„Stundenbuch der Jeanne d’Evreux“ – Versionsunterschied

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Als '''Stundenbuch der Jeanne d'Evreux''' wird ein [[Stundenbuch]] bezeichnet, das um 1325 bis 1328 in Paris entstand und von dem [[Hofmaler]] [[Jean Pucelle (Maler)|Jean Pucelle]] mit 24 ganzseitigen Miniaturen und etwa 700 Randfiguren [[Buchmalerei|illuminiert]] wurde. Das kleinformatige Stundenbuch mit einem Format von lediglich 9,4 mal 6,4 cm gilt als ein herausragendes Werk der [[Gotische Buchmalerei|gotischen Buchmalerei]]. Besondere kunsthistorische Bedeutung kommt ihm unter anderem deshalb zu, weil Pucelle mit diesem Werk die [[Grisaille]]-Technik in die Buchmalerei einführte, die im gesamten 14. Jahrhundert sehr beliebt bleiben sollte, und weil sich in ihm die erste wirklich dreidimensionale Innenraumdarstellung nördlich der Alpen findet.
Als '''Stundenbuch der Jeanne d’Evreux''' wird ein [[Stundenbuch]] bezeichnet, das um 1325 bis 1328 in Paris entstand und vom [[Hofmaler]] [[Jean Pucelle (Maler)|Jean Pucelle]] mit 24 ganzseitigen Miniaturen und etwa 700 Randfiguren [[Buchmalerei|illuminiert]] wurde. Das kleinformatige Stundenbuch mit einem Format von 9,4 mal 6,4 cm folgt der [[Venia (Ritus)|Dominikanischen Liturgie]] und gilt als ein herausragendes Werk der [[Gotische Buchmalerei|gotischen Buchmalerei]]. Besondere kunsthistorische Bedeutung kommt ihm unter anderem deshalb zu, weil Pucelle mit diesem Werk die [[Grisaille]]-Technik in die Buchmalerei einführte, die im gesamten 14. Jahrhundert sehr beliebt bleiben sollte, und weil sich in ihm die erste wirklich dreidimensionale Innenraumdarstellung nördlich der Alpen findet.
[[Datei:Pucelle.jpg|miniatur|300px|Miniatur Verrat des [[Judas Ischariot|Judas]], [[Verkündigung]]]]
[[Datei:Stundenbuch Jeanne d´Evreux1.JPG|miniatur|300px|Christus mit dem Kreuz, Engel und Hirten]]


[[Datei:Pucelle.jpg|mini|Miniatur Verrat des [[Judas Ischariot|Judas]], [[Verkündigung]]]]
Seinen Namen erhielt das Stundenbuch nach [[Johanna von Evreux|Jeanne d'Evreux]], der Gemahlin des französischen Königs [[Karl IV. (Frankreich)|Karls des Schönen]], für die dieser das Buch als Geschenk anfertigen ließ. Es wird heute im New Yorker [[Metropolitan Museum of Art]] aufbewahrt.
[[Datei:Stundenbuch Jeanne d´Evreux1.JPG|mini|[[Jesus Christus|Christus]] mit dem Kreuz, Engel und Hirten]]

Seinen Namen erhielt das Stundenbuch nach [[Johanna von Évreux|Jeanne d’Evreux]], der Gemahlin des französischen Königs [[Karl IV. (Frankreich)|Karl des Schönen]], für die dieser das Buch als Geschenk anfertigen ließ. Es wird heute im New Yorker [[Metropolitan Museum of Art]] aufbewahrt.


== Miniaturen ==
== Miniaturen ==
Auf der hier abgebildeten ersten Doppelseite ist rechts die Verkündigung. Der [[Erzengel Gabriel]] und Maria befinden sich innerhalb einer [[Gotik|gotischen]] Halle, deren Vorderfront wie eine Türe von einem kauernden Engel geöffnet wurde. In der offenen [[Arkade]] unter dem Dach sitzen betende, an den Seiten zwei musizierende Engel. In der figürlichen Iniatiale D von "Domine, labia mea aperies - Herr, öffne meine Lippen" tritt Jeanne d'Evreux selbst als winzige, gekrönte Figur, vor einem Gebetbuch kniend, in Erscheinung. In der Bordüre unterhalb der zwei Textzeilen spielen einige Damen ein [[Gesellschaftsspiel]]. Die Szene auf der linken Seite stellt den Verrat des Judas dar, darunter ein rot geschriebener Text mit der Ankündigung des [[Marienoffizium]]s und am Fuß der Seite einer weiteren zusammenhanglosen Darstellung zweier Männer auf einer Ziege und einem Widder, die nach einem Faß stoßen.
Auf der hier abgebildeten ersten Doppelseite ist rechts die Verkündigung zu sehen. Der [[Erzengel Gabriel]] und Maria befinden sich innerhalb einer [[Gotik|gotischen]] Halle, deren Vorderfront wie eine Türe von einem kauernden Engel geöffnet wurde. In der offenen [[Arkade]] unter dem Dach sitzen betende, an den Seiten zwei musizierende Engel. In der figürlichen Iniatiale D von ''Domine, labia mea aperies'' („Herr, öffne meine Lippen“) tritt Jeanne d’Evreux selbst als winzige, gekrönte Figur, vor einem Gebetbuch kniend, in Erscheinung. In der Bordüre unterhalb der zwei Textzeilen spielen einige Damen ein [[Gesellschaftsspiel]]. Die Szene auf der linken Seite stellt den Verrat des [[Judas Iskariot]] dar, darunter ein rot geschriebener Text mit der Ankündigung des [[Marienoffizium]]s und am Fuß der Seite eine weitere zusammenhanglose Darstellung zweier Männer auf einer Ziege und einem Widder, die nach einem Fass stoßen.


