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„Luftbildfotografie“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Pallas-Verlag Jena, Luftbildkarte Nr. 11, Ballonaufnahme der Rudelsburg, Bildseite.jpg|mini|Luftbildaufnahme von 1910]]
[[Datei:Hamburgfromair2.JPG|mini|Modernes Luftbild von [[Hamburg]] von 2005]]
[[File:Landestopographie Grand Commander 680 FL Innenansicht.tif|thumb|Kamera und Navigation Sight im Flugzeug der Eidgenössischen Landestopographie 1971]]
 
Als '''Luftbildfotografie''' (auch ''Luftfotografie'') wird ein fotografisches [[Genre]] bezeichnet, bei dem [[Fotografie|fotografische Abbildungen]] eines Gebietes aus der [[Vogelperspektive]], das heißt aus [[Luftfahrzeug]]en heraus angefertigt werden. Die Branche, die sich mit dem Anfertigen von Luftbildern beschäftigt, nennt man ''Luftbildwesen'', die Resultate ''Luftbilder'' oder ''Luftaufnahmen'' und deren Auswertung speziell in der [[Geodäsie]] [[Luftbildmessung]] oder [[Photogrammetrie|Aerophotogrammetrie]]. Frühe Aufnahmen entstanden von Ballons (frei oder gefesselt, bemannt und unbemannt), [[Kite Aerial Photography|(gefesselten) Drachen]], [[Zeppelin]]en und [[Rakete]]n aus sowie durch [[Brieftaubenfotografie|Brieftauben]], bis sich die besser steuerbaren [[Flugzeug]]e für diese Zwecke durchsetzten.
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{{Anker|Ballonaufnahme}}1855 ließ sich der französische Fotograf [[Nadar]] die Idee der Erstellung einer Aufnahme von einem [[Fesselballon]] aus patentieren, zu welcher ihn der Offizier [[Aimé Laussedat]] inspiriert haben soll.<ref name="Rasch">{{Literatur |Autor=Marco Rasch |Titel= Das Luftbild in Deutschland von den Anfängen bis zu Albert Speer. Geschichte und Rezeption des zivilen „Stiefkindes der Luftfahrt“ |Verlag=Wilhelm Fink |Ort=Paderborn |Datum=2021 |ISBN=978-3-7705-6602-0}}</ref> Drei Jahre später glückte Nadar die erste Aufnahme. Er präparierte hierfür zuerst am Boden eine [[Kollodium-Nassplatte]], stieg damit im Ballon auf, erstellte die Aufnahme und entwickelte die Platte unmittelbar darauf am Boden. Dieses wenig praktikable Verfahren verhinderte eine Ausweitung der Luftbildfotografie zu dieser Zeit, so dass nur vereinzelt Aufnahmen überliefert sind, wie beispielsweise „[[Boston]], as the Eagle and the Wild Goose See It“, erstellt 1860 von [[James Wallace Black]]. Erst mit der Einführung der [[Trockenes Gelatineverfahren|Trockenplatten]] in den 1870er Jahren, die auf Vorrat präpariert werden konnten, empfindlicher waren und nicht unmittelbar nach der Aufnahme entwickelt werden mussten, vereinfachte sich das Verfahren.
 
Die Mitglieder des 1881 gegründeten [[Verein zur Förderung der Luftschifffahrt|Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt]] in [[Berlin]] führten ab 1884 wissenschaftliche Unternehmungen mit einem Ballon durch, den ihnen der Berliner Luftschiffer Richard Opitz zur Verfügung gestellt hatte. Noch im gleichen Jahr erstellten die Mitglieder [[Georg von Tschudi]] und [[Paul Jeserich]] erste Fotografien während ihrer Fahrten, die jedoch nicht erhalten sind.<ref>Hermann Moedebeck: ''Der deutsche Verein zur Förderung der Luftschiffahrt, seine Vergangenheit und Zukunft.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt'' 1887, S. 345–364, speziell S. 357.</ref> Überliefert sind Luftbilder aus dem Jahre 1886 von [[Hugo vom Hagen]], der ebenfalls Mitglied des Vereins war, und die Berlin von oben zeigen.<ref>Jörg Albertz: ''100 Jahre Deutsche Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation e.&nbsp;V.'' In: ''Photogrammetrie – Fernerkundung – Geoinformation'' 6/2009, S. 487–560. {{DOI|10.1127/1432-8364/2009/0035}}</ref>
[[Datei:Spelterini Zürich West 1898.jpg|mini|Zürich West, von [[Eduard Spelterini]] 1898 fotografiert]]
Innerhalb von wenigen Jahren entwickelte sich der ''Verein zur Förderung der Luftschiffahrt'' zum Zentrum der Luftbildfotografie, deren Mitglieder das neue Genre auch in andere Städte verbreiteten. So gründete [[Hans Bartsch von Sigsfeld]] nach seinem Weggang aus Berlin 1889 den ''Münchener Verein für Luftschiffahrt'' und [[Hermann Moedebeck]] 1896 den ''Oberrheinischen Verein für Luftschiffahrt'' und so weiter.<ref name="Rasch" />
 
