„Familienkölsch“ – Versionsunterschied
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Als '''Familienkölsch''' bezeichnet man gelegentlich eine Variante der [[Deutsche Sprache|deutschen Sprache]] aus dem [[Rheinland]], die dem [[Ripuarische Dialektgruppe|Ripuarischen]] nahestehend klingt. Sie orientiert sich weitgehend am [[Standarddeutsch|Hochdeutschen]], das lediglich mit einigen [[Umgangssprache|umgangssprachlichen]] oder dialektnahen [[Lexem|Wörtern]] angereichert, jedoch mit auffällig rheinischer [[Akzent (Aussprache)|Lautung]] gesprochen wird. Auch [[Grammatik|grammatische]] Konstrukte der [[Rheinischer Regiolekt|rheinischen Umgangssprache]] oder des genannten Dialekts werden manchmal benutzt. Das Verbreitungsgebiet des Familienkölschen hat eine größere gemeinsame Fläche mit dem [[Landkölsch]]en als mit dem [[Kölsch (Sprache)|Kölschen]]. |
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== Herkunft und Wortbildung == |
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Der Begriff |
Der Begriff hat mit dem kölschen Dialekt nur indirekt zu tun. Vielmehr handelt es sich um einen, zunächst scherzhaft gemeinten, [[Euphemismus]]. |
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In den Familien des Rheinlandes war mit dem Vordringen der bürgerlichen Bildung im 19. und 20. Jahrhundert der [[Dialekt]] als Alltagssprache auf dem Rückmarsch. Das damalige Standard-Hochdeutsche, als Funktional- oder [[Vehikularsprache]] in der [[Schule]] und [[Ausbildung]] sowie der [[Obrigkeit]] des [[Preußen|preußischen Staats]] und des [[Deutsches Reich|deutschen Reichs]], machte ihm zunehmend Konkurrenz.<ref name="Cornelissen">Dr. [[Georg Cornelissen]]: ''Meine Oma spricht noch Platt – Wo bleibt der Dialekt im Rheinland?'', [[Greven Verlag Köln|Greven Verlag]], Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8</ref><ref name="Siehe z. B 2005">Siehe z. B. auch Seite 31 ff. in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
In den Familien des Rheinlandes war mit dem Vordringen der bürgerlichen Bildung im 19. und 20. Jahrhundert der [[Dialekt]] als Alltagssprache auf dem Rückmarsch. Das damalige Standard-Hochdeutsche, als Funktional- oder [[Vehikularsprache]] in der [[Schule]] und [[Ausbildung]] sowie der [[Obrigkeit]] des [[Preußen|preußischen Staats]] und des [[Deutsches Reich|deutschen Reichs]], machte ihm zunehmend Konkurrenz.<ref name="Cornelissen">Dr. [[Georg Cornelissen]]: ''Meine Oma spricht noch Platt – Wo bleibt der Dialekt im Rheinland?'', [[Greven Verlag Köln|Greven Verlag]], Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8</ref><ref name="Siehe z. B 2005">Siehe z. B. auch Seite 31 ff. in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
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Insbesondere wurden in den [[Familie]]n die Kinder oft zum Hochdeutschsprechen angehalten, um ihnen so bessere Chancen in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.<ref name="Cornelissen"/> |
Insbesondere wurden in den [[Familie]]n die Kinder oft zum Hochdeutschsprechen angehalten, um ihnen so bessere Chancen in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.<ref name="Cornelissen" /> Die Älteren, denen es nicht gelang, die hochdeutsche Lautung zu erlernen, deren hochsprachlicher Wortschatz oft auch nicht besonders umfangreich war, sprachen notgedrungen mit einem starken Akzent. |
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Dafür fanden spitze Zungen die Bezeichnung „Familienkölsch“, als diese Art des Hochdeutschsprechens zunehmend in der Öffentlichkeit zu vernehmen war. |
Dafür fanden spitze Zungen die Bezeichnung „Familienkölsch“, als diese Art des Hochdeutschsprechens zunehmend in der Öffentlichkeit zu vernehmen war. |
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„Kölsch“ bezeichnet hier stellvertretend alle ripuarischen Dialekte. Das Wort „ripuarisch“ ist ein fachsprachliches und wäre in der Öffentlichkeit wohl nicht verstanden worden. Keine der drei großen Dialektgruppen im Rheinland, die [[Moselfränkische Dialektgruppe|Moselfränkische]] im Süden, die Ripuarische um Köln und die nördlich anschließenden [[Niederfränkisch]]e ist der Bevölkerung besonders geläufig, Dialekte werden üblicherweise nur über Ortsnamen unterschieden, wie „[[Hommersch|Hommersch Platt]]“, „[[Hürth]]er Platt“ oder „[[Eschweiler Platt]]“ usw. |
„Kölsch“ bezeichnet hier stellvertretend alle ripuarischen Dialekte. Das Wort „ripuarisch“ ist ein fachsprachliches und wäre in der Öffentlichkeit wohl nicht verstanden worden. Keine der drei großen Dialektgruppen im Rheinland, die [[Moselfränkische Dialektgruppe|Moselfränkische]] im Süden, die Ripuarische um Köln und die nördlich anschließenden [[Niederfränkisch]]e ist der Bevölkerung besonders geläufig, Dialekte werden üblicherweise nur über Ortsnamen unterschieden, wie „[[Hommersch|Hommersch Platt]]“, „[[Hürth]]er Platt“ oder „[[Eschweiler Platt]]“ usw. |
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Der Terminus wurde auch von Sprachwissenschaftlern und Wörterbuchautoren aufgenommen.<ref name="schmitt-rost">[[Hans Schmitt-Rost]]: ''Kölsch, wie es nicht im Wörterbuch steht'', Scheffler, Frankfurt/Main, 1968.</ref><ref> |