Die zweite Einführungsseite zeigt Christus mit dem Kreuz und gegenüber die Verkündigung an die Hirten durch den Engel. Die munteren Engel und anderen Randfiguren ergänzen die Szene. Die gotischen [[Verzierung]]en am oberen Rand beider Miniaturen geben der Doppelseite ein gewisses [[Gleichgewicht]], fast eine Symmetrie. Die beiden kauernden [[Karyatide]]n, die den Rahmen der Miniatur stützen, sind mit dem Engel der vorhergehenden Seite vergleichbar, der das Verkündigungsbild hält.
Die zweite Einführungsseite zeigt Christus mit dem Kreuz und gegenüber die [[Verkündigung an die Hirten]] durch den Engel. Die munteren Engel und anderen Randfiguren ergänzen die Szene. Die [[Initiale]] unterhalb der Szene füllt ein [[Sackpfeife (Musikinstrument)|Sackpfeife]] spielender Musiker und am linken unteren Bildrand bläst ein Schäfer in eine [[Schalmei]].<ref>Emanuel Winternitz: ''Bagpipes for the Lord.'' In: ''The Metropolitan Museum of Art Bulletin. New Series,'' Bd. 16, Nr. 10, Juni 1958, S. 276–286, hier S. 279</ref> Die gotischen Verzierungen am oberen Rand beider Miniaturen geben der Doppelseite ein gewisses Gleichgewicht, fast eine [[Symmetrie (Geometrie)|Symmetrie]]. Die beiden kauernden [[Karyatide]]n, die den Rahmen der Miniatur stützen, sind mit dem Engel der vorhergehenden Seite vergleichbar, der das Verkündigungsbild hält.

== Testament der Königin Jeanne ==
Es ist historisch bedeutsam, dass Königin Jeanne ihr Stundenbuch dem regierenden [[Valois]]-König [[Karl V. (Frankreich)]] vermachte. ''„.. zunächst für den König, unsern Herrn, ein kleines Gebetbuch, das König Karl, Gott sei seiner Seele gnädig, für Madame hatte machen lassen, das Pucelle illuminierte“''. Die Erwähnung des Künstlernamens deutet darauf hin, dass Pucelle noch lange nach seinem Tod der königlichen Familie in Erinnerung war.

== Details ==
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Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233777.jpg
Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233787.jpg
Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233812.jpg
Datei:St louis HodinkyJanaEvreux.jpg
Datei:HodinkyEvreux.jpg
Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233919.jpg
Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233923.jpg
Datei:The Hours of Jeanne d'Evreux, Queen of France MET DP233784.jpg
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== Literatur ==
== Literatur ==
* John Harthan: ''Stundenbücher und ihre Eigentümer'', ''Das Stundenbuch von Jeanne d'Evreux'', Herder Verlag 1976. Deutsche Übersetzung Regine Klett, S 40-44. ISBN 3-451-17907-5.
* ''Das Stundenbuch von Jeanne d’Evreux.'' In: John Harthan: ''Stundenbücher und ihre Eigentümer.'' Deutsche Übersetzung Regine Klett. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1977, ISBN 3-451-17907-5, S. 40–44.
* Ingo F. Walther, Norbert Wolf: ''Meisterwerke der Buchmalerei.'' Köln u.a., Taschen 2005, S. 208-211.
* [[Ingo F. Walther]], Norbert Wolf: ''Codices illustres. Die schönsten illuminierten Handschriften der Welt. 400 bis 1600.'' = ''Meisterwerke der Buchmalerei.'' Taschen, Köln u. a. 2005, ISBN 3-8228-4747-X, S. 208–211.