Bis 1909 hatte sich die Zahl der Ballonfahrtvereine im [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]] auf 39 erhöht, die mit Fotografie-Preisausschreiben die Luftbilderstellung zu befördern versuchten. Im gleichen Jahr fand in [[Frankfurt am Main]] erstmals die [[Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung Frankfurt 1909|Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung]] statt, auf der unter anderem Luftbilder, aber auch die noch jungen [[Flugzeug]]e einem großen Publikum präsentiert wurden. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] setzten sich diese gegen die behäbigere Konkurrenz der Ballone und Zeppeline durch und avancierten infolge des Stellungskrieges zum wichtigsten [[Nachrichtengewinnung und Aufklärung#Militärische Aufklärung|Aufklärungshilfsmittel]].
In ganz Europa hatte sich der 1877 zum Luftschiffer brevetierte [[Eduard Spelterini]] Passagier-Ballonfahrten angeboten, spätestens ab 1895 erstellte er vor allem bis zum Ersten Weltkrieg<ref name="Spelterini">Michael Gasser: [https://blog.nationalmuseum.ch/2018/07/walter-mittelholzer-mit-flugzeug-und-kamera/ Walter Mittelholzer – Mit Flugzeug und Kamera], nationalmuseum.ch, 20. Juli 2018/1. September 2020</ref> auch Luftaufnahmen mittels Lumiere-Glasplatten.
 
Bis 1909 hatte sich die Zahl der Ballonfahrtvereine im [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]] auf 39 erhöht, die mit Fotografie-Preisausschreiben die Luftbilderstellung zu befördern versuchten. Im gleichen Jahr fand in [[Frankfurt am Main]] erstmals die [[Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung Frankfurt 1909|Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung]] statt, auf der unter anderem Luftbilder, aber auch die noch jungen [[Flugzeug]]e einem großen Publikum präsentiert wurden. Im [[ErsterDatei:Bundesarchiv Weltkrieg|ErstenN Weltkrieg]]1275 setztenBild-200, sichEdewalle-Handzaeme, dieseLuftbild gegenvon dieLt. behäbigerevon KonkurrenzRosen.jpg|mini|rechts|alt=Bildplan von Edewalle-Handzaeme, von Oskar Messter auf der BalloneBasis undvon ZeppelineFotografien durchvom und26. avanciertenMai infolge1915 deserstellt|Bildplan Stellungskriegesvon zumEdewalle-Handzaeme, wichtigstenvon [[NachrichtengewinnungMesster undauf Aufklärung#Militärischeder Aufklärung|AufklärungshilfsmittelBasis von Fotografien vom 26. Mai 1915 erstellt]].
Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] setzten sich diese gegen die behäbigere Konkurrenz der Ballone und Zeppeline durch und avancierten infolge des Stellungskrieges zum wichtigsten [[Nachrichtengewinnung und Aufklärung#Militärische Aufklärung|Aufklärungshilfsmittel]].
 
[[Datei:Bundesarchiv N 1275 Bild-200, Edewalle-Handzaeme, Luftbild von Lt. von Rosen.jpg|mini|rechts|alt=Bildplan von Edewalle-Handzaeme, von Oskar Messter auf der Basis von Fotografien vom 26. Mai 1915 erstellt|Bildplan von Edewalle-Handzaeme, von Messter auf der Basis von Fotografien vom 26. Mai 1915 erstellt]]
1915 konstruierte hierfür der Filmpionier [[Oskar Messter]] eine [[Reihenbildkamera]], deren Bilder zusammengefügt einen [[Bildkarte|Luftbildplan]] ergaben. Während die Luftbildfotografie bis dahin größtenteils durch wissenschaftliche und kartografische Bestrebungen vorangetrieben wurde, war sie nun auch im militärischen Bereich angekommen.
 
