„ICE-M“ – Versionsunterschied

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Eine erste Konzeptstudie der damaligen [[Deutsche Bundesbahn|Deutschen Bundesbahn]] und den Schienenfahrzeug-Herstellern, mit Unterstützung des [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesforschungsministeriums]], untersuchte zum Ende der 1980er-Jahre die Anforderungen an einen [[Hochgeschwindigkeitsverkehr|Hochgeschwindigkeits]]-[[Triebwagen#Definitionen|Triebzug]] für den internationalen Verkehr. Die Deutsche Bundesbahn beauftragte dazu im Frühjahr 1989 die Industrie mit der Entwicklung einer ICE-Mehrsystemvariante<ref name="zdzkft-2-3">''Vorwort der Herausgeber zur Neu-Auflage.'' In: Theo Rahn, Hubert Hochbruck, Friedrich W. Möller (Hrsg.): ''ICE – Zug der Zukunft.'' Hestra-Verlag, Darmstadt 1991, S.&nbsp;3.</ref>. Technische Basis war der ab Juni 1991 im Fahrgastverkehr eingesetzte [[DB-Baureihe 401|ICE&nbsp;1]].
Eine erste Konzeptstudie der damaligen [[Deutsche Bundesbahn|Deutschen Bundesbahn]] und den Schienenfahrzeug-Herstellern, mit Unterstützung des [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesforschungsministeriums]], untersuchte zum Ende der 1980er-Jahre die Anforderungen an einen [[Hochgeschwindigkeitsverkehr|Hochgeschwindigkeits]]-[[Triebwagen#Definitionen|Triebzug]] für den internationalen Verkehr. Die Deutsche Bundesbahn beauftragte dazu im Frühjahr 1989 die Industrie mit der Entwicklung einer ICE-Mehrsystemvariante<ref name="zdzkft-2-3">''Vorwort der Herausgeber zur Neu-Auflage.'' In: Theo Rahn, Hubert Hochbruck, Friedrich W. Möller (Hrsg.): ''ICE – Zug der Zukunft.'' Hestra-Verlag, Darmstadt 1991, S.&nbsp;3.</ref>. Technische Basis war der ab Juni 1991 im Fahrgastverkehr eingesetzte [[DB-Baureihe 401|ICE&nbsp;1]].


Für die Haupt-Verkehrsströme nach [[Belgien]], die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], [[Frankreich]], die [[Niederlande]], nach [[Italien]], [[Skandinavien]], [[Österreich]], [[Osteuropa]] und die [[Schweiz]] war mit einem Bedarf von etwa einhundert Zügen gerechnet worden. Diese sollten je 200&nbsp;m lang sein und 370 Passagieren Platz bieten. Etwa die Hälfte der Triebzüge wäre von der damaligen Bundesbahn zu beschaffen gewesen, die weiteren Einheiten von den europäischen Partnerbahnen.
Für die Haupt-Verkehrsströme nach [[Belgien]], die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], [[Frankreich]], die [[Niederlande]], nach [[Italien]], [[Skandinavien]], [[Österreich]], [[Osteuropa]] und die [[Schweiz]] war mit einem Bedarf von etwa einhundert Zügen gerechnet worden. Diese sollten je 200&nbsp;Meter lang sein und 370 Passagieren Platz bieten. Etwa die Hälfte der Triebzüge wäre von der damaligen Bundesbahn zu beschaffen gewesen, die weiteren Einheiten von den europäischen Partnerbahnen.


Schwerpunkte der Überlegungen bildeten dabei die Kompatibilität mit verschiedenen [[Bahnstrom]]-Systemen der Nachbarländer und die Antriebsausrüstung. Die wesentlichen Parameters des geplanten Zuges wurden dabei durch das ''[[Lastenheft]] für Hochgeschwindigkeitszüge'' bestimmt, das die damaligen Staatsbahnen Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande und Belgiens am 17. Januar 1986 verabschiedet hatten. Das Konzept sah modulare Züge vor, die jeweils für bestimmte Ländergruppen ausgerüstet werden sollen. Ein Einheitstriebzug schien aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der verschiedenen Länder und der Erwartung, bestimmte Fahrzeuge in festgelegten Umläufen einzusetzen, wirtschaftlich nicht vertretbar. Aufbauend auf einer Grundversion sollten stattdessen Module für die zu befahrenden Länder nachgerüstet werden können.
Schwerpunkte der Überlegungen bildeten dabei die Kompatibilität mit verschiedenen [[Bahnstrom]]-Systemen der Nachbarländer und die Antriebsausrüstung. Die wesentlichen Parameters des geplanten Zuges wurden dabei durch das ''[[Lastenheft]] für Hochgeschwindigkeitszüge'' bestimmt, das die damaligen Staatsbahnen Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande und Belgiens am 17. Januar 1986 verabschiedet hatten. Das Konzept sah modulare Züge vor, die jeweils für bestimmte Ländergruppen ausgerüstet werden sollen. Ein Einheitstriebzug schien aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der verschiedenen Länder und der Erwartung, bestimmte Fahrzeuge in festgelegten Umläufen einzusetzen, wirtschaftlich nicht vertretbar. Aufbauend auf einer Grundversion sollten stattdessen Module für die zu befahrenden Länder nachgerüstet werden können.
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=== Technik ===
=== Technik ===

Der Zug sollte sich an die die vielfältigen Anforderungen der europäischen Länder (z.&nbsp;B. [[Achslast]], [[Lichtraumprofil]], [[Zugbahnfunk|Zugfunk]], Komfortmerkmale) Rechnung tragen.
Der Zug sollte sich an die die vielfältigen Anforderungen der europäischen Länder (z.&nbsp;B. [[Achslast]], [[Lichtraumprofil]], [[Zugbahnfunk|Zugfunk]], Komfortmerkmale) Rechnung tragen.


