„InterCityExperimental“ – Bearbeiten

{{Infobox Schienenfahrzeug
| Farbe1=
| Farbe2=
| Baureihe= InterCityExperimental
| Abbildung= 410001MKF Zug 1152.jpg
| Name= ''InterCityExperimental'' unterwegs bei München,<br />25. September 1985
| Nummerierung= 410 001-2 <small>(Triebkopf 1)</small><br /><!--
-->810 001-8 <small>(Messwagen)</small><br /><!--
-->810 002-6 <small>(Mittelwagen)</small><br /><!--
-->810 003-4 <small>(Mittelwagen)</small><br /><!--
-->410 002-0 <small>(Triebkopf 2)</small>
| Hersteller= 
| Baujahre= 1983 bis 1985
| Ausmusterung= 01.01.2000
| Anzahl= 1
| Achsformel= 
| Gattung=
| Spurweite= 1435
| Treibraddurchmesser=
| VorneLaufraddurchmesser=
| HintenLaufraddurchmesser=
| AussenLaufraddurchmesser=
| InnenLaufraddurchmesser=
| Laufraddurchmesser= 
| Anfahrzugkraft=135&nbsp;kN (je Triebkopf)<ref name="ser-1985-165" />
| Beschleunigung=
| Bremsverzögerung=
| Leistungskennziffer=
| Höchstgeschwindigkeit= 350&nbsp;km/h<ref name="eikhoff-15" />/406,9&nbsp;km/h<ref>[[ICE-Weltrekordfahrt am 1. Mai 1988]]</ref>
| LängeÜberKupplung= 20.810&nbsp;mm (Triebkopf)<br />24.340&nbsp;mm (Mittelwagen)<ref name="eikhoff-15" />
| LängeÜberPuffer=
| Länge=ca. 114&nbsp;m<ref name="ser-1985-165" />
| Höhe= 3820&nbsp;mm (Triebkopf)<br />3650&nbsp;mm (Mittelwagen)<ref name="eikhoff-15" />
| Breite= 3070&nbsp;mm (Triebkopf)<br />2930&nbsp;mm (Mittelwagen)<ref name="eikhoff-15" />
| Drehzapfenabstand=
| AchsabstandDerFahrgestelle=
| FesterRadstand=
| Gesamtradstand=
| RadstandMitTender=
| Leermasse= 78,2&nbsp;t (Triebköpfe)<br />46,6&nbsp;t (810&nbsp;001-8)<br />45,0&nbsp;t (810&nbsp;002-6)<br />50,5&nbsp;t (810&nbsp;003-4)<ref name="eikhoff-15" />
| Dienstmasse=
| DienstmasseMitTender=
| Reibungsmasse=
| Radsatzfahrmasse=
| Antrieb=
| Geschwindigkeitsmesser=
| Steuerung=
| Übersetzungsstufen=
| Kupplungstyp=
| Bremsen=
| Zusatzbremse=
| Feststellbremse=
| Zugheizung=
| Lokbremse=
| Zugbremse=
| Zugsicherung=
| Halbmesser=120&nbsp;m<ref name="ser-1985-165" /> (gekuppelt)
| Besonderheiten=
| Anmerkung=
| Bauart=
| InstallierteLeistung= 
| Traktionsleistung= 
| Motorentyp=
| Motorbauart= 
| Nenndrehzahl=
| Leistungsübertragung=
| Tankinhalt=
| Stromsystem= 15 kV, 16,7 Hz
| Stromübertragung= [[Stromabnehmer|Pantograph]]/[[Oberleitung]]
| Stundenleistung=
| Dauerleistung= 7280&nbsp;kW<ref name="eikhoff-15" /> (9900&nbsp;PS)
| AnzahlFahrmotoren= 8
| Fahrstufenschalter=
| Raddurchmesser= 920&nbsp;mm (neu)<br />870&nbsp;mm (abgenutzt)<ref name="ser-1985-165" />
| Sitzplätze= 60 (1. Klasse)<br />27 (2. Klasse)<ref name="ser-1985-165">Heinz Kurz: ''Der deutsche Hochgeschwindigkeitszug „Intercity-Experimental“ (ICE)''. In: [[Schweizer Eisenbahn-Revue]], Nr. 5/1985, S.&nbsp;164–170.</ref>
| Stehplätze=
| Fußbodenhöhe= 1.150&nbsp;mm<ref name="ser-1985-165" />
| Niederfluranteil=
| Klassen=2
| Nutzmasse=
| Betriebsart=
}}

Der '''InterCityExperimental''' (auch '''ICE/V''' – „'''V'''“ für ''Versuch'' –, '''ICExperimental'''<ref name="hoerstel-niedt-95" />; in der Projektierung auch '''R/S-VD''' für ''Rad/Schiene-Versuchs- und Demonstrationsfahrzeug''<ref name="eks-21-58" />) war ein Versuchs-[[Triebwagen#Definitionen|Triebzug]] der [[Deutsche Bundesbahn|Deutschen Bundesbahn]] für die Erprobung des [[Hochgeschwindigkeitsverkehr]]s und Vorläufer der heutigen [[Intercity-Express]]-Züge der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]].
Der ab Ende 1979 konzipierte und zwischen 1983 und 1985 gebaute Zug diente bis zu seiner Ausmusterung am 1. Januar 2000 zahlreichen technischen Versuchen. Seine zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 350&nbsp;km/h lag höher als die aller folgenden ICE-Züge und wurde bei verschiedenen Demonstrations- und Rekordfahrten überschritten. Mit der im Rahmen der [[ICE-Weltrekordfahrt am 1. Mai 1988]] erreichten Höchstgeschwindigkeit von 406,9&nbsp;km/h war er bis zum Dezember 1989 das schnellste [[Rad-Schiene-System|Rad/Schiene]]-Fahrzeug der Welt und hält bis heute den Geschwindigkeitsrekord für Rad/Schiene-Fahrzeuge in Deutschland.

== Aufbau ==

Der Triebzug wurde aus zwei [[Triebkopf|Triebköpfen]] der [[Baureihe (Eisenbahn)|Baureihe]]&nbsp;410 und bis zu drei Mittelwagen der Baureihe&nbsp;810 gebildet. Während ein [[Eisenbahnwagen|Wagen]] als [[Bahndienstfahrzeug|Messwagen]] ausgelegt wurde, dienten zunächst zwei Wagen zur Demonstration der Möglichkeiten moderner Hochgeschwindigkeitszüge. Ein [[Mittelwagen]] (810&nbsp;001) wurde im Sommer 1986 von einem Mess- zu einem Demonstrationswagen umgebaut.<ref name="ek-185-10" />
Nachdem ein Triebkopf aufgrund einer Entgleisung am 3.&nbsp;September 1986 längerfristig ausgefallen war, wurde ein Mittelwagen für zehn Wochen<ref name="ek-185-10">Marcus Niedt: ''Mit dem ICE ins Jahr 2000?''. In: [[Eisenbahn-Kurier]], 23, Nr. 185, Februar 1988, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;10–18.</ref> mit einem provisorischen [[Führerstand]] ausgerüstet, um den Zeitplan für das Versuchsprogramm nicht weiter zu verzögern.<ref name="eks-21-58" />

== Geschichte ==
=== Hintergrund ===
[[Datei:103 235 Dresden Hbf.jpg|mini|[[Lokomotive]]n der [[DB-Baureihe 103|Baureihe 103]] (hier auf einem Foto von 2007) zogen ab Mitte der 1960er Jahre schnelle Fernzüge mit bis zu 200&nbsp;km/h. Zur sinnvollen Nutzung der ab Ende der 1960er Jahre geplanten und für 300&nbsp;km/h entworfenen Schnellfahrstrecken waren schnellere Fahrzeuge erforderlich.]]

Der Entwicklung des InterCityExperimental gingen umfangreiche Untersuchungen voraus. So wurden im Rahmen des vom [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesministerium für Forschung und Technologie]] (BMFT) geförderten Rad/Schiene-Forschungsprogramms ab 1968 die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten für den Hochgeschwindigkeitsverkehr in der Bundesrepublik geprüft.<ref name="ice-start-1991-14">Horst J. Obermayer: ''Die Entwicklung des InterCityExperimental''. In: ''ICE – InterCityExpress am Start''. ''Eisenbahn Journal'', Sonderausgabe 1/1991, ISBN 3-922404-17-0, S.&nbsp;14–27.</ref> Die 1971 veröffentlichte [[Studie über ein Hochleistungsschnellverkehrssystem|Hochleistungs-Schnellbahn-Studie]] zeigte die Notwendigkeit höherer Geschwindigkeiten auf deutschen Schienen auf.<ref name="db-1986-36">Deutsche Bundesbahn und Deutsche Eisenbahn-Consulting GmbH (Hrsg.): ''Über das Verkehrsmittel der Zukunft'', 44 A4-Seiten, ca. 1986, S.&nbsp;36</ref> Ab 1972 übernahm das BMFT die Federführung bei der Erforschung neuer Bahntechnologien; gleichzeitig wurde beim [[Bundesbahn-Zentralamt]] [[Minden]] eine Arbeitsgruppe „Rad/Schiene“ gebildet. Anfänglich konzentrierten sich die Forschungen auf die [[Magnetschwebebahn]] [[Transrapid]], die u.&nbsp;a. in die ab 1980 errichtete [[Transrapid-Versuchsanlage Emsland]] mündeten.<ref name="eks-21-58">Matthias Maier, Rüdiger Block: ''ICE. InterCity Experimental. InterCity Express''. In: ''[[Eisenbahn-Kurier]] Special: Hochgeschwindigkeitsverkehr''. Nr.&nbsp;21, 1991, ohne ISSN, S.&nbsp;58–67.</ref>

Die damalige Bundesbahn stand der Magnetschwebetechnologie skeptisch gegenüber und forcierte ihrerseits die Forschung für einen Hochgeschwindigkeitsverkehr auf dem Rad/Schiene-System. Auf einem ab 1973 zur Verfügung stehenden 28&nbsp;km langen Versuchsabschnitt der [[Bahnstrecke Hamm–Minden]] erreichten speziell umgebaute Lokomotiven der [[DB-Baureihe 103|Baureihe 103]] dabei bereits Geschwindigkeiten um 250&nbsp;km/h. Bei den Testfahrten wurden zahlreiche Erkenntnisse über die Auswirkungen von Schnellfahrten gewonnen. Diese Erkenntnisse flossen zunächst auch in den fahrplanmäßigen 200-km/h-Betrieb der [[Intercity (Deutschland)|Intercity]]-Züge ein.<ref name="eks-21-58" /> Bereits ab Ende der 1960er Jahre konzipierte das Bundesverkehrsministerium im Rahmen der Vorarbeiten für den [[Bundesverkehrswegeplan 1973]] ein rund 2000&nbsp;km langes Netz aus Neu- und Ausbaustrecken für den Schienenschnellverkehr.

