„Killerspiel“ – Versionsunterschied

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'''Killerspiel''', meist im Plural ''Killerspiele'' benutzt, wird als negativ besetztes [[Schlagwort]] für [[Computerspiel]]e angewandt, bei denen das Töten von Menschen in der fiktiven Spielwelt wesentlicher Bestandteil und Ziel der Spielhandlung ist. Der Begriff [[Implikation|impliziert]], dass in den so bezeichneten Spielen das Verhalten eines Mörders (engl. ''killer'') simuliert wird. Er wurde von [[Edmund Stoiber]] oder von [[Günther Beckstein]] in der öffentlichen Diskussion nach dem [[Amoklauf von Erfurt]] das erste Mal für Computerspiele gebraucht. Der Begriff ist aber schon älter, siehe Absatz Ursprung.
'''Killerspiel''', meist im Plural ''Killerspiele'' benutzt, wird als negativ besetztes [[Schlagwort]] für [[Computerspiel]]e angewandt, bei denen das Töten von Menschen und/oder Lebewesen in der fiktiven Spielwelt wesentlicher Bestandteil und Ziel der Spielhandlung ist. Der Begriff [[Implikation|impliziert]], dass in den so bezeichneten Spielen das Verhalten eines Mörders (engl. ''killer'') simuliert wird. Er wurde von [[Edmund Stoiber]] oder von [[Günther Beckstein]] in der öffentlichen Diskussion nach dem [[Amoklauf von Erfurt]] das erste Mal für Computerspiele gebraucht. Der Begriff ist aber schon älter, siehe Absatz Ursprung.


== Verwendung des Begriffs ==
== Verwendung des Begriffs ==

Version vom 7. Dezember 2006, 16:55 Uhr

Killerspiel, meist im Plural Killerspiele benutzt, wird als negativ besetztes Schlagwort für Computerspiele angewandt, bei denen das Töten von Menschen und/oder Lebewesen in der fiktiven Spielwelt wesentlicher Bestandteil und Ziel der Spielhandlung ist. Der Begriff impliziert, dass in den so bezeichneten Spielen das Verhalten eines Mörders (engl. killer) simuliert wird. Er wurde von Edmund Stoiber oder von Günther Beckstein in der öffentlichen Diskussion nach dem Amoklauf von Erfurt das erste Mal für Computerspiele gebraucht. Der Begriff ist aber schon älter, siehe Absatz Ursprung.

Verwendung des Begriffs

Angewandt wird der Begriff meistens auf Spiele, in denen Handfeuerwaffen gegen (ebenfalls bewaffnete) Menschen oder menschenähnliche Spielfiguren (Gegner) eingesetzt werden und in denen der Spieler durch den Einsatz der Egoperspektive oder der Third-Person-Ansicht unmittelbar am Spielgeschehen beteiligt ist. Eine genauere Definition, welche der sehr verschiedenen Spiele unter die Bezeichnung fallen sollen, gibt es jedoch nicht. Der Zugang zu entsprechenden Spielen ist in Deutschland gesetzlich geregelt, hierbei ist es insbesondere nicht erlaubt, realistische Simulationen (insbesondere von Blut und beweglichen Leichen sog. Ragdolls) an Kinder und Jugendliche zu verkaufen. Kritiker führen jedoch an, dass der Realismus nur sehr unzureichend eingeschränkt sei.

Der Begriff wird von Spielern und Spieleentwicklern allgemein als reißerisch und unsachgemäß abgelehnt. Neben der Kritik, Ego-Shooter würden in der öffentlichen Debatte unsachlich angegriffen, wird am Begriff selbst kritisiert, dass das Wort Killer Heimtücke und Gemeingefährdung (Mord an Unschuldigen und Zivilisten) impliziert. Dies trifft jedoch auf die meisten Egoshooter zumindest per Definition nicht zu, denn meistens befindet sich der Spieler in der Rolle des "Guten" dessen Aufgabe es ist, die "Bösen" zu töten, wobei es zur Tötung i.d.R. keine Alternative gibt. Kritiker weisen jedoch darauf hin, es spiele für die hierbei erzeugte moralische Haltung keine Rolle, ob der Spieler sich in der Rolle des "Guten" oder "Bösen" befindet.

Bekanntes Beispiel für "Killerspiele" ist das weit verbreitete Multiplayer-Spiel Counter-Strike. Dort treten Terroristen gegen Polizei-Sondereinheiten an.

Die Ausnahme vom Grundprinzip "Jeder Treffer ein Punkt" stellen Missionen mit Geiseln (computergesteuerten Spielfiguren) dar, die von der einen Seite bewacht, von der anderen befreit werden müssen. Das Verletzen der Geiseln führt für beide Seiten zu Strafe und/oder Spielverlust.

