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{{Dieser Artikel|beschäftigt sich mit Bach, für weitere Komponisten siehe diese [[Liste von Clavier-Übungen#Übersicht|Übersicht]].}}
[[Johann Sebastian Bach]] hat im Laufe seines Lebens eine Anzahl seiner Werke für [[Cembalo]] oder [[Orgel]] im Druck veröffentlicht; in den Jahren von 1731 bis 1741 in einer vierteiligen Sammlung unter dem Namen '''Clavierübung'''. Er bedachte hier systematisch alle Instrumente mit Klaviatur: einmanualigesein- oder zweimanualiges Cembalo oder auch [[Clavichord]] im ersten Teil, Orgel mit und ohne Pedal im dritten Teil und zweimanualiges Cembalo im zweiten und vierten Teil.
 
Mit Suite, Konzert, Präludium und Fuge, Choralbearbeitung und Variation bot Bach hier die meisten der gängigen Gattungen und Kompositionsstile. Auch wenn der Titel „Übung“ heute ein Lehrwerk assoziiert, waren und sind die Kompositionen alles andere als leicht zu spielen und richteten sich keineswegs an Instrumentalschüler. Vielmehr zeigen sie ganz systematisch das kompromisslos hohe kompositorische und spieltechnische Niveau ihres Autors.
 
Das Wort „Übung“ istmuss hier also nicht im heutigen Sinne des beim [[Etüde]]nspiel im Vordergrund stehenden neuen Erlernens zuverstanden verstehenwerden, sondern kann vielmehr im höheren Sinn als umfassende geistige und technische Aneignung, Vertiefung und Meditation des Spielers einerseits, als Aus-Übung des Tonsetzerberufs andererseits gesehen werden. Letzterem entspricht der Begriff der [[Askese]], der seit der Antike als eine Übungspraxis im Rahmen von Selbstschulung durch [[Disziplinierung]] sowohl hinsichtlich des Denkens und Wollens als auch hinsichtlich des Verhaltens bezeichnet wird.
 
== Clavierübung Teil I: Partiten ==
Von 1726 bis 1731 veröffentlichte Bach jeweils eine [[Partita]] für Cembalo – also eine [[Suite (Musik)#Barock|Suite]]. 1731 fasste er die sechs Kompositionen noch einmal zusammen und veröffentlichte sie – unter Verwendung der Originaldruckplatten – als sein ''Opus 1'' (mit 46 Jahren, als anerkannter Komponist – denn mit ''Opus'' wurden damals nur veröffentlichte Werke bezeichnet und gezählt).
 
Der Originaltitel lautet:
: ''Clavir-Übung / bestehend in / Præludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, / Menuetten, und anderen Galanterien ; / Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget / von / Johann Sebastian Bach / Hochfürstl: Sächsisch Weisenfelsischen würcklichen Capellmeistern / und / Directore Chori Musici Lipsiensis. / OPUS 1 / In Verlegung des Autoris / 1731.''
 
Alle Partiten folgen grundsätzlich der in der französischen [[Barockmusik]] initiierten Satzfolge ([[Allemande]] – [[Courante]] – [[Sarabande]] – [[Gigue]]), fügen aber meist zusätzliche Tänze vor der Gigue oder der Sarabande ein, oder ersetzen diese durch andere Tänze. Besonders auffällig ist die große Bandbreite der Einleitungssätze – alle gängigen Typen kommen vor, von PräludiumPraeludium (1. Partita) über Sinfonia (2. Partita), Fantasie (3. Partita) und [[französische Ouvertüre]] (4. Partita) bis hin zur [[Toccata]] (6. Partita). Die Einzelsätze stehen ausnahmslos in der Grundtonart des jeweiligen Werks.
 
In Anlehnung an die [[Französische Suiten|Französischen]] und [[Englische Suiten (Bach)|Englischen Suiten]] nannte [[Albert Schweitzer]] sie „Deutsche Suiten“; diese Bezeichnung hat sich nicht durchgesetzt. Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass Bach hier eine Art Integration der beiden vorherrschenden musikalischen Stile unternahm – des französischen und italienischen Stils.
 