Dabei sollten vier Bahnstrom-Systeme unterstützt werden:
Dabei sollten vier Bahnstrom-Systeme unterstützt werden:

* Wechselstrom als Basis: 15&nbsp;kV 16 2/3 Hz (damalige Deutsche Bundesbahn, [[Deutsche Reichsbahn (1945–1993)|Deutsche Reichsbahn]], [[Österreichische Bundesbahnen|ÖBB]], [[Schweizerische Bundesbahnen|SBB]]) sowie 25&nbsp;kV 50&nbsp;Hz ([[SNCF]]-Neubaustrecken, später auch jene der [[Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles|RENFE]])
* Wechselstrom als Basis: 15&nbsp;kV 16 2/3 Hz (damalige Deutsche Bundesbahn, [[Deutsche Reichsbahn (1945–1993)|Deutsche Reichsbahn]], [[Österreichische Bundesbahnen|ÖBB]], [[Schweizerische Bundesbahnen|SBB]]) sowie 25&nbsp;kV 50&nbsp;Hz ([[SNCF]]-Neubaustrecken, später auch jene der [[Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles|RENFE]])
* Gleichstrom optional: 3&nbsp;kV ([[SNCB/NMBS|SNCB]], [[Ferrovie dello Stato|FS]]) und 1,5&nbsp;kV (SNCF-Altstrecken, [[Nederlandse Spoorwegen|NS]])
* Gleichstrom optional: 3&nbsp;kV ([[SNCB/NMBS|SNCB]], [[Ferrovie dello Stato|FS]]) und 1,5&nbsp;kV (SNCF-Altstrecken, [[Nederlandse Spoorwegen|NS]])


Weitere wesentliche Parameter waren dabei:
Weitere wesentliche Parameter waren dabei:

* [[Spurweite (Eisenbahn)|Spurweite]]: 1435&nbsp;mm ([[Normalspur]])
* [[Spurweite (Eisenbahn)|Spurweite]]: 1435&nbsp;mm ([[Normalspur]])
* [[Lichtraumprofil]] nach [[Union internationale des chemins de fer|UIC]] 505-1/2
* [[Lichtraumprofil]] nach [[Union internationale des chemins de fer|UIC]] 505-1/2
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* [[Schnellbremsung|Schnellbremsweg]] bei voller Zuladung in der Ebene aus 300&nbsp;km/h: 3500 Meter, bei 40 Promille: 7000 Meter; [[Magnetschienenbremse]]n, später möglicherweise [[Wirbelstrombremse]]n
* [[Schnellbremsung|Schnellbremsweg]] bei voller Zuladung in der Ebene aus 300&nbsp;km/h: 3500 Meter, bei 40 Promille: 7000 Meter; [[Magnetschienenbremse]]n, später möglicherweise [[Wirbelstrombremse]]n


In der höchstzugelassenen Radsatzlast von 17&nbsp;t spiegelt sich die Grenze der, ausschließlich durch den [[TGV]] befahrenen, französischen Schnellfahrstrecken wider. Für die 1991 eröffneten deutschen Strecken, die auch dem schweren Güterverkehr dienen, war eine maximale Radsatzlast von 20&nbsp;t ausreichend.
In der höchstzugelassenen Radsatzlast von 17&nbsp;t spiegelt sich die Grenze der, ausschließlich durch den [[TGV]] befahrenen, französischen Schnellfahrstrecken wider. Für die 1991 eröffneten deutschen Strecken, die auch dem schweren Güterverkehr dienen, war eine maximale Radsatzlast von 20&nbsp;Tonnen ausreichend.


Als besonders schwierig wurde die Installation der zahlreichen nationalen [[Zugbeeinflussung|Zugsicherungssysteme]] bewertet und die Notwendigkeit einer technischen Harmonisierung (heute in Form von [[European Train Control System|ETCS]]) hervorgehoben. Auch die verschiedenartigen Zugfunksysteme wurden als Schwierigkeit identifiziert (heute harmonisiert durch [[GSM-R]]).
Als besonders schwierig wurde die Installation der zahlreichen nationalen [[Zugbeeinflussung|Zugsicherungssysteme]] bewertet und die Notwendigkeit einer technischen Harmonisierung (heute in Form von [[European Train Control System|ETCS]]) hervorgehoben. Auch die verschiedenartigen Zugfunksysteme wurden als Schwierigkeit identifiziert (heute harmonisiert durch [[GSM-R]]).


Am 17. März 1988 einigten sich dieselben vier Staatsbahnen auf ''Konzeptionelle Vorgaben für Hochgeschwindigkeitszüge''. Dabei wurde ein Zug auf Basis der Parameter von 1986 genauer projektiert. Die Gesamtmasse des Zuges sollte bei 450 Tonnen liegen, wobei in den Triebköpfen bei einer Masse von je 68 Tonnen (17 Tonnen Achslast) je vier Spannungssysteme eingerichtet werden sollten. Die Maximalleistung unter Wechselstrom sollte je Triebkopf bei 4,15&nbsp;MW, die [[Stundenleistung|Dauerleistung]] bei 3,6&nbsp;MW liegen; bei Gleichstrom bei rund 2&nbsp;MW (1,5&nbsp;kV) bzw. 2,5&nbsp;MW (3&nbsp;kV). Als Bremssysteme der Triebköpfe waren [[Scheibenbremse]]n, [[Widerstandsbremse]]n und [[Elektromotorische Bremse|Netzbremsen]] vorgesehen.
Am 17. März 1988 einigten sich dieselben vier Staatsbahnen auf ''Konzeptionelle Vorgaben für Hochgeschwindigkeitszüge''. Dabei wurde ein Zug auf Basis der Parameter von 1986 genauer projektiert. Die Gesamtmasse des Zuges sollte bei 450&nbsp;Tonnen liegen, wobei in den Triebköpfen bei einer Masse von je 68&nbsp;Tonnen (17&nbsp;Tonnen Achslast) je vier Spannungssysteme eingerichtet werden sollten. Die Maximalleistung unter Wechselstrom sollte je Triebkopf bei 4,15&nbsp;Megawatt, die [[Stundenleistung|Dauerleistung]] bei 3,6&nbsp;Megawatt liegen. Bei Gleichstrom bei rund 2&nbsp;Megawatt (1,5&nbsp;Kilovolt) bzw. 2,5&nbsp;Megawatt (3&nbsp;Kilovolt). Als Bremssysteme der Triebköpfe waren [[Scheibenbremse]]n, [[Widerstandsbremse]]n und [[Elektromotorische Bremse|Netzbremsen]] vorgesehen.


