„Verbotener Übergang“ – Versionsunterschied

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[[Image:Oiii-linesp.svg|thumb|right|Energieniveaus von zweifach ionisiertem Sauerstoff mit grünen verbotenen Übergängen. Energieniveaus in [[Nanometer#Dezimale_Vielfache_und_Teile_des_Meters|nm]].]]
[[Image:Oiii-linesp.svg|thumb|right|Energieniveaus von zweifach ionisiertem Sauerstoff mit grünen verbotenen Übergängen. Energieniveaus in [[Nanometer#Dezimale_Vielfache_und_Teile_des_Meters|nm]].]]
Als '''verbotenen Übergang''' oder '''verbotene Linie''' bezeichnet man in der Physik einen Übergang von einem [[Energieniveau]] – oder allgemeiner von einem [[Zustand (Quantenmechanik)|(quantenmechanischen) Zustand]] – zu einem anderen, wenn er gar nicht oder wenn er sehr viel seltener auftritt als andere Übergänge im gleichen System.
Als '''verbotenen Übergang''' bezeichnet man in der Physik einen Übergang von einem [[Energieniveau]] – oder allgemeiner von einem [[Zustand (Quantenmechanik)|(quantenmechanischen) Zustand]] – zu einem anderen, wenn er gar nicht oder wenn er sehr viel seltener auftritt als andere Übergänge im gleichen System.


== Überblick ==
== Abgrenzung verschiedener Verwendungen des Begriffs ==
Im eigentlichen Sinn ''verbotene'' Übergänge sind solche, die gemäß eines [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetzes]] nicht vorkommen dürfen. Die Existenz solcher verbotener Übergänge wäre demnach eine Verletzung des Naturgesetzes und damit ein Hinweis auf dessen Gültigkeitsgrenzen. Welche Übergänge erlaubt und welche ''verboten'' sind, wird in [[Auswahlregel]]n formuliert.
Häufig wird der Begriff verwendet für Übergänge, die unter [[Laborbedingungen]] nur sehr selten auftreten. Der Grund für die Seltenheit der Beobachtung des Übergangs kann beispielsweise in der "Konkurrenz" eines anderen Zielzustandes mit höherer [[Übergangswahrscheinlichkeit]] oder, wie im unten angegebenen Beispiel des „[[Nebulium]]s“, in der Konkurrenz zu einem anderen Mechanismus der Zustandsänderung liegen.


Entsprechend gibt es '''verbotene Zerfälle'''. Beispielsweise ist für gg-Kerne (gerade Protonenanzahl und gerade Neutronenanzahl), deren Grundzustände energetisch niedriger liegen als die ihrer uu-Nachbarn (ungerade Protonenzahl und ungerade Neutronenzahl), der einfache [[Betazerfall]] energetisch verboten.
Jedoch kann der Übergang auch tatsächlich durch ein [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetz]] verboten sein, und eine Verletzung wäre ein Hinweis auf dessen Gültigkeitsgrenzen. Welche Übergänge erlaubt und welche ''verboten'' sind, wird in den [[Auswahlregel]]n formuliert.


Häufig wird der Begriff verwendet für Übergänge, die unter [[Laborbedingungen]] nur sehr selten auftreten. Der Grund für die Seltenheit der Beobachtung des Übergangs kann beispielsweise in der „Konkurrenz“ eines anderen Zielzustandes mit höherer [[Übergangswahrscheinlichkeit]] oder in der Konkurrenz zu einem anderen Mechanismus der Zustandsänderung liegen.
Entsprechend gibt es '''verbotene Zerfälle''' z. B. auch beim [[Betazerfall]].