Anfang 1974 richtete die Industrie, unter Einbeziehung der Bundesbahn, das „Gemeinschaftsbüro 300 km/h-Zug“<!--sic!--> ein, das mehr als 30 Konzeptvarianten für Hochgeschwindigkeitszüge untersuchte, insbesondere im Hinblick auf die Kosten je Platzkilometer. Nachdem zehn Konzepte in die engere Wahl genommen waren, wurden im April 1975 erste Ergebnisse vorgestellt. Dabei wurde auch ein dreiteiliger Erprobungsträger mit 12&nbsp;MW Antriebsleistung und 400&nbsp;km/h Höchstgeschwindigkeit vorgeschlagen, aus Kostengründen jedoch nicht umgesetzt.<ref name="ek-403-58" /> 1978 folgte ein (ebenso nicht realisierter) Entwurf von [[Messerschmitt-Bölkow-Blohm|MBB]], der einen 300&nbsp;km/h schnellen Triebzug für 200 bis 600 Fahrgäste vorsah.<ref name="ice-start-1991-14" />

1975 vereinbarten Bundesbahn, Industrie und Wissenschaft eine dreistufige Forschungsstrategie. Aufbauend auf theoretischen Untersuchungen sollten dabei in einer zweiten Phase Laborversuche erfolgen. Unter anderem wurde dazu der [[Rollenprüfstand München-Freimann]] errichtet, auf dem Fahrzeuge im Stand auf simulierte Geschwindigkeiten bis 500&nbsp;km/h beschleunigt werden konnten. In einer dritten Phase folgten Versuchsfahrten.<ref name="eks-21-58" /> Eine geplante [[Nationale Versuchsanlage für Verkehrstechniken]] scheiterte in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre.

Die neu gegründete ''Forschungsgemeinschaft Rad/Schiene'' (aus Bahn, Industrie und Hochschulen) nahm die Arbeit an einem ''Rad/Schiene-Versuchsfahrzeug'' wieder auf, wobei nun auch Anwender- und Nutzenaspekte einbezogen werden sollten.<ref name="ek-403-58" /> Am 19. Dezember 1979 stellte die Arbeitsgemeinschaft schließlich einen als ''[[Versuchsfahrzeug 1|Versuchsfahrzeug&nbsp;1]]'' bezeichneten [[Prototyp (Technik)|Erprobungsträger]] vor. An dem dreiachsigen Wagen wurden Rollversuche unternommen.<ref name="ice-start-1991-14" /> Mitte 1980 war für einen dreiteiligen, für 350&nbsp;km/h ausgelegten Zug noch die Bezeichnung ''Versuchsfahrzeug 2'' geläufig. Dieser sollte auch auf der damals im Bau befindlichen [[Eisenbahnversuchsanlage Rheine–Freren]] eingesetzt werden.<ref name="etr-29-685">Diethard Affeldt: ''Eisenbahnversuchsanlage Rheine–Spelle–Freren''. In: [[Eisenbahntechnische Rundschau]], Jahrgang 29, Heft 10, S.&nbsp;685–696</ref> Aufbauend auf die Trockentests mit dem Versuchsfahrzeug&nbsp;1 begannen Anfang der 1980er Jahre die Vorbereitungen für den Bau eines nun als ''Rad/Schiene-Versuchs- und -Demonstrationsfahrzeug'' (R/S-VD) bezeichneten Versuchs-Triebzuges.<ref name="eks-21-58" /> Im August 1982 beschloss der Vorstand der Deutschen Bundesbahn, sich mit 12 Millionen D-Mark an dem R/S-VD-Projekt des Bundesforschungsministeriums zu beteiligen und dessen Namen in '''IC Experimental''' zu ändern.<ref name="münchschwander-1990-26">[[Peter Münchschwander]] (Hrsg.): ''Das Hochgeschwindigkeitssystem der Deutschen Bundesbahn''. (''Taschenbuch Verkehrswirtschaft'', ''Schienenschellverkehr 3''), R. v. Decker’s Verlag, G. Schenk, Heidelberg 1990, S.&nbsp;26</ref> Der aus dem InterCityExperimental (ICE) abzuleitende Serienzug sollte nach dem Planungsstand von Anfang 1985 indes als ''Hochgeschwindigkeitszug'' (HGZ) bezeichnet werden.<ref name="db-1985-78">Deutsche Bundesbahn, Hauptverwaltung (Hrsg.): ''Die neue Bahn. Wir über uns.'' Broschüre, 86 A4-Seiten, Frankfurt am Main, Mai 1985, S.&nbsp;78&nbsp;f.</ref>

=== Entwicklung und Fertigung ===

Die Konzeption des Versuchszuges für den Hochgeschwindigkeitsverkehr startete Ende 1979. Im Rahmen einer durch das BMFT geförderten Untersuchung erarbeitete die DB in Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen dazu ein Konzept. Nach eingehenden Analysen wurde ein Triebzug mit zwei Triebköpfen und mehreren Mittelwagen ins Auge gefasst und projektiert. Auf Basis dieser Projektbeschreibung wurde die Förderung eines solchen Zugsystems durch das BMFT am 10.&nbsp;Februar 1981 im [[Bundesanzeiger]] veröffentlicht. Das [[Bundesbahn-Zentralamt]] (BZA) München bewertete anschließend, bis September 1981, die eingegangenen Angebote. Obwohl der damalige Bundesbahn-Vorstand für die sofortige Realisierung des Zuges votierte, lag diese zunächst auf Eis, da die vom Forschungsministerium erwartete Beteiligung von Industrie und Bahn zunächst nicht sichergestellt werden konnten. Erst am 6.&nbsp;September 1982 war die Finanzierung gesichert und damit die Voraussetzung für den Bau geschaffen. Am selben Tag wurde der ''RS-VD'' in ''Intercity-Experimental'' (kurz ''ICE'') umgetauft.<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="ek-403-58" /> Der Zeitplan für Entwicklung und Fertigung des ICE-Vorläuferzuges war von Beginn an darauf ausgerichtet, den fertigen Zug zum Jubiläum [[150 Jahre Deutsche Eisenbahnen]] im Jahr 1985 präsentieren zu können.<ref name="ek-155-30" />

In den Einsatzforderungen von 1982 war ursprünglich ein Triebzug aus zwei Triebköpfen und sechs [[Mittelwagen]] vorgesehen. Einer der sechs Waggons sollte dabei als Messwagen dienen, die restlichen fünf als Demonstrationswagen mit unterschiedlicher Innenausstattung. Bis zu 400 Fahrgäste sollten diesen Zug im Rahmen von Demonstrationsfahrten nutzen.<ref name="eks-21-58" /> Bereits im November 1982 wurde die Zahl der Mittelwagen aus Kostengründen auf zwei reduziert.<ref name="ek-403-58" /> Im März 1983 entschied der Vorstand der DB, einen dritten Wagen auf eigene Rechnung bauen zu lassen, um mehr Sitz- und Angebotsvarianten (insbesondere auch der 2. Klasse) testen zu können.<ref name="ek-403-58" /><ref name="münchschwander-1990-26" />

Der Auftragsvergabe vom 6.&nbsp;September 1982 folgten zunächst Projektierungsarbeiten<ref name="eks-21-58" />, unter der Projektleitung des BZA München.<ref name="ice-start-1991-14" /> Die Fertigstellung sollte bis 1985, zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Deutschland, erfolgen.<ref name="eikhoff-15">Dieter Eikhoff: ''Alles über den ICE''. transpress-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-613-71277-5, S.&nbsp;15–17.</ref>

Bundesbahn und Industrie entwickelten den Zug gemeinsam, gefördert durch das BMFT. Die Entwicklung technischer Komponenten für den Schienen-Schnellverkehr, die schließlich im InterCityExperimental zur Erprobung zusammengefasst wurden, nahm insgesamt zwölf Jahre in Anspruch.<ref name="etr-1985-12-846" /> Zeitgleich wurde die Entwicklung einer [[Magnetschwebebahn|Magnetschnellbahn]] im Rahmen desselben Programms gefördert.<ref name="etr-1985-11-844">Meldung ''Öffentliche Vorstellung des ICE''. In: ''Eisenbahntechnische Rundschau''. 34, Nr.&nbsp;11;, 1985, S.&nbsp;844</ref>

Die Entwicklungsarbeiten für den letztlich realisierten Zug begannen im September 1983 unter Führung des [[Bundesbahn-Zentralamt]]es München.<ref name="lm-1985-429" /> Ende 1983 wurde mit dem Bau des InterCityExperimental begonnen.<ref name="ek-403-58" /> Der mechanische Teil der Triebköpfe wurde von [[Lokomotiv- und Waggonbaufabrik Krupp|Krupp]] (Federführung), [[Henschel-Werke|Henschel]] und [[Krauss-Maffei]] entwickelt, konstruiert und gefertigt, der elektrische Teil von [[Siemens]] (Federführung), [[AEG]] und [[Brown, Boveri & Cie.|BBC]]. Die Fertigung der beiden baugleichen Triebköpfe erfolgte bei Friedrich Krupp in [[Essen]] (Triebkopf 410&nbsp;001, Fabriknummer 5.566) und [[Henschel-Werke|Thyssen-Henschel]] in [[Kassel]] (Triebkopf 410&nbsp;002, Fabriknummer 32.850). Im Oktober 1984 waren die Triebköpfe zur Montage der elektrischen Ausrüstung bereit. Im Januar 1985 wurden die Triebdrehgestelle mit dem [[Wagenkasten]] verbunden.<ref name="eikhoff-15" /><ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="eks-21-58" />

