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Ernst Teichmann (Zoologe)

deutscher evangelischer Theologe und Zoologe (1869–1919)
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Ernst Gustav Georg Teichmann (* 20. Februar 1869, Nienburg/Weser; † 27. Juni 1919, Frankfurt am Main) war ein deutscher evangelischer Theologe, Zoologe und Tropenmediziner. Er war bekannt für seine wissenschaftlichen Publikationen zu Tsetsefliegen, Versuche mit Blausäure zur Bekämpfung von Stechmücken und Läusen sowie für seine Sachbücher zu Zeugung, Vererbung, Geburt und Tod.

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Ernst Teichmann

Leben und Wirken

Teichmann studierte evangelische Theologie an der Universität Lausanne, Universität Gießen, Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Marburg. Seinen Abschluss in Theologie machte er 1896 an der Universität Bonn. Von 1898 bis 1900 studierte er Zoologie an der Universität Würzburg. Danach setzte er seine Ausbildung in Zoologie an der Universität Neapel und Marburg fort.

Von 1909-bis 1910 arbeite er am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Um diese Zeit hielt er sich auch länger in Kenya auf. Als Tropenmediziner forschte er unter anderem an der toxischen Wirkung von Cyanwasserstoff (Blausäure) auf Stechmücken bzw. Läuse.[1] Er untersuchte in diesem Zusammenhang auch die tierischen Formen der Schlafkrankheit,[2] die er zu seinem Habilitationsthema wählte. Sein Ziel war es zu prüfen, ob ein immunisatorisches Vorgehen gegen die durch das Trypanosoma der Nagana (Tsetse-Krankheit) hervorgerufene Seuche möglich sei. Seine Studien galten somit mit seinen eigenen Worten in erster Linie dem pathogenen Protozoon.

Ab 1911 diente der Privatdozent als Hydrozoologe und Abteilungsleiter des biologischen Laboratoriums im Hygienischen Institut der Universität Frankfurt bei Max Neisser.[3][4] 1916 wurden in Zusammenarbeit mit der Degussa an diesem Institut durch Teichmann und Kollegen Versuche mit Blausäure unternommen, um mit Kopf- und Kleiderläusen besetzte Kleidungsstücke zu desinfizieren.[5]

Teichmann verfasste 1914 einen Nekrolog zum Tode August Weismanns in der Frankfurter Zeitung.[6]

Ernst Teichmann war mit der Malerin Ida Teichmann verheiratet. Er ist der Großvater von Alexander T. Teichmann.

Veröffentlichungen

Teichmann war Hauptredakteur des zehnbändigen Werks Handwörterbuch der Naturwissenschaften.[7]

Vererbung

 
Ernst Teichmann: Die Vererbung. Ausg. 1908

In seinem kleinen, 1905 erschienenen Büchlein „Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse organischen Geschehens“[8] stellt Teichmann sachlich knapp die Vorgänge von Befruchtung, Meiose, Mitose sowie die Mendelschen Regeln dar. Er kennt noch nicht den Chromosomenstückaustausch (Crossing-over) zwischen väterlichen und mütterlichen Chromosomen bei der Meiose; dieser wurde erst 1909 von Thomas Hunt Morgan beschrieben. Allerdings deutet Teichmann bereits eine solche Möglichkeit im Zusammenhang mit der großen Zahl vererbbarer Merkmalskombinationen an, und nimmt an, dass "die in einem Chromosom vereinigten Anlagen bei den Reifungsteilungen zerlegt und gegeneinander ausgetauscht werden könnten."[9]

Teichmanns Buch ist das erste Werk in deutscher Sprache, das die unter anderem in Deutschland durch Carl Correns erst im Jahr 1900 wiederentdeckte Vererbungslehre Gregor Mendels breiteren Schichten bekannt machte.[10] Teichmann unterscheidet die damals aktuellen Forschungsergebnisse, die darauf abzielten zu bestimmen, ob Eizelle oder Spermium und damit die Mutter oder der Vater geschlechtsbestimmend für die Nachkommen sind,[11] eine viele Jahrhunderte heftig geführte Diskussion. Er führt hierfür dafür mehrere Szenarien bei unterschiedlichen Arten an. Im Weiteren spiegelt Teichmann die damals vorherrschende Diskussion wieder, ob erworbene Eigenschaften vererbt werden können, eine Ansicht die damals Herbert Spencer und in Deutschland Richard Semon vehement vertraten oder ob Eigenschaften nach August Weismanns Theorie allein durch die Keimzellen vererbt werden.[12] Teichmann vertritt im Buch die Vererbungstheorie Weismanns, die sich auch durchsetzte. Er betont am Ende des Büchleins die uneingeschränkte Stabilität der Vererbungsvorgangs und betont, dass bei der Amphimixis niemals Neues entstehen kann. Somit übersieht er mögliche Veränderungen bei der Vererbung, wie sie der um die Jahrhundertwende nahezu vergessene Darwin propagiert hatte, und die eine Grundlage für die Evolution darstellen. Überhaupt umgeht Teichmann das Thema Evolution vollständig, wenn er schreibt, das Leben sei "immer und unter allen Umständen sich gleichbleibend".[13]

Fortpflanzung und Zeugung

 
Insektenovarien mit Eiröhren (Eischläuchen). Abb. aus E. Teichmann: "Fortpflanzung und Zeugung"