== Weblinks ==
* {{Webarchiv | url=http://www.inmediaone.de/Faksimiles/Stundenbuch-Jeanne-Evreux/Stundenbuch-Jeanne-Evreux-Faksimile.aspx | wayback=20140415165105 | text=Das Stundenbuch von Jeanne d'Evreux. inmediaONE GmbH.}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{SORTIERUNG:Stundenbuch der Jeanne dEvreux}}
[[Kategorie:Bilderhandschrift (14. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Bilderhandschrift (14. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Stundenbuch]]
[[Kategorie:Stundenbuch]]
[[Kategorie:Handschrift des Metropolitan Museum of Art (New York)]]

[[Kategorie:Gotische Buchmalerei]]
[[en:Hours of Jeanne d'Evreux]]
[[Kategorie:Kunstwerk der Gotik]]

Aktuelle Version vom 24. Oktober 2023, 17:05 Uhr

Als Stundenbuch der Jeanne d’Evreux wird ein Stundenbuch bezeichnet, das um 1325 bis 1328 in Paris entstand und vom Hofmaler Jean Pucelle mit 24 ganzseitigen Miniaturen und etwa 700 Randfiguren illuminiert wurde. Das kleinformatige Stundenbuch mit einem Format von 9,4 mal 6,4 cm folgt der Dominikanischen Liturgie und gilt als ein herausragendes Werk der gotischen Buchmalerei. Besondere kunsthistorische Bedeutung kommt ihm unter anderem deshalb zu, weil Pucelle mit diesem Werk die Grisaille-Technik in die Buchmalerei einführte, die im gesamten 14. Jahrhundert sehr beliebt bleiben sollte, und weil sich in ihm die erste wirklich dreidimensionale Innenraumdarstellung nördlich der Alpen findet.

Miniatur Verrat des Judas, Verkündigung
Christus mit dem Kreuz, Engel und Hirten

Seinen Namen erhielt das Stundenbuch nach Jeanne d’Evreux, der Gemahlin des französischen Königs Karl des Schönen, für die dieser das Buch als Geschenk anfertigen ließ. Es wird heute im New Yorker Metropolitan Museum of Art aufbewahrt.

Auf der hier abgebildeten ersten Doppelseite ist rechts die Verkündigung zu sehen. Der Erzengel Gabriel und Maria befinden sich innerhalb einer gotischen Halle, deren Vorderfront wie eine Türe von einem kauernden Engel geöffnet wurde. In der offenen Arkade unter dem Dach sitzen betende, an den Seiten zwei musizierende Engel. In der figürlichen Iniatiale D von Domine, labia mea aperies („Herr, öffne meine Lippen“) tritt Jeanne d’Evreux selbst als winzige, gekrönte Figur, vor einem Gebetbuch kniend, in Erscheinung. In der Bordüre unterhalb der zwei Textzeilen spielen einige Damen ein Gesellschaftsspiel. Die Szene auf der linken Seite stellt den Verrat des Judas Iskariot dar, darunter ein rot geschriebener Text mit der Ankündigung des Marienoffiziums und am Fuß der Seite eine weitere zusammenhanglose Darstellung zweier Männer auf einer Ziege und einem Widder, die nach einem Fass stoßen.

Die zweite Einführungsseite zeigt Christus mit dem Kreuz und gegenüber die Verkündigung an die Hirten durch den Engel. Die munteren Engel und anderen Randfiguren ergänzen die Szene. Die Initiale unterhalb der Szene füllt ein Sackpfeife spielender Musiker und am linken unteren Bildrand bläst ein Schäfer in eine Schalmei.[1] Die gotischen Verzierungen am oberen Rand beider Miniaturen geben der Doppelseite ein gewisses Gleichgewicht, fast eine Symmetrie. Die beiden kauernden Karyatiden, die den Rahmen der Miniatur stützen, sind mit dem Engel der vorhergehenden Seite vergleichbar, der das Verkündigungsbild hält.

Testament der Königin Jeanne

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Es ist historisch bedeutsam, dass Königin Jeanne ihr Stundenbuch dem regierenden Valois-König Karl V. (Frankreich) vermachte. „.. zunächst für den König, unsern Herrn, ein kleines Gebetbuch, das König Karl, Gott sei seiner Seele gnädig, für Madame hatte machen lassen, das Pucelle illuminierte“. Die Erwähnung des Künstlernamens deutet darauf hin, dass Pucelle noch lange nach seinem Tod der königlichen Familie in Erinnerung war.

  • Das Stundenbuch von Jeanne d’Evreux. In: John Harthan: Stundenbücher und ihre Eigentümer. Deutsche Übersetzung Regine Klett. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1977, ISBN 3-451-17907-5, S. 40–44.
  • Ingo F. Walther, Norbert Wolf: Codices illustres. Die schönsten illuminierten Handschriften der Welt. 400 bis 1600. = Meisterwerke der Buchmalerei. Taschen, Köln u. a. 2005, ISBN 3-8228-4747-X, S. 208–211.

Einzelnachweise

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  1. Emanuel Winternitz: Bagpipes for the Lord. In: The Metropolitan Museum of Art Bulletin. New Series, Bd. 16, Nr. 10, Juni 1958, S. 276–286, hier S. 279