Sowohl Politiker wie auch zahlreiche Medien hatten das Spiel Counter-Strike vor allem nach dem Amoklauf von Robert Steinhäuser in Erfurt durch diesbezügliche Falschdarstellungen nachhaltig und auf teilweise bizarre Weise diffamiert. So wurde behauptet, im Spiel würde auf „Passanten“ geschossen, das Töten von „Großmüttern mit Kinderwagen“ bringe „Extra-Punkte“ und „Schulmädchen in kariertem Rock und Bluse“ würden „brutal eliminiert“. Dies trifft jedoch nicht zu; Unbeteiligte kommen im Spiel nicht vor. Es wird vermutet, dass die Medien sich bei ihrer Darstellung auf inoffizielle Mods bezogen und diese Tatsache bewusst in verfälschter Weise verbreitet haben.[1],

Ursprung

Bereits in den 1980er Jahren war die Darstellung von Gewalt gegen Menschen in Computerspielen in Deutschland in die Diskussion geraten, als im Shoot 'em up-Spiel Commando die vom Spieler gesteuerte Spielfigur eine große Zahl feindlicher Soldaten töten musste, um das Spielziel zu erreichen. Das Spiel wurde in Deutschland daraufhin als Space Invasion, bei dem der Spieler gegen Roboter kämpfte, neu veröffentlicht.

In Deutschland wurde der Begriff Killerspiel zunächst in den neunziger Jahren für Spielkonzepte wie Laserdrom und Paintball eingeführt, in denen sich reale Spieler mit „Markierern“ in einer Art modernen Räuber und Gendarm spielerisch ausschalten.

Edmund Stoiber verwendete den Begriff später in der politischen Diskussion für virtuelle Egoshooter.[2] Nach dem Amoklauf von Erfurt ging man von einem Zusammenhang zwischen virtueller Gewalt in Spielen und realer Gewalt aus und verstärkte Forderungen nach Herstellungs- und Vertriebsverboten für gewaltdarstellende Computerspiele.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Unter den demokratischen Rechtsstaaten der Welt hat Deutschland den höchsten Jugendschutz. In Deutschland wird der Zugang zu Computerspielen formal durch das Jugendschutzgesetz eingeschränkt, falls die Möglichkeit besteht, dass durch Gewaltdarstellungen die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen beeinflusst werden kann. Dies wird mit dem Artikel 2 des Grundgesetzes begründet (Absatz 1 „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit [...]“, Absatz 2 „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. [...]“). Bis 2003 wurde dies so umgesetzt, dass die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) darüber zu entscheiden hatte, ob ein Spiel jugendgefährdend ist und es in Folge dessen indiziert werden soll. Seit 2003 hat hauptsächlich die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle über die Kind- und Jugendeignung in Form eines Alterssystems zu entscheiden.In Gestalt des §131 StGB [3] existiert eine weitere Vorschrift, die die Darstellung und Verbreitung von Gewalttätigkeiten gegen Menschen und insbesondere ihre Weitergabe an Minderjährige regelt. Bei einem Verstoß droht ein Freiheitsentzug von bis zu einem Jahr.

Die durch diese Gremien repräsentierte Wertevorstellung wandelt sich im Laufe der Zeit. Hatte 1984 die BPjS noch das Spiel River Raid als jugendgefährdend eingestuft und es daher indiziert, wurde es 2002 nach erneuter Prüfung vom Index entfernt und von der USK für alle Altersklassen freigegeben.

In dieser unterschiedlichen Bewertung der dargestellten Gewalt in Computerspielen zeigt sich die Abhängigkeit von vorherrschenden Werten in der jeweiligen Gesellschaft. Während in den USA Gewaltdarstellungen in Computerspielen durch die Meinungsfreiheit im weitesten Sinne geschützt sind, herrscht eine Kontroverse vor, ob angedeutete oder explizit dargestellte sexuelle Handlungen zur Verrohung und zum Sittenverfall führen, während dies in der deutschen Diskussion eine weitaus geringere Rolle spielt als die Gewaltdarstellung.

Öffentliche Diskussion

Hauptartikel siehe Gewalt in Computerspielen

Im 2005 entstandenen Koalitionsvertrag des Kabinetts Merkel wird das Verbot von „Killerspielen“ gefordert, hier ist allerdings die Bedeutung des Wortes noch nicht geklärt. Ursprünglich belegt ist dieser Begriff durch die Diskussion zum Verbot von so genannten Paintball-Spielen.

Das im Koalitionsvertrag 2005 festgelegte "Killerspiel"-Verbot wurde maßgeblich von der CDU-Politikerin Maria Böhmer in den Vertrag eingebracht, die auch stellvertretende Vorsitzende im Fernsehrat des ZDF und jetzige Integrationsministerin ist und sich für weitgehende Medienregulierung einsetzt. Dies wurde mehrfach öffentlich von Vertretern der Parteien bestätigt (z.B. Jörg Tauss, SPD im Berliner Tagesspiegel am 18. November 2005).