=== Etablierung des Luftbildwesens in der Zwischenkriegszeit ===
Mit Kriegsende brach in Deutschland der Flugzeugabsatz ein undwurden tausende Piloten und Beobachter wurden arbeitslos. Um diese Situation zu verbessern, warb [[August Euler]], Leiter des neugegründeten [[Reichsluftamt]]es, Anfang 1919 für die zivilen Anwendungen der Fliegerei, darunter auch das Luftbildwesen. Innerhalb weniger Jahre wurden private Firmen gegründet, etwa die Berliner [[Luftphoto-Verlagsgesellschaft]], oftmals in Kooperation mit der [[Optik|optischen]] Industrie.<ref name="Rasch" />
 
So etablierte schon 1919 die erste deutsche Luftverkehrsgesellschaft, die Berliner ''[[Deutsche Luft-Reederei]]'', eine Luftbildabteilung, aus der später die ''[[Hansa Luftbild]]'' (HLB) hervorging. Zeitgleich entstand ebenfalls in Berlin die ''Luftbild GmbH'', die später in ''Photogrammetre GmbH'' in München umfirmierte. In [[Breslau]] bildete sich 1924 die ''[[Aerokartographisches Institut|Aerokartographische Institut AG]]''. Auch der Industrielle [[Hugo Junkers]] richtete in [[Dessau]] eine entsprechende Abteilung ein, die ab 1924 als ''[[Junkers Luftbild-Zentrale]]'' zum größten Konkurrenten der ''Hansa Luftbild'' avancierte.
 
In der Schweiz wurde in diesem Bereich der Fotograf [[Walter Mittelholzer]], auch er ein erfahrener [[Luftaufklärung|Luftaufklärer]] aus dem Krieg, aktiv. Zunächst erstellte er Luftbilder, welche er den zum Beispiel darauf zu sehenden Fabriken verkaufen wollte. Später erlangte er Bekanntheit durch seine Bücher mit Luftbildern und seine Reisen, die mehrfach nach Afrika, aber auch nach [[Persien]] oder nach [[Spitzbergen (Insel)|Spitzbergen]] führten.<ref name="Spelterini"/> Im Jahr 1931 wurde am 30. Juni die ''Ad Astra Photo AG'' im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen. 1934 wurde die Firma in ''Swissiar Photo'' umbenannt, entsprechend der Umbenennung der Fluggesellschaft.<ref>[https://de.bsf-swissphoto.com/media/bsf/Chronik%20BSF%20Swissphoto%20Web.pdf Chronik BSF Swissphoto]</ref>
 
So etablierte schon 1919 die erste deutsche Luftverkehrsgesellschaft, die Berliner ''[[Deutsche Luft-Reederei]]'', eine Luftbildabteilung, aus der später die ''[[Hansa Luftbild]]'' (HLB) hervorging. Zeitgleich entstand ebenfalls in Berlin die ''Luftbild GmbH'', die später in ''Photogrammetre GmbH'' in München umfirmierte. In [[Breslau]] bildete sich 1924 die ''[[Aerokartographisches Institut|Aerokartographische Institut AG]]''. Auch der Industrielle [[Hugo Junkers]] richtete in [[Dessau]] eine entsprechende Abteilung ein, die ab 1924 als ''[[Junkers Luftbild-Zentrale]]'' zum größten Konkurrenten der ''Hansa Luftbild'' avancierte. Das [[Nationalsozialismus|nationalsozialistische]] Regime, welches dem Luftbild einen hohen Stellenwert einräumte, veranlasste, dass die drei deutschen Firmen zum 1. Januar 1934 in der ''Hansa Luftbild'' aufgingen. Dadurch wurde der kommerzielle Luftbildsektor zentralisiert und ließ sich so besser kontrollieren.<ref>[[Stephan Prager]]: ''Das deutsche Luftbildwesen'', in: ''Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen'', Band 97, [[Westdeutscher Verlag]], 1961, ISBN 9783322962829978-3-322-96282-9, S.&nbsp;18–20 [https://books.google.de/books?id=B33LBgAAQBAJ&pg=PA18]</ref> Parallel existierten aber noch kleinere, größtenteils nur regional tätige Firmen oder Einzelpersonen, die Luftaufnahmen erstellten. Bekanntestes Beispiel war der Unternehmer [[Paul Strähle]].
 