Der Terminus wurde auch von Sprachwissenschaftlern und Wörterbuchautoren aufgenommen.<ref name="schmitt-rost">[[Hans Schmitt-Rost]]: ''Kölsch, wie es nicht im Wörterbuch steht'', Scheffler, Frankfurt/Main, 1968.</ref><ref>[[Heribert A. Hilgers]] an der [[Universität zu Köln]] in seiner Vorlesung zur [[Kölsch (Sprache)|Kölschen Sprache]] in den 1970er Jahren |
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{{Überarbeiten|grund=Es fehlen Details, vgl. [[Hilfe:Einzelnachweise#Inhaltliche Anforderungen]] und dort u.a.: ''„Zweck des Einzelnachweises ist die Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit. Daher gehört zum Einzelnachweis die vollständige Literaturangabe“''.}} |
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<!-- und laut [[Wikipedia:Löschkandidaten/16. Dezember 2008#Familienkölsch (bleibt)]] von Zeitungen, aber dafür fehlt z. Z. eine Referenz --> |
<!-- und laut [[Wikipedia:Löschkandidaten/16. Dezember 2008#Familienkölsch (bleibt)]] von Zeitungen, aber dafür fehlt z. Z. eine Referenz --> |
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<ref>Charles V. J. Russ: „The Dialects of Modern German: A Linguistic Survey“, 519 Seiten, Routledge, 1990, ISBN 0-415-00308-3, ISBN 978-0-415-00308-7.<br />Auch bei [https://books.google.de/books?id=c4gOAAAAQAAJ&pg=PA144&dq=%22familienk%C3%B6lsch%22&hl=de Google Books] limitiert einsehbar.</ref><ref name="winter">Kapitel „Klassifikation“ (Seiten 12 und 13) in [[Stefan Winter (Linguist)|Stefan Winter]]: ''Kölsches Synonymwörterbuch - {{lang|ksh|Wie säht mer söns noch för: arbeide, Blötschkopp, drinke, flöck, Jeck, kriesche, Puute, rähne, schwade. verkloppe, Zommelöm?}}'', Bachem Verlag, Köln, 1. Auflage, 2003. ISBN 3-7616-1689-9</ref> |
<ref>Charles V. J. Russ: „The Dialects of Modern German: A Linguistic Survey“, 519 Seiten, Routledge, 1990, ISBN 0-415-00308-3, ISBN 978-0-415-00308-7.<br />Auch bei [https://books.google.de/books?id=c4gOAAAAQAAJ&pg=PA144&dq=%22familienk%C3%B6lsch%22&hl=de Google Books] limitiert einsehbar.</ref><ref name="winter">Kapitel „Klassifikation“ (Seiten 12 und 13) in [[Stefan Winter (Linguist)|Stefan Winter]]: ''Kölsches Synonymwörterbuch - {{lang|ksh|Wie säht mer söns noch för: arbeide, Blötschkopp, drinke, flöck, Jeck, kriesche, Puute, rähne, schwade. verkloppe, Zommelöm?}}'', Bachem Verlag, Köln, 1. Auflage, 2003. ISBN 3-7616-1689-9</ref> |
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== Einordnung == |
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Familienkölsch kann als eine spezielle Varietät eines rheinischen [[Regiolekt]]s gesehen werden. Im Gegensatz zu den vielen, vergleichsweise uneinheitlichen Ausprägungen des Regiolekts, die sich durch unterschiedliche Nähe und Ferne zur [[Standardvarietät|Hochsprache]]<!--sic--> einerseits, jedoch zugleich nach der Stärke der Anlehnung an den einen oder andern der vielen Dialekte andererseits unterscheiden,<ref name="ReferenceA">[[Heribert A. Hilgers]] (genaues Zitat wird gerade recherchiert |
Familienkölsch kann als eine spezielle Varietät eines rheinischen [[Regiolekt]]s gesehen werden. Im Gegensatz zu den vielen, vergleichsweise uneinheitlichen Ausprägungen des Regiolekts, die sich durch unterschiedliche Nähe und Ferne zur [[Standardvarietät|Hochsprache]]<!--sic--> einerseits, jedoch zugleich nach der Stärke der Anlehnung an den einen oder andern der vielen Dialekte andererseits unterscheiden,<ref name="ReferenceA">[[Heribert A. Hilgers]] (genaues Zitat wird gerade recherchiert) |
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{{Überarbeiten|grund=Es fehlen Details, vgl. [[Hilfe:Einzelnachweise#Inhaltliche Anforderungen]] und dort u.a.: ''„Zweck des Einzelnachweises ist die Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit. Daher gehört zum Einzelnachweis die vollständige Literaturangabe“''.}} |
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</ref> bezieht es seine Intonation und viele seiner [[Lexik|lexischen]] Erweiterungen aus dem ripuarischen Sprachraum. Unterschiedlichkeiten innerhalb des ripuarischen [[Substrat (Linguistik)|Substrats]] bleiben in dieser Sprechweise zum Teil weiter erkennbar. <!-- bsp: westrip. Vokallängungen, Süden: tiefes ch, sonst sch, .... |
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je nach dem Dialekt des jeweiligen Sprechers oder seines Sprachumfeldes, unabhängig davon, ob, wie gut oder schlecht, dieser von einem Sprecher überhaupt beherrscht wird. --> |
je nach dem Dialekt des jeweiligen Sprechers oder seines Sprachumfeldes, unabhängig davon, ob, wie gut oder schlecht, dieser von einem Sprecher überhaupt beherrscht wird. --> |
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Charakteristisch für das „Familienkölsch“ ist, dass es von Sprechern benutzt wird, die nicht Dialekt sprechen wollen, sei es, um soziale Nachteile zu vermeiden ([[Linguizismus]]), sei es, weil sie sich mit Menschen verständigen müssen, die den Dialekt nicht verstehen würden oder sie sich einfach in einem hochdeutsch geprägten sprachlichen Umfeld bewegen.<ref name="Siehe z. B 2005"/> |
Charakteristisch für das „Familienkölsch“ ist, dass es von Sprechern benutzt wird, die nicht Dialekt sprechen wollen, sei es, um soziale Nachteile zu vermeiden ([[Linguizismus]]), sei es, weil sie sich mit Menschen verständigen müssen, die den Dialekt nicht verstehen würden oder sie sich einfach in einem hochdeutsch geprägten sprachlichen Umfeld bewegen.<ref name="Siehe z. B 2005" /> |