Generell sprechen sich deutlich für ein Verbot von Killerspielen die CDU und die CSU aus.

Gegen ein Verbot von Killerspielen sind die FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linkspartei.

Sollten mit dem Terminus „Killerspiele“ Computerspiele mit Gewaltinhalten gemeint sein, wäre damit die E-Sport-Szene in Deutschland gefährdet, da ein Großteil der populären Computerspielwettkämpfe dann nicht mehr ausgetragen werden könnte.

Laut Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP am 7. August 2006 hat das Familienministerium das Thema prüfen lassen und ist zu dem Schluss gekommen, dass weitere Verbotsmaßahmen nicht nötig seien, weil die bestehenden Vorschriften und Selbstkontroll-Instanzen einen ausreichenden Jugendschutz gewährleisten. Dabei wurde allerdings auch der §131 StGB positiv erwähnt, der heute schon auch rein fiktive und virtuelle Gewaltdarstellungen, wie bestimmte Horrorfilme und Computerspiele, mit Strafe bedroht.

Nach dem Amoklauf von Emsdetten 2006 frischte die Diskussion erneut auf.[4] Die Stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping kritisiert die erneut geführte Debatte heftig.

„Nicht die brutalen PC-Spiele, über deren Wert und (Un-)Sinn sich sicherlich vortrefflich streiten läßt, sind Ursache für das menschenverachtende Verhalten eines Sebastian B. In seinem Abschiedbrief wird deutlich, daß er selbst seine soziale Situation als Ursache sieht: Leistungsdruck, soziale Auslese, Markenwahn, Wertigkeit nach Größe des Geldbeutels, Zukunftsangst, Ausweglosigkeit“... (Wer jetzt die virtuelle Computerspielwelt)... „als Feindbild ausmacht und lauthals nach Verboten ruft, verzichtet auf ernsthafte Ursachensuche und versucht, den wahren Zustand dieser Gesellschaft zu ignorieren und sich an den realen Problemen junger Menschen vorbeizumogeln.“[5]

Im Zusammenhang mit dem Amoklauf von Emsdetten sah der Kriminologe Christian Pfeiffer in einem Tagesspiegel-Interview („Schule erzeugt Verlierer“) neben dem Konsum von „Killerspielen“ und mangelnder Kontrolle im Elternhaus, einen Grund von Amokläufen im deutschen Schulsystem.

„Unser Problem ist, dass unsere Schule zu sehr auf Wissensvermittlung setzt und zu wenig auf soziales Lernen. [...] Schon bei der frühen Aufteilung der Kinder auf Hauptschule, Realschule oder Gymnasium sind wir auf einem falschen Kurs, weil die Hauptschüler zu diesem Zeitpunkt schon mitgeteilt bekommen, dass sie Verlierer sein werden.“ [6]

Am 21. November 2006 forderte der bayerische Innenminister Günther Beckstein, wie schon 2005, die strafrechtliche Verfolgung derartiger Spiele analog der von Kinderpornografie. [7][8] Eine entsprechende Gesetzesänderung analog §184 StGB würde bereits den Besitz entsprechender Software unter Strafe stellen und die jetzigen Besitzer mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen bedrohen. Auch Edmund Stoiber erklärte:

„Sie animieren Jugendliche, andere Menschen zu töten. [...] Das sind völlig unverantwortliche und indiskutable Machwerke, die in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfen.“[9]

Dem konkreten Gesetzesentwurf von Günther Beckstein räumte Brigitte Zypries wenig Chancen ein, da die Europäische Union in diesem Bereich keine Gesetzgebungskompetenz habe.

Quellen

  1. http://ingame.de/content.php?c=303
  2. vgl.Telepolis, 30.11.2006, Das alte Lied, das alte Leid
  3. vgl. Bundesministerium der Justiz §131 StGB
  4. vgl. SPIEGEL ONLINE: Politiker streiten über Umgang mit PC-Killerspielen,sowie Telepolis "Ich hasse es, überflüssig zu sein"
  5. faz.net, Politiker fordern Verbot von „Killerspielen“, 21. November 2006
  6. Der Tagesspiegel, Nr. 19379, Mittwoch, 22. November 2006, S. 6, Politik, "Schule erzeugt Verlierer"
  7. Die Zeit - ZUENDER: Günter Beckstein Interview „Auch im Netz gibt es Grenzen“
  8. AP vom 21.11.2006,15:13Uhr "Beckstein will «Killerspiele» wie Kinderpornografie bekämpfen"
  9. sueddeutsche.de vom 21.11.2006, Debatte um Killer-Spiele
Wiktionary: Killerspiel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
pro Verbot
kontra Verbot
sonstige Informationen