In sechs Mittelwagen sollten 114 Sitzplätze der 1. sowie 263 Plätze der 2. Klasse eingerichtet werden. Nach einer Studie des ''Design-Centers'' der Bundesbahn sollte die Bestuhlung der des ICE&nbsp;1 ähneln. Die Großraumbereiche sollten in Reihen- und Vis-a-vis-Bereichen ausgeführt werden, bei einem Sitzteiler (zwei Reihen) von 1880&nbsp;mm in der zweiten sowie 2100&nbsp;mm in der ersten Klasse, dazu drei bzw. vier Abteile je Wagen. Auch ein Konferenz- sowie ein Kinderabteil sowie ein halber Speisewagen mit Bistro (Stehtische) war vorgesehen. Die Achslast der Mittelwagen sollte bei 13&nbsp;t liegen, die Breite mit 2890&nbsp;mm im Hinblick auf das internationale UIC-Profil etwas niedriger liegen als beim ICE&nbsp;1 (3020&nbsp;mm).
In sechs Mittelwagen sollten 114 Sitzplätze der ersten Klasse sowie 263 Plätze der zweiten Klasse eingerichtet werden. Nach einer Studie des ''Design-Centers'' der Bundesbahn sollte die Bestuhlung der des ICE&nbsp;1 ähneln. Die Großraumbereiche sollten in Reihen- und Vis-a-vis-Bereichen ausgeführt werden, bei einem Sitzteiler (zwei Reihen) von 1880&nbsp;Millimeter in der zweiten sowie 2100&nbsp;Millimeter in der ersten Klasse, dazu drei bzw. vier Abteile je Wagen. Auch ein Konferenz- sowie ein Kinderabteil sowie ein halber Speisewagen mit Bistro (Stehtische) war vorgesehen. Die Achslast der Mittelwagen sollte bei 13&nbsp;Tonnen liegen, die Breite mit 2890&nbsp;Millimetern im Hinblick auf das internationale UIC-Profil etwas niedriger liegen als beim ICE&nbsp;1 (3020&nbsp;Millimeter).


Im Gegensatz zum ICE&nbsp;1 sollte der ICE-M stirnseitig automatische Kupplungen erhalten, um in [[Mehrfachtraktion|Doppeltraktion]] verkehren zu können. Aufgrund der geringen Zuglänge sollten die beiden Triebköpfe über eine Hochspannungs-Dachleitung miteinander verbunden werden.<ref name="eks-21-58" />
Im Gegensatz zum ICE&nbsp;1 sollte der ICE-M stirnseitig automatische Kupplungen erhalten, um in [[Mehrfachtraktion|Doppeltraktion]] verkehren zu können. Aufgrund der geringen Zuglänge sollten die beiden Triebköpfe über eine Hochspannungs-Dachleitung miteinander verbunden werden.<ref name="eks-21-58" />


=== Weitere Forschung ===
=== Weitere Forschung ===

Noch im März 1988 wurde dem Bundesforschungsministerium ein Förderantrag vorgelegt. Demnach sollte ab Anfang 1990 zunächst eine Vorserie von fünf Triebzügen gebaut werden, die ab Mitte der 1990er Jahre mit 300&nbsp;km/h verkehren sollten.<ref name="ek-1988-8-36">Meldung ''ICE endlich bestellt.'' In: [[Eisenbahn-Kurier]], Heft 8/1988, S.&nbsp;36.</ref>
Noch im März 1988 wurde dem Bundesforschungsministerium ein Förderantrag vorgelegt. Demnach sollte ab Anfang 1990 zunächst eine Vorserie von fünf Triebzügen gebaut werden, die ab Mitte der 1990er Jahre mit 300&nbsp;km/h verkehren sollten.<ref name="ek-1988-8-36">Meldung ''ICE endlich bestellt.'' In: [[Eisenbahn-Kurier]], Heft 8/1988, S.&nbsp;36.</ref>


Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt entschied Bundesverkehrsminister [[Jürgen Warnke|Warnke]], die Entwicklung eines mehrsystemfähigen ICE-Zuges zu fördern.<ref name="bundesbahn-1989-368">Meldung ''Grünes Licht für Mehrsystem-ICE.'' In: [[Die Bundesbahn]]. Jg. 65, Nr. 5, 1989, {{ISSN|0007-5876}}, S.&nbsp;368.</ref> Auf Basis der Grundsatzstudie entschied Bundesforschungsminister [[Heinz Riesenhuber]] im Jahr 1989, die konkrete Entwicklung eines mehrsystemfähigen [[Hochgeschwindigkeitsverkehr|Hochgeschwindigkeitszuges]] zu fördern. Das Ministerium übernahm dabei etwa 40 Prozent der Entwicklungskosten. Die Fördersumme des Ministeriums lag bei 18,3 Millionen [[Deutsche Mark|D-Mark]].<ref name="bahn-special-1991-1-78">Ohne Autor: ''Die weiteren Pläne der Neuen<!--sic!--> Bahn.'' In: ''Bahn-Special.'' ''Die Neue Bahn.'' Nr. 1, 1991, Gera-Nova-Verlag, München, S.&nbsp;78&nbsp;f.</ref> Eine erste Serie von etwa fünf Zügen, die bereits ab 1993 auf der Relation [[Paris]]–[[Brüssel]]–[[Köln]] verkehren sollten, war nicht Gegenstand der Förderung.
Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt entschied Bundesverkehrsminister [[Jürgen Warnke|Warnke]], die Entwicklung eines mehrsystemfähigen ICE-Zuges zu fördern.<ref name="bundesbahn-1989-368">''Grünes Licht für Mehrsystem-ICE.'' In: [[Die Bundesbahn]]. Jg. 65, Nr. 5, 1989, {{ISSN|0007-5876}}, S.&nbsp;368.</ref> Auf Basis der Grundsatzstudie entschied Bundesforschungsminister [[Heinz Riesenhuber]] im Jahr 1989, die konkrete Entwicklung eines mehrsystemfähigen [[Hochgeschwindigkeitsverkehr|Hochgeschwindigkeitszuges]] zu fördern. Das Ministerium übernahm dabei etwa 40 Prozent der Entwicklungskosten. Die Fördersumme des Ministeriums lag bei 18,3 Millionen [[Deutsche Mark|D-Mark]].<ref name="bahn-special-1991-1-78">''Die weiteren Pläne der Neuen<!--sic!--> Bahn.'' In: ''Bahn-Special.'' ''Die Neue Bahn.'' Nr. 1, 1991, Gera-Nova-Verlag, München, S.&nbsp;78&nbsp;f.</ref> Eine erste Serie von etwa fünf Zügen, die bereits ab 1993 auf der Relation [[Paris]]–[[Brüssel]]–[[Köln]] verkehren sollten, war nicht Gegenstand der Förderung.


Bereits zwischen 1972 und 1990 war die Grundlagenforschung des spurgeführten Schnellverkehrs mit etwa 450 Millionen [[D-Mark]] gefördert worden<ref name="etr-1991-5">''Der InterCity Express − Ergebnis der Förderung der Bahnforschung durch den BMFT.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' 40 (1991), Heft 5/6, S.&nbsp;377&nbsp;f.</ref>.
Bereits zwischen 1972 und 1990 war die Grundlagenforschung des spurgeführten Schnellverkehrs mit etwa 450 Millionen [[D-Mark]] gefördert worden<ref name="etr-1991-5">''Der InterCity Express − Ergebnis der Förderung der Bahnforschung durch den BMFT.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' 40 (1991), Heft 5/6, S.&nbsp;377&nbsp;f.</ref>.
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Durch das Projekt sollten die Marktchancen der damaligen Bundesbahn im europäischen Schienenpersonenverkehr gestärkt werden. Auch galt das Projekt als nationaler Beitrag für einen möglichen einheitlichen europäischen Hochgeschwindigkeitszug (später projektiert als [[High Speed Train Europe]]).
Durch das Projekt sollten die Marktchancen der damaligen Bundesbahn im europäischen Schienenpersonenverkehr gestärkt werden. Auch galt das Projekt als nationaler Beitrag für einen möglichen einheitlichen europäischen Hochgeschwindigkeitszug (später projektiert als [[High Speed Train Europe]]).


Bei der Übergabe des ersten Serien-Triebkopfes der Baureihe 401 hatte Bundesforschungsminister Riesenhuber erwartet, dass die ersten Züge für den grenzüberschreitenden Verkehr 1992 zur Verfügung stehen würden. Der Wirtschaftsplan der Bundesbahn für 1990 sah dabei eine Milliarde D-Mark für neunzehn weitere ICE-Züge sowie sieben Züge mit Mehrsystemausrüstung vor.<ref name="bundesbahn-1989-11-1003">Meldung ''Erster ICE-Triebkopf fertig.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' Nr. 11&nbsp;, 1989, S.&nbsp;1002&nbsp;f.</ref>
Bei der Übergabe des ersten Serien-Triebkopfes der Baureihe 401 hatte Bundesforschungsminister Riesenhuber erwartet, dass die ersten Züge für den grenzüberschreitenden Verkehr 1992 zur Verfügung stehen würden. Der Wirtschaftsplan der Bundesbahn für 1990 sah dabei eine Milliarde D-Mark für neunzehn weitere ICE-Züge sowie sieben Züge mit Mehrsystemausrüstung vor.<ref name="bundesbahn-1989-11-1003">Meldung ''Erster ICE-Triebkopf fertig.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' Nr.&nbsp;11, 1989, S.&nbsp;1002&nbsp;f.</ref>


Mit einer Wagenbreite von 3020&nbsp;mm hätten die Züge 132&nbsp;mm über dem von der [[Union internationale des chemins de fer|UIC]] international zugelassenen Wert von 2888&nbsp;mm gelegen.<ref name="eikhoff-18">Dieter Eikhoff: ''Alles über den ICE.'' transpress-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-613-71277-5, S.&nbsp;18.</ref>
Mit einer Wagenbreite von 3020&nbsp;Millimetern hätten die Züge 132&nbsp;Millimeter über dem von der [[Union internationale des chemins de fer|UIC]] international zugelassenen Wert von 2888&nbsp;Millimetern gelegen.<ref name="eikhoff-18">Dieter Eikhoff: ''Alles über den ICE.'' transpress-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-613-71277-5, S.&nbsp;18.</ref>


=== Zwei-System-ICE für die Niederlande ===
=== Zwei-System-ICE für die Niederlande ===