1984 beauftragte die DB das Unternehmen [[Messerschmitt-Bölkow-Blohm]] (MBB) mit der Entwicklung und dem Bau der Mittelwagen. Die beiden Demonstrationswagen 810&nbsp;001-8 (D1, Fabriknummer MBB 01 119/1985<ref name="ohne-quelle">Quelle fehlt</ref>) und 810&nbsp;002-6 (D2, Fabriknummer MBB 01 121/1985<ref name="ohne-quelle" />), sowie der Messwagen 810&nbsp;003-4 (Fabriknummer MBB 01&nbsp;120) wurden von der [[Duewag]] in [[Krefeld]]-[[Uerdingen]] im Rohbau gebaut, anschließend von [[Alstom Transport Deutschland|Linke-Hofmann-Busch]] in [[Salzgitter]] ausgerüstet und zur Endmontage auf eigenen Rädern nach [[Donauwörth]] gebracht. Ende 1984 begann deren elektrische Ausrüstung.<ref name="eikhoff-15" /><ref name="eks-21-58" />

Die Entwicklung und Beschaffung des InterCityExperimental kostete 77&nbsp;Millionen [[Deutsche Mark|DM]] (Preisstand: um 1984). 44&nbsp;Millionen DM wandte das [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesforschungsministerium]], 17&nbsp;Millionen DM die Bundesbahn und 16&nbsp;Millionen DM die Industrie auf<ref name="bundesbahn-1988-6-566">Meldung ''Der ICE fuhr Weltrekord''. In: ''Die Bundesbahn''. 1988, Nr.&nbsp;6, S.&nbsp;566&nbsp;f.</ref> (andere Quelle: 94&nbsp;Millionen DM Entwicklungs- und Baukosten, zu rund 60 Prozent durch das BMFT getragen, der Rest durch die Bundesbahn und die Hersteller<ref name="ice-start-1991-14" />). Das Bundesforschungsministerium und die Industrie finanzierten dabei die beiden Triebköpfe, den Mess- sowie einen Demonstrationswagen.<ref name="eks-21-58" /> In den Gesamtkosten von 77 Millionen DM waren die Kosten für den dritten, von der DB finanzierten, Wagen enthalten, die sich auf 4,6 Millionen DM beliefen.<ref name="lm-1985-429">Horst J. Obermayer: ''Intercity-Experimental der Deutschen Bundesbahn''. In: [[Lok Magazin]], Heft 6, 1985, S.&nbsp;429–446.</ref>

=== Inbetriebnahme ===
[[Datei:410001MKF Solo 1152.jpg|mini|Erste Fahrversuche eines Triebkopfs bei München, im Juli 1985. Die nachlaufende Lokomotive der [[DB-Baureihe E 40|Baureihe 139]] zog den Zug nach jeder Testfahrt wieder an den Beginn der Strecke zurück.]]
[[Datei:410001MKF 2TK 1152.jpg|mini|Beide Triebköpfe, noch ohne Mittelwagen, im August 1985]]

Ende Februar 1985 wurde der Triebkopf 410&nbsp;002-0 für einen Fototermin erstmals kurz vor der Werkshalle von Henschel gezeigt.<ref name="ice-start-1991-14" />

Der erste [[Triebkopf]] rollte Anfang 1985 bei Thyssen-Henschel in Kassel aus der Werkshalle.<ref name="etr-1985-261">Meldung ''Erster „ICE“-Triebkopf fertiggestellt''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]''. 34, Nr.&nbsp;3, 1985, S.&nbsp;261.</ref> Am 19.&nbsp;März 1985 wurde er – im Rahmen eines feierlichen „[[Rollout]]s“ vor geladenen Gästen, Fachleuten und Medienvertretern – bei Krupp in Essen offiziell an die Bundesbahn übergeben. Der zweite Triebkopf folgte wenige Tage später bei Thyssen-Henschel in Kassel.<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="etr-1985-351">''Wichtiger Meilenstein beim Projekt ICE erreicht''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]''. 34, Nr.&nbsp;4, 1985, S.&nbsp;351&nbsp;f.</ref><ref name="eks-21-58" />

Kurz nach der Präsentation wurden die Triebköpfe in das [[Ausbesserungswerk München-Freimann]] überführt. Der erste Triebkopf traf am 28.&nbsp;März dort ein, der zweite Triebkopf am 3.&nbsp;April 1985.<ref name="ek-155-30">''Der ICE und sonstige Zukunftsprojekte der DB''. In: [[Eisenbahn-Kurier]], 20, Nr. 155, August 1985, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;30–33.</ref> Anschließend begann die Inbetriebsetzung. Der Funktionsüberprüfung von [[Steuerstrom]]kreisen und der [[Leistungselektronik]] folgten dabei erste Fahrversuche am 2.&nbsp;Juni 1985 auf dem [[Münchner Nordring]]. Kurz darauf erreichte der Zug während einer Probefahrt zwischen München und [[Freising]] erstmals eine Geschwindigkeit von 100&nbsp;km/h. Es folgten Einstellarbeiten an der Zugsteuerung, die das gleichzeitige Fahren beider Triebköpfe im Zugverband ermöglichte. Die beiden Fahrzeuge wurden anschließend, noch ohne Mittelwagen, im Rahmen eines Fototermins am 4.&nbsp;Juli 1985 präsentiert.<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="eks-21-58" /> Bereits am 21. Juni 1985 hatten die beiden Triebköpfe eine vorläufige Betriebszulassung bis 160&nbsp;km/h erhalten.<ref name="ek-403-58" />

Zur Übergabe der [[Mittelwagen]], die am 31.&nbsp;Juli 1985 auf dem Werksgelände der MBB in [[Donauwörth]] erfolgte, war der Triebkopf 410&nbsp;001-2 mit eigener Kraft gefahren.<ref name="etr-1985-78-618">Meldung ''ICE-Mittelwagen an die Deutsche Bundesbahn übergeben''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]''. 34, Nr.&nbsp;7/8, 1985, S.&nbsp;618–620</ref><ref name="eks-21-58" /> Im Rahmen eines Festaktes mit hohen Vertretern der damaligen Bundesbahn, von Politik und Presse, durchbrach der Triebkopf 410&nbsp;001-2, gefolgt von den Mittelwagen, symbolisch eine Mauer aus Hartschaumquadern und rollte vor die Zuschauer. Nach Festreden standen zwei der drei Wagen zur Besichtigung zur Verfügung.<ref name="eikhoff-15" /><ref name="ice-start-1991-14" />

Die Fahrzeuge wurden anschließend wiederum nach Freimann überführt. Den technischen Überprüfungen folgten erste Testfahrten<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="eks-21-58" />, gefolgt von der Inbetriebnahme- und Zulassungsphase.<ref name="etr-1985-78-618" /> Nachdem noch fehlende Komponenten eingebaut worden waren, wurde der komplette Zug im September 1985 zusammengestellt.<ref name="eikhoff-15" /> Am 26.&nbsp;September 1985 war er erstmals als fünfteilige Garnitur auf dem Münchner Nordring, zwischen [[Milbertshofen-Am Hart|Milbertshofen]] und [[Olching]] unterwegs. Die erste Publikumsfahrt führte am 27.&nbsp;September von München nach [[Ingolstadt]] und zurück. Als Gäste waren Mitglieder einer Delegation der [[Société nationale des chemins de fer français|SNCF]] an Bord.<ref name="eikhoff-63">Eikhoff (2006), S.&nbsp;63–96</ref> Im weiteren Verlauf wurden die Testfahrten über den Münchner Nordring hinaus in den Raum [[Regensburg]]/[[Plattling]] ausgedehnt.<ref name="eks-21-58" />

Am 20.&nbsp;Oktober kam es zur ersten Langstreckenfahrt. Der Zug fuhr unter der [[Zugnummer]] ''Dsts 83&nbsp;846'' von [[Passau]] zum [[Bundesbahn-Zentralamt]] nach [[Minden]]. Am folgenden Tag begannen die Zulassungsversuche im Streckenabschnitt [[Brackwede]]–[[Neubeckum]] ([[Bahnstrecke Hamm–Minden]]). Bis zu den für Ende November angesetzten Präsentations- und Rekordfahrten wurde die Geschwindigkeit über vier Wochen hinweg stetig gesteigert. Der Zug war in dieser Zeit im [[Bahnbetriebswerk]] [[Hamm]] stationiert. Offiziell war der Zug in dieser Zeit im Betriebswerk [[Frankfurt am Main|Frankfurt]]&nbsp;1 [[Beheimatung|beheimatet]].<ref name="eks-21-58" /><ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="ek-403-58" />

=== Erste Rekordfahrt ===

Am 26.&nbsp;November 1985 wurde der InterCityExperimental mit einer Rekordfahrt offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Um 11:17 Uhr fuhr der ICE-Vorläuferzug in Bielefeld ab.<ref name="ek-403-58" /> Um 11:29 Uhr erreichte der mit Fahrgästen voll besetzte Zug im Streckenabschnitt [[Gütersloh]]–[[Hamm]] ([[Bahnstrecke Hamm–Minden]]) eine Geschwindigkeit von 317&nbsp;km/h, am gleichen Nachmittag nochmals 316&nbsp;km/h. Der ICE stellte damit einen neuen deutschen Rekord für Rad/Schiene-Fahrzeuge sowie einen Weltrekord für Drehstrom-Schienenfahrzeuge auf. Der Fahrt wohnten unter anderem Bundesforschungsminister [[Werner Dollinger]] und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident [[Johannes Rau]] bei.<ref name="etr-1985-12-846">Meldung ''ICE erreicht 317&nbsp;km/h''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]''. 34, Nr.&nbsp;12, 1985, S.&nbsp;846</ref><ref>Meldung ''ICE ZUG DER ZUKUNFT''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]'' 34, Heft 12, 1985, S.&nbsp;908</ref><ref name="hoerstel-niedt-95">Jürgen Hörstel, Marcus Niedt: ''ICE – Neue Züge für neue Strecken''. Orell Füssli Verlag, Zürich und Wiesbaden 1991, ISBN 3-280-01994-X, S.&nbsp;95–108</ref> Der Zug überbot damit den Geschwindigkeits-Weltrekord für Drehstrom-Fahrzeuge, den im Vorjahr die Lokomotive [[DB-Baureihe 120#Die Vorserienlokomotiven Baureihe 120.0|120&nbsp;001]] mit 265&nbsp;km/h aufgestellt hatte.<ref name="ek-1986-01-70">Meldung ''Baureihe 410''. In: [[Eisenbahn-Kurier]], Nr. 160, Januar 1986, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;70&nbsp;f.</ref> Erstmals hatte ein mit Fahrgästen besetztes<ref name="ek-1986-01-70" /> Schienenfahrzeug in Deutschland die Marke von 300&nbsp;km/h offiziell überschritten.<ref name="ice-start-1991-14" /> Die Kürze des zur Verfügung stehenden Schnellfahr-Versuchsabschnitts ließ zunächst keine höheren Geschwindigkeiten zu.