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In seinen Anfängen war es Sprechweise derer, die ihre Herkunft aus dem Dialektumfeld nicht verleugnen konnten,<ref name="ReferenceA"/> spätestens im 20. Jahrhundert aber auch bewusst gewählt, und eine mit Absicht eingesetzte Form der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit.<ref>Beispielsweise von [[Reiner Calmund]] in mehreren Fernsehinterviews und Talkshows über die eigene Sprechweise in der Öffentlichkeit ausdrücklich so bestätigt.</ref><ref>Siehe dazu auch Seite 29 unten und Seite 55 in [[Georg Cornelissen]]: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
In seinen Anfängen war es Sprechweise derer, die ihre Herkunft aus dem Dialektumfeld nicht verleugnen konnten,<ref name="ReferenceA" /> spätestens im 20. Jahrhundert aber auch bewusst gewählt, und eine mit Absicht eingesetzte Form der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit.<ref>Beispielsweise von [[Reiner Calmund]] in mehreren Fernsehinterviews und Talkshows über die eigene Sprechweise in der Öffentlichkeit ausdrücklich so bestätigt.</ref><ref>Siehe dazu auch Seite 29 unten und Seite 55 in [[Georg Cornelissen]]: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
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Auf der Bühne, in der Literatur und in Filmen taucht das „Familienkölsch“ immer wieder auf, sowohl im Umfeld der (unfreiwilligen) Komik, wie auch ohne diese. In der Zeit von 1873 bis 1888 trat der Kölner Karnevalist [[Maria Heinrich Hoster]] in der Rolle des Delikatessenhändlers Herrn Anton Meise ( |
Auf der Bühne, in der Literatur und in Filmen taucht das „Familienkölsch“ immer wieder auf, sowohl im Umfeld der (unfreiwilligen) Komik, wie auch ohne diese. In der Zeit von 1873 bis 1888 trat der Kölner Karnevalist [[Maria Heinrich Hoster]] in der Rolle des Delikatessenhändlers Herrn Anton Meise („Tillekatessenhändler Här Antun Meis“) auf, dessen „Erlebnisse“ er auch in Buchform veröffentlichte.<ref><span id="Hoster">Meis, Antun</span>: „Kölsch Levve. Humoresken von Herren Antun Meis. Herausgegeben und illustrirt<!--sic!--> von [[Maria Heinrich Hoster|H. Hoster]].“ 7. Auflage, Verlag von J. P. Mischel, Düsseldorf, ohne Jahresangabe, ca. 1928.</ref><ref>Heinrich Hoster: „Erläbnisse des Härrn Tillerkatessenhändlers Härrn Antun Meis“, Staufen-Verlag, Köln, 1941</ref><ref>Meis, Antun: „Des Herrn Antun Meis, weiland Tillekatessenhändler in Köln un Rentenirer in Knollendorf Gesammelte Werke“, Kölnische Verl.-Druckerei, 1962</ref> In dem 1931 gedrehten Film [[M (1931)|M – Eine Stadt sucht einen Mörder]] wird es gesprochen von einigen Vertretern der Unterwelt, die am Ort der Handlung wohl zugewandert sind. |
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In der Verfilmung der [[Feuerzangenbowle]] unter [[Heinz Rühmann]] spricht der „Schnauz“ genannte Gymnasialprofessor stark ripuarisch gefärbtes Deutsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde [[Willy Millowitsch]] in zahlreichen Filmen, häufig auch in Nebenrollen, als Figur mit „rheinischem Akzent“ engagiert. Im aktuellen Unterhaltungsprogramm der Fernsehsender [[Sat 1]], [[RTL Television|RTL]] und [[Pro 7]] sind eine Anzahl [[Comedian|Spaßmacher]] mit dieser Sprechweise aktiv, in Sendungen des [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR Köln]] taucht sie regelmäßig auf, mit [[Die Anrheiner|den Anrheinern]] auch in einer wöchentlichen [[Seifenoper]]. |
In der Verfilmung der [[Feuerzangenbowle]] unter [[Heinz Rühmann]] spricht der „Schnauz“ genannte Gymnasialprofessor stark ripuarisch gefärbtes Deutsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde [[Willy Millowitsch]] in zahlreichen Filmen, häufig auch in Nebenrollen, als Figur mit „rheinischem Akzent“ engagiert. Im aktuellen Unterhaltungsprogramm der Fernsehsender [[Sat 1]], [[RTL Television|RTL]] und [[Pro 7]] sind eine Anzahl [[Comedian|Spaßmacher]] mit dieser Sprechweise aktiv, in Sendungen des [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR Köln]] taucht sie regelmäßig auf, mit [[Die Anrheiner|den Anrheinern]] auch in einer wöchentlichen [[Seifenoper]]. |
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== Eigenschaften == |
== Eigenschaften == |
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Die Wortwahl entspricht in der Regel weitgehend dem [[Standarddeutsch]]en, das lediglich mit einigen wenigen [[Lexem|Wörtern]] aus der dem [[Dialekt]] oder eher der diesem etwas näher stehenden [[Rheinischer Regiolekt| |
Die Wortwahl entspricht in der Regel weitgehend dem [[Standarddeutsch]]en, das lediglich mit einigen wenigen [[Lexem|Wörtern]] aus der dem [[Dialekt]] oder eher der diesem etwas näher stehenden [[Rheinischer Regiolekt|Rheinischen Regiolekt]] angereichert wird. Das geschieht situationsabhängig da, wo dem Sprecher keine hinreichend treffenden Ausdrücke der Standardsprache zur Verfügung stehen oder gelegentlich, um eine familiäre Ansprache zu erzeugen usw. |
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Vermieden werden in der Regel von der [[Grammatik]] des Standarddeutschen erheblich abweichende [[Syntax|syntaktische]] Formen wie die [[Rheinische Verlaufsform|rheinischen Verlaufsformen]] oder |