=== Partita I B-Dur, BWV 825 ===
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* Praeludium {{Musik|common-time}}
* Allemande {{Musik|common-time}}
* CouranteCorrente 3/4
* Sarabande 3/4
* Menuett I – II – I 3/4
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* Fantasia 3/8
* Allemande {{Musik|common-time}}
* CouranteCorrente 3/4
* Sarabande 3/4
* Burlesca 3/4
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* Praeambulum 3/4
* Allemande {{Musik|common-time}}
* CouranteCorrente 3/8
* Sarabande 3/4
* Tempo di Menuetto 3/4
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* Toccata {{Musik|allabreve}} – {{Musik|common-time}}
* Allemande {{Musik|common-time}}
* CouranteCorrente 3/8
* Air {{Musik|allabreve}}
* Sarabande 3/4
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== Clavierübung Teil II ==
1735 veröffentlichte Bach im bedeutenden [[Nürnberg|Nürnberger]] Verlag von [[Johann Christoph Weigel|Christoph Weigel jun.]] den zweiten Teil seiner ''Clavierübung'', bestehend aus dem ''[[Italienisches Konzert|Italienischen Konzert'']] F-Dur und der ''Französischen Ouvertüre'' h-Moll unter dem Originaltitel:
: ''Zweyter Theil der / Clavier Ubung / bestehend in / einem Concerto nach Italiaenischen Gusto / und / einer Overture nach Französischer Art / vor ein / Clavicymbel mit zweyen / Manualen. / Denen Liebhabern zur Gemuths-Ergötzung verfertiget. / von / Johann Sebastian Bach / Hochfürstl: Saechss: Weissenfelss:Capellmeistern. / und / Directore Chori Musici Lipsiensis. / in Verlegung / Christoph Weigel Junioris.''
 
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Mit elf Sätzen ist diese Komposition nicht nur deutlich umfangreicher als die Partiten des ersten Teils. Sie besitzt auch eine wesentlich freiere Satzfolge – so fehlt auffälligerweise gleich die ''Allemande'' (die deutsche Komponisten schon wegen des Namens wohl nicht als „typisch französisch“ empfanden). Das Werk ähnelt damit mehr den [[Orchestersuiten (Bach)|Orchestersuiten]] Bachs mit ihrer freien Folge modischer Tänze.
 
Ein weiterer Unterschied ist die schlichtere Melodik, also ein deutlicher Verzicht auf ausgeschriebene Verzierungen (diedies typischentspricht fürentgegen französischedem Titel nicht der Musikfranzösischen istPraxis, dawas Verzierungenman dortan jaden vomakribischen SpielerVerzierungsvorschreibungen hinzugefügtbeispielsweise wurdenbei [[François Couperin|Couperin]] oder [[Jean-Philippe Rameau|Rameau]] sieht, die beide in Bachs Zeit fallen). Die Verwendung der beiden Manuale schreibt Bach durch ''forte'' und ''piano'' vor. Dies betrifft besonders die Ouverture und natürlich – der Titel ''Echo'' lässt es bereits vermuten – den Schlusssatz.
 
Neben der Fassung in h-Moll existiert eine Frühfassung der Ouvertüre in c-Moll, die in einer um 1730 angefertigten Abschrift [[Anna Magdalena Bach]]s erhalten ist.<ref>[[Christoph Wolff]], Vorwort zum Zweiten Teil der Klavierübung, Bärenreiter Verlag, 1977.</ref>
 
=== Italienisches Konzert F-Dur, BWV 971 ===
{{Hauptartikel|Italienisches Konzert}}
[[Datei:JSBach - BWV971 -1.ogg|miniatur|100px|1. Satz]]
 
[[Datei:JSBach - BWV971 -2.ogg|miniatur|100px|2. Satz]]
[[Datei:JSBach - BWV971 -3.ogg|miniatur|100px|3. Satz]]
'''Sätze'''
* 2/4 F-Dur
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;Werk
Die in Italien von Komponisten wie [[Arcangelo Corelli]] und [[Giuseppe Torelli]] angestoßene und von [[Antonio Vivaldi]] weiterentwickelte Form des [[Solokonzert]]s mit der Tempofolge schnell–langsam–schnell stellt ein Einzelinstrument einem größeren Klangkörper gegenüber. Bach hatte früh typische Vertreter dieser Form kennengelernt und hatte sich damit auseinandergesetzt, indem er bereits in Weimar Orgel- und Klavierauszüge davon anfertigte („Sechs“ beziehungsweise „Sechzehn Konzerte nach verschiedenen Meistern“, BWV 592-597 und 972-987).
 
