„Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2010“ – Versionsunterschied
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Die [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands|NPD]]-Wahlmänner nominierten, wie bereits bei der [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2009|Wahl 2009]], das NPD-Mitglied [[Frank Rennicke]].<ref>''[http://www.ida-nrw.de/rechtsextremismus/hintergrundwissen/musik/liedermacher/liedermacher.html Rechtsextreme Liedermacher und Balladensänger – Zum Beispiel Frank Rennicke]'' auf der Internetseite des [[IDA-NRW]]</ref><ref>''[http://www.bpb.de/themen/6VYV0G,0,Ein_v%F6lkischer_Bundespr%E4sident.html Ein völkischer Bundespräsident?]'' auf der Internetseite der [[Bundeszentrale für politische Bildung]]</ref> |
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Die Partei [[Die Linke]] stellte ihre [[Mitglied des Deutschen Bundestages|Bundestagsabgeordnete]] [[Luc Jochimsen]] als Kandidatin auf.Diese erregte mit einem Interview im Hamburger Abendblatt vom 17. Juni 2010 Aufsehen, in dem sie davon sprach, die DDR habe "unverzeihliches Unrecht" an ihren Bürgern begangen; "nach juristischer Definition war sie allerdings kein [[Unrechtsstaat]]." Als Befürworter des [[ISAF#Deutsche Beteiligung|Bundeswehreinsatzes in Afghanistan]] sei Gauck für die Linke ebenso wenig wählbar wie Wulff. "Das würde sich in einem dritten Wahlgang nicht plötzlich ändern."<ref>http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1535508/Luc-Jochimsen-Gauck-ist-nicht-versoehnlich.html</ref> |
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Version vom 2. August 2010, 14:06 Uhr
Am 30. Juni 2010 wählte die 14. Bundesversammlung im Reichstagsgebäude in Berlin Christian Wulff (CDU) zum Nachfolger des zurückgetretenenen Bundespräsidenten Horst Köhler.
Hintergrund und Wahltermin
Am 31. Mai 2010 trat mit Horst Köhler zum ersten Mal ein deutscher Bundespräsident mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück. Nach Art. 54 Abs. 4 Grundgesetz hatte die Bundesversammlung zur Neuwahl des Bundespräsidenten spätestens 30 Tage nach dem Rücktritt zusammenzutreten. Sie wurde demgemäß von Bundestagspräsident Norbert Lammert zum 30. Juni 2010 einberufen.
Kandidaten
Zum Bundespräsidenten wählbar ist nach Artikel 54 Absatz 1 des Grundgesetzes, wer als deutscher Staatsangehöriger das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und mindestens 40 Jahre alt ist. Wahlvorschläge kann jedes Mitglied der Bundesversammlung einreichen; die schriftliche Zustimmungserklärung des Vorgeschlagenen ist beizufügen. (§ 9 Absatz 1 BPräsWahlG).[1]
Die die Bundesregierung tragenden Parteien CDU, CSU und FDP einigten sich darauf, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) als Kandidaten aufzustellen.[2][3][4][5]
SPD und Bündnis 90/Die Grünen verständigten sich auf den ersten Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Joachim Gauck (parteilos).[6][7][8] Auch eine Mehrheit der Wahlmänner der Freien Wähler und die Wahlfrau des Südschleswigschen Wählerverbandes erklärten, Gauck zu unterstützen.[9][10][11] Zudem erwogen einige Abgeordnete der FDP, für Gauck zu stimmen.[12][13]
Die NPD-Wahlmänner nominierten, wie bereits bei der Wahl 2009, das NPD-Mitglied Frank Rennicke.[14][15]