Vermieden werden in der Regel von der [[Grammatik]] des Standarddeutschen erheblich abweichende [[Syntax|syntaktische]] Formen wie die [[Rheinische Verlaufsform|rheinischen Verlaufsformen]] oder „für … zu“ anstelle von „um“, „um … zu“, „weil“ und Ähnliches. |
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Trotz einer meist hochsprachlichen Wortwahl und des ebensolchen Satzbaues wird aber eine deutlich ripuarisch geprägte [[Intonation (Phonetik)|Intonation]] benutzt. Das betrifft sowohl die Satzmelodien als auch die Vokallängen, Betonungen innerhalb von Wörtern und einige andere Eigenschaften, insbesondere die Aussprache bestimmter [[Konsonant]]en. |
Trotz einer meist hochsprachlichen Wortwahl und des ebensolchen Satzbaues wird aber eine deutlich ripuarisch geprägte [[Intonation (Phonetik)|Intonation]] benutzt. Das betrifft sowohl die Satzmelodien als auch die Vokallängen, Betonungen innerhalb von Wörtern und einige andere Eigenschaften, insbesondere die Aussprache bestimmter [[Konsonant]]en. |
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Da es vor allem auf Betonung, Intonation und Aussprache ankommt, ist es schwierig, Familienkölsch zu notieren, weshalb es meist in einer auf der deutschen Rechtschreibung basierenden, „[[Phonetik|lautgerechten]]“ Weise festgehalten wird, die naturgemäß nur eine Annäherung sein kann. |
Da es vor allem auf Betonung, Intonation und Aussprache ankommt, ist es schwierig, Familienkölsch zu notieren, weshalb es meist in einer auf der deutschen Rechtschreibung basierenden, „[[Phonetik|lautgerechten]]“ Weise festgehalten wird, die naturgemäß nur eine Annäherung sein kann. |
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* „Isch will das Weihnachzfäßt mit der Famillje vobringen, habb-isch jesacht.“ |
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:Ich will das Weihnachtsfest mit der Familie verbringen, habe ich gesagt. |
:Ich will das Weihnachtsfest mit der Familie verbringen, habe ich gesagt. |
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* „Jetz sein-se mal nisch janz so pingelisch hier.“ |
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:Bitte seien Sie weniger penibel hier(mit). |
:Bitte seien Sie weniger penibel hier(mit). |
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* „Nehmen se de Menschen wie se sind. Andere jibet nisch.“ |
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:Bitte nehmen Sie die Menschen so an, wie sie nun einmal sind. Es gibt keine anderen. |
:Bitte nehmen Sie die Menschen so an, wie sie nun einmal sind. Es gibt keine anderen. |
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* „Das-hier issen Dammfmaschien.“ <ref>Aus der [[Heinz Rühmann|rühmannschen]] Verfilmung der [[Feuerzangenbowle]]</ref> |
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:Das hier ist eine Dampfmaschine. |
:Das hier ist eine Dampfmaschine. |
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* „Darw-isch mal fochtfaaren, wer wolln doch übber den Schpocht reeden.“ |
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:Darf ich fortfahren? Wir wollen doch über den Sport reden. |
:Darf ich fortfahren? Wir wollen doch über den Sport reden. |
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* „Also was der Zeuje da jesacht hatt, das is doch de Unwa-heit! Da kam-mer doch dran fühlen, dass dä dammit fü-sisch was raußschlaren will! Das soll imm abber nisch jelingen!“ |
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: Was der Zeuge ausgesagt hat, ist jedoch die Unwahrheit gewesen. Ganz offensichtlich kann man erkennen, dass er sich damit einen Vorteil verschaffen möchte. Das möge ihm aber misslingen. |
: Was der Zeuge ausgesagt hat, ist jedoch die Unwahrheit gewesen. Ganz offensichtlich kann man erkennen, dass er sich damit einen Vorteil verschaffen möchte. Das möge ihm aber misslingen. |
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== Bekannte Sprecher == |
== Bekannte Sprecher == |
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In der Öffentlichkeit bekannte „Familienkölsch“-Sprecher sind der frühere [[Köln]]er Oberbürgermeister und spätere [[Bundeskanzler (Deutschland)|deutsche Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]]<ref name="schmitt-rost" /><ref name="winter" /><ref name="lvr-r" />, in vielen seiner Film- und Theaterrollen der Schauspieler [[Willy Millowitsch]], seine Bühnenpartnerin [[Elsa Scholten]], seine Schwester, die Volksschauspielerin [[Lucy Millowitsch]], der frühere Kölner [[Regierungspräsident (Deutschland)|Regierungspräsident]] [[Franz-Josef Antwerpes|Antwerpes]], der [[Leverkusen]]er Fußballmanager [[Reiner Calmund]]<ref name="lvr-r">Siehe auch auf der {{Webarchiv |url=http://www.rheinische-landeskunde.lvr.de/sprache/sprachen/regiolekt.htm |text=Website der Sprachabteilung |wayback=20120620182721 |archiv-bot=2018-04-09 13:01:00 InternetArchiveBot}} am [[LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte]] beim [[Landschaftsverband Rheinland]] (abgerufen am 4. August 2011)</ref> oder der Koch [[Horst Lichter]]. In der [[WDR]]-Serie [[Die Fussbroichs]] hört man authentisches Familienkölsch wie es in [[Köln-Buchheim]] gesprochen wird. |