Die Rekordfahrt erfolgte, ebenso wie die vorausgegangenen Hochgeschwindigkeitsfahrten, unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen: Für jede Fahrt wurden alle Signale im Versuchsabschnitt auf ''Fahrt'' (grün) gestellt und das benachbarte Gleis gesperrt. Nach jeder Fahrt wurden die Schienen durch einen Prüfzug per Ultraschall kontrolliert, ein Triebwagen zur Reparatur der Oberleitung stand in Bereitschaft. Bei der Rekordfahrt fuhr eine ''[[Angstlokomotive]]'' dem ICE-Vorläuferzug voraus, eine weitere folgte ihm. Alle Brücken und Bahnhöfe der Strecke wurden darüber hinaus bewacht.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

Das Datum für diese Rekordfahrt war bereits während der Bauphase festgelegt worden und begleitete die Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen der Eisenbahn in Deutschland. Bereits am 14.&nbsp;November 1985 hatte der Zug dabei erstmals (inoffiziell) die 300-km/h-Marke überschritten. Die höchste Geschwindigkeit der Versuchsserie hatte er dabei bereits vor der offiziellen Rekordfahrt mit geladenen Gästen am 19.&nbsp;November 1985 zwischen [[Rheda-Wiedenbrück]] und [[Oelde]] mit 324&nbsp;km/h erreicht.<ref name="ek-bild-2006-5" /><ref name="eks-21-58" /> Diese Rekordmarke war zunächst unter Verschluss gehalten worden.<ref name="ek-403-58">Heinz Kurz: ''15 Jahre ICE. Teil 1: Vom Intercity-Experimental zum ICE 1''. In: [[Eisenbahn-Kurier]], 4, Nr. 403, April 2006, {{ISSN|0170-5288}}, S.&nbsp;58–63.</ref> Kurz nach dem offiziellen Rekord erreichte der Zug im Abschnitt [[Brackwede]]–[[Neubeckum]] nochmals 313&nbsp;km/h. Testfahrten mit höheren Geschwindigkeiten wurden erst 1986, auf einem Teilabschnitt der neuen [[Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg]], möglich.<ref name="etr-1985-11-844" />

An die Rekordfahrt schloss sich noch am selben Tag der Beginn einer Deutschland-Rundfahrt durch die gesamte Bundesrepublik und einer Fahrt nach [[Bahnhof Basel SBB|Basel SBB]] an, die am 21.&nbsp;Dezember in München endete. Zu den Höhepunkten der Rundfahrt zählten Begegnungen mit dem [[LEG – Adler und Pfeil|Adler]] (am 30.&nbsp;November im [[Bahnhof Herford]],<ref>Frank-Michael Kiel-Steinkamp: [https://www.nw.de/lokal/kreis_herford/herford/23004936_Frage-So-ein-Zusammentreffen-gab-es-nur-zwei-Mal.html So ein Zusammentreffen gab es nur zwei Mal] In: ''[[Neue Westfälische]]'', 5. Mai 2021</ref><ref>Frank-Michael Kiel-Steinkamp: [https://www.nw.de/lokal/kreis_herford/herford/23009639_Aufloesung-Es-war-ein-Fest-fuer-winterfeste-Eisenbahnfans.html Es war ein Fest für winterfeste Eisenbahnfans] In: ''Neue Westfälische'', 12. Mai 2021</ref> am 6.&nbsp;Dezember in [[Fürth]]) und die Vorstellung des Zuges im Ausbesserungswerk Nürnberg am 7.&nbsp;Dezember 1985 im Rahmen einer Fernsehsendung des [[ZDF]] zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Deutschland.<ref name="eks-21-58" /><ref name="eikhoff-63" /><ref name="hoerstel-niedt-95" />

=== Einsatz ===
[[Datei:410 002-0 1.jpg|mini|410&nbsp;002-0 während der [[Internationale Verkehrsausstellung|IVA]] 1988 in Hamburg]]
[[Datei:Db-410001-01.jpg|mini|InterCityExperimental am Hauptbahnhof Frankfurt am Main (Juli 1992)]]

Im Januar 1986 wurde ein umfangreiches Messprogramm aufgenommen.<ref name="lm-1985-429" /> Im gleichen Jahr erfolgten erstmals Testfahrten auf Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecken. In den folgenden Jahren wurden die neuen Systeme in ihrem Zusammenwirken bei bislang nicht erreichten Geschwindigkeiten geprobt. Aus den umfangreichen Ergebnissen des Versuchsprogramms sollten schließlich bedarfsgerechte Fahrzeuge für den ab den 1990er Jahren konzipierten Schnellverkehr entwickelt werden können.<ref name="etr-1985-11-844" />

Zunächst wurde dazu der erste, im Sommer 1986 fertiggestellte, Abschnitt der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg zwischen [[Burgsinn]] und dem [[Hohe Wart-Tunnel]] genutzt.<ref name="eikhoff-63" /> Erstmals verkehrte der Zug, zu [[Hochtastfahrt]]en, als vierteilige Einheit am 3.&nbsp;September 1986 auf der Strecke. Nachdem der Triebkopf 410&nbsp;001-2 im [[Burgsinn Betriebsbahnhof|Betriebsbahnhof Burgsinn]] aufgrund einer unter dem Zug umgelegten Weiche bei 15&nbsp;km/h<ref name="hughes-1994-216">''Der endgültige Triumph''. In: Murray Hughes: ''Die Hochgeschwindigkeits-Story''. alba-Verlag, Düsseldorf 1994, ISBN 3-87094-151-0, S.&nbsp;216.</ref> entgleist war, wurde das Versuchsprogramm bereits am Abend desselben Tages wieder abgebrochen.<ref name="hoerstel-niedt-88">Hörstel/Niedt (1991), S.&nbsp;88–94</ref> Der Zug kehrte als dreiteilige Einheit, mit Triebkopf 410&nbsp;002-0 und zwei Mittelwagen, für Hochtastfahrten sowie lauf- und bremstechnische Untersuchungen vom 10. bis 19.&nbsp;September auf die Strecke zurück (der dritte Mittelwagen war zu dieser Zeit im Umbau im Ausbesserungswerk Freimann<ref name="hoerstel-niedt-88" />). Vom 3.&nbsp;bis 14.&nbsp;November 1986 folgten, mit dem nun wieder fünfteiligen Triebzug (beide Triebköpfe und drei Mittelwagen), Hochtastfahrten bis 350&nbsp;km/h. Zu den zahlreichen Untersuchungen in diesem Zeitraum zählten Versuche zur Energieübertragung von der Oberleitung sowie, bei bis zu 280&nbsp;km/h, aerodynamische Messungen der bei Zugbegegnungen auftretenden Kräfte.<ref name="eks-21-58" />

Am 17.&nbsp;November 1986 erreichte der InterCityExperimental bei einer Präsentationsfahrt für Journalisten, als fünfteilige Einheit, eine Geschwindigkeit von 345&nbsp;km/h. Der Zug stellte damit einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für Drehstromfahrzeuge auf.<ref name="hoerstel-niedt-95" /><ref name="eks-21-58" /> Der Zug hatte sich zuvor in Schritten von 10&nbsp;km/h an seine zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 350&nbsp;km/h herangetastet.<ref name="hoerstel-niedt-88" /> Aufgrund der geringen Länge der Erprobungsstrecke waren höhere Geschwindigkeiten bis auf Weiteres nicht möglich.<ref name="ice-start-1991-14" />

Mit dem weiterhin fünfteiligen Triebzug folgten im Dezember Messungen zu Schallemissionen sowie zahlreiche aerodynamische Messungen, unter anderem bei Zugbegegnungen. Zu den nächsten Versuchsfahrten auf der Strecke kam es im März 1987, als mit dem nunmehr vierteiligen Zug (je zwei Triebköpfe und zwei Mittelwagen) die Auswirkungen der [[Wirbelstrombremse]] auf Schienentemperatur und [[Gleisfreimeldeanlage]]n untersucht wurden. Im Mai wurden, mit dem weiterhin vierteiligen Triebzug, Untersuchungen zu Antrieb und Energieübertragung aus der Oberleitung bei bis zu 310&nbsp;km/h gefahren. Am 25.&nbsp;Juni folgten Begegnungsfahrten, bei denen verschiedene [[Druckertüchtigte Schienenfahrzeuge|Maßnahmen zur Druckertüchtigung]] an Reisezugwagen mit dem vierteiligen Triebzug getestet wurden.<ref name="eks-21-58" />

Ab 8. April 1987 wurde das Testprogramm zeitweilig auf den neu fertiggestellten Abschnitt [[Graben-Neudorf]]–[[Mannheim]] der [[Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart]] verlegt. Aufgrund seiner etwas größeren Länge konnten insbesondere lauftechnische Versuche hier besser abgewickelt werden. Der Triebzug verkehrte als vierteilige Einheit (ein Demowagen war ausgegliedert worden) dabei unter anderem mit einem [[Bpmz-Wagen der Deutschen Bundesbahn|Großraumwagen der Gattung Bpmz 291.2]] und einem Messwagen zur Optimierung des [[Drehgestell]]s vom Typ MD&nbsp;522. Mit Geschwindigkeiten von 305 bzw. 360&nbsp;km/h wurden neue Geschwindigkeitsrekorde für Reisezug- bzw. Messwagen aufgestellt. Mit Aufnahme des fahrplanmäßigen Betriebs zwischen Mannheim und Karlsruhe am 30.&nbsp;Mai 1987 kehrten die Versuchsfahrten wieder auf den Streckenabschnitt nördlich von Würzburg zurück.<ref name="hoerstel-niedt-88" /> Zunächst wurde der InterCityExperimental an jenem 30.&nbsp;Mai jedoch, neben einem InterCity, für die Eröffnungsfahrt des Streckenabschnitts zwischen Mannheim und Graben-Neudorf eingesetzt. Am gleichen Tag folgten noch eine Reihe von Pendelfahrten.<ref name="db-1987">''Großes Eisenbahnfest anläßlich der Inbetriebnahme der Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart, Abschnitt Mannheim–Graben-Neudorf''. Vierseitige Broschüre, 1987.</ref>