== Verbotene Emissionslinien ==
== „Nebulium“ als Beispiel ==
{{Siehe auch|Nebulium|Polarlicht|Emissionsnebel}}
[[Datei:NGC6543.jpg|miniatur|Grüne Emissionslinien im [[Katzenaugennebel]] (NGC 6543), Hubble Weltraumteleskop 1995]]
[[Datei:NGC6543.jpg|miniatur|Grüne Emissionslinien im [[Katzenaugennebel]] (NGC 6543), Hubble Weltraumteleskop 1995]]
[[Datei:Polarlicht_2.jpg|miniatur|Grünes [[Polarlicht]]]]
[[Datei:Polarlicht_2.jpg|miniatur|Grünes [[Polarlicht]]]]
Bei manchen astronomischen Objekten, etwa NGC 6543 ([[Katzenaugennebel]]), wurden grüne [[Emissionslinie]]n beobachtet, die durch strahlende Abregung eines [[Metastabiler Zustand|metastabilen Energieniveaus]] entstehen. Da sie im Labor auf der Erde üblicherweise nicht erzeugt werden können, vermutete man zunächst ein auf der Erde bis dahin unbekanntes Element namens ''Nebulium'' als Quelle, welches diese Linien hervorrufen würde.
Bei manchen astronomischen Objekten, etwa dem [[Katzenaugennebel]], wurden grüne [[Emissionslinie]]n beobachtet, die durch strahlende Abregung eines [[Metastabiler Zustand|metastabilen Energieniveaus]] entstehen. Da sie im Labor auf der Erde üblicherweise nicht erzeugt werden können, vermutete man zunächst ein auf der Erde bis dahin unbekanntes Element namens [[Nebulium]] als Quelle, welches diese Linien hervorrufen würde. Ein irdisches Beispiel sind „verbotene“ grünen Sauerstofflinien des [[Polarlicht]]es.


Der wirkliche Mechanismus wurde von [[Ira S. Bowen]] 1927 aufgeklärt. Üblicherweise werden [[Atom]]e durch [[Stoß (Physik)|Stöße]] abgeregt, bevor sie ihre [[Anregungsenergie]] abstrahlen können. Erst unterhalb einer [[Teilchendichte]] von 10<sup>8</sup>/cm³ ist die Zeit zwischen den Stößen der [[Teilchen]] untereinander größer als die Besetzungszeit des metastabilen Zustands. Verbotene Linien treten daher nur in stark verdünnten Gasen auf, wie z.&nbsp;B. in der oberen [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] oder im [[interstellares Medium|interstellaren Medium]]. Bei der Beschreibung eines Spektrums werden verbotene Linien durch eckige Klammern um das [[Spontane Emission|emittierende]] Atom oder [[Ion]] gekennzeichnet.
Den Hintergrund für solche '''verbotenen Linien''' klärte 1927 [[Ira S. Bowen]] beim Nebulium auf: Üblicherweise werden die [[Atom]]e durch [[Stoß (Physik)|Stöße]] abgeregt, bevor sie ihre [[Anregungsenergie]] abstrahlen können. Erst unterhalb einer [[Teilchendichte]] von 10<sup>8</sup>/cm³ ist die Zeit zwischen den Stößen der [[Teilchen]] untereinander größer als die Besetzungszeit des metastabilen Zustands. Verbotene Linien treten daher nur in stark verdünnten Gasen wie denen der oberen [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] oder im [[interstellares Medium|interstellaren Medium]] auf.


Bei der Beschreibung eines Spektrums werden verbotene Linien durch eckige Klammern um das [[Spontane Emission|emittierende]] Atom oder [[Ion]] gekennzeichnet.
Einige der markantesten Emissionslinien von [[H-II-Gebiet]]en und [[planetarischer Nebel|planetarischen Nebeln]] sind solche verbotenen Linien, so etwa die [O&nbsp;III]-Linie des zweifach [[Ionisierung|ionisierten]] [[Sauerstoff]]s bei 500,7&nbsp;nm oder die [N&nbsp;II]-Linie des einfach ionisierten [[Stickstoff]]s bei 658,3&nbsp;nm. Die [[Sonnenkorona]] zeigt besonders starke verbotene Linien von [[hochgeladenes Ion|hochgeladenen Ionen]], z.&nbsp;B. die „grüne“ Linie von 13-fach geladenem Fe&nbsp;XIV (Fe<sup>13+</sup>-Ion) bei 530,3&nbsp;nm.


Einige der markantesten Emissionslinien von [[H-II-Gebiet]]en und [[planetarischer Nebel|planetarischen Nebeln]] sind solche verbotenen Linien, so etwa die [O&nbsp;III]-Linie des zweifach [[Ionisierung|ionisierten]] [[Sauerstoff]]s bei 500,7&nbsp;nm oder die [N&nbsp;II]-Linie des einfach ionisierten [[Stickstoff]]s bei 658,3&nbsp;nm. Die [[Sonnenkorona]] zeigt besonders starke verbotene Linien von [[hochgeladenes Ion|hochgeladenen Ionen]], z.&nbsp;B. die „grüne“ Linie des 13-fach positiv geladenem Fe<sup>13+</sup>-Ions, [[Fe&nbsp;XIV]] bei 530,3&nbsp;nm.<ref>[http://www.ias.ac.in/jarch/jaa/12/311-317.pdf Κ. P. Raju et al: The Excitation Mechanism of [Fe XIV] 5303 Å Line in the Inner Regions
Auch grünes [[Polarlicht]] ist ein Beispiel für die verbotenen grünen Sauerstofflinien.
of Solar Corona]. In: J. Astrophys. Astr. (1991) 12, 311–317</ref>