Auch wenn zahlreiche Versuche in dieser Zeit stattfanden, das Luftbild für sämtlichemehr Anwendungen zu erschließen, so blieb man doch größtenteils der [[Kartografie|kartografischen]] Verwertung verhaftet. Eines der wichtigsten Projekte war hierbei die [[Topografische Karte]] des Deutschen Reiches im Maßstab 1:25000, deren Entstehung subventioniert wurde und von der zahlreiche [[Bildkarte|Blätter]] aus der Zeit von 1928 bis 1944 erhalten sind.<ref>Z.&nbsp;B. befinden sich im Hessischen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation Luftbildpläne Südhessens aus der Zeit von 1934 bis 1938: [https://hvbg.hessen.de/geoinformation/landesvermessung/geotopographie/luftbilder/luftbildpl%c3%a4ne Zeitdokumente aus der Pionierzeit der Luftfahrt: Luftbildpläne] (abgerufen am 3. September 2021)</ref> {{Anker|Luftbildplanwerk}}Als Basis schuf man dafür das ''Luftbildplanwerk'', das an das System der [[Messtischblatt|Messtischblätter]] angeglichen und dessen Entstehung aufgrund eines Luftbilderlasses des [[Reichsluftfahrtministerium|Reichsministers der Luftfahrt]] vom September 1933 forciert wurde. Bis 1939 konnten aber trotzdem nur rund 600 Blätter hergestellt werden, was gegenüber der erforderlichen Aktualisierung von über 130.000 Karten des Deutschen Reiches kaum ins Gewicht fiel.<ref name="Rasch" />
 
Die von [[Talbert Abrams]] entwickelte [[Abrams P-1 Explorer]], die 1937 ihren Erstflug hatte, war das erste Flugzeug der Welt, das speziell für die Luftbildfotografie vorgesehen war.<ref>[http://www.pa.msu.edu/abrams/History/Ted_Abrams.html Talbert „Ted“ Abrams], Department of Physics and Astronomy, [[Michigan State University]]</ref>
 
=== Luftbildwesen nach 1945 ===
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], in dem das Luftbild der militärischen Aufklärung diente<ref>{{Internetquelle |url=https://www.deutsches-spionagemuseum.de/sammlung/handkammer-hk-125-7x9 |titel=Handkammer Hk 12,5/7x9 im Deutschen Spionagemuseum Berlin |sprache=de-DE |abruf=2024-06-25}}</ref>, wurden die Vorkriegsbestrebungen in Wirtschaft und Wissenschaft ausgeweitet und neue Auswertemethodiken entwickelt. Zudem kamen neue Genre wie die [[Satellitenbild|Satelliten-]] und [[Unbemanntes Luftfahrzeug|Drohnenaufnahmen]] hinzu.
In der Schweiz flogen in den 1970er-Jahren zwei Bundesämter mit Veressungsflugzeugen, einerseits die [[Bundesamt für Landestopografie|Landestopographie]], andererseits die ''Landesvermessung''. Die Flugzeuge benutzten dabei ein „Standard“ genanntes Negativformat von 23 × 23 Zentimetern, oder zuvor auch eine Kamera von [[Wild Heerbrugg|Wild]] mit quadratischem Format von 18 Zentimetern.<ref name="Planung">C. Eidenbenz: [https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=geo-006%3A1978%3A76%3A%3A874 Einsatz der Photogrammetrie bei der Nachführung der Landeskarten], Zeitschrift ''Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik: VPK = Mensuration, photogrammétrie, génie rural'', Band 76(1978), Heft 10 ''50 Jahre Schweizerische Gesellschaft für Photogrammetrie (SGP) = 50e anniversaire de la Société suisse de photogrammétrie (SSP)''</ref>
 
In der Zwischenzeit kamen neue Genre wie die [[Satellitenbild]]er und später [[Unbemanntes Luftfahrzeug|Drohnenaufnahmen]] hinzu.
Bei der Rezeption der Aufnahmen rückte zunehmend auch der ästhetische Wert in das Blickfeld, wie bei den Arbeiten von [[Georg Gerster]] oder [[Yann Arthus-Bertrand]]. Von herausragender Bedeutung in Deutschland entwickelte sich hier die [[ZDF]]-Reihe [[Terra X: Deutschland von oben|Deutschland von oben]]. Eine große Bedeutung fällt heutzutage auch der großflächigen Verfügbarkeit von kostenlosen Kartendaten zu, etwa durch [[Google Earth]] oder [[Windows Live Local]] von [[Microsoft]] (seit 2009 "Bing Maps").
 