Die wechselnden Zusammenstellungen des Triebzuges erklären sich aus wechselnden [[Z-Stellung]]en einzelner Wagen und Triebköpfe (und verschiedenen Anforderungen bei den Messfahrten<ref name="ohne-quelle" />). Da derartige kurzzeitige Abstellungen die einzuhaltenden Wartungsfristen unterbrachen, war es mit diesen Maßnahmen möglich, den Triebzug längstmöglich für das umfassende Versuchsprogramm zu nutzen, bevor im Sommer 1988 der Reisezugbetrieb zwischen Fulda und Würzburg aufgenommen wurde.<ref name="hoerstel-niedt-88" /> Erst am 4.&nbsp;Mai 1990, viereinhalb Jahre nach der Inbetriebnahme, erhielt der komplette Zug, im Ausbesserungswerk Nürnberg, eine große Revision (Stufe E&nbsp;2).<ref name="lokrundschau-1990-129-10">Uwe Hielscher: ''Elektrische Triebfahrzeuge''. In: ''Die Lok-Rundschau''. 22 Jg., Heft 129, Juli/August 1990, {{ISSN|0170-379X}}, S.&nbsp;10.</ref>

[[Datei:ICE V World Record Run Plate.jpg|mini|Zuglaufschild der Weltrekordfahrt]]

Im Rahmen der [[ICE-Weltrekordfahrt am 1. Mai 1988]] stellte der InterCityExperimental als vierteilige Einheit auf der [[Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg]] bei [[Gemünden am Main]] (Strecken-Km 287,956) einen Weltrekord für Schienenfahrzeuge mit 406,9&nbsp;km/h auf.<ref name="hoerstel-niedt-95" /> Der Weltrekordfahrt waren ab 22.&nbsp;April zahlreiche Hochtastfahrten vorausgegangen.<ref name="eks-21-58" />

Am 27.&nbsp;Mai 1988 war der Triebzug eines von vier Fahrzeugen, die im Rahmen einer Parallelfahrt den Streckenabschnitt [[Fulda]]–[[Würzburg]] der [[Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg]] eröffneten.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

An den beiden folgenden Tagen pendelte der Triebzug zwischen Würzburg und Fulda.<ref name="die-bahn-1988-4-12">Gerhart Kessler: ''Eröffnung der Schnellbahn-Strecke Fulda – Würzburg''. In: ''Die Bahn und Auto''. Nr. 4, 1988, {{ISSN|0933-4599}}, S.&nbsp;12</ref>

Zwischen dem 4. und 7. Oktober 1988 verkehrte der Zug in Frankreich. Mit einer Notkupplung mit einem [[TGV]] verbunden, erreichte der geschleppte, dreiteilige InterCityExperimental auf der [[LGV Sud-Est]] zwischen [[Villeneuve-Saint-Georges|Villeneuve]] und [[Le Creusot]] eine Geschwindigkeit von 280&nbsp;km/h.<ref name="hoerstel-niedt-88" /> Eine andere Quelle spricht von einem einwöchigen Einsatz im Schlepp des TGV und betont, dass damit der grundsätzliche Nachweis für die Frankreichfähigkeit des ICE (im Hinblick auf das Projekt [[ICE-M]]) erbracht worden sei.<ref name="db-1989-1-9">''InterCity Express in Euro-Version''. In: ''Die Bahn informiert'', Heft 1, 1989, S.&nbsp;9</ref>

Mit der Bestellung der ICE-1-Triebzüge Anfang 1989 hatte der Zug seine Hauptaufgabe im Bereich der Fahrzeugerprobung erfüllt.<ref name="ek-bild-2006-5" /> Nachdem zunächst noch einzelne Komponenten für die ICE-1-Serienzüge erprobt wurden, erhielt der Zug im Spätsommer 1990 eine neue Messausrüstung und wurde nun vor allen Dingen als Abnahme- und Messfahrzeug für die 1991 in Betrieb genommenen Schnellfahrstrecken eingesetzt. Nicht realisiert wurde die Idee eines Umbaus des Zuges zu einem [[Interoperabilität im Schienenverkehr|mehrsystemfähigen]] Triebzug.<ref name="hoerstel-niedt-88" /> Am 13. März 1991 entgleiste der Zug in [[Goddelau|Goddelau-Erfelden]] während einer Testfahrt.<ref name="em-1993-3-22">K. D. Holzborn: ''Neubaustrecken der DB''. In: [[Der Modelleisenbahner]], Heft 3, 1993, S.&nbsp;22&nbsp;f.</ref>

1994 erreichte eine durch den ICE-V gezogene Talgo-Einheit auf der Schnellfahrstrecke zwischen Hannover und Göttingen eine Geschwindigkeit von 360&nbsp;km/h.<ref name="eri-2001-22">''Talgo 350 erreicht 300&nbsp;km/h''. In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 1/2001, {{ISSN|1421-2811}}, S. 22&nbsp;f.</ref>

Eine kleine Rolle spielte der InterCityExperimental als Erprobungsträger für einzelne Komponenten des ab 1996 in Betrieb genommenen und als kuppelbaren [[Zugbildung#Triebwagen|Halbzug]] konzipierten [[ICE 2]]. 1994 erhielt der InterCityExperimental dazu neue Bugklappen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und eine reguläre [[Scharfenberg-Kupplung]]. Anschließend folgten Untersuchungen zu den [[Aerodynamik|aerodynamischen]] Belastungen im Bereich der Kupplungen. Dabei wurden die beiden Köpfe des ICE-V zeitweilig aneinander gekuppelt und zusammen mit den drei Mittelwagen in einen ICE&nbsp;1 eingereiht.<ref name="eikhoff-63" />

== Technik ==
[[Datei:Ice-v-car-connection.jpg|mini|Die glatte Außenhaut am [[Wagenübergang]] zählte zu den Besonderheiten des InterCityExperimental, die in den ICE-Serienzügen nicht umgesetzt wurde]]
[[Datei:Ice-v-bogie.jpg|mini|Drehgestell an einem Mittelwagen des InterCityExperimental]]

Die Technik des InterCityExperimental stellte gegenüber den Fahrzeugen seiner Zeit in vielfacher Hinsicht einen Entwicklungssprung dar. Als Basistechnologien kamen beim InterCityExperimental unter anderem [[Verbundwerkstoff]]e und Metall-[[Leichtbauweise]]n, [[Mikroprozessor]]en, [[Leistungselektronik]] und [[Informationssystem (Informatik)|Informationssysteme]] zum Einsatz.<ref name="etr-1985-78-618" />

Die Fahrzeugzellen der Mittelwagen wurden in Aluminium-Vollintegral-Bauweise errichtet, neuartige [[Laufwerk (Eisenbahn)|Laufwerke]] sollten für eine niedrigere [[Oberbau (Eisenbahn)|Oberbaubeanspruchung]] und Verschleißminderung sorgen.<ref name="etr-1985-78-618" /> Die Außenhülle der Triebköpfe wurde in [[Stahl]]-[[Leichtbau]]weise erstellt, die der Mittelwagen aus Aluminium.<ref name="eks-21-58" />

Die maximale Leistung der Fahrmotoren je Triebkopf betrug 4.200&nbsp;kW ([[Dauerleistung]] 3.640&nbsp;kW), des Transformators 5.120&nbsp;kW (3.480&nbsp;kW Dauerleistung).<ref name="ser-1985-165" /> Der Zug erreichte, mit drei Mittelwagen, eine Länge von 114,64&nbsp;m.<ref name="ej1_2007">Eisenbahn-Journal Extra 1/2007, ''Die DB in den 80ern'', ISBN 978-3-89610-172-3.</ref> Als technische Basis für die beiden für 350&nbsp;km/h ausgelegten Triebköpfe verwendete man den in der Leistung etwas gedrosselten Aufbau der Drehstrom-Lokomotive der Baureihe 120.

Als [[Bremse (Eisenbahn)|Bremsen]] kamen in den Triebköpfen [[Elektromotorische Bremse|elektrodynamische Bremsen]] zum Einsatz. Jedes angetriebene Drehgestell trug darüber hinaus [[Scheibenbremse]]n (drei Vollscheiben je [[Radsatz]]) und zwei [[Wirbelstrombremse]]n. Die Mittelwagen erhielten je Drehgestell zwei Wirbelstrombremsen sowie zwei Bremsscheiben je Radsatz. Das Zusammenwirken der Bremssysteme wurde von einem elektronischen Bremssteuerrechner gesteuert.<ref name="eks-21-58" /> Die Wirbelstrombremse zählt zu den Komponenten, die in den ICE-1-Serienzügen zunächst keine Anwendung fanden.

Die Innenausstattung der Wagen sollte variabel sein und sich in kurzer Zeit umrüsten lassen. Auch die Innenraumgestaltung sollte – unter anderem durch größere, verbesserte Sitze und eine audiovisuelle Fahrgastinformation – deutlich verbessert werden.<ref name="etr-1985-78-618" /> Die Konzeption der Wagen sah die Möglichkeit vor, die Inneneinrichtung nach Bedarf flexibel austauschen und verändern zu können. Neben einer Reihenbestuhlung mit vier (2+2) oder drei (2+1) Sitzplätzen pro Sitzreihe, waren auch Sitzplatzschaften (mit Tischen u.&nbsp;a.) Bestuhlungen für Kleingruppen, Abteile und Clubräume vorgesehen.<ref name="eks-21-58" /> Etwa zehn Prozent der Mittelwagen-Masse entfiel auf Schall- und Wärmedämmung.<ref name="eks-21-58" />

Eine weitere Neuerung war das [[Fahrgastinformationssystem]], dessen Monitore über [[Bandbreite|Breitband]]-[[Koaxialkabel]] aus einem Zentralrechner im Messwagen gespeist wurden. Informationen über Zug- und Wagennummer, [[Linie (Verkehr)|Zuglauf]], Sitzplatzreservierungen, Ankunftszeit und Anschlusszüge wurden ebenso angezeigt wie die aktuelle Fahrgeschwindigkeit und Werbung der Bundesbahn. Über Lautsprecher und Kopfhörer konnten fünf Audiokanäle eingespielt werden. Per Knopfdruck konnten Reisende Servicepersonal rufen. Zu den weiteren Angeboten zählten [[Bildschirmtext]], Videoprogramme und Bordtelefone.<ref name="eks-21-58" /> Vorgesehen war auch die Kennzeichnung belegter Sitzplätze in der 1. Klasse mittels Piktogramm an den Sitzlehnen.<ref name="ek-155-30" />