Die Partei Die Linke stellte ihre Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen als Kandidatin auf.Diese erregte mit einem Interview im Hamburger Abendblatt vom 17. Juni 2010 Aufsehen, in dem sie davon sprach, die DDR habe "unverzeihliches Unrecht" an ihren Bürgern begangen; "nach juristischer Definition war sie allerdings kein Unrechtsstaat." Als Befürworter des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan sei Gauck für die Linke ebenso wenig wählbar wie Wulff. "Das würde sich in einem dritten Wahlgang nicht plötzlich ändern."[16]
Im Vorfeld der Wahl wurden Meinungsumfragen in der Bevölkerung zu den Kandidaten durchgeführt, obwohl der Bundespräsident nicht in einer direkten Wahl durch das Volk gewählt wird. Diese Umfragen fanden eine große mediale Aufmerksamkeit. Bei einer Befragung von Infratest dimap am 14. und 15. Juni 2010 präferierten 43 Prozent der Befragten Joachim Gauck, 37 Prozent Christian Wulff und 2 Prozent Luc Jochimsen. Nach dem vierten Kandidaten, Frank Rennicke, wurde nicht gefragt.[17]
Bundesversammlung
In der 14. Bundesversammlung verfügten Union und FDP über 644 der 1244 Sitze. Die in den beiden ersten Wahlgängen notwendige Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung betrug 623 Stimmen. Die Sitze verteilten sich wie folgt:[18]
Partei | Mitglieder | ||
---|---|---|---|
gesamt | Bund | Länder | |
CDU/CSU | 496 | 239 | 257 |
SPD | 333 | 146 | 187 |
FDP | 148 | 93 | 55 |
Bündnis 90/Die Grünen | 129 | 68 | 61 |
Die Linke | 124 | 76 | 48 |
Freie Wähler | 10 | 0 | 10 |
NPD | 3 | 0 | 3 |
SSW | 1 | 0 | 1 |
Summe | 1244 | 622 | 622 |
Die Leitung der Bundesversammlung oblag gemäß §§ 1, 8 BPräsWahlG dem amtierenden Präsidenten des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert.
Wahlergebnis
Im ersten und zweiten Wahlgang erzielte kein Kandidat die notwendige absolute Mehrheit. Danach kandidierten Luc Jochimsen und Frank Rennicke nicht mehr, und die NPD-Wahlmänner kündigten an, nun für Gauck zu stimmen.[19] Im dritten Wahlgang erreichte Christian Wulff mit 625 Stimmen nun doch noch die absolute Mehrheit (bei 494 Stimmen für Gauck und 121 Stimmenthaltungen).[20] Er nahm die Wahl an und trat damit zugleich sein neues Amt an[21]; seine Vereidigung als Bundespräsident erfolgte am 2. Juli 2010. Um dem Grundgesetz (Art. 55 Abs. 1) zu genügen, legte er noch am 30. Juni unmittelbar vor der Annahme der Wahl zum Bundespräsidenten sein Amt als niedersächsischer Ministerpräsident nieder.[22]
Kandidat | 1. Wahlgang | 2. Wahlgang | 3. Wahlgang | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Stimmen | Anteil[Basis 1] | Stimmen | Anteil[Basis 1] | Stimmen | Anteil[Basis 2] | |
Christian Wulff | 600 | 48,2 % | 615 | 49,4 % | 625 | 50,2 % |
Joachim Gauck | 499 | 40,1 % | 490 | 39,4 % | 494 | 39,7 % |
Luc Jochimsen | 126 | 10,1 % | 123 | 9,9 % | Kandidaturen zurückgezogen | |
Frank Rennicke | 3 | 0,2 % | 3 | 0,2 % | ||
Enthaltungen | 13 | 1,0 % | 7 | 0,6 % | 121 | 9,7 % |
Mögliche Stimmen | 1.244 | 100,0 % | 1.244 | 100,0 % | 1.244 | 100,0 % |
davon abgegebene Stimmen | 1.242 | 99,8 % | 1.239 | 99,6 % | 1.242 | 99,8 % |
davon gültige Stimmen | 1.241 | 99,8 % | 1.238 | 99,5 % | 1.240 | 99,7 % |
- ↑ a b Bei der Berechnung der Stimmenanteile sind im ersten und im zweiten Wahlgang die Anzahl der Mitglieder der Bundesversammlung maßgeblich.
- ↑ Im dritten Wahlgang ist derjenige Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt (Relative Mehrheit). Ungültige oder nicht abgegebene Stimmen bleiben genau wie Enthaltung dabei unberücksichtigt. Die Angabe der Stimmenanteile in Prozent wird zur besseren Vergleichbarkeit mit den Angaben für die beiden ersten Wahlgänge auf die Gesamtzahl der Mitglieder der Bundesversammlung (= 1244) bezogen.
