterhof in Nowgorod in Russland und war über den Schiffsverkehr zugleich mit Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden verbunden.
Schon 1441 musste die Hanse die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Niederländer anerkennen, nachdem Brügge als wichtigstem Kontor der Hanse mit Antwerpen ein mächtiger Konkurrent erwachsen war und sich die Niederlande zusätzlich mit den Dänen als den „Herren des Sunds“ verbündet hatten. Die Niederländer begannen nach der gewonnenen Grafenfehde, in die Handelsgebiete der Hanse vorzudringen und einen eigenen Ostseehandel zu betreiben.
Welthandelsmacht Niederlande
Die Niederlande entwickelten sich im 16. Jahrhundert zur ersten Welthandelsmacht. Für die Geschichte niederländischer Händler diente die Nordsee selbst nur mehr als Startpunkt für ihre Fahrten über die Ozeane. Sie war zum Tor zur Welt geworden, die Herrschaft über die Nordsee war ausschlaggebend dafür, einen direkten Weg zu den Märkten der Welt zu haben.
Während des Achtzigjährigen Krieges begannen die Niederlande auch mit einem groß angelegten Überseehandel – sie jagten Wale nahe Svalbard, betrieben Gewürzhandel mit Indien und Indonesien, gründeten Kolonien in Brasilien, Nordamerika (Nieuw Nederland), Südafrika und in der Karibik (vergleiche auch Die große Tulpenmanie). Der Reichtum, den sie aus diesem Handel anhäuften, führte im 17. Jahrhundert zum „Goldenen Zeitalter“ („de gouden eeuw“) der Niederlande.
1651 verhängte England die Navigationsakte, die vielen niederländischen Handelsinteressen schadete. Der Kampf um die Akte mündete 1652 in den Ersten Englisch-Niederländischen Krieg, der 1654 mit dem Frieden von Westminster endete; die Navigationsakte wurde durch die Niederlande anerkannt.
1665 erklärten die Engländer den Niederländern erneut den Krieg: Es begann der Zweite Englisch-Niederländische Krieg. Mit Unterstützung der Franzosen, die in der Zwischenzeit in die Spanischen Niederlande – heute Belgien – einmarschiert waren, gewannen die Niederländer die Oberhand. Engländer und Niederländer schlossen 1667 den Frieden von Breda, nachdem der niederländische Admiral Michiel de Ruyter einen großen Teil der englischen Flotte auf der Themse zerstört hatte. Es wurde vereinbart, dass die Engländer die niederländischen Besitzungen in Nordamerika (das Gebiet um das heutige New York City) behalten durften, während die Niederländer Suriname von den Engländern erhielten. Auch die Navigationsakte wurde zu Gunsten der Niederlande modifiziert.
Das Jahr 1672 wurde in den Niederlanden als das „Rampjaar“ („Katastrophenjahr“) bekannt: England erklärte der Republik den Krieg, gefolgt von Frankreich, dem Fürstbistum Münster und Kurköln, die eine Allianz gegen die Niederlande bildeten. Frankreich, Kurköln und das Fürstbistum Münster marschierten in die Republik ein, während die Landung der Engländer an der Küste nur knapp verhindert werden konnte.
Die Niederländer bezogen den südlichen Nordseeraum als Hinterland ein: In Schleswig-Holstein zeugen noch heute zahlreiche Hinterlassenschaften von Holländern, die einwanderten oder Handelsgüter mitbrachten. Die Niederländer brachten über das Meer ihre technische Meisterschaft in Deichbau und Entwässerungstechnik mit. Hausbau- und Landwirtschaftstechniken wurden von Holland beeinflusst, die Küstenstriche Schleswig-Holsteins gelangten ebenfalls zu Reichtum. Zahlreiche Bewohner der Küstengebiete heuerten auf niederländischen Schiffen an – besonders bekannt sind wohl die Walfahrer der nordfriesischen Inseln.
Die Seemacht England/Großbritannien
Englands Aufstieg zur beherrschenden Seemacht begann 1588, als der Invasionsversuch der spanischen Armada an einer Kombination von herausragenden englischen Seegefechten unter der Führung von Sir Francis Drake und dem schlechten Wetter scheiterte. Die erstarkende englische Marine lieferte sich mehrere Seekriege mit den auf der anderen Nordseeseite liegenden Niederlanden und konnte diese am Ende des 17. Jahrhunderts als weltumspannende Seemacht ablösen. Der Aufbau des Britischen Empires als Reich, „in dem die Sonne nie untergeht“, war nur möglich, weil die britische Marine die europäischen Gewässer und speziell die Nordsee uneingeschränkt beherrschte. Der einzig ernst zu nehmende Versuch, diese Vorherrschaft zu brechen wurde von Napoleon unternommen. Die von Admiral Horatio Nelson gewonnene Schlacht von Trafalgar, die die britische Vorherrschaft zur See für mehr als ein Jahrhundert sicherte, führte dann aber nur zur Kontinentalsperre, mit der Großbritannien von den Importen des europäischen Kontinents abgeschnitten werden sollte.
