„Gute Werke“ – Versionsunterschied

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=== Gnesiolutheraner und Philippisten ===
=== Gnesiolutheraner und Philippisten ===
Innerhalb des Luthertums entzündeten sich an diesem Unterschied Streitigkeiten zwischen Anhängern Melanchthons und Gnesiolutheranern. [[Georg Major]] und [[Justus Menius]] behaupteten 1552 und 1554, gute Werke seien „notwendig zur Seligkeit“ (''necessaria ad salutem''). Prompt vertrat [[Nikolaus von Amsdorf]] die Gegenposition, und [[Matthias Flacius|Matthias Flaccius]] sprang ihm bei: Gute Werke seien „schädlich zur Seligkeit“ (''noxius ad salutem''). Die [[Konkordienformel]] (Epitome, Art. IV) versuchte den Kompromiss. Gute Werke hätten nichts zu tun mit der Rechtfertigung des Menschen, aber sie seien Früchte des Glaubens, und deshalb solle man die Gemeinde in der Predigt zu guten Werken ermahnen. Die Formulierungen von Major und Menius einerseits und Amsdorf andererseits wurden als irreführend verworfen. Die Konkordienformel will zwar zu Luther zurück, teilt aber melanchthons Überzeugung, dass Theologie eine pädagogische Aufgabe habe.<ref>Martin Honecker: ''Einführung in die Theologische Ethik'', Berlin / New York 1990, S. 100.</ref>
Innerhalb des Luthertums entzündeten sich an diesem Unterschied Streitigkeiten zwischen Anhängern Melanchthons und Gnesiolutheranern. [[Georg Major]] und [[Justus Menius]] behaupteten 1552 und 1554, gute Werke seien „notwendig zur Seligkeit“ (''necessaria ad salutem''). Prompt vertrat [[Nikolaus von Amsdorf]] die Gegenposition, und [[Matthias Flacius|Matthias Flaccius]] sprang ihm bei: Gute Werke seien „schädlich zur Seligkeit“ (''noxius ad salutem''). Die [[Konkordienformel]] (Epitome, Art. IV) versuchte den Kompromiss. Gute Werke hätten nichts zu tun mit der Rechtfertigung des Menschen, aber sie seien Früchte des Glaubens, und deshalb solle man die Gemeinde in der Predigt zu guten Werken ermahnen. Die Formulierungen von Major und Menius einerseits und Amsdorf andererseits wurden als irreführend verworfen. Die Konkordienformel will zwar zu Luther zurück, teilt aber Melanchthons Überzeugung, dass Theologie eine pädagogische Aufgabe habe.<ref>Martin Honecker: ''Einführung in die Theologische Ethik'', Berlin / New York 1990, S. 100.</ref>


== Evangelisch-reformierte Theologie ==
== Evangelisch-reformierte Theologie ==
Der [[Heidelberger Katechismus]] erläutert zu Frage 86, warum der Christ gute Werke tue: Aus Dankbarkeit gegen Gottes Wohltaten und „dass wir bei uns selbst unseres Glaubens aus seinen Früchten gewiss seien“ ([[Syllogismus practicus]]), außerdem damit man den Nächsten durch die eigene Lebensführung für Christus gewinne.
Der [[Heidelberger Katechismus]] erläutert zu Frage 86, warum der Christ gute Werke tue: Aus Dankbarkeit gegen Gottes Wohltaten und „dass wir bei uns selbst unseres Glaubens aus seinen Früchten gewiss seien“ ([[Syllogismus practicus]]), außerdem, damit man den Nächsten durch die eigene Lebensführung für Christus gewinne.


[[Karl Barth]] definierte gute Werke in reformierter Tradition als Werke, die Gottes Wohlgefallen haben, also von Gott gelobt werden, gleichzeitig aber auch zu Gottes Lob geschehen und nicht zum Eigenlob des frommen Menschen.<ref>Karl Barth: ''Kirchliche Dogmatik'', Band IV/2, S. 662.</ref>
[[Karl Barth]] definierte gute Werke in reformierter Tradition als Werke, die Gottes Wohlgefallen haben, also von Gott gelobt werden, gleichzeitig aber auch zu Gottes Lob geschehen und nicht zum Eigenlob des frommen Menschen.<ref>Karl Barth: ''Kirchliche Dogmatik'', Band IV/2, S. 662.</ref>

Version vom 5. Juni 2019, 16:28 Uhr

Gute Werke sind ein Begriff der evangelischen Ethik. An ihnen zeigt sich, wie Rechtfertigung und Heiligung zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei durchzieht die Polemik gegen Formen spätmittelalterlicher Frömmigkeit das Schrifttum der Reformatoren. Der Plural „Werke“ ist missverständlich, denn es ging den Reformatoren nicht um Einzelleistungen, sondern um eine menschliche Grundhaltung.