Im ''Italienischen Konzert'' führte er diesen Gedanken weiter; das Werk stellt die beiden Manuale des Cembalos einander gegenüber und basiert dabei deutlich auf von Vivaldi entwickelten Elementen wie dem [[Ritornell]]thema, das nach und nach auf verschiedenen Stufen auftritt, und den dazwischenliegenden, geringstimmig begleiteten Solopartien. Die ganze Komposition kokettiert sozusagen mit der Idee, sie sei ein Klavierauszug eines echten Orchesterwerks.
 
In einer Rezension schrieb [[Johann Adolf Scheibe]] 1739:<ref>Dok. II, Nr. 463, hier nach: Christoph Wolff: ''Johann Sebastian Bach'', 2. Auflage 2007. S. Fischer, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-596-16739-5, S. 406.</ref>:
: „Wer wird aber auch nicht so fort zugestehen, daß dieses Clavierconcert als ein vollkommenes Muster eines wohleingerichteten einstimmigen Concerts anzusehen ist? Allein, wir werden auch noch zur Zeit sehr wenige, oder fast gar keine Concerten von so vortrefflichen Eigenschaften, und von einer so wohlgeordneten Ausarbeitung aufweisen können. Ein so großer Meister der Musik, als Herr Bach ist, der sich insonderheit des Clavier fast ganz allein bemächtiget hat [...] mußte es auch seyn, uns in dieser Setzart ein solches Stück zu liefern.“
 
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=== Präludium und Fuge Es-Dur, BWV 552 ===
Siehe auch ''[[{{Hauptartikel|Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552]]''.}}
; Zwei Sätze:
* Praeludium {{Musik|allabreve}}
* Fuga {{Musik|allabreve}}
 
Siehe auch ''[[Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552]]''.
 
=== Choralbearbeitungen, BWV 669–689 ===
; 21 Sätze:
 
* [[Kyrie, fons bonitatis|Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit]], g-phrygisch &nbsp;''a 2 Clav. e Pedale'', BWV 669
: Christe, aller Welt Trost, g-phrygisch &nbsp;''a 2 Clav. e Ped.'', BWV 670
: Kyrie, Gott Heiliger Geist, g-phrygisch &nbsp;''a 5 con Organo pleno'', BWV 671
: Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit 3/4, G-Dur &nbsp;''Alio modo. Manualiter'', BWV 672
: Christe, aller Welt Trost 6/8, C-Dur, BWV 673
: Kyrie, Gott Heiliger Geist 9/8, G-Dur, BWV 674
 
* [[Allein Gott in der Höh’Höh sei Ehr’Ehr]] 3/4, F-Dur &nbsp;''a 3'', BWV 675
: Fughetta super: Allein Gott in der Höh’Höh sei Ehr’Ehr 6/8, G-Dur &nbsp;''a 2 Clav. e Pedale'', BWV 676
: Fughetta super: Allein Gott in der Höh’Höh sei Ehr’Ehr {{Musik|common-time}} &nbsp;''Manualiter'', BWV 677
 
* Dies sind die heil’gen zehn Gebot’ 6/4, G-Dur &nbsp;''a 2 Clav. e Pedale'', BWV 678
: Fughetta super: Dies sind die heil’gen zehn Gebot’ 12/8, G-Dur &nbsp;''Manualiter'', BWV 679
 
* [[Wir glauben all’all an einen Gott]] 2/4 &nbsp;''In Organo pleno'', BWV 680
: Fughetta super: Wir glauben all’all an einen Gott {{Musik|common-time}} &nbsp;''Manualiter'', BWV 681
 
* Vater unser im Himmelreich 3/4 &nbsp;''a 2 Clav. e Pedale'', BWV 682
: Vater unser im Himmelreich 6/8 &nbsp;''Alio modo. Manualiter'', BWV 683
 