In der Öffentlichkeit bekannte „Familienkölsch“-Sprecher sind der frühere [[Köln]]er Oberbürgermeister und spätere [[Bundeskanzler (Deutschland)|deutsche Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]]<ref name="schmitt-rost" /><ref name="winter" /><ref name="lvr-r" />, in vielen seiner Film- und Theaterrollen der Schauspieler [[Willy Millowitsch]], seine Bühnenpartnerin [[Elsa Scholten]], seine Schwester, die Volksschauspielerin [[Lucy Millowitsch]], der frühere Kölner [[Regierungspräsident (Deutschland)|Regierungspräsident]] [[Franz-Josef Antwerpes|Antwerpes]], der [[Leverkusen]]er Fußballmanager [[Reiner Calmund]]<ref name="lvr-r">Siehe auch auf der {{Webarchiv |url=http://www.rheinische-landeskunde.lvr.de/sprache/sprachen/regiolekt.htm |text=Website der Sprachabteilung |wayback=20120620182721 |archiv-bot=2018-04-09 13:01:00 InternetArchiveBot}} am [[LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte]] beim [[Landschaftsverband Rheinland]] (abgerufen am 4. August 2011)</ref> oder der Koch [[Horst Lichter]]. In der [[WDR]]-Serie [[Die Fussbroichs]] hört man authentisches Familienkölsch, wie es in [[Köln-Buchheim]] gesprochen wird. |
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== Verwandte Bezeichnungen == |
== Verwandte Bezeichnungen == |
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Nur mit Bezug auf Konrad Adenauer benutzten die Journalisten Karl-Heinz Wocker und Claus Heinrich Meyer in einigen Veröffentlichungen des Jahres 1963 im Rundfunk und auf Schallplatten die Bezeichnung „Kanzlerrheinisch“.<ref>Siehe auch die neu veröffentlichte CD mit Originalaufnahmen: Claus Heinrich Meyer, Karl-Heinz Wocker, Konrad Adenauer, Hans Daniel: „Lernt Rheinisch mit Konrad Adenauer“ nur echt mit dem Segen von Konrad Adenauer; berühmtester Sprachkurs der verrückten Sechziger. Kegel, Bad Honnef, 2006.</ref> |
Nur mit Bezug auf Konrad Adenauer benutzten die Journalisten Karl-Heinz Wocker und Claus Heinrich Meyer in einigen Veröffentlichungen des Jahres 1963 im Rundfunk und auf Schallplatten die Bezeichnung „Kanzlerrheinisch“.<ref>Siehe auch die neu veröffentlichte CD mit Originalaufnahmen: Claus Heinrich Meyer, Karl-Heinz Wocker, Konrad Adenauer, Hans Daniel: „Lernt Rheinisch mit Konrad Adenauer“ nur echt mit dem Segen von Konrad Adenauer; berühmtester Sprachkurs der verrückten Sechziger. Kegel, Bad Honnef, 2006.</ref> |
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Häufiger hört man solche wenig genauen Konstrukte, wie „Hochdeutsch mit Knubbeln“, „Kölsch mit Knubbeln“ ( |
Häufiger hört man solche wenig genauen Konstrukte, wie „Hochdeutsch mit Knubbeln“, „Kölsch mit Knubbeln“ („Knubbel“ könnte man hier vielleicht mit „Beulen“ gleichsetzen) oder „Normales Deutsch, kein Hochdeutsch“ |
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<ref>Seite 30 in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
<ref>Seite 30 in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3</ref> |
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oder, noch unschärfer, einfach „[[rheinische Sprache|rheinisch]]“. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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Die Website der Sprachabteilung am [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/institut/institut_1.html Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte] beim [[Landschaftsverband Rheinland]] bietet mehrere beispielhafte Tondateien: |
Die Website der Sprachabteilung am [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/institut/institut_1.html Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte] beim [[Landschaftsverband Rheinland]] bietet mehrere [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprache_themen/tonaufnahmen/detailseite_286.html beispielhafte Tondateien]: |
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* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/regiolekt/adenauer.mp3 |
* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/regiolekt/adenauer.mp3 Adenauer] (aus einer Regierungsansprache Konrad Adenauers; MP3; 1,2 MB) |
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* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/regiolekt/orfgen1.mp3 Familienkölsch der Schauspielerin |
* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/regiolekt/orfgen1.mp3 Familienkölsch der Schauspielerin Samy Orfgen aus Köln] (MP3; 1,8 MB) |
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* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/rheinisches_hochdeutsch/rheinisches_Hochdeutsch.mp3 Rheinisches Hochdeutsch aus Bonn] (MP3; 715 kB) |
* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/rheinisches_hochdeutsch/rheinisches_Hochdeutsch.mp3 Rheinisches Hochdeutsch aus Bonn] (MP3; 715 kB) |
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[[Kategorie:Soziolekt]] |
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Aktuelle Version vom 10. Juni 2024, 13:26 Uhr
Als Familienkölsch bezeichnet man gelegentlich eine Variante der deutschen Sprache aus dem Rheinland, die dem Ripuarischen nahestehend klingt. Sie orientiert sich weitgehend am Hochdeutschen, das lediglich mit einigen umgangssprachlichen oder dialektnahen Wörtern angereichert, jedoch mit auffällig rheinischer Lautung gesprochen wird. Auch grammatische Konstrukte der rheinischen Umgangssprache oder des genannten Dialekts werden manchmal benutzt. Das Verbreitungsgebiet des Familienkölschen hat eine größere gemeinsame Fläche mit dem Landkölschen als mit dem Kölschen.