Interesse an einer Zwei-System-Variante des ICE hatten, noch vor der Betriebsaufnahme des nationalen ICE-System im Jahr 1991, die [[Nederlandse Spoorwegen]] gezeigt. Überlegungen sahen einen&nbsp;– im Vergleich zum bis zu 411&nbsp;m langen ICE&nbsp;1&nbsp;– relativ kurzen Zug vor, der im niederländischen Gleichstromnetz 220&nbsp;km/h und in Deutschland 300&nbsp;km/h erreichen sollte. Auch der Einsatz auf niederländischen Neubaustrecken (unter 25&nbsp;kV Spannung) wurde überlegt. Der Leistungsbedarf hätte, nach überschlägigen Berechnungen, bei etwa 6&nbsp;MW gelegen. Lange vor dem ab 1996 in Betrieb genommenen [[ICE 2]] entstand daraus schließlich ein Konzept, das einen [[Zugbildung#Triebwagen|Halbzug]] mit einem [[Triebkopf]] von 4&nbsp;MW Leistung und einem angetriebenen Steuerwagen (2&nbsp;MW) vorsah. Der, analog dem Triebkopf, 20.560&nbsp;mm lange Steuerwagen sollte dabei neben Maschinen- und Gepäckraum auch drei Abteile der ersten Klasse (mit 18 Sitzplätzen) umfassen. Die Laufdrehgestelle sollten eine Luftfederung erhalten, die Trittstufen für Bahnsteige der DB (76&nbsp;cm) und der NS (84&nbsp;cm) optimiert werden. Die Breite des Zuges sollte mit dem ICE&nbsp;1 übereinstimmen, die Radsatzlast der Triebköpfe bei 19,5&nbsp;t liegen.<ref name="ek-403-58">[[Heinz Kurz]]: ''15 Jahre ICE. Teil 1: Vom Intercity-Experimental zum ICE 1.'' In: [[Eisenbahn-Kurier]], 4, Nr. 403, April 2006, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;58–63.</ref>
Interesse an einer Zwei-System-Variante des ICE hatten, noch vor der Betriebsaufnahme des nationalen ICE-System im Jahr 1991, die [[Nederlandse Spoorwegen]] gezeigt. Überlegungen sahen einen&nbsp;– im Vergleich zum bis zu 411&nbsp;Meter langen ICE&nbsp;1&nbsp;– relativ kurzen Zug vor, der im niederländischen Gleichstromnetz 220&nbsp;km/h und in Deutschland 300&nbsp;km/h erreichen sollte. Auch der Einsatz auf niederländischen Neubaustrecken (unter 25&nbsp;Kilovolt Spannung) wurde überlegt. Der Leistungsbedarf hätte, nach überschlägigen Berechnungen, bei etwa 6&nbsp;Megawatt gelegen. Lange vor dem ab 1996 in Betrieb genommenen [[ICE 2]] entstand daraus schließlich ein Konzept, das einen [[Zugbildung#Triebwagen|Halbzug]] mit einem [[Triebkopf]] von 4&nbsp;Megawatt Leistung und einem angetriebenen Steuerwagen (2&nbsp;Megawatt) vorsah. Der, analog dem Triebkopf, 20.560&nbsp;Millimeter lange Steuerwagen sollte dabei neben Maschinen- und Gepäckraum auch drei Abteile der ersten Klasse (mit 18 Sitzplätzen) umfassen. Die Laufdrehgestelle sollten eine Luftfederung erhalten, die Trittstufen für Bahnsteige der DB (76&nbsp;Zentimeter) und der NS (84&nbsp;Zentimeter) optimiert werden. Die Breite des Zuges sollte mit dem ICE&nbsp;1 übereinstimmen, die Radsatzlast der Triebköpfe bei 19,5&nbsp;Tonnen liegen.<ref name="ek-403-58">[[Heinz Kurz]]: ''15 Jahre ICE. Teil 1: Vom Intercity-Experimental zum ICE 1.'' In: [[Eisenbahn-Kurier]], 4, Nr. 403, April 2006, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;58–63.</ref>


Eine Realisierung des Konzeptes hätte bis 1995 erfolgen können. Da es nicht gelang, ein tragfähiges, langfristiges Marketingkonzept zu entwickeln (insbesondere, da die DB mit der ICE-Einführung beschäftigt war), wurde die Planung abgebrochen.<ref name="ek-403-58" />
Eine Realisierung des Konzeptes hätte bis 1995 erfolgen können. Da es nicht gelang, ein tragfähiges, langfristiges Marketingkonzept zu entwickeln (insbesondere, da die DB mit der ICE-Einführung beschäftigt war), wurde die Planung abgebrochen.<ref name="ek-403-58" />
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== Grenzüberschreitender ICE-Verkehr heute ==
== Grenzüberschreitender ICE-Verkehr heute ==
[[Datei:ICE3 in Cologne.jpg|mini|ICE&nbsp;3 im Hauptbahnhof Köln. Von 67 Einheiten sind 17 mehrsystemfähig.]]
[[Datei:ICE3 in Cologne.jpg|mini|ICE&nbsp;3 im Hauptbahnhof Köln. Von 67 Einheiten sind 17 mehrsystemfähig.]]
Die Ergebnisse des Projektes fanden Einzug in die Ende der 1990er-Jahre gebauten [[DB-Baureihe 406#ICE 3M|ICE&nbsp;3M]] der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]]. Heute verkehren 16 mehrsystemfähige ICE-Züge zwischen Deutschland und den Nachbarländern Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Davon gehören 12 der DB und vier der NS; ein weiterer der ursprünglich 17 Züge war ICE3-M/F verunfallt und wurde nicht wiederhergestellt.