Bei der Rezeption der Aufnahmen rückte zunehmend auch der ästhetische Wert in das Blickfeld, wie bei den Arbeiten von [[Georg Gerster]] oder [[Yann Arthus-Bertrand]]. Von herausragender Bedeutung in Deutschland entwickelte sich hier die [[ZDF]]-Reihe [[Terra X: Deutschland von oben|Deutschland von oben]]. Eine große Bedeutung fällt heutzutage auch der großflächigen Verfügbarkeit von kostenlosen Kartendaten zu, etwa durch [[Google Earth]] oder [[Windows Live Local]] von [[Microsoft]] (seit 2009 "Bing„Bing Maps"Maps“).
 
== Aufnahmewinkel ==
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[[Datei:Blockausgleichung³,gKK99.PNG|mini|rechts|Bildstreifen für den [[Bildflug]]]]
[[Datei:Restitutietoestel 24-03-2007 16-43-10.jpg|mini|links|[[Wild Heerbrugg|Wild]] Autograph A8, ein mechanisch-optisches Gerät zur Auswertung von Stereoluftbildpaaren]]
Entsprechend der vorgesehenen Auswertung von Luftbildern wird die Flugstrecke für einen Bildflug in Lage und Höhe genau geplant. Die ''Befliegung'' einer Landschaft erfolgt entweder, um Einzelaufnahmen bestimmter Objekte zu machen, oder um systematisch ein größeres Gebiet zu erfassen. In diesem Fall werden meist parallele Streifen mit 30 bis 6070 Prozent Überdeckung der Aufnahmen geflogen.<ref name="Planung"/>
 
Die Bilder können als analoge oder [[Digitalbild|digitale Aufnahmen]] angefertigt werden. Die Auswertung kann analog erfolgen ([[Einzelbildauswertung]] oder [[Stereophotogrammetrie]]) oder digital mit entsprechender Software. In diesem Fall sind analoge Bilder zuvor mit einem [[Scanner (Datenerfassung)|Scanner]] zu digitalisieren. Damit Luftbilder in einem [[Geoinformationssystem]] verwendet werden können, müssen sie zunächst entzerrt werden (Einzelbildentzerrung oder Erstellung eines [[Orthofoto]]s aus zwei Bildern mit unterschiedlichen Blickwinkeln).
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Nach Artikel 37 des 3.&nbsp;Rechtsbereinigungsgesetzes ist diese Genehmigungspflicht für Luftbildaufnahmen entfallen. Allerdings dürfen nach {{§|109g|stgb|juris}} Abs.&nbsp;2 des [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuches]] auch aus Luftfahrzeugen Wehrmittel sowie militärische Vorgänge, Einrichtungen und Anlagen nicht fotografiert werden, wenn dadurch „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe“ gefährdet wird.
 
Nach deutschem Recht ist es außerdem nicht zulässig, mittels Aufnahmen aus Flugzeugen oder Helikoptern in die geschützte [[Privatsphäre]] einer Person einzudringen, bzw. so gefertigte Aufnahmen ohne Genehmigung der Betroffenen zu veröffentlichen (BGH, Urteil vom 9.&nbsp;Dezember 2003, AZ: VI&nbsp;ZR&nbsp;373/02, – Luftbildaufnahmen vom Ferienhaus).<ref>Siehe auch: [http://www.bmvi.de/drohnen www.bmvi.de/drohnen] (EU-Regelungen für Drohnen).</ref>
 
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat für Luftbildfotografen im OktoberMai 20132020 eineeinen KurzinformationAktionsplan über die Nutzung von unbemannten Luftfahrzeugen veröffentlicht.<ref>[httphttps://wwwbmdv.bmvibund.de/SharedDocs/DE/PublikationenAnlage/LFDG/unbemannteaktionsplan-luftfahrtsystemedrohnen.html?nn=12830 ''Unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte - Aktionsplan der Bundesregierung'' – Broschüre,] Mai 2020.</ref><ref>Siehe auch die veraltete [https://bvcp.de/downloads/recht-copter/Kurzinformation_ueber_die_Nutzung_von_unbemannten_Luftfahrtsystemen.pdf ''Kurzinformation über die Nutzung von unbemannten LuftfahrzeugenLuftfahrtsystemen.''] vom Broschüre]Mai 2016.</ref>
 