Herkunft und Wortbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff hat mit dem kölschen Dialekt nur indirekt zu tun. Vielmehr handelt es sich um einen, zunächst scherzhaft gemeinten, Euphemismus.
In den Familien des Rheinlandes war mit dem Vordringen der bürgerlichen Bildung im 19. und 20. Jahrhundert der Dialekt als Alltagssprache auf dem Rückmarsch. Das damalige Standard-Hochdeutsche, als Funktional- oder Vehikularsprache in der Schule und Ausbildung sowie der Obrigkeit des preußischen Staats und des deutschen Reichs, machte ihm zunehmend Konkurrenz.[1][2] Insbesondere wurden in den Familien die Kinder oft zum Hochdeutschsprechen angehalten, um ihnen so bessere Chancen in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.[1] Die Älteren, denen es nicht gelang, die hochdeutsche Lautung zu erlernen, deren hochsprachlicher Wortschatz oft auch nicht besonders umfangreich war, sprachen notgedrungen mit einem starken Akzent.
Dafür fanden spitze Zungen die Bezeichnung „Familienkölsch“, als diese Art des Hochdeutschsprechens zunehmend in der Öffentlichkeit zu vernehmen war. „Kölsch“ bezeichnet hier stellvertretend alle ripuarischen Dialekte. Das Wort „ripuarisch“ ist ein fachsprachliches und wäre in der Öffentlichkeit wohl nicht verstanden worden. Keine der drei großen Dialektgruppen im Rheinland, die Moselfränkische im Süden, die Ripuarische um Köln und die nördlich anschließenden Niederfränkische ist der Bevölkerung besonders geläufig, Dialekte werden üblicherweise nur über Ortsnamen unterschieden, wie „Hommersch Platt“, „Hürther Platt“ oder „Eschweiler Platt“ usw.
Der Terminus wurde auch von Sprachwissenschaftlern und Wörterbuchautoren aufgenommen.[3][4] [5][6]
Einordnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Familienkölsch kann als eine spezielle Varietät eines rheinischen Regiolekts gesehen werden. Im Gegensatz zu den vielen, vergleichsweise uneinheitlichen Ausprägungen des Regiolekts, die sich durch unterschiedliche Nähe und Ferne zur Hochsprache einerseits, jedoch zugleich nach der Stärke der Anlehnung an den einen oder andern der vielen Dialekte andererseits unterscheiden,[7] bezieht es seine Intonation und viele seiner lexischen Erweiterungen aus dem ripuarischen Sprachraum. Unterschiedlichkeiten innerhalb des ripuarischen Substrats bleiben in dieser Sprechweise zum Teil weiter erkennbar.
Als Zwischenstufe zwischen einem lokal vorhandenen Dialekt und einer der überregionalen Verständigung dienenden Hochsprache hat es Ähnlichkeit mit dem sogenannten Honoratiorenschwäbisch und dem in Norddeutschland, vor allem Hamburg, verbreiteten Missingsch. Anders als letzteres ist es jedoch trotz einzelner Publikationen (siehe unten) keine Schriftsprache.
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Charakteristisch für das „Familienkölsch“ ist, dass es von Sprechern benutzt wird, die nicht Dialekt sprechen wollen, sei es, um soziale Nachteile zu vermeiden (Linguizismus), sei es, weil sie sich mit Menschen verständigen müssen, die den Dialekt nicht verstehen würden oder sie sich einfach in einem hochdeutsch geprägten sprachlichen Umfeld bewegen.[2]
In seinen Anfängen war es Sprechweise derer, die ihre Herkunft aus dem Dialektumfeld nicht verleugnen konnten,[7] spätestens im 20. Jahrhundert aber auch bewusst gewählt, und eine mit Absicht eingesetzte Form der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit.[8][9]
Auf der Bühne, in der Literatur und in Filmen taucht das „Familienkölsch“ immer wieder auf, sowohl im Umfeld der (unfreiwilligen) Komik, wie auch ohne diese. In der Zeit von 1873 bis 1888 trat der Kölner Karnevalist Maria Heinrich Hoster in der Rolle des Delikatessenhändlers Herrn Anton Meise („Tillekatessenhändler Här Antun Meis“) auf, dessen „Erlebnisse“ er auch in Buchform veröffentlichte.[10][11][12] In dem 1931 gedrehten Film M – Eine Stadt sucht einen Mörder wird es gesprochen von einigen Vertretern der Unterwelt, die am Ort der Handlung wohl zugewandert sind. In der Verfilmung der Feuerzangenbowle unter Heinz Rühmann spricht der „Schnauz“ genannte Gymnasialprofessor stark ripuarisch gefärbtes Deutsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Willy Millowitsch in zahlreichen Filmen, häufig auch in Nebenrollen, als Figur mit „rheinischem Akzent“ engagiert. Im aktuellen Unterhaltungsprogramm der Fernsehsender Sat 1, RTL und Pro 7 sind eine Anzahl Spaßmacher mit dieser Sprechweise aktiv, in Sendungen des WDR Köln taucht sie regelmäßig auf, mit den Anrheinern auch in einer wöchentlichen Seifenoper.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Wortwahl entspricht in der Regel weitgehend dem Standarddeutschen, das lediglich mit einigen wenigen Wörtern aus der dem Dialekt oder eher der diesem etwas näher stehenden Rheinischen Regiolekt angereichert wird. Das geschieht situationsabhängig da, wo dem Sprecher keine hinreichend treffenden Ausdrücke der Standardsprache zur Verfügung stehen oder gelegentlich, um eine familiäre Ansprache zu erzeugen usw.