Debatte zur Wahl
Mit Joachim Gauck wurde von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ein Kandidat nominiert, der auch im Lager von CDU/CSU und FDP großes Ansehen genießt.
Holger Zastrow, Torsten Herbst und Tino Günther aus der der sächsischen FDP-Landtagsfraktion [23] sowie der Bremer FDP-Chef Oliver Möllenstädt[24] kündigten offen an, in der Bundesversammlung für Joachim Gauck zu stimmen. Drei Abgeordnete der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag stimmten bei der Wahl der Vertreter in der Bundesversammlung für die Liste der Opposition, zwei blieben der Abstimmung fern und einer gab eine ungültige Stimme ab. Deshalb konnten SPD und B’90/Grüne jeweils einen Wahlmann mehr entsenden als prognostiziert.[25]
Weitere Vertreter der FDP äußerten, dass sie noch nicht entschieden hätten, wem sie ihre Stimme geben wollten.[26] Mehrere hohe CDU-Politiker bekundeten offen ihren Unmut darüber, dass die schwarz-gelbe Koalition nicht selbst Joachim Gauck nominiert habe, kündigten aber an, dennoch für Wulff zu stimmen.[27][28]
Vor diesem Hintergrund wurde der Fortbestand der Regierungskoalition aus Union und FDP immer wieder von einer Wahl Wulffs zum Bundespräsident abhängig gemacht.[29] Dies führte zu Debatten über die Zulässigkeit einer Verknüpfung der Wahl mit Fragen der Parteipolitik und über die Gewissensfreiheit der Mitglieder der Bundesversammlung. Auch wurde zu Demonstrationen zur Unterstützung eines Kandidaten aufgerufen.[30] Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf forderte die Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Zeitungsbeitrag auf, den CDU-Mitgliedern freie Wahl zu lassen.[31] Auch Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker forderte, bei der Wahl den Fraktionszwang aufzuheben.[32] Alt-Präsident Roman Herzog äußerte im SWR, er verstehe Biedenkopfs Forderung nicht, weil die geheime Abstimmung und die Zusammensetzung der Bundesversammlung von vornherein sicherstellte, dass die Wahlentscheidung jedes einzelnen Mitglieds „völlig frei“ sei. Fraktionszwang sei in der Bundesversammlung nicht praktikabel.[33]
Weblinks
- Bundesversammlung wählt am 30. Juni Deutscher Bundestag
- Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt Deutscher Bundestag
- Erster Redebeitrag von Wulff als Bundespräsident am 30. Juni 2010 Deutscher Bundestag
- Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni wahlrecht.de
- Neuwahl des Bundespräsidenten am 30. Juni Informationsportal zur politischen Bildung
- Martin Hochhuth: Wahl des Bundespräsidenten: Merkels staatsrechtlicher Grund für Wulff, Legal Tribune Online
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (BPräsWahlG) (PDF; 11,1 kB)
- ↑ Mitteilung der CDU auf cdu.de
- ↑ Mitteilung der CSU auf csu.de
- ↑ Mitteilung der FDP auf liberale.de
- ↑ Wulff soll neuer Bundespräsident werden. tagesschau.de, 31. Mai 2010, abgerufen am 5. Juni 2010.
- ↑ Mitteilung der SPD auf spd.de
- ↑ Mitteilung von Bündnis 90/Die Grünen auf gruene.de
- ↑ Gauck soll Wulff Konkurrenz machen. tagesschau.de, 31. Mai 2010, abgerufen am 5. Juni 2010.
- ↑ Freie Wähler wollen für Gauck stimmen. sueddeutsche.de, 9. Juni 2010, abgerufen am 10. Juni 2010.
- ↑ Bundesversammlung: Der SSW wählt Joachim Gauck. Südschleswigscher Wählerverband, abgerufen am 28. Juni 2010.
- ↑ Mehrheit der Freien Wähler favorisiert Gauck. Welt.de, abgerufen am 28. Juni 2010.
- ↑ FDP liebäugelt mit Gauck. tagesschau.de, 5. Juni 2010, abgerufen am 19. Juni 2010.