== Technische Aspekte ==
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Bilder aus fliegenden Passagiermaschinen sind oft enttäuschend, weil sie oft unscharf werden (Beeinträchtigung des Autofokus durch das Fehlen eines Fixpunktes) beziehungsweise eine andere Stimmung wiedergeben, als die, an die man sich erinnert; das kann, abgesehen vom natürlichen Dunst, mit der Beschichtung oder Verschmutzung der Fenster, mit eventuell vorhandenen Zwischenfenstern oder der im Flugzeug herrschenden Beleuchtung zusammenhängen, deren Spiegelungen oder Farbcharakteristik unbeabsichtigt ins Bild miteingehen kann. Auf Fensterplätzen hinter den Triebwerken von Düsenmaschinen kann die Bildqualität durch [[Hitzeflimmern]] des Abgasstrahls beeinträchtigt sein.
 
[[Datei:Leicageosystems-rc10-2014-10-19.jpg|mini|links|Messbildkamera Leica RC10 mit entwickelter Filmspule]]
Für exakt scharfe, druck- und vortragsreife Bilder höherer Auflösung, Schärfe und Farbtreue kann der versierte Fotograf auf ein größeres Kameraformat, höherempfindliche Filme, kürzere Verschlusszeiten, adäquate Filter oder gar Bildstabilisatoren (sowohl für Halterung innerhalb der Kamera als auch in speziellen Objektiven) zurückgreifen. Professionelle Firmen arbeiten mit analogen Kameras der Filmformate 6×6 oder 6×7&nbsp;cm bis hin zum Filmformat 10×12&nbsp;cm (≈4×5 inch). Erst diese Kameras ermöglichen eine Qualität über die von Amateuren hinaus. In den letzten Jahren kommen auch verstärkt digitale Spiegelreflexkameras (sinnvoll ab 12 Megapixel und Vollformatsensor), aber auch Analogkameras mit digitalen Rückteilen (Auflösung bis zirka 35 Megapixel) zum Einsatz. Die optische Auflösung ist stets [[Beugungsunschärfe|beugungsbegrenzt]], so dass ein Flugzeug in einem Kilometer Flughöhe mit einem sonst [[abbildungsfehler]]freien [[Kameraobjektiv]] mit einer [[Eintrittspupille]] von 100 Millimetern maximal ein [[Auflösungsvermögen|optisches Auflösungsvermögen]] von gut einem Zentimeter erreichen kann. Bei größeren Flughöhen nimmt diese Auflösung umgekehrt proportional zur Flughöhe ab, so dass Satelliten metergroße Strukturen kaum noch auflösen können.<ref>[http://de.wikibooks.org/wiki/Digitale_bildgebende_Verfahren:_Bildaufnahme#Beugungsbegrenzung Beugungsbegrenzung], Wikibooks ''Digitale bildgebende Verfahren'' - Kapitel ''Bildaufnahme'', abgerufen am 14.&nbsp;Juli 2013</ref>
Für die [[Kartografie]] kommen ausschließlichtraditionell [[Messbildkamera]]s mit Filmformaten bis zu 23×2323 × 23&nbsp;cm zum Einsatz, die in speziell eingerichteten Flugzeugen mit Bodenluke gerade nach unten installiert werden. Damit wird das Rohmaterial eingeflogen, aus dem [[Orthofoto]]s erzeugt werden können. Dazu werden über das zu kartografierende Gebiet ''Fluglinien'' gelegt. Das sind parallele Strecken, die – früher von Hand, heute mit Computerunterstützung – so angeordnet sind, dass sich die fotografierten Bereiche je zwei benachbarter Linien sicher an den Kanten überschneiden. Entlang der Linie werden die Auslösepunkte für die Kamera so bestimmt, dass jeweils zwei aufeinanderfolgende Bilder mindestens 50 % gegenseitige Überdeckung aufweisen. Dadurch ist garantiert, dass jeder Punkt am Boden auf mindestens zwei Bildern sichtbar ist, was für die [[Stereoskopie]], also die Bestimmung des Höhenprofils, erforderlich ist. Um die Überdeckung wirklich zu garantieren und Fehler in der Flugzeugnavigation und der Auslösepräzision der Kameras zu kompensieren, wird tatsächlich mit 60 % oder mehr Überdeckung geflogen. Dadurch ergibt sich zusätzlich der Vorteil, dass einige Punkte in drei Bildern sichtbar sind, was bei der Ausrichtung der Bilder für [[Photogrammetrie]] und bei der [[Blocktriangulation]] die mathematische Stabilität und damit die Genauigkeit erhöht.
 