Erster Weltkrieg
In diesem Krieg standen sich in der Nordsee hauptsächlich die Flotten der beiden Anrainer Deutschland (Kaiserliche Marine) und Großbritannien (Grand Fleet) gegenüber.
Auf Grund der Übermacht britischer Schiffe konnte die „Grand Fleet“ beinahe ungestört die Seeherrschaft über die Nordsee erlangen und eine Seeblockade einleiten. Das Ziel der Blockade war es, Deutschland von den Schifffahrtswegen zu trennen, um die Versorgung mit kriegswichtigen Importen zu verhindern und das ungestörte Übersetzen des britischen Expeditionskorps zu garantieren. Aufgrund der defensiven Ausstattung Helgolands mit einer starken Küstenverteidigung war für Deutschland nur die Deutsche Bucht gesichert, während die übrige Nordsee und der Ärmelkanal während des gesamten Krieges durch die Royal Navy kontrolliert wurde.
Das erste Seegefecht fand am 28. August 1914 vor Helgoland statt und endete mit einem klaren britischen Sieg. Da die Überwasser-Streitkräfte der kaiserlichen Marine auf offenem Wasser chancenlos waren, leiteten die Deutschen den U-Boot-Krieg ein. Nach anfänglichen Misserfolgen deutscher Unterseeboote gelang es U 9 am 22. September 1914 drei britische Panzerkreuzer ca. 50 km nördlich von Hoek van Holland zu versenken.
Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur Kriegszone, die daraufhin vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden.
Im Gefecht auf der Doggerbank erlitt Deutschland am 24. Januar 1915 eine weitere Niederlage gegen die Briten und in der Folgezeit schlugen sämtliche Versuche, die alliierte Nordseeblockade zu durchbrechen, fehl. Auf Grund dieser Fehlschläge erfolgte am 4. Februar der Beginn des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, in dem neben alliierte auch neutrale Schiffe angegriffen werden konnten.
Am 31. Mai und 1. Juni 1916 kam es vor Jütland mit der Skagerrakschlacht zur größten Seeschlacht des Ersten Weltkriegs und gemessen an der Zahl der beteiligten Schiffe (258) zur wahrscheinlich größten Seeschlacht der Weltgeschichte. Das Ziel der Deutschen, die britische Marine entscheidend zu schwächen und damit die Aufhebung der Seeblockade zu erzwingen, wurde nicht erreicht. Letztlich endete die Schlacht ohne einen eindeutigen Sieger und Deutschland setzte wieder alle Hoffnungen auf den uneingeschränkten U-Boot-Krieg.
Als sich das Ende des Krieges anbahnte, sollte gegen den Willen der neuen deutschen Regierung am 28. Oktober 1918 noch einmal ein Großangriff auf die britische Marine stattfinden, worauf der Kieler Matrosenaufstand ausbrach und der Seekrieg sein Ende fand. Die Meuterei der Matrosen leitete auch die Entwicklung zur Novemberrevolution in Deutschland ein.
Zweiter Weltkrieg
Auch der Zweite Weltkrieg war hinsichtlich des Seekrieges auf Seiten der Deutschen Marine vor allem ein U-Boot-Krieg, der allerdings kaum noch in der Nordsee, sondern vor allem im Atlantik ausgetragen wurde. Anders als im Ersten Weltkrieg war die Nordsee auch nicht mehr ausschließliches Hoheitsgebiet der Alliierten, sondern vor allem in den ersten Kriegsjahren Schauplatz einer intensiven Küstenkriegsführung mit kleinen Fahrzeugen wie U-Booten, Minensuchbooten und Schnellbooten. Doch trotz anfänglicher Erfolge, die Großbritannien zeitweise in eine Versorgungskrise brachten, gelang es nicht, den Widerstand entscheidend zu brechen. Wie im Ersten Weltkrieg beherrschten die Alliierten bald die See, speziell wegen der Luftüberlegenheit auch die Nordsee und schnitten Deutschland von überseeischer Versorgung ab. Der damit verbundene Mangel an Ressourcen für die Kriegführung war einer der Gründe dafür, dass der Krieg nicht zu gewinnen war.
Am 14. Oktober 1939 gelang es Kapitänleutnant Günther Prien mit dem Unterseeboot U 47 in die Bucht von Scapa Flow einzudringen und das Kriegsschiff HMS Royal Oak mit 1400 Mann Besatzung zu versenken.