In seinem 1907 erschienenen Bändchen „Fortpflanzung und Zeugung“[14] thematisiert er die damals jüngsten Forschungsergebnisse zum Zyklus des Lebendigen. Seine Fragen sind dabei: Wie wird ein Individuum? Welche Vorgänge begründen die Existenz eines Einzelwesens? Er schildert ungeschlechtliche und geschlechtliche Formen der Fortpflanzung. Dabei weist er darauf hin, dass der Übergang von der einen zur anderen „kein Sprung“, sondern durch vielfache Mischformen unterlegt sei. „Übergänge führen vielfach im Organischen vom einen zum anderen.“[15] Teichmann adressiert erstmals in einem Sachbuch die damals jungen Versuche von Jacques Loeb zu „künstlicher Parthenogenese“ (Jungfernzeugung) an Seeigeln und Seestern. Er beschreibt an anderer Stelle nicht nur die künstlich initiierte, autarke Entwicklung in der Eizelle sondern auch die des Spermiums, das in eine entkernte Eizelle eingesetzt wird.[16] Damit will er zeigen, dass jeweils beide Elternteile das gesamten Vererbungsmaterial in den Chromosomen besitzen[17] und dass geschlechtliche Fortpflanzung aus einfacher Zellteilung bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung entstand.“[18]

Werkauswahl (chronologisch)

Bücher

  • Die Paulinischen Vorstellungen von Auferstehung und Gericht und ihre Beziehung zur jüdischen Apokalyptik, 1896 - The Pauline notions of resurrection and judgment and its relation to the Jewish Apocalypse.
  • Karl Schaum und Ernst Teichmann (Hrsg.). Kraft und Leben in der Natur. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig, 1904
  • Der Befruchtungsvorgang, sein Wesen und seine Bedeutung, 1905 - The process of fertilization, its essence and its meaning.
  • Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1905.
  • Vom Leben und vom Tode, ein Kapitel aus der Lebenskunde. Stuttgart : Franckh'sche Verlagshandlung, 1905.
  • Fortpflanzung und Zeugung, 1907 - Reproduction and procreation.

Wissenschaftliche Artikel in Fachmagazinen

  • Sarcosporidia in: S. von Prowazek (Hg.) Handbuch der pathogenen Protozooen. Verlag von Jobann i\.mbrosius Barth. S.345ff. 1912 (vollst. Text online)
  • Die Befruchtung und ihre Beziehung zur Vererbung, 1912 - Fertilization and its relation to inheritance.
  • Mit Hugo Braun: Erfahrungen über die tierischen Trypanosomen-Krankheiten Deutsch-Ostafrikas, 1914 - Experience involving trypanosomiasis affecting animals in German East Africa.[19]
  • Die tierischen Trypanosomen-Krankheiten Deutsch-Ostafrikas. (Aus den Ergebnissen einer Studienreise.) Von Dr. Ernst Teichmann, Frankfurt a. M. (vollst. Text online)
  • Mischinfektionsversuche mit Trypanosomen. Zeitschr. f. Hygiene. (1916) 82: 511. https://doi.org/10.1007/BF02174337
  • Bekämpfung der Stechmücken durch Blausäure. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten. Februar 1918, Vol. 85, Issue 1, pp 1–16

OCLC WorldCat Identities. Ernst Teichmann Publikations- und Zitationsverzeichnis

Einzelnachweise

  1. Ernst Teichmann. Cyanwasserstoff als Mittel zur Entlausung. Zeitschr. f. Hygiene. (1917) 83: 449. https://doi.org/10.1007/BF02183724
  2. Ernst Teichmann. Zur Biologie der Tsetse-Fliegen. Beobachtungen und Vorschläge. Journal of Applied Antomology. 1914. DOI: 10.1111/j.1439-0418.1914.tb01119.x
  3. Walther Killy (ed. ) et al. Dictionary of German Biography. Vol. 9. De Gruyter. K. G. Saur München 2005. S.690 (online)
  4. Margit Szöllösi-Janze. Fritz Haber. 1868-1934. Eine Biografie. C. H. Beck 1998. ISBN 3-406 43 548 3
  5. Sarah Jansen. Schädlinge. Geschichte eines wissenschaftlichen und politischen Konstrukts. 1840-1920. Campus. S. 339. ISBN 3-593 36307-0
  6. Ernst Teichmann: Zu August Weismann's Tod. In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt. Abendblatt. Jg. 59, Nr. 309, 7. November 1914, S.1 (online)
  7. de.Wikisource Handwörterbuch der Naturwissenschaften
  8. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1905.
  9. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1908. S.62-83.
  10. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1908. S.48-58.
  11. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1908. S.62ff.
  12. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1908. S.85-92.
  13. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1908. S.6.
  14. Ernst Teichmann. Fortpflanzung und Zeugung. Kosmos, Gesellschaft für Naturfreunde. Stuttgart. 1907
  15. Ernst Teichmann. Fortpflanzung und Zeugung. Kosmos, Gesellschaft für Naturfreunde. Stuttgart. 1907. S.42.
  16. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1905. S.28.
  17. Die Vererbung als erhaltende Macht im Flusse Organischen Geschehens. Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, 1905. S.29.
  18. Ernst Teichmann. Fortpflanzung und Zeugung. Kosmos, Gesellschaft für Naturfreunde. Stuttgart. 1907. S.36-43.
  19. Erfahrungen über die tierischen Trypanosomen-Krankheiten Deutsch-Ostafrikas. Leipzig. Barth 1914. Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene, Bd.18, Beih.1.