Vermieden werden in der Regel von der Grammatik des Standarddeutschen erheblich abweichende syntaktische Formen wie die rheinischen Verlaufsformen oder „für … zu“ anstelle von „um“, „um … zu“, „weil“ und Ähnliches.
Trotz einer meist hochsprachlichen Wortwahl und des ebensolchen Satzbaues wird aber eine deutlich ripuarisch geprägte Intonation benutzt. Das betrifft sowohl die Satzmelodien als auch die Vokallängen, Betonungen innerhalb von Wörtern und einige andere Eigenschaften, insbesondere die Aussprache bestimmter Konsonanten.
Höchst selten wird der vom Hochdeutschen stark abweichende Vokalismus des Ripuarischen erkennbar, während geringe Abweichungen fast immer realisiert, also gesprochen, werden.
Der rheinische Rhotazismus (Wagen > Waren) und die verschiedenen Jotierungen (gern > järn; wiegen > wiejen; morgen > morrjen) der westmitteldeutschen Sprachen, die sogenannte Auslaut-R-Verhärtung (dort > docht; Kirsche > Kichsche mit Dach-„ch“) sowie eine relativ gleichmäßige Verschiebung von „sch“ und ich-„ch“ auf entweder „sch“ oder ein dunkles ich-„ch“, je nach Herkunft und dialektalem Hintergrund des Sprechers, sind typische Aussprachephänomene. Dazu kommen verschobene Betonungen innerhalb drei- und mehrsibliger Wörter (Hauptbahnhof >Haupbaanhoff, Volkshochschule > Volkshochschuule) und die für die ripuarischen Sprachen typischen Längungen einiger Konsonanten und Vokale. Besonders auffällig für Nicht-Rheinländer sind die für die limburgischen und ripuarischen Sprachen charakteristischen Tonakzente, die außerhalb des Rheinlands völlig unbekannt und für Ungeübte auch schwer nachzuahmen sind.
Beispiele, Vergleich zum Hochdeutschen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da es vor allem auf Betonung, Intonation und Aussprache ankommt, ist es schwierig, Familienkölsch zu notieren, weshalb es meist in einer auf der deutschen Rechtschreibung basierenden, „lautgerechten“ Weise festgehalten wird, die naturgemäß nur eine Annäherung sein kann.
- „Isch will das Weihnachzfäßt mit der Famillje vobringen, habb-isch jesacht.“
- Ich will das Weihnachtsfest mit der Familie verbringen, habe ich gesagt.
- „Jetz sein-se mal nisch janz so pingelisch hier.“
- Bitte seien Sie weniger penibel hier(mit).
- „Nehmen se de Menschen wie se sind. Andere jibet nisch.“
- Bitte nehmen Sie die Menschen so an, wie sie nun einmal sind. Es gibt keine anderen.
- „Das-hier issen Dammfmaschien.“ [13]
- Das hier ist eine Dampfmaschine.
- „Darw-isch mal fochtfaaren, wer wolln doch übber den Schpocht reeden.“
- Darf ich fortfahren? Wir wollen doch über den Sport reden.
- „Also was der Zeuje da jesacht hatt, das is doch de Unwa-heit! Da kam-mer doch dran fühlen, dass dä dammit fü-sisch was raußschlaren will! Das soll imm abber nisch jelingen!“
- Was der Zeuge ausgesagt hat, ist jedoch die Unwahrheit gewesen. Ganz offensichtlich kann man erkennen, dass er sich damit einen Vorteil verschaffen möchte. Das möge ihm aber misslingen.
Vor allem das letzte Beispiel erlaubt mehrere standardsprachliche Umsetzungen. Statt „misslingen“ etwa kann auch dort „nicht gelingen“ gesagt werden. Während man beim Schreiben oft der kürzeren und prägnanten Form den Vorzug gibt, ist das beim gesprochenen Standarddeutschen seltener. Ähnliches gilt bei der idiomatischen Redewendung „daran kann man (doch) fühlen“, die es nur im zentralen Rheinland gibt, und die einer spezifischen Betonung bedarf. Ein Familienkölschsprecher wählt diese, da sie aus seiner Sicht viel klarer das Gemeinte wiedergibt, als jedes hochsprachliche Äquivalent, das ihm einfällt. Er mag erwarten, so besser verstanden zu werden. Es könnte sein, dass er sich im Redefluss nicht die Zeit nimmt, nach einem hochdeutschen Konstrukt zu suchen; und so weiter. Wo Satzbau und Wortwahl deutlich vom Hochdeutschen abweichen, treffen meist mehrere derartige Gründe zu.[14] Dass bei emotionalen Themen und emotioneller Sprechweise häufiger dialektnahe oder dialektale Ausdrucksweisen zu hören sind, als bei Sachthemen und sachlichem Sprechen, scheint das verbreitete Vorurteil zu bestätigen, der Dialekt sei fürs Gefühl, die Hochsprache für den Verstand. Das ist aber tatsächlich mehr eine Folge dessen, wie die jeweiligen Sprachformen erlernt werden.[15]
Bekannte Sprecher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Öffentlichkeit bekannte „Familienkölsch“-Sprecher sind der frühere Kölner Oberbürgermeister und spätere deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer[3][6][16], in vielen seiner Film- und Theaterrollen der Schauspieler Willy Millowitsch, seine Bühnenpartnerin Elsa Scholten, seine Schwester, die Volksschauspielerin Lucy Millowitsch, der frühere Kölner Regierungspräsident Antwerpes, der Leverkusener Fußballmanager Reiner Calmund[16] oder der Koch Horst Lichter. In der WDR-Serie Die Fussbroichs hört man authentisches Familienkölsch, wie es in Köln-Buchheim gesprochen wird.