[[Kategorie: Quantenphysik]]
[[Kategorie: Quantenphysik]]

Version vom 26. November 2014, 18:40 Uhr

Energieniveaus von zweifach ionisiertem Sauerstoff mit grünen verbotenen Übergängen. Energieniveaus in nm.

Als verbotenen Übergang bezeichnet man in der Physik einen Übergang von einem Energieniveau – oder allgemeiner von einem (quantenmechanischen) Zustand – zu einem anderen, wenn er gar nicht oder wenn er sehr viel seltener auftritt als andere Übergänge im gleichen System.

Überblick

Im eigentlichen Sinn verbotene Übergänge sind solche, die gemäß eines Naturgesetzes nicht vorkommen dürfen. Die Existenz solcher verbotener Übergänge wäre demnach eine Verletzung des Naturgesetzes und damit ein Hinweis auf dessen Gültigkeitsgrenzen. Welche Übergänge erlaubt und welche verboten sind, wird in Auswahlregeln formuliert.

Entsprechend gibt es verbotene Zerfälle. Beispielsweise ist für gg-Kerne (gerade Protonenanzahl und gerade Neutronenanzahl), deren Grundzustände energetisch niedriger liegen als die ihrer uu-Nachbarn (ungerade Protonenzahl und ungerade Neutronenzahl), der einfache Betazerfall energetisch verboten.

Häufig wird der Begriff verwendet für Übergänge, die unter Laborbedingungen nur sehr selten auftreten. Der Grund für die Seltenheit der Beobachtung des Übergangs kann beispielsweise in der „Konkurrenz“ eines anderen Zielzustandes mit höherer Übergangswahrscheinlichkeit oder in der Konkurrenz zu einem anderen Mechanismus der Zustandsänderung liegen.

Verbotene Emissionslinien

Grüne Emissionslinien im Katzenaugennebel (NGC 6543), Hubble Weltraumteleskop 1995
Grünes Polarlicht

Bei manchen astronomischen Objekten, etwa dem Katzenaugennebel, wurden grüne Emissionslinien beobachtet, die durch strahlende Abregung eines metastabilen Energieniveaus entstehen. Da sie im Labor auf der Erde üblicherweise nicht erzeugt werden können, vermutete man zunächst ein auf der Erde bis dahin unbekanntes Element namens Nebulium als Quelle, welches diese Linien hervorrufen würde. Ein irdisches Beispiel sind „verbotene“ grünen Sauerstofflinien des Polarlichtes.

Den Hintergrund für solche verbotenen Linien klärte 1927 Ira S. Bowen beim Nebulium auf: Üblicherweise werden die Atome durch Stöße abgeregt, bevor sie ihre Anregungsenergie abstrahlen können. Erst unterhalb einer Teilchendichte von 108/cm³ ist die Zeit zwischen den Stößen der Teilchen untereinander größer als die Besetzungszeit des metastabilen Zustands. Verbotene Linien treten daher nur in stark verdünnten Gasen wie denen der oberen Atmosphäre oder im interstellaren Medium auf.

Bei der Beschreibung eines Spektrums werden verbotene Linien durch eckige Klammern um das emittierende Atom oder Ion gekennzeichnet.

Einige der markantesten Emissionslinien von H-II-Gebieten und planetarischen Nebeln sind solche verbotenen Linien, so etwa die [O III]-Linie des zweifach ionisierten Sauerstoffs bei 500,7 nm oder die [N II]-Linie des einfach ionisierten Stickstoffs bei 658,3 nm. Die Sonnenkorona zeigt besonders starke verbotene Linien von hochgeladenen Ionen, z. B. die „grüne“ Linie des 13-fach positiv geladenem Fe13+-Ions, Fe XIV bei 530,3 nm.[1]

  1. Κ. P. Raju et al: The Excitation Mechanism of [Fe XIV 5303 Å Line in the Inner Regions of Solar Corona]. In: J. Astrophys. Astr. (1991) 12, 311–317