Am 9. April 1940 lief auf deutscher Seite die Operation Weserübung an, bei der fast die gesamte deutsche Flotte mobilisiert und in Richtung Skandinavien in Fahrt gesetzt wurde. Kurze Zeit später waren die militärischen Ziele der Invasion (Besetzung der norwegischen Häfen, Sicherstellung der Eisenerz-Versorgung, Verhinderung einer zweiten Front im Norden) erreicht und Norwegen und Dänemark besetzt. Diese Besatzung dauerte bis zum Ende des Krieges und während der gesamten Zeit diente der quer über die Nordsee laufende Shetland Bus als wichtiger Flucht- und Versorgungsweg von Norwegen nach Großbritannien. Zuerst von norwegischen Fischerbooten betrieben, wurden diese im Laufe des Krieges durch drei U-Boot-Jäger der Royal Navy ersetzt.
Auf Grund der Unterlegenheit bei den größeren Kampfschiffen, deutlich sichtbar durch die frühen Verluste (Admiral Graf Spee 1939, Blücher 1940 und Bismarck 1941), verlegte sich die Kriegsmarine mehr und mehr auf die Kriegsführung mit kleinen Einheiten und die verbliebenen Großkampfschiffe wie die Tirpitz ankerten nahezu untätig in Norwegens Fjorden.
In den letzten Kriegsjahren und den ersten Nachkriegsjahren unter alliierter Aufsicht wurden große Mengen Munition in der Nordsee verklappt. Während chemische Kampfstoffe vor allem in Skagerrak und Ostsee versenkt wurden, wurde konventionelle Munition (Granaten, Minen, Panzerfäuste, Patronen etc.) in der Deutschen Bucht versenkt. Die Zahlenschätzungen gehen hier weit auseinander, klar scheint jedoch zu sein, dass mehrere hunderttausend Tonnen Munition in der See versenkt wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg trat die Nutzung der Nordsee für friedliche Zwecke in den Vordergrund; denn während sich in der Ostsee die Gegner des Kalten Kriegs direkt gegenüberstanden und beäugten, war die Nordsee ein neben Schweden nur von NATO-Mitgliedsstaaten begrenztes Meer.
Ökonomische Bedeutung gewann die Nordsee in den 1960ern, als die Anrainerstaaten begannen, gefundenes Erdöl und -gas kommerziell zu nutzen. Die größte Katastrophe in der Geschichte der Öl- und Gasförderung in der Nordsee war der Untergang der Bohrinsel Piper Alpha 1988, bei dem 167 Menschen ums Leben kamen.
Im August 2011 erteilte die Deutsche Bundesregierung einen Auftrag zur systematischen archäologischen Prospektion der südlichen Nordsee, auch außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, an das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven, da der Bestand zahlreicher archäologischer Fundplätze durch geplante Bauvorhaben bedroht ist.[10]
Literatur
- Jürgen Ehlers Die Nordsee. Vom Wattenmeer zum Nordatlantik, Primus Verlag, 2008, ISBN 3-89678-638-5
- Norbert Fischer, Susan Müller-Wusterwitz und Brigitta Schmidt-Lauber (Hrsg.): Inszenierungen der Küste. Berlin 2007, ISBN 978-3-496-02800-0.
- Horst Güntheroth: Die Nordsee – Portrait eines bedrohten Meeres, ISBN 3-570-07168-5.
- Richard Pott: Die Nordsee - eine Natur- und Kulturgeschichte, C. H. Beck 2003, ISBN 978-3-406-51030-4
Weblinks
- Nordsee aus geologischer Sicht
- Large Marine Ecosystems: North Sea (englisch)
- Überblick über Geografie, Hydrografie und Klima der Nordsee (Kapitel II des Quality Status Report). Herausgegeben von OSPAR, 2000 (PDF; 2,94 MB)
- Karte sämtlicher menschlicher Nutzungen der Nordsee (PDF; 273 kB)
- BWaStr Karte DBWK 1000, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Einzelnachweise
- ↑ Karl Heinz Behre: Die Schwankungen des mittleren Tidehochwassers an der deutschen Nordseeküste in den letzten 3.000 Jahren nach archäologischen Daten. (PDF; 402 kB) In: Coastline Reports 1-2004
- ↑ CIMAS – The Norwegian and North Cape Currents
- ↑ a b Fisheries Centre der University of British Columbia
- ↑ Geschichte Schleswig-Holsteins:Sturmfluten
- ↑ Bekanntmachung der Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeeres vom 11. November 1994 (BGBl. I S. 3428)
- ↑ International Court of Justice: Case Summary North Sea Continental Shelf Cases, Judgment of 20 February 1969
- ↑ Working Group on the Effects of Extraction of Marine Sediments on the Marine Ecosystem Jahresreport 2004
- ↑ Karte aus dem Jahre 1888 in einem Lexikon
- ↑ Wolfgang Pfeifer & al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 4. Aufl., München 1999, p. 930f. s. v. Nord.
- ↑ Suche nach versunkenen Kulturen in der Nordsee Radio Bremen (Abgerufen am 12. August 2011)
Koordinaten: 56° N, 3° O