Erstmals bei einem Bundesbahn-Fahrzeug kam auch ein elektronisches, fahrzeuginternes Diagnose-System zum Einsatz. Die Systeme des Zuges waren über einen [[Datenbus]] miteinander verbunden.<ref name="eks-21-58" /> Einzug in die Serie fanden unter anderem der [[Drehstromantrieb]], die [[Automatische Fahr- und Bremssteuerung|elektronische Fahr- und Bremssteuerung]], ein elektronisches Diagnose- und [[Fahrgastinformationssystem]] und ein Zugbus mit [[Lichtwellenleiter]].<ref name="etr-1985-11-844" /> Die Klimatechnik wurde aus dem [[Airbus]] abgeleitet.<ref name="db-1985-78" />

Die Mittelwagen wurden über zwei voneinander unabhängige [[Zugsammelschiene]]n mit 1000&nbsp;[[Volt|V]] 16&nbsp;2/3&nbsp;[[Hertz (Einheit)|Hz]] [[Wechselstrom]] versorgt. [[Transformator]]en stellten für einige Hilfs- und Nebeneinrichtungen eine Spannung von 220&nbsp;bzw. 230&nbsp;Volt bereit. Batteriegestützt wurden Beleuchtung sowie Steuer- und Regeleinrichtungen mit einer Spannung von 110&nbsp;V versorgt.<ref name="eks-21-58" />

Die Rückseiten der Triebköpfe und die Mittelwagen sind mit automatischen [[Scharfenbergkupplung]]en ausgerüstet, die betrieblich nicht getrennt werden konnten. Die Vorderseiten der Triebköpfe erhielten eine versteckte Notkupplung.<ref name="riechers-2001-47">Daniel Riechers: ''ICE: Neue Züge für Deutschlands Schnellverkehr''. Transpress-Verlag, Stuttgart 2001, S.&nbsp;47</ref> Die Verkleidung der Triebkopfspitzen erfolgte bereits aus [[Glasfaser|glasfaserverstärktem]] [[Verbundwerkstoff]].<ref name="eks-21-58" />

== Design ==
[[Datei:ICE-V-Demo Cars Side View.jpg|mini|Zeichnung der beiden Demonstrationswagen des InterCityExperimental. Oben der in der ursprünglichen Bestellung vorgesehene 1.-Klasse-Wagen mit Business-Abteil (links). Unten ist der später von der DB nachbestellte Wagen zu sehen. In einem Versuch, kleinere Raumeinheiten zu schaffen, erhielt dieser ein Doppel-WC in der Wagenmitte.]]

Mitte 1981 begann ein Team um [[Alexander Neumeister]] mit dem Design des Zuges.<ref name="neumeister-1986-11">Brigitte Beil, [[Alexander Neumeister]]: ''Design InterCityExperimental, MagLev Transrapid: Design für den Schnellverkehr der Zukunft, Projekte von Neumeister-Design München'', 63-seitige Ausstellungsbroschüre, Stuttgart, 1986, S.&nbsp;11–24.</ref> Er war bereits ab 1969 in der Abteilung Verkehrstechnik von MBB als Designer an den Arbeiten der [[Studie über ein Hochleistungsschnellverkehrssystem|Hochleistungs-Schnellbahn-Studie]] beteiligt gewesen, aus der später ICE und Transrapid hervorgingen.<ref name="neumeister-1999-16">Elke Trappschuh: ''Schneller, weiter, schöner''. In: Alex Buck (Hrsg.): ''Alexander Neumeister. Designermonographien 8''. Verlag Form, Frankfurt am Main 1999, S.&nbsp;16–51.</ref> Lediglich die Sitze wurden durch [[Designworks]], im Auftrag des Herstellers ([[Grammer AG|Grammer]]), gestaltet.<ref name="neumeister-1999-69">''Interview mit Alex Neumeister: Je komplexer, desto besser''. In: Buck (1999), S.&nbsp;69–81.</ref> 1982 hatte er den Auftrag zu ersten Studien zur Gestaltung der Mittelwagen des ICE-Vorläuferzuges erhalten. Daraus gingen unter anderem [[Mock-up]]s, Modellstudien und zwei verschiedene Konzepte für das Innenraumdesign hervor.<ref name="bahn-extra-2004-6">Michael Krische: ''„Ein optimaler Kompromiss“''. In: ''BahnExtra: 20 Jahre ICE''. Ausgabe 6, 2004, ISBN 3-89724-175-7, S.&nbsp;48–52.</ref> Einer der Mittelwagen wurde in enger Abstimmung von Neumeister und dem ''Design Center'' der Bundesbahn entwickelt. Den Auftrag zur Gestaltung eines zweiten Mittelwagens erhielt er nach einem Designwettbewerb, bei dem er sich gegen andere geladene Design-Büros durchsetzte.<ref name="bahn-extra-2004-6" />

In einer Stufe entwarf Neumeister 1982 das Außendesign der Wagen und die Innenausstattung mit variabel nutzbaren Fahrgasträumen. Ein erstes [[Mock-Up]] in Originalgröße und mit kompletter Ausstattung wurde 1983 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im ICE-Vorläuferzug sollten bezüglich Komfort und Service neue Maßstäbe gesetzt und die Möglichkeiten neuer Technologien demonstriert werden. Im Wettbewerb mit einem anderen deutschen Designbüro entwickelte das Büro Neumeister eine weitere Innenausstattung auf Grundlage geänderter Fahrzeugabmessungen. Um einen Block von WC, Elektronikeinheiten und Schließfächern in der Wagenmitte entstanden zwei Raumeinheiten mit je 20 Sitzplätzen. Ein weiteres Merkmal war der großzügig gestaltete, voll verglaste Einstiegsbereich. Nach Angaben von Neumeister habe dieser Entwurf derart überzeugt, dass die Bundesbahn – parallel zur ursprünglichen Designkonzeption – einen zusätzlichen Wagen im neuen Design bestellte. In einer weiteren Entwicklungsstufe wurde die Innenausstattung der beiden Fahrgastwagen aufeinander abgestimmt und optimiert.<ref name="neumeister-1986-11" /> Als Ende 1983 der Bau des ICE-Vorläuferzuges begann, stand das endgültige Design noch nicht fest. Erst Ende 1984 war die endgültige Entscheidung über das Farbkonzept gefallen.<ref name="ek-403-58" />

Auffallend war die Form des Fahrzeugs mit einer markanten „Schnauze“, außenbündigen, teilverspiegelten Fenstern und bündigen [[Wagenübergang|Wagenübergängen]], in denen sich die weitreichende [[Aerodynamik|aerodynamische]] Optimierung widerspiegelte.<ref name="etr-1985-11-844" /> Das charakteristische Bugdesign des ICE ging aus [[Aerodynamik|aerodynamischen]], [[Ergonomie|ergonomischen]] und [[Fertigungstechnik|fertigungstechnischen]] Erwägungen hervor.<ref name="eks-21-58" /> Das aerodynamische Triebkopfdesign ging aus einer Serie von Rechnungen und [[Empirie|empirischen]] Untersuchungen des [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt]] hervor, das in Zusammenarbeit mit dem Design optimiert wurde.<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="bahn-extra-2004-6" /> Nachdem das Team um Neumeister verschiedene formale Bugvarianten entwickelt und in Modellen und Fotosimulationen dargestellt hatte, wurde es vom Design-Center der Bundesbahn in mehreren Schritten zur endgültigen Lösung ausgearbeitet.<ref name="neumeister-1986-11" /> Eine wesentliche Neuerung im Schienenfahrzeugbau waren auch die bündig eingeklebten Fenster, um eine geschlossene Außenhaut zu erreichen.<ref name="ice-start-1991-14" /><ref name="bahn-extra-2004-6" /> Der InterCityExperimental trug damit bereits die Designmerkmale, die bis heute das Bild der ICE-Familie prägen: windschnittige Triebkopfform (wobei die Spitze der beiden [[Triebkopf|Triebköpfe]] etwas runder zuliefen, als bei den Nachfolgerzügen, den [[ICE 1]], den [[ICE 2]] und dem [[ICE S]]), durchlaufendes, verspiegeltes Fensterband (von Neumeister als „optischer Blitz“ bezeichnet<ref name="neumeister-1986-11" />) und die weiße Außenhülle mit rotem Streifen. Die bis heute für den ICE charakteristische, weiße Außenhaut, unterbrochen durch einen durchlaufenden Signalstreifen aus [[Rot|Blaurot]] und [[Rot|Weinrot]] (heute: [[Verkehrsrot]]), sollte die Andersartigkeit des neuen Zuges unterstreichen.<ref name="bahn-extra-2004-6" /> Der rote Streifen sollte ferner an die rote Lackierung der damaligen DB-Fernzüge erinnern.<ref name="wams-2011-05-29">Nikolaus Doll: [https://www.welt.de/wirtschaft/article13399008/20-Jahre-Warum-der-ICE-weiss-und-nicht-silber-wurde.html ''20 Jahre – Warum der ICE weiß und nicht silber wurde'']. In: [[Welt am Sonntag]], 29. Mai 2011.</ref>

Für das Design des ICE-Vorläuferzuges war den Designern erstmals weitgehend freie Hand gelassen worden. Aufgrund der Popularität des Zuges wurden weite Teile der Gestaltung in die späteren Serienzüge übernommen.<ref name="wams-2011-05-29" /> Zu den Besonderheiten, die nicht in die späteren Serienzüge umgesetzt wurden, zählen die [[Verbindungstechnik#Formschluss|formschlüssigen]] [[Wagenübergang|Wagenübergänge]]<ref name="neumeister-1999-16" /> sowie die gegenüber den Triebköpfen etwas niedriger ausgeführten Wagen. Die Fahrzeugmaße richteten sich im Wesentlichen nach der Fahrzeugumgrenzung des [[Internationaler Eisenbahnverband|Internationalen Eisenbahnverbandes]]. Die Breite der Triebköpfe war somit auf 3.070&nbsp;mm beschränkt, die der Mittelwagen auf 2.930&nbsp;mm, wobei die Wagenlänge auf 24,3&nbsp;m begrenzt werden musste (spätere ICE-Züge: 26,4&nbsp;m). Ursprünglich war eine Breite von 3.200&nbsp;mm angedacht worden, um insbesondere in der 2.&nbsp;Klasse den Komfort deutlich verbessern zu können. Aus aerodynamischen Überlegungen heraus wurde die Höhe der Wagen auf 3.650&nbsp;mm über Schienenoberkante festgelegt, 400&nbsp;mm niedriger als sonst üblich. Zur Unterbringung der elektrischen Ausrüstung musste die Höhe der Triebköpfe nachträglich auf bis zu 3.820&nbsp;mm angehoben werden, um den Stromrichter der Baureihe 120 unterzubringen. Zu den Wagen hin wurden die Köpfe abgesenkt. Eine platzsparendere Neuentwicklung des Stromrichters schied aus zeitlichen Gründen aus.<ref name="eks-21-58" /><ref name="ek-403-58" /> Die als Flüssigkristallanzeigen ausgeführten elektronischen Zuglaufschilder, die neben den ovalen Einstiegsfenstern das ansonsten durchlaufende Fensterband unterbrachen<ref name="neumeister-1986-11" />, wurden erst ab dem [[ICE 2|ICE&nbsp;2]] umgesetzt.

