„Ganztonleiter“ – Versionsunterschied

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Die '''Ganztonleiter''' ist eine [[Hexatonik|hexatonische]] (sechstönige) [[Tonleiter]], die aus einer gleichstufigen ( = equidistanten) Teilung der [[Oktave]] in sechs [[Ganzton]]-[[Intervall (Musik)|Intervalle]] hervorgeht. Damit bestehen die Tonschritte klanglich ausschließlich aus [[Sekunde (Musik)|großen Sekunden]] (bzw. auch aus einer [[enharmonisch]] verminderten [[Terz (Musik)|Terz]], wenn der Oktavton mit dem Startton in der [[Notation (Musik)|Notation]] identisch sein soll).
Die '''Ganztonleiter''' ist eine [[Hexatonik|hexatonische]] (sechstönige) [[Tonleiter]], die aus einer gleichstufigen ( = equidistanten) Teilung der [[Oktave]] in sechs [[Ganzton]]-[[Intervall (Musik)|Intervalle]] hervorgeht. Damit bestehen die Tonschritte klanglich ausschließlich aus [[Sekunde (Musik)|großen Sekunden]] (bzw. auch aus einer [[enharmonisch]] verminderten [[Terz (Musik)|Terz]], wenn der Oktavton mit dem Startton in der [[Notation (Musik)|Notation]] identisch sein soll).


== Besonderheiten ==
Eine Ganztonleiter klingt für Ohren, die an die in der abendländischen Musik gebräuchlichen [[Diatonik|diatonischen]] Tonleitern z. B. [[Dur]] und [[Moll (Musik)|Moll]] gewöhnt sind, relativ fremd, da ihr die [[Halbton]]schritte fehlen. Die Beziehungen zwischen den Tönen der Skala werden nicht durch gelegentliche [[Leitton|Leittöne]] strukturiert. Daher gibt es bei der Ganztonleiter keinen erkennbaren [[Grundton]], was eine „schwebende“ Wirkung hervorruft. Mit anderen Worten kann eine Ganztonleiter auf jedem Ton als Grundton ohne Modusmöglichkeit gebildet werden. Eine Ganztonleiter ist weder tonal noch atonal. Sie bekommt ihre tonale Funktion Bedeutung erst im komponierten Kontext.
Für Ohren, die an die in der abendländischen Musik gebräuchlichen [[diatonisch]]en Tonleitern, z. B. [[Dur]] und [[Moll (Musik)|Moll]], gewöhnt sind, klingt eine Ganztonleiter relativ fremd, da ihr die [[Halbton]]schritte fehlen; die Beziehungen zwischen den Tönen der Skala können also nicht durch gelegentliche [[Leitton|Leittöne]] strukturiert werden. Daher gibt es bei der Ganztonleiter auch keinen erkennbaren [[Grundton]], was eine „schwebende“ Wirkung hervorruft. Mit anderen Worten kann eine Ganztonleiter auf jedem Ton als Grundton ohne Modusmöglichkeit gebildet werden. Eine Ganztonleiter ist weder [[Tonalität (Musik)|tonal]] noch [[atonal]], sie bekommt ihre tonale Funktion erst im komponierten Kontext.


Ferner ist der [[Tritonus]], der hier leitereigen auf jeder [[Tonstufe]] gebildet werden kann, dreimal enthalten, was einem [[Tritonusgehalt]] von 3 entspricht, und damit ein charakteristisches Intervall der Ganztonleiter, wodurch sie verhältnismäßig schwer zu singen ist. Dreiklänge in Terzschichtung ergeben ausschließlich übermäßige Dreiklänge, da durch die Ganztonschritte alle Terzen groß sind. Es gibt nur 2 Ganztonleitern, wenn der absolute Tonvorrat von 12 Tönen betrachtet wird: die Ausgangsganztonleiter und dieselbe einen halben Ton (nach oben oder unten) verschoben/transponiert:
Ferner ist der [[Tritonus]], der hier leitereigen auf jeder [[Tonstufe]] gebildet werden kann, dreimal enthalten, was einem [[Tritonusgehalt]] von 3 entspricht, und damit ein charakteristisches Intervall der Ganztonleiter, wodurch sie verhältnismäßig schwer zu singen ist. Dreiklänge in Terzschichtung ergeben ausschließlich [[übermäßig]]e [[Dreiklang|Dreiklänge]], da durch die Ganztonschritte alle Terzen groß sind.