Evangelisch-lutherische Theologie

Martin Luther

Im Jahr 1520 verfasste Luther den Sermon von den guten Werken. Programmatisch formulierte er, der Glaube sei das einzige gute Werk, allerdings kein Werk des Menschen, sondern ein Werk, das Gott in ihm wirke. Daraus entständen andere gute Werke, wobei es gleichgültig sei, ob es sich um alltägliches Handeln oder schwere, außerordentliche Taten handele. Echte Taten der Nächstenliebe seien unspektakulär, sie „gleißten“ nicht. Die guten Werke seien Früchte des Glaubens und würden aus eigenem Antrieb und freudig vollbracht (sponte et hilariter).

Philipp Melanchthon

In der Confessio Augustana, Artikel 6 („Vom neuen Gehorsam“) entfaltete Melanchthon Luthers Lehre von den guten Werken. Er entwickelte seine Ethik aber weiter und teilweise im Gegensatz zu Luther. In seinen späteren Jahren konnte er formulieren, der Christ vollbringe aus drei Gründen gute Werke:[1]

  1. Weil Gott sie geboten hat;
  2. Weil nur derjenige glaubt, der seinen Glauben übt;
  3. Wegen der Belohnung. Es gebe geistige und leibliche Belohnungen der mit Gott versöhnten Christen im diesseitigen wie im jenseitigen Leben.[2]

Gnesiolutheraner und Philippisten

Innerhalb des Luthertums entzündeten sich an diesem Unterschied Streitigkeiten zwischen Anhängern Melanchthons und Gnesiolutheranern. Georg Major und Justus Menius behaupteten 1552 und 1554, gute Werke seien „notwendig zur Seligkeit“ (necessaria ad salutem). Prompt vertrat Nikolaus von Amsdorf die Gegenposition, und Matthias Flaccius sprang ihm bei: Gute Werke seien „schädlich zur Seligkeit“ (noxius ad salutem). Die Konkordienformel (Epitome, Art. IV) versuchte den Kompromiss. Gute Werke hätten nichts zu tun mit der Rechtfertigung des Menschen, aber sie seien Früchte des Glaubens, und deshalb solle man die Gemeinde in der Predigt zu guten Werken ermahnen. Die Formulierungen von Major und Menius einerseits und Amsdorf andererseits wurden als irreführend verworfen. Die Konkordienformel will zwar zu Luther zurück, teilt aber Melanchthons Überzeugung, dass Theologie eine pädagogische Aufgabe habe.[3]

Evangelisch-reformierte Theologie

Der Heidelberger Katechismus erläutert zu Frage 86, warum der Christ gute Werke tue: Aus Dankbarkeit gegen Gottes Wohltaten und „dass wir bei uns selbst unseres Glaubens aus seinen Früchten gewiss seien“ (Syllogismus practicus), außerdem, damit man den Nächsten durch die eigene Lebensführung für Christus gewinne.

Karl Barth definierte gute Werke in reformierter Tradition als Werke, die Gottes Wohlgefallen haben, also von Gott gelobt werden, gleichzeitig aber auch zu Gottes Lob geschehen und nicht zum Eigenlob des frommen Menschen.[4]

Römisch-katholische Theologie

Das Tridentinum verwarf die reformatorische Lehre ausdrücklich und lehrte, dass die Christen sich mit guten Werken ein augmentum gratiae verdienten, mit dem sie zu ihrem ewigen Leben und zur eigenen Verherrlichung beitrügen.[5]

Literatur

  • Martin Honecker: Einführung in die Theologische Ethik. Grundlagen und Grundbegriffe. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1990. ISBN 3-11-008146-6.
  • Wilfried Joest: Dogmatik, Band 2: Der Weg Gottes mit dem Menschen. 3., durchgesehene Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993. ISBN 3-525-03264-1.

Einzelnachweise

  1. Corpus Reformatorum 23, S.181.
  2. Corpus Reformatorum 21, S.177 f.
  3. Martin Honecker: Einführung in die Theologische Ethik, Berlin / New York 1990, S. 100.
  4. Karl Barth: Kirchliche Dogmatik, Band IV/2, S. 662.
  5. Sessio VI, can. 32, Denz. 842.