Während das Außendesign mit nur geringen Veränderungen in die Serienzüge übernommen wurde, erfuhr die Inneneinrichtung zahlreiche Veränderungen. So wurde die Sitzplatzanordnung variiert, die Sitze selbst verändert. In die Serie übernommen wurden unter anderem die offene, transparente Innenraumgestaltung, Garderoben in der Wagenmitte, gläserne Automatiktüren (innen) sowie Audiomodule an allen und Videomodule an einigen Sitzplätzen. In der Serie nicht umgesetzt wurden u.&nbsp;a. spezielle ''Work&Ride''-Großabteile, verschließbare Überkopf-Gepäckablagen in der 1.&nbsp;Klasse sowie Telefone am Sitzplatz.<ref name="neumeister-1999-16" /><ref name="bahn-extra-2004-6" />

<gallery>
 ICE-V-Seating-1st.jpg|Verschiedene Sitzlandschaften in der 1. Klasse
 ICE-V-Seating-2nd-empty.jpg|Sitzlandschaft in der 2. Klasse
 ICE-V-Business Compartment.jpg|''Work&Ride''-Abteil
 ICE-V-Overhead Bins.jpg|Verschließbare Überkopf-Gepäckablagen
 ICE-V-Phone.jpg|Zwei Sitzplätze wurden mit Monitor und Telefon ausgestattet
</gallery>

Neumeisters Konzept sah ursprünglich vor, den gesamten Zug in Anlehnung an die „[[Silberpfeil]]e“ in Silber zu lackieren. Aus produktionstechnischen Gründen – man fürchtete, große Flächen in dieser Farbe nicht fleckenfrei gestalten zu können – fiel die Entscheidung auf eine weiße Außenhülle mit einem durchgehenden Streifen aus zwei Rottönen. Die [[Deutsche Bahn]] hat dieses Grundprinzip des rot-weißen Designs später nicht nur auf ihre gesamte Fahrzeugflotte übertragen, sondern auch in das [[Corporate Design]] als Unternehmensfarben integriert.<ref name="db-marken-62">Volker Albus, Achim Heine: ''Die Bahn. Positionen der Markenkultur''. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2002, ISBN 3-87584-055-0, S.&nbsp;62&nbsp;ff.</ref> Die Idee, die Andersartigkeit des Zuges durch eine orange Lackierung zu unterstreichen, schied aus, da der französische [[TGV]] diese Farbe bereits nutzte.<ref name="bahn-extra-2004-6" />

Der InterCityExperimental erhielt 1987 den [[Brunel Award]], einen nach dem englischen Ingenieur [[Isambard Kingdom Brunel]] benannten, internationalen Designpreis für Schienenfahrzeuge und -infrastruktur. Der Zug war einer von 104 Vorschlägen von 13 europäischen Eisenbahngesellschaften.<ref name="etr-1987-616">Meldung ''„Brunel Award“ für den IC Experimental''. In: ''[[Eisenbahntechnische Rundschau]]''. 36, Nr.&nbsp;10, 1987, S.&nbsp;616.</ref>

== Aufgaben ==
=== Technologie-Erprobung ===

Im InterCityExperimental wurden zahlreiche Technologien des Schienen-Schnellverkehrs, die aus einem seit Anfang der 1970er Jahre laufenden Forschungsprogramms des [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesministeriums für Forschung und Technologie]] hervorgingen, in ihrem Zusammenspiel erprobt.<ref>''Der InterCity Express – Ergebnis der Förderung der Bahnforschung durch den BMFT''. In: ''Eisenbahntechnische Rundschau'', 40 (1991), Heft 5/6, S.&nbsp;378</ref> Zahlreiche neu für den Hochgeschwindigkeitsverkehr entwickelte Komponenten wurden damit zur Serienreife geführt. So wurde beispielsweise der von [[Dornier-Werke|Dornier]] für die ICE-Serienzüge neu entwickelten Stromabnehmer ''DSA-350&nbsp;S'' bis Anfang Juli 1989 im InterCityExperimental erprobt.<ref name="ej-1989-8-12">''Dem ICE aufs Dach gestiegen''. In: ''Eisenbahn-Journal''. 15, Nr.&nbsp;8, 1989, {{ISSN|0720-051X}}, S.&nbsp;12–13.</ref> Teilweise wurde der Triebzug auch für Fahrplanuntersuchungen eingesetzt.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

=== Präsentationsfahrten ===
[[Datei:ICE-V IC103 1988.ogg|mini|thumbtime=24|Fliegende Überholung eines planmäßigen InterCitys mit 250&nbsp;km/h (1988)]]
[[Datei:ICE-V-Würzburg-Fulda-1988-05-29.jpg|mini|Eine der zahlreichen Pendelfahrten zur Eröffnung des Neubaustrecken-Abschnitts zwischen Fulda und Würzburg ([[Bartelsgrabentalbrücke]], 29. Mai 1988)]]

==== Im Inland ====

Darüber hinaus wurde das Fahrzeug bei zahlreichen Präsentationsfahrten eingesetzt, um die Fahrgastakzeptanz zukünftiger Hochgeschwindigkeitszüge zu prüfen,<ref name="etr-1985-78-618" /> u.&nbsp;a. im regulären [[Intercity (Deutschland)|Intercity]]-Verkehr mit Reisenden. Erste Fahrten mit regulären Fahrgästen absolvierte der Zug während zweier Wochen in der zweiten Januarhälfte 1986. Dabei wurde er zuerst als Nachzug zu den InterCity-Zügen 120/121 zwischen München und Frankfurt am Main eingesetzt, anschließend im Nachlauf zum IC&nbsp;678/179 zwischen Frankfurt und Hannover. Im Rahmen der Fahrten wurden verschiedene Untersuchungen und Kundenbefragungen zur Akzeptanz des neuen Zuges durchgeführt.<ref name="ek-bild-2006-5" /><ref name="eikhoff-63" /><ref name="hoerstel-niedt-95" />

Das Fahrzeug wurde darüber hinaus für zahlreiche Sonder- und Präsentationsfahrten eingesetzt. So hatte der InterCityExperimental am 15.&nbsp;Juni 1989 einen besonderen Auftritt, als der damalige [[Sowjetunion|sowjetische]] Staats- und Parteichef [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschow]] den Zug während eines [[Staatsbesuch]]s für eine Fahrt von Bonn nach Dortmund und zurück nach Düsseldorf nutzte.<ref name="eikhoff-63" /> Zu diesem Anlass waren die Flaggen von [[Nordrhein-Westfalen]] und der Sowjetunion an den Triebköpfen angebracht. Diese Fahrt war der Höhepunkt einer Serie von Sonderfahrten für Politiker und Verkehrsminister anderer Nationen.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

Zu den zahllosen weiteren Einsätzen mit prominenten Gästen zählte eine Fahrt von 20 Abgeordneten des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie mit dem DB-Präsidenten [[Reiner Gohlke]] von Bonn nach Mannheim im Sommer 1988.<ref name="bundesbahn-1988-8-749">Meldung ''ICE-Fahrt mit Mitgliedern des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie''. In: ''Die Bundesbahn''. Nr.&nbsp;8, 1988, S.&nbsp;749</ref> Im Rahmen der ''[[Internationale Verkehrsausstellung|Internationalen Verkehrsausstellung]]'' folgten im selben Jahr mehr als 30 Vertreter des [[Corps Consulaire|Konsularischen Korps]] einer Einladung zu einer Präsentationsfahrt von Bundesbahn, Senatskanzlei Hamburg und Messeleitung. Auf der [[Bahnstrecke Hamburg–Bremen]] überholte der Zug mit einer Geschwindigkeit von bis zu 253&nbsp;km/h einen planmäßigen, 200&nbsp;km/h schnellen InterCity.<ref name="bundesbahn-1988-8-750">Meldung ''Konsularisches Korps im ICE''. In: ''Die Bundesbahn''. Nr.&nbsp;8, 1988, S.&nbsp;749</ref> Derartige „fliegende“ Überholungen fanden während der Ausstellung, zwischen 1.&nbsp;und 12.&nbsp;Juni 1988 dreimal täglich statt. Der ICE-Vorläuferzug ließ sich dabei am Beginn eines [[Mehrgleisigkeit|dreigleisigen]] Streckenabschnitts in [[Buchholz in der Nordheide|Buchholz]] überholen und überholte den Zug anschließend wieder, bevor das Ende des Abschnitts in [[Rotenburg (Wümme)|Rotenburg]] erreicht wurde.<ref name="ek-bild-2006-5">Georg Wagner: ''InterCityExpress – Die Starzüge im Fernverkehr der DB''. EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-88255-361-8, S.&nbsp;5</ref><ref name="hoerstel-niedt-95" /> Die durchgehend ausgebuchten Fahrten verkehrten direkt vom [[Bahnhof Hamburg Sternschanze|Messebahnhof Sternschanze]]. Einer Fahrt am ersten Messetag, bei der 251&nbsp;km/h erreicht wurden, wohnten auch Bahnchef Reiner Gohlke und [[Otto Arndt]], der Verkehrsminister der DDR, bei.<ref name="ek-1988-07-14">Jens-Olaf Griese-Bandelow, Dierk Lawrenz: ''IVA '88''. In: [[Eisenbahn-Kurier]], Heft 7/1988, S.&nbsp;14–16.</ref>

[[Datei:ICE-V Berlin Anhalter Güterbahnhof.jpg|mini|Der InterCityExperimental passiert nach der Präsentation in Berlin den [[Berlin Anhalter Bahnhof|Anhalter Güterbahnhof]]]]
[[Datei:218 247-5 und Intercity Experimental.jpg|mini|InterCityExperimental mit Versorgungslok 218 247-5 (Bw Braunschweig) im Museum für Verkehr und Technik, Berlin.]]
Vom 2.&nbsp;bis 4.&nbsp;Dezember 1988 war der Zug in Berlin im [[Deutsches Technikmuseum|Museum für Verkehr und Technik]] zu Gast. Der Zug wurde dabei von einer Diesellokomotive der Deutschen Bundesbahn begleitet. Diese Lokomotive hatte die Aufgabe, das Bordnetz des InterCityExperimental während seines Aufenthaltes im Museum für Verkehr und Technik mit der notwendigen Spannung zu versorgen. Während der Überführung durfte der Motor der Diesellokomotive in der DDR aus „betriebstechnischen Gründen“ nicht laufen. Anlass des Besuchs war die vorgesehene, dann aber verschobene Unterzeichnung einer Vereinbarung über den Bau der [[Schnellfahrstrecke Hannover–Berlin]].