Verwandte Bezeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nur mit Bezug auf Konrad Adenauer benutzten die Journalisten Karl-Heinz Wocker und Claus Heinrich Meyer in einigen Veröffentlichungen des Jahres 1963 im Rundfunk und auf Schallplatten die Bezeichnung „Kanzlerrheinisch“.[17] Häufiger hört man solche wenig genauen Konstrukte, wie „Hochdeutsch mit Knubbeln“, „Kölsch mit Knubbeln“ („Knubbel“ könnte man hier vielleicht mit „Beulen“ gleichsetzen) oder „Normales Deutsch, kein Hochdeutsch“ [18]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Website der Sprachabteilung am Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte beim Landschaftsverband Rheinland bietet mehrere beispielhafte Tondateien:
- Adenauer (aus einer Regierungsansprache Konrad Adenauers; MP3; 1,2 MB)
- Familienkölsch der Schauspielerin Samy Orfgen aus Köln (MP3; 1,8 MB)
- Rheinisches Hochdeutsch aus Bonn (MP3; 715 kB)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Dr. Georg Cornelissen: Meine Oma spricht noch Platt – Wo bleibt der Dialekt im Rheinland?, Greven Verlag, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8
- ↑ a b Siehe z. B. auch Seite 31 ff. in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3
- ↑ a b Hans Schmitt-Rost: Kölsch, wie es nicht im Wörterbuch steht, Scheffler, Frankfurt/Main, 1968.
- ↑ Heribert A. Hilgers an der Universität zu Köln in seiner Vorlesung zur Kölschen Sprache in den 1970er Jahren
- ↑ Charles V. J. Russ: „The Dialects of Modern German: A Linguistic Survey“, 519 Seiten, Routledge, 1990, ISBN 0-415-00308-3, ISBN 978-0-415-00308-7.
Auch bei Google Books limitiert einsehbar. - ↑ a b Kapitel „Klassifikation“ (Seiten 12 und 13) in Stefan Winter: Kölsches Synonymwörterbuch - Wie säht mer söns noch för: arbeide, Blötschkopp, drinke, flöck, Jeck, kriesche, Puute, rähne, schwade. verkloppe, Zommelöm?, Bachem Verlag, Köln, 1. Auflage, 2003. ISBN 3-7616-1689-9
- ↑ a b Heribert A. Hilgers (genaues Zitat wird gerade recherchiert)
- ↑ Beispielsweise von Reiner Calmund in mehreren Fernsehinterviews und Talkshows über die eigene Sprechweise in der Öffentlichkeit ausdrücklich so bestätigt.
- ↑ Siehe dazu auch Seite 29 unten und Seite 55 in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3
- ↑ Meis, Antun: „Kölsch Levve. Humoresken von Herren Antun Meis. Herausgegeben und illustrirt von H. Hoster.“ 7. Auflage, Verlag von J. P. Mischel, Düsseldorf, ohne Jahresangabe, ca. 1928.
- ↑ Heinrich Hoster: „Erläbnisse des Härrn Tillerkatessenhändlers Härrn Antun Meis“, Staufen-Verlag, Köln, 1941
- ↑ Meis, Antun: „Des Herrn Antun Meis, weiland Tillekatessenhändler in Köln un Rentenirer in Knollendorf Gesammelte Werke“, Kölnische Verl.-Druckerei, 1962
- ↑ Aus der rühmannschen Verfilmung der Feuerzangenbowle
- ↑ vgl. u. a. Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3
- ↑ siehe etwa Dieter Stellmacher: „Niederdeutsch“ Formen und Forschungen, Reihe „Germanistische Linguistik“, Max-Niemeyer-Verlag, Tübingen, 1981, ISBN 3-484-10415-5, v. a. Seiten 22 bis 33, sowie die dort genannten Quellen
- ↑ a b Siehe auch auf der Website der Sprachabteilung ( des vom 20. Juni 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. am LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte beim Landschaftsverband Rheinland (abgerufen am 4. August 2011)
- ↑ Siehe auch die neu veröffentlichte CD mit Originalaufnahmen: Claus Heinrich Meyer, Karl-Heinz Wocker, Konrad Adenauer, Hans Daniel: „Lernt Rheinisch mit Konrad Adenauer“ nur echt mit dem Segen von Konrad Adenauer; berühmtester Sprachkurs der verrückten Sechziger. Kegel, Bad Honnef, 2006.
- ↑ Seite 30 in Georg Cornelissen: „Rheinisches Deutsch.“ Greven Verlag, Köln, 2005, ISBN 3-7743-0367-3