Die Ergebnisse des Projektes fanden Einzug in die Ende der 1990er-Jahre gebauten [[DB-Baureihe 406#ICE 3M|ICE&nbsp;3M]] der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]]. Heute verkehren 16 mehrsystemfähige ICE-Züge zwischen Deutschland und den Nachbarländern Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Davon gehören 12 der DB und vier der NS. Ein weiterer der ursprünglich 17 ICE3-M/F-Züge war verunfallt und wurde nicht wiederhergestellt.
Ein Teil der ICE-1-Flotte verkehrt bei gleicher Betriebsspannung (15&nbsp;kV 16,7&nbsp;Hz Wechselstrom) nach Österreich und in die Schweiz, ebenso einige [[ICE T|ICE&nbsp;T]]. Die Einsystemfahrzeuge [[DB-Baureihe 403 (1997)|ICE&nbsp;3]] verkehren bis zum [[Bahnhof Basel SBB]]. Von Dezember 2007 bis 2017 verkehrten einige [[DB-Baureihe 605|ICE&nbsp;TD]] zwischen Deutschland und [[Dänemark]].

Ein Teil der ICE-1-Flotte verkehrt bei gleicher Betriebsspannung (15&nbsp;kV 16,7&nbsp;Hz Wechselspannung) nach Österreich und in die Schweiz, ebenso einige [[ICE&nbsp;T]]. Die Einsystemfahrzeuge [[DB-Baureihe 403 (1997)|ICE&nbsp;3]] verkehren bis zum [[Bahnhof Basel SBB]]. Von Dezember 2007 bis 2017 verkehrten einige [[DB-Baureihe 605|ICE&nbsp;TD]] zwischen Deutschland und [[Dänemark]].


== Literatur ==
== Literatur ==

* Martin Voß: ''Mehrsystemtriebzug ICE-M.'' In: [[Die Bundesbahn]], Ausgabe 5/1989, S.&nbsp;389–398
* Martin Voß: ''Mehrsystemtriebzug ICE-M.'' In: [[Die Bundesbahn]], Ausgabe 5/1989, S.&nbsp;389–398
* Meldung ''Mehrsystemzug ICE-M.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' Ausgabe Juli/August 1989, S.&nbsp;523&nbsp;f.
* ''Mehrsystemzug ICE-M.'' In: ''Eisenbahntechnische Rundschau.'' Ausgabe Juli/August 1989, S.&nbsp;523f.
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

<references responsive />
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Version vom 23. März 2018, 12:43 Uhr

Der Begriff ICE-M (Abk. für InterCityExpress Mehrsystem) bezeichnet ein Forschungsvorhaben in den 1980er- und 1990er-Jahren, zur Entwicklung eines mehrsystemfähigen Intercity-Express-Zuges für den grenzüberschreitenden Verkehr. Der Begriff war ebenfalls die vorläufige Bezeichnung[1] für die Hochgeschwindigkeitszüge, die aus diesem Projekt hervorgehen sollten.

Die Triebköpfe des Zuges sollten als Baureihe 411 (heute: ICE T) bezeichnet werden, die Mittelwagen als Baureihe 811.[2]

Geschichte

Grundsatzstudie

Der zwischen 1991 und 1994 in Dienst gestellte ICE 1 verkehrt heute in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Bereits Mitte der 1980er-Jahre arbeitete die Deutsche Bundesbahn an einem ICE für mehrere Stromsysteme.[3]

Eine erste Konzeptstudie der damaligen Deutschen Bundesbahn und den Schienenfahrzeug-Herstellern, mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums, untersuchte zum Ende der 1980er-Jahre die Anforderungen an einen Hochgeschwindigkeits-Triebzug für den internationalen Verkehr. Die Deutsche Bundesbahn beauftragte dazu im Frühjahr 1989 die Industrie mit der Entwicklung einer ICE-Mehrsystemvariante[4]. Technische Basis war der ab Juni 1991 im Fahrgastverkehr eingesetzte ICE 1.

Für die Haupt-Verkehrsströme nach Belgien, die DDR, Frankreich, die Niederlande, nach Italien, Skandinavien, Österreich, Osteuropa und die Schweiz war mit einem Bedarf von etwa einhundert Zügen gerechnet worden. Diese sollten je 200 Meter lang sein und 370 Passagieren Platz bieten. Etwa die Hälfte der Triebzüge wäre von der damaligen Bundesbahn zu beschaffen gewesen, die weiteren Einheiten von den europäischen Partnerbahnen.

Schwerpunkte der Überlegungen bildeten dabei die Kompatibilität mit verschiedenen Bahnstrom-Systemen der Nachbarländer und die Antriebsausrüstung. Die wesentlichen Parameters des geplanten Zuges wurden dabei durch das Lastenheft für Hochgeschwindigkeitszüge bestimmt, das die damaligen Staatsbahnen Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande und Belgiens am 17. Januar 1986 verabschiedet hatten. Das Konzept sah modulare Züge vor, die jeweils für bestimmte Ländergruppen ausgerüstet werden sollen. Ein Einheitstriebzug schien aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der verschiedenen Länder und der Erwartung, bestimmte Fahrzeuge in festgelegten Umläufen einzusetzen, wirtschaftlich nicht vertretbar. Aufbauend auf einer Grundversion sollten stattdessen Module für die zu befahrenden Länder nachgerüstet werden können.

Auf Basis der Grundsatzstudie sollten bis Ende 1993 zwei oder drei Prototypen als Viersystem-Variante gebaut werden (Stand: 1991). Diese Züge sollten, mit Ausnahme Großbritanniens, alle Normalspurnetze Europas befahren können. Zu den ersten Relationen sollten Amsterdam–Köln–Frankfurt am Main und Frankfurt am Main–Brüssel zählen, ab 1995 auch mit Verlängerungen nach Österreich und in die Schweiz. Für diese ersten Relationen waren etwa 20 Triebzüge vorgesehen.[2]

Bereits Mitte 1988 war eine Arbeitsgruppe des Internationalen Eisenbahnverbandes gegründet worden, die sich mit der „Entwicklung einheitlicher Lösungen für Mehrsystem-Triebfahrzeuge“ befasste.[5] Ende 1988 verkehrte der ICE-Vorläuferzug InterCityExperimental in Frankreich eine Woche im Schlepp eines TGV (aufgrund verschiedener Stromsysteme konnte er nicht aus eigenem Antrieb verkehren). Damit, so die damalige Bundesbahn, sei gezeigt worden, dass der ICE grundsätzlich frankreich- bzw. europatauglich sei.[6]

Technik

Der Zug sollte sich an die die vielfältigen Anforderungen der europäischen Länder (z. B. Achslast, Lichtraumprofil, Zugfunk, Komfortmerkmale) Rechnung tragen.