==== Im Ausland ====

Auch im Ausland wurde der InterCityExperimental wiederholt gezeigt. So pendelte der Triebzug im Rahmen des 125-jährigen Jubiläums der Bahnstrecke [[Straßburg]]–[[Kehl]] am 3.&nbsp;und 4.&nbsp;Mai 1986 mehrfach zwischen den beiden Städten. Auf der [[Rheinbrücke Kehl]] traf er dabei zu einem symbolischen „Fototermin“ mit dem TGV zusammen. Am 17.&nbsp;und 18.&nbsp;Oktober desselben Jahres kam es im Hauptbahnhof Stuttgart, anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Bahnhofsgebäudes, erneut zu einer Begegnung mit dem französischen Hochgeschwindigkeitszug. Zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in der Provinz [[Lüttich]] ([[Belgien]]) war der Zug am 17.&nbsp;Juni 1988 ebenfalls neben einem TGV zu sehen.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

Am 10.&nbsp;und 11.&nbsp;Januar 1987 war der Zug erstmals (über Basel hinaus) in der Schweiz zu sehen. Eine Rundfahrt führte ihn von Basel über [[Zürich]] nach [[Luzern]]. Seine zweite Schweiz-Reise führte den ICE-Vorgänger am 20.&nbsp;Mai 1989 zu einer Fahrzeugparade anlässlich der 100-Jahr-Feier der [[Rhätische Bahn|Rhätischen Bahn]], am folgenden Tag wurde er einmal mehr zu Rundfahrten eingesetzt. In Österreich wurde der Zug anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Eisenbahn in der Alpenrepublik am 2.&nbsp;Oktober 1987 in [[Wien]] gezeigt.<ref name="hoerstel-niedt-95" />

Im Dezember 1989 nutzte der damalige Bundeskanzler [[Helmut Kohl]] den Zug für eine Fahrt von Bonn nach Basel, wo er mit dem französischen Staatspräsidenten [[François Mitterrand]] zusammentraf. Dieser reiste mit dem [[TGV#TGV Atlantique|TGV Atlantique]] an, der kurz zuvor (im Rahmen der [[TGV-Weltrekordfahrten am 5. Dezember 1989 und 18. Mai 1990|Weltrekordfahrt am 5.&nbsp;Dezember 1989]]) den Geschwindigkeits-Weltrekord des ICE aus dem Vorjahr gebrochen hatte.<ref name="hoerstel-niedt-95" /><!-- wirklich exakt dieser Zug oder ein baugleicher Zug? -->

== Verbleib ==

Nach der Indienststellung des ICE&nbsp;1 wurde der InterCityExperimental in „ICE&nbsp;V“ umbenannt und für weitere Erprobungen genutzt. 1993 erfolgten größere Umbauten im Frontbereich zur Erprobung der neuen Bugklappen und Kupplungen der [[ICE 2|ICE&nbsp;2]]<ref name="ek-bild-2006-5" /> sowie Modifikationen an den Drehgestellen.

Der Zug wurde wegen Fristablauf zum 4.&nbsp;Mai 1998 auf dem Gelände des [[Bundesbahn-Zentralamt|Forschungs- und Technologiezentrums]] (FTZ) München-Freimann abgestellt. Ein Mittelwagen sollte weiterhin als Messwagen verwendet werden, ansonsten war eine museale Verwendung denkbar gewesen.<ref name="eri-1998-507">Meldung ''Abschied vom Intercity-Experimental''. In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 12, 1998, {{ISSN|1421-2811}}, S.&nbsp;507</ref> An die Stelle des InterCityExperimental trat der [[ICE S|ICE&nbsp;S]].

Nach seinem Ausscheiden wurden die einzelnen Wagen entkuppelt und in verschiedenen [[Bahnbetriebswerk|Betriebswerken]] der DB abgestellt. Die Fahrzeuge wurden am 1.&nbsp;Juni 1998 [[Z-Stellung|z-gestellt]] und zum 1.&nbsp;Januar 2000 ausgemustert.<ref name="ek-bild-2006-5" /> Im Mai 2000 wurde der Zug nach Hamburg überführt. Der Triebkopf 410&nbsp;001-2 und der Demonstrationswagen 1 (810&nbsp;001-8) wurden für eine museale Weiterverwendung aufgearbeitet.<!-- Über die weitere Verwendung der übrigen drei Fahrzeuge war Mitte 2000 noch nicht entschieden.--><ref name="eri-2000-344">Meldung ''ICE-V in Hamburg''. In: [[Eisenbahn-Revue International]], Heft 8–9/2000, {{ISSN|1421-2811}}, S. 344.</ref>

Heute befindet sich der Triebkopf 410&nbsp;001-2 mit dem Mittelwagen 810&nbsp;001-8<ref name="ohne-quelle" /> als Denkmal im FTZ Minden.<ref name="ek-bild-2006-5" /> Er wurde etwa in der Mitte des Werksgeländes (bei {{Coordinate |text=DMS |NS=52/17/27.9/N |EW=8/56/22.9/E |type=landmark |region=DE-NW |name=InterCityExperimental, Triebkopf 410&nbsp;001-2 mit Mittelwagen}}) abgestellt. Er ist öffentlich nicht zugänglich, kann jedoch von der Westseite des Geländes von außen eingesehen werden. Nachdem die <!--weiterhin in Minden abgestellten -->Fahrzeuge am 11. Juli 2020<ref name="db-2021-05-25"/> formal in den Besitz des [[DB-Museum]]s übergingen, begann im Herbst 2020<ref name="db-2021-05-25">{{Internetquelle | url=https://schwerpunkt.deutschebahn.com/resource/blob/6158388/f3a329d567484722f36885aace613271/Faktenblatt-ICE-V-data.pdf |titel=Der Urahn der ICE-Flotte |autor=Philipp Neumann<!--laut Metadaten--> |hrsg=Deutsche Bahn |werk=schwerpunkt.deutschebahn.com |seiten=4 |datum=2021-05-25<!--laut Metadaten--> |archiv-url= |archiv-datum= | abruf=2021-06-05 | format=PDF |offline=}}</ref> deren Sanierung.

Der Triebkopf 410&nbsp;002-0 wurde nach München-Freimann überführt<ref name="ek-bild-2006-5" /> und in der Nacht vom 6.&nbsp;auf den 7.&nbsp;April 2006 von dort in das [[Verkehrszentrum (Deutsches Museum)|Verkehrszentrum des Deutschen Museums]] gebracht.

Zwei Mittelwagen, darunter der Messwagen, befanden sich über mehrere Jahre auf dem Gelände des Ausbesserungswerks Nürnberg und sollten in ein Fahrzeugdepot des [[Verkehrsmuseum Nürnberg|DB-Museums Nürnberg]] überführt werden (Stand: April 2008). Später wurde einer der beiden Wagen verschrottet. Nachdem Versuche, eine stabile Kupplungsverbindung zwischen dem zu überführenden Wagen und der Zuglok herzustellen, gescheitert waren, wurde dieser Wagen zur Verschrottung freigegeben. Zuvor wurden einige Sitze ausgebaut und eingelagert (Stand: Anfang Juni 2010). Im Herbst 2010 wurde auch der zweite Wagen verschrottet, nachdem er jahrelang unter freiem Himmel abgestellt und durch Vandalismus beschädigt als nicht mehr erhaltungswürdig eingestuft worden war.

Während seines 13-jährigen Betriebs legte der Zug rund 1,2&nbsp;Millionen Kilometer zurück.

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 Ice-v-minden.jpg|Der in Minden abge&shy;stellte Triebkopf 410&nbsp;001-2 mit Mittel&shy;wagen (um 2005)
 InterCity Experimental im Verkehrszentrum.jpg|Vorderansicht des in München ausge&shy;stellten Triebkopfes 410&nbsp;002-0
 Triebwagen InterCityExperimental, Rückseite (Verkehrszentrum).jpg|Rückansicht des 410&nbsp;002-0
 ICE V heute.jpg|410 001-2 mit Mittel&shy;wagen auf dem Denk&shy;malsockel in Minden 2021
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== Siehe auch ==

* [[Geschwindigkeitsweltrekorde für Schienenfahrzeuge]]

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* [https://www.hochgeschwindigkeitszuege.com/deutschland/ice-v.php ICE-V] auf ''www.hochgeschwindigkeitszuege.com''
* [https://www.bahnfotokiste.de/hamburg/ice_v/ ''Der InterCity-Experimental auf der IVA 1988 in Hamburg'']
* {{YouTube|id=Alesil2okJM|titel=ICE Experimental - Ein Weltrekordzug bekommt ein neues Kleid|uploader=SWR Eisenbahn Romantik}}

== Einzelnachweise ==

<references responsive />

{{NaviBlock
|Navigationsleiste InterCityExpress
|Navigationsleiste Deutsche Elektro-Triebwagen
}}

{{Exzellent|19. Januar 2009|55545649}}

[[Kategorie:Bahndienstfahrzeug]]
[[Kategorie:Intercity-Express]]
[[Kategorie:Hochgeschwindigkeitszug]]
[[Kategorie:Triebfahrzeug (Deutsche Bahn)]]
[[Kategorie:Triebfahrzeug (Deutsche Bundesbahn)]]
[[Kategorie:Schienenfahrzeug (Krupp)]]
[[Kategorie:Schienenfahrzeug (Henschel)]]
[[Kategorie:Schienenfahrzeug (Krauss-Maffei)]]
[[Kategorie:Schienenfahrzeug (Siemens)]]
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]