Für die [[Kartografie]] kommen ausschließlich [[Messbildkamera]]s mit Filmformaten bis zu 23×23&nbsp;cm zum Einsatz, die in speziell eingerichteten Flugzeugen mit Bodenluke gerade nach unten installiert werden. Damit wird das Rohmaterial eingeflogen, aus dem [[Orthofoto]]s erzeugt werden können. Dazu werden über das zu kartografierende Gebiet ''Fluglinien'' gelegt. Das sind parallele Strecken, die – früher von Hand, heute mit Computerunterstützung – so angeordnet sind, dass sich die fotografierten Bereiche je zwei benachbarter Linien sicher an den Kanten überschneiden. Entlang der Linie werden die Auslösepunkte für die Kamera so bestimmt, dass jeweils zwei aufeinanderfolgende Bilder mindestens 50 % gegenseitige Überdeckung aufweisen. Dadurch ist garantiert, dass jeder Punkt am Boden auf mindestens zwei Bildern sichtbar ist, was für die [[Stereoskopie]], also die Bestimmung des Höhenprofils, erforderlich ist. Um die Überdeckung wirklich zu garantieren und Fehler in der Flugzeugnavigation und der Auslösepräzision der Kameras zu kompensieren, wird tatsächlich mit 60 % oder mehr Überdeckung geflogen. Dadurch ergibt sich zusätzlich der Vorteil, dass einige Punkte in drei Bildern sichtbar sind, was bei der Ausrichtung der Bilder für [[Photogrammetrie]] und bei der [[Blocktriangulation]] die mathematische Stabilität und damit die Genauigkeit erhöht.
 
Seit einigenetwa Jahrendem Jahr 2000 kommen auchmehr und mehr digitale Großformatkameras und Mittelformatkameras zum Einsatz. Hiermit werden Bodenauflösungen bis zuvon 5&nbsp;cm pro Pixel und weniger erreicht. Bei Einsatz von Hubschraubern werden, dank langsamerem und niedrigerem Flug, mit Mittelformatkameras auch höhere Bodenauflösungen bis 1&nbsp;cm möglich, allerdings werden dann die Bildstreifen sehr schmal und das Befliegen größerer Gebiete auf diese Art nicht mehr wirtschaftlich. Solch hohe Auflösungen werden daher nur sehr lokal isoliert geflogen, zum Beispiel entlang einer Straße oder einer Hochspannungsleitung. Je hügeliger das Gelände ist, desto höher muss außerdem geflogen werden, nicht nur, um nicht unterhalb der erlaubten [[Sicherheitsmindesthöhe|Mindestflughöhe]] fliegen zu müssen, sondern auch weil die tatsächlich fotografierte Linienbreite bei ansteigendem Gelände abnimmt, dadurch der Linienabstand abnimmt und die benötigte Zahl der Linien erhöht wird.
 
Für andere Verwendungszwecke werden neben Luftbildkameras auch Wärmebild-, Infrarot-, Multispektral- und 360-Grad-Kameras sowie Laserscanner eingesetzt. Es gibt auch Systeme, die Laserscanner und Bildkameras im gleichen Gehäuse integrieren. Dies verbessert und beschleunigt die sonst notwendige Triangulation, weil das Höhenmodell direkt nach dem Flug bereitliegt.
 
Die Kameras werden meist mit einer sogenannten ''Mount'' ({{deS|Halterung}}) an das Flugzeug oder den Hubschrauber befestigt. Die Mounts halten die Kamera ruhig und in Waage. Sie stabilisieren entlang von drei verschiedenen Achsen: hoch, längs und quer und ein Dämpfungssystem filtert die hochfrequenten Schwingungen des Propellers oder Triebwerks heraus.<ref>