- ↑ Sächsische FDP wird für Gauck stimmen. sz-online.de, 18. Juni 2010, abgerufen am 19. Juni 2010.
- ↑ Rechtsextreme Liedermacher und Balladensänger – Zum Beispiel Frank Rennicke auf der Internetseite des IDA-NRW
- ↑ Ein völkischer Bundespräsident? auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1535508/Luc-Jochimsen-Gauck-ist-nicht-versoehnlich.html
- ↑ Frage: „Wenn man den Bundespräsidenten direkt wählen könnte, für welchen der drei Kandidaten würden sie sich entscheiden?“, 1000 telefonisch Befragte im Rahmen des ARD-Deutschlandtrends von Infratest dimap
- ↑ Zusammensetzung der 14. Bundesversammlung 2010, wahlrecht.de
- ↑ Pressemitteilung der NPD-Landtagsfraktion Sachsens Abgerufen am 3. Juli 2010
- ↑ www.bundestag.de: Ablauf der 14. Bundesversammlung Berlin, Mittwoch, den 30. Juni 2010
- ↑ „Das Amt des Bundespräsidenten beginnt mit dem Ablauf der Amtszeit seines Vorgängers, jedoch nicht vor Eingang der Annahmeerklärung beim Präsidenten des Bundestages.“ (§ 10 BPräsWahlG). Da die Amtszeit des Vorgängers bereits beendet war, begann Wulffs Amtszeit sofort mit Annahme der Wahl. (Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: Aktueller Begriff. Die 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010. . Zitat: „Die Amtszeit des neuen Staatsoberhaupts beginnt mit dem Eingang der Annahmeerklärung beim Präsidenten des Bundestages und dauert fünf Jahre.“). Die nach Art 56 GG geforderte Eidesleistung markiert nicht den Zeitpunkt des Amtsantrittes. Dazu auch Maunz/Dürig, Grundgesetz, 56. Ergänzungslieferung 2009, Rn. 2 zu Art. 56 GG: „Eidesleistung und Amtsantritt stehen nach Art. 56 Satz 1 zwar in einem nahen zeitlichen Zusammenhang, bedingen einander aber nicht. Von Verfassungs wegen ist sowohl der Fall denkbar, dass der neugewählte Bundespräsident noch vor seiner Vereidigung amtlich tätig wird (weil seine Amtszeit bereits begonnen hat), als auch der Fall, dass die Leistung des Eides noch vor dem Beginn der Amtszeit erfolgt (also noch während der Amtszeit des Vorgängers). Doch stehen dem zuletzt genannten Ablauf der Ereignisse zumindest Gesichtspunkte des politischen Taktes gegenüber dem Vorgänger im Wege. […] In keinem Falle aber trifft Art. 56 selbst irgendeine Bestimmung über den Beginn der Amtszeit des Bundespräsidenten.“
- ↑ Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt – Darstellung des Wahlablaufs auf der Webseite des Deutschen Bundestages, abgerufen am 1. Juli 2010
- ↑ Bundespräsidentenwahl: Gauck freut sich über Stimmenzuwachs. focus.de, 17. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Gauck-Lager kann auf zwei unverhoffte Zusatzstimmen zählen. otz.de, 16. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Wahl des Bundespräsidenten: Gauck macht sogar die Sachsen zu Revoluzzern. ftd.de, 17. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Abweichler bei der Bundespräsidentenwahl: Vier für Gauck. stern.de, 27. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Wolfgang Böhmer nennt Joachim Gauck „honorig“. welt.de, 27. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Bundespräsidentenwahl: Gauck treibt Keil in die Koalition. ftd.de, 5. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Seehofer knüpft Zukunft der Koalition an Wulff-Wahl. heute.de, 8. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Fans rufen jetzt zu Pro-Gauck-Demo auf. bild.de, 16. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Kurt Biedenkopf zur Präsidentenwahl – Gebt die Wahl frei! faz.net, 17. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Alt-Bundespräsidenten fordern: Gebt die Wahl für Bellevue frei! berlinonline.de, 27. Juni 2010, abgerufen am 27. Juni 2010.
- ↑ Herzog gegen "Einpeitschen" vor Bundesversammlung. swr.de, 25. Juni 2010, abgerufen am 28. Juni 2010.