Dabei sollten vier Bahnstrom-Systeme unterstützt werden:

  • Wechselstrom als Basis: 15 kV 16 2/3 Hz (damalige Deutsche Bundesbahn, Deutsche Reichsbahn, ÖBB, SBB) sowie 25 kV 50 Hz (SNCF-Neubaustrecken, später auch jene der RENFE)
  • Gleichstrom optional: 3 kV (SNCB, FS) und 1,5 kV (SNCF-Altstrecken, NS)

Weitere wesentliche Parameter waren dabei:

In der höchstzugelassenen Radsatzlast von 17 t spiegelt sich die Grenze der, ausschließlich durch den TGV befahrenen, französischen Schnellfahrstrecken wider. Für die 1991 eröffneten deutschen Strecken, die auch dem schweren Güterverkehr dienen, war eine maximale Radsatzlast von 20 Tonnen ausreichend.

Als besonders schwierig wurde die Installation der zahlreichen nationalen Zugsicherungssysteme bewertet und die Notwendigkeit einer technischen Harmonisierung (heute in Form von ETCS) hervorgehoben. Auch die verschiedenartigen Zugfunksysteme wurden als Schwierigkeit identifiziert (heute harmonisiert durch GSM-R).

Am 17. März 1988 einigten sich dieselben vier Staatsbahnen auf Konzeptionelle Vorgaben für Hochgeschwindigkeitszüge. Dabei wurde ein Zug auf Basis der Parameter von 1986 genauer projektiert. Die Gesamtmasse des Zuges sollte bei 450 Tonnen liegen, wobei in den Triebköpfen bei einer Masse von je 68 Tonnen (17 Tonnen Achslast) je vier Spannungssysteme eingerichtet werden sollten. Die Maximalleistung unter Wechselstrom sollte je Triebkopf bei 4,15 Megawatt, die Dauerleistung bei 3,6 Megawatt liegen. Bei Gleichstrom bei rund 2 Megawatt (1,5 Kilovolt) bzw. 2,5 Megawatt (3 Kilovolt). Als Bremssysteme der Triebköpfe waren Scheibenbremsen, Widerstandsbremsen und Netzbremsen vorgesehen.

In sechs Mittelwagen sollten 114 Sitzplätze der ersten Klasse sowie 263 Plätze der zweiten Klasse eingerichtet werden. Nach einer Studie des Design-Centers der Bundesbahn sollte die Bestuhlung der des ICE 1 ähneln. Die Großraumbereiche sollten in Reihen- und Vis-a-vis-Bereichen ausgeführt werden, bei einem Sitzteiler (zwei Reihen) von 1880 Millimeter in der zweiten sowie 2100 Millimeter in der ersten Klasse, dazu drei bzw. vier Abteile je Wagen. Auch ein Konferenz- sowie ein Kinderabteil sowie ein halber Speisewagen mit Bistro (Stehtische) war vorgesehen. Die Achslast der Mittelwagen sollte bei 13 Tonnen liegen, die Breite mit 2890 Millimetern im Hinblick auf das internationale UIC-Profil etwas niedriger liegen als beim ICE 1 (3020 Millimeter).

Im Gegensatz zum ICE 1 sollte der ICE-M stirnseitig automatische Kupplungen erhalten, um in Doppeltraktion verkehren zu können. Aufgrund der geringen Zuglänge sollten die beiden Triebköpfe über eine Hochspannungs-Dachleitung miteinander verbunden werden.[2]

Weitere Forschung

Noch im März 1988 wurde dem Bundesforschungsministerium ein Förderantrag vorgelegt. Demnach sollte ab Anfang 1990 zunächst eine Vorserie von fünf Triebzügen gebaut werden, die ab Mitte der 1990er Jahre mit 300 km/h verkehren sollten.[7]

Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt entschied Bundesverkehrsminister Warnke, die Entwicklung eines mehrsystemfähigen ICE-Zuges zu fördern.[8] Auf Basis der Grundsatzstudie entschied Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber im Jahr 1989, die konkrete Entwicklung eines mehrsystemfähigen Hochgeschwindigkeitszuges zu fördern. Das Ministerium übernahm dabei etwa 40 Prozent der Entwicklungskosten. Die Fördersumme des Ministeriums lag bei 18,3 Millionen D-Mark.[9] Eine erste Serie von etwa fünf Zügen, die bereits ab 1993 auf der Relation ParisBrüsselKöln verkehren sollten, war nicht Gegenstand der Förderung.

Bereits zwischen 1972 und 1990 war die Grundlagenforschung des spurgeführten Schnellverkehrs mit etwa 450 Millionen D-Mark gefördert worden[10].

Durch das Projekt sollten die Marktchancen der damaligen Bundesbahn im europäischen Schienenpersonenverkehr gestärkt werden. Auch galt das Projekt als nationaler Beitrag für einen möglichen einheitlichen europäischen Hochgeschwindigkeitszug (später projektiert als High Speed Train Europe).