== mögliche Ganztonleitern ==
== Die Ganztonleiter auf C ==
Wenn der absolute Tonvorrat von 12 Tönen betrachtet wird, gibt es nur 2 Ganztonleitern: die Ausgangs-Ganztonleiter und dieselbe um einen halben Ton (nach oben oder unten) [[Transposition (Musik)|transponiert]]. Beide werden im folgenden dargestellt für den Ausgangston C:

=== auf C ===
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<score vorbis=1>
\relative c'
\relative c'
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</score>
</score>


==Die Ganztonleiter auf H ==
=== auf&nbsp;H ===
<score vorbis=1>
<score vorbis=1>
\relative c'
\relative c'
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}
}
\addlyrics {
\addlyrics {
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h1 \markup { \concat { des \small \raise #0.5 \translate #(cons 0.5 0) \flat } } \markup { \concat { ees \small \raise #0.5 \translate #(cons 0.5 0) \flat } } f g a h
}
}
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== Verwendung ==
Nach [[Franz Liszt]] bediente sich der speziellen Wirkung der Ganztonleiter als einer der ersten [[Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow|Rimski-Korsakow]] zur Darstellung magischer Gestalten in seinen Opern; später dann auch die Komponisten des [[Impressionismus (Musik)|Impressionismus]] (z.&nbsp;B. [[Claude Debussy|Debussy]] und [[Maurice Ravel|Ravel]]). [[Olivier Messiaen]]s erster Modus in seinem System der [[Modi mit begrenzten Transpositionsmöglichkeiten|begrenzt transponierbaren Skalen]] ist die Ganztonleiter, wobei Messiaen deutlich darauf hinweist, die Ganztonleiter nicht erfunden zu haben.


Auch im [[Jazz]] erhält die Ganztonleiter eine wichtige Bedeutung als eigenständige Skala über [[Dominantseptakkord]]e mit tief[[Alteration (Musik)|alterierter]] [[Quinte]] oder hochalterierter [[Quarte]]. Ein bekanntes Beispiel aus der [[Popmusik]] ist die [[Introduktion]] (dritter und vierter Takt) zu [[Stevie Wonder]]s Song "You are the Sunshine of my Life".
Der speziellen Wirkung der Ganztonleiter bediente sich als einer der ersten nach [[Franz Liszt]] z. B. auch [[Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow|Rimski-Korsakow]] zur Darstellung magischer Gestalten in seinen Opern; später dann auch die Komponisten des [[Impressionismus (Musik)|Impressionismus]] (z.&nbsp;B. [[Claude Debussy|Debussy]] und [[Maurice Ravel|Ravel]]). [[Olivier Messiaen]]s erster Modus in seinem System der [[Modi mit begrenzten Transpositionsmöglichkeiten|begrenzt transponierbaren Skalen]] ist die Ganztonleiter, wobei Messiaen deutlich darauf hinweist, die Ganztonleiter freilich nicht erfunden zu haben.

Auch im [[Jazz]] erhält die Ganztonleiter eine wichtige Bedeutung als eigenständige Skala über [[Dominantseptakkord]]e mit tiefalterierter [[Quinte]] oder hochalterierter [[Quarte]]. Ein bekanntes Beispiel aus der Popmusik ist die Introduktion (dritter und vierter Takt) zu [[Stevie Wonder]]s Song "You are the Sunshine of my Life".


== Hörbeispiel ==
== Hörbeispiel ==

Version vom 30. Januar 2016, 19:43 Uhr

Bildliche Darstellung der Ganztonleiter. (Erläuterung)

Die Ganztonleiter ist eine hexatonische (sechstönige) Tonleiter, die aus einer gleichstufigen ( = equidistanten) Teilung der Oktave in sechs Ganzton-Intervalle hervorgeht. Damit bestehen die Tonschritte klanglich ausschließlich aus großen Sekunden (bzw. auch aus einer enharmonisch verminderten Terz, wenn der Oktavton mit dem Startton in der Notation identisch sein soll).

Besonderheiten

Für Ohren, die an die in der abendländischen Musik gebräuchlichen diatonischen Tonleitern, z. B. Dur und Moll, gewöhnt sind, klingt eine Ganztonleiter relativ fremd, da ihr die Halbtonschritte fehlen; die Beziehungen zwischen den Tönen der Skala können also nicht durch gelegentliche Leittöne strukturiert werden. Daher gibt es bei der Ganztonleiter auch keinen erkennbaren Grundton, was eine „schwebende“ Wirkung hervorruft. Mit anderen Worten kann eine Ganztonleiter auf jedem Ton als Grundton ohne Modusmöglichkeit gebildet werden. Eine Ganztonleiter ist weder tonal noch atonal, sie bekommt ihre tonale Funktion erst im komponierten Kontext.

Ferner ist der Tritonus, der hier leitereigen auf jeder Tonstufe gebildet werden kann, dreimal enthalten, was einem Tritonusgehalt von 3 entspricht, und damit ein charakteristisches Intervall der Ganztonleiter, wodurch sie verhältnismäßig schwer zu singen ist. Dreiklänge in Terzschichtung ergeben ausschließlich übermäßige Dreiklänge, da durch die Ganztonschritte alle Terzen groß sind.

mögliche Ganztonleitern

Wenn der absolute Tonvorrat von 12 Tönen betrachtet wird, gibt es nur 2 Ganztonleitern: die Ausgangs-Ganztonleiter und dieselbe um einen halben Ton (nach oben oder unten) transponiert. Beide werden im folgenden dargestellt für den Ausgangston C:

auf C


\relative c'
\new Staff \with {\remove "Time_signature_engraver"}
{
\time 6/1
\autoBeamOff
\clef treble
\override Rest #'style = #'classical

c1 d e fis gis ais c 
}
\addlyrics {
c1 d e \markup { \concat{ fis \raise #0.5  \translate #(cons 0.5 0) \small \sharp  } } \markup { \concat{ gis \raise #0.5  \translate #(cons 0.5 0) \small \sharp  } } \markup { \concat{ ais \raise #0.5 \translate #(cons 0.5 0) \small \sharp  } } c
}

auf H


\relative c'
\new Staff \with {\remove "Time_signature_engraver"}
{
\time 6/1
\autoBeamOff
\clef treble
\override Rest #'style = #'classical

b1 des ees f g a b 
}
\addlyrics {
h1 \markup { \concat { des \small \raise #0.5 \translate #(cons 0.5 0) \flat } } \markup { \concat { ees \small \raise #0.5 \translate #(cons 0.5 0) \flat } }  f g a h 
}

Verwendung

Nach Franz Liszt bediente sich der speziellen Wirkung der Ganztonleiter als einer der ersten Rimski-Korsakow zur Darstellung magischer Gestalten in seinen Opern; später dann auch die Komponisten des Impressionismus (z. B. Debussy und Ravel). Olivier Messiaens erster Modus in seinem System der begrenzt transponierbaren Skalen ist die Ganztonleiter, wobei Messiaen deutlich darauf hinweist, die Ganztonleiter nicht erfunden zu haben.

Auch im Jazz erhält die Ganztonleiter eine wichtige Bedeutung als eigenständige Skala über Dominantseptakkorde mit tiefalterierter Quinte oder hochalterierter Quarte. Ein bekanntes Beispiel aus der Popmusik ist die Introduktion (dritter und vierter Takt) zu Stevie Wonders Song "You are the Sunshine of my Life".

Hörbeispiel

Ganztonleiter (Midi)/?