* Christ unser Herr zum Jordan kam {{Musik|common-time}} c-Moll, BWV 684
: Christ unser Herr zum Jordan kam 3/4 &nbsp;''Alio modo. Manualiter'', BWV 685
 
* [[Aus tiefer Not schrei’schrei ich zu dir]] &nbsp;''a 6 in Organo pleno con Pedale doppio'', BWV 686
: Aus tiefer Not schrei’schrei ich zu dir &nbsp;''Alio modo. Manualiter'', BWV 687
 
* [[Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandt|Jesus Christus unser Heiland]] &nbsp;''a 2 Clav.'', BWV 688
: Fuga super: Jesus Christus unser Heiland &nbsp;''a 4 Manualiter'', BWV 689
 
=== Vier Duette, BWV 802–805 ===
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* Duetto a-Moll {{Musik|common-time}}, BWV 805
 
Anders als der Titel den heutigen Leser vermuten lässt, sind diese vier Sätze für ''ein'' pedalloses Tasteninstrument geschrieben und können auf Orgel oder Cembalo gespielt werden. Der Titel bezieht sich also auf ihre durchgängige ZweistimmigigkeitZweistimmigkeit; es sind kontrapunktische und gleichzeitig virtuose Sätze ähnlich den [[Inventionen und Sinfonien|Inventionen]], aber von wesentlich größerem Umfang. Obwohl das [[Bach-Werke-Verzeichnis]] sie unter den Cembalowerken einreiht, sind sie im Kontext ihrer Veröffentlichung sicher eher als Orgelkompositionen anzusehen.
 
== Clavierübung Teil IV: Goldberg-Variationen ==
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== Clavierübung Teil V? ==
Manche Forscher vertreten die Auffassung, Bach müsse die [[die Kunst der Fuge]] als fünften Teil der Clavierübung geplant haben. Als Zielinstrument wird dann entweder das [[Clavichord]] angeführt oder der [[Gottfried Silbermann|Silbermann]]-Flügel (eine Frühform des [[Hammerklavier]]s, von dem [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich der Große]] mehrere Exemplare besaß).<ref>[[Eva Badura-Skoda]]: ''Komponierte Bach „Hammerklavier-Konzerte“?'' in Bach-Jahrbuch 1991.</ref> Allerdings sind entsprechende Absichten Bachs dokumentarisch nicht belegt, und so bleibt all dies Spekulation.
 
== EinzelnachweiseLiteratur ==
* [[Hermann Keller (Musikwissenschaftler)|Hermann Keller]]: ''Die Klavierwerke Bachs. Ein Beitrag zu ihrer Geschichte, Form, Deutung und Wiedergabe''. Peters, Leipzig 1950.
<references />
** ''Die sechs Partiten'', S. 191–201.
** ''Italienisches Konzert und Französische Ouverture (Zweiter Teil der Klavierübung (1742)). Zwei Fantasien in c-Moll'', S.&nbsp; 201–209.
** ''Die vier Duette im Dritten Teil der Klavierübung (1739). Zwei Fantasien in c-Moll'', S. 213–212.
** ''Aria mit verschiedenen Veränderungen (Goldberg-Variationen). Vierter Teil der Klavierübung (1739). Zwei Fantasien in c-Moll'', S. 209–219.
* [[Christian Overstolz]]: ''Die vier Duette Bachs aus dem Dritten Teil der Clavierübung. Versuch einer Deutung''. Basel 2018, ISBN 978-3-907128-08-4.
 
== Weblinks ==
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* {{IMSLP2|id=Duets%2C_BWV_802-805_%28Bach%2C_Johann_Sebastian%29|cname=Vier Duette}}
* {{IMSLP2|id=Goldberg_Variations%2C_BWV_988_%28Bach%2C_Johann_Sebastian%29|cname=Goldberg-Variationen}}
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Navigationsleiste Klaviersuiten von Johann Sebastian Bach}}
{{Normdaten|TYP=w|GND=4525016-9|VIAF=177454234}}
 
{{SORTIERUNG:Clavierubung}}
[[Kategorie:Werk von Johann Sebastian Bach]]
[[Kategorie:Klaviermusik]]
[[Kategorie:Musik für Cembalo]]
[[Kategorie:Musik für Orgel]]