Bei der Übergabe des ersten Serien-Triebkopfes der Baureihe 401 hatte Bundesforschungsminister Riesenhuber erwartet, dass die ersten Züge für den grenzüberschreitenden Verkehr 1992 zur Verfügung stehen würden. Der Wirtschaftsplan der Bundesbahn für 1990 sah dabei eine Milliarde D-Mark für neunzehn weitere ICE-Züge sowie sieben Züge mit Mehrsystemausrüstung vor.[11]

Mit einer Wagenbreite von 3020 Millimetern hätten die Züge 132 Millimeter über dem von der UIC international zugelassenen Wert von 2888 Millimetern gelegen.[12]

Zwei-System-ICE für die Niederlande

Interesse an einer Zwei-System-Variante des ICE hatten, noch vor der Betriebsaufnahme des nationalen ICE-System im Jahr 1991, die Nederlandse Spoorwegen gezeigt. Überlegungen sahen einen – im Vergleich zum bis zu 411 Meter langen ICE 1 – relativ kurzen Zug vor, der im niederländischen Gleichstromnetz 220 km/h und in Deutschland 300 km/h erreichen sollte. Auch der Einsatz auf niederländischen Neubaustrecken (unter 25 Kilovolt Spannung) wurde überlegt. Der Leistungsbedarf hätte, nach überschlägigen Berechnungen, bei etwa 6 Megawatt gelegen. Lange vor dem ab 1996 in Betrieb genommenen ICE 2 entstand daraus schließlich ein Konzept, das einen Halbzug mit einem Triebkopf von 4 Megawatt Leistung und einem angetriebenen Steuerwagen (2 Megawatt) vorsah. Der, analog dem Triebkopf, 20.560 Millimeter lange Steuerwagen sollte dabei neben Maschinen- und Gepäckraum auch drei Abteile der ersten Klasse (mit 18 Sitzplätzen) umfassen. Die Laufdrehgestelle sollten eine Luftfederung erhalten, die Trittstufen für Bahnsteige der DB (76 Zentimeter) und der NS (84 Zentimeter) optimiert werden. Die Breite des Zuges sollte mit dem ICE 1 übereinstimmen, die Radsatzlast der Triebköpfe bei 19,5 Tonnen liegen.[13]

Eine Realisierung des Konzeptes hätte bis 1995 erfolgen können. Da es nicht gelang, ein tragfähiges, langfristiges Marketingkonzept zu entwickeln (insbesondere, da die DB mit der ICE-Einführung beschäftigt war), wurde die Planung abgebrochen.[13]

Grenzüberschreitender ICE-Verkehr heute

ICE 3 im Hauptbahnhof Köln. Von 67 Einheiten sind 17 mehrsystemfähig.

Die Ergebnisse des Projektes fanden Einzug in die Ende der 1990er-Jahre gebauten ICE 3M der Deutschen Bahn. Heute verkehren 16 mehrsystemfähige ICE-Züge zwischen Deutschland und den Nachbarländern Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Davon gehören 12 der DB und vier der NS. Ein weiterer der ursprünglich 17 ICE3-M/F-Züge war verunfallt und wurde nicht wiederhergestellt.

Ein Teil der ICE-1-Flotte verkehrt bei gleicher Betriebsspannung (15 kV 16,7 Hz Wechselspannung) nach Österreich und in die Schweiz, ebenso einige ICE T. Die Einsystemfahrzeuge ICE 3 verkehren bis zum Bahnhof Basel SBB. Von Dezember 2007 bis 2017 verkehrten einige ICE TD zwischen Deutschland und Dänemark.

Literatur

  • Martin Voß: Mehrsystemtriebzug ICE-M. In: Die Bundesbahn, Ausgabe 5/1989, S. 389–398
  • Mehrsystemzug ICE-M. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Ausgabe Juli/August 1989, S. 523f.

Einzelnachweise

  1. Planungsgesellschaft Schnellbahnbau Hannover–Berlin (Hrsg.): Schnellbahn Hannover–Berlin. Broschüre (20 A4-Seiten) mit Stand von Dezember 1990, Berlin 1991, S. 15.
  2. a b c d e f Matthias Maier, Rüdiger Block: ICE. InterCity Experimental. InterCity Express. In: Eisenbahn-Kurier Special: Hochgeschwindigkeitsverkehr. Nr. 21, 1991, ohne ISSN, S. 58–67.
  3. Europaweit Tempo 250? In: Die Bahn informiert. ZDB-ID 2003143-9, Heft 3/1985, S. 2.
  4. Vorwort der Herausgeber zur Neu-Auflage. In: Theo Rahn, Hubert Hochbruck, Friedrich W. Möller (Hrsg.): ICE – Zug der Zukunft. Hestra-Verlag, Darmstadt 1991, S. 3.
  5. Meldung Bald neue Mehrsystem-Fahrzeuge? In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 196, 1, 1989, ISSN 0170-5288, S. 9.
  6. InterCity Express in Euro-Version. In: Die Bahn informiert. ZDB-ID 2003143-9, Heft 1/1989, S. 9.
  7. Meldung ICE endlich bestellt. In: Eisenbahn-Kurier, Heft 8/1988, S. 36.
  8. Grünes Licht für Mehrsystem-ICE. In: Die Bundesbahn. Jg. 65, Nr. 5, 1989, ISSN 0007-5876, S. 368.
  9. Die weiteren Pläne der Neuen Bahn. In: Bahn-Special. Die Neue Bahn. Nr. 1, 1991, Gera-Nova-Verlag, München, S. 78 f.
  10. Der InterCity Express − Ergebnis der Förderung der Bahnforschung durch den BMFT. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 40 (1991), Heft 5/6, S. 377 f.
  11. Meldung Erster ICE-Triebkopf fertig. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Nr. 11, 1989, S. 1002 f.
  12. Dieter Eikhoff: Alles über den ICE. transpress-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-613-71277-5, S. 18.
  13. a b Heinz Kurz: 15 Jahre ICE. Teil 1: Vom Intercity-Experimental zum ICE 1. In: Eisenbahn-Kurier, 4, Nr. 403, April 2006, ISSN 0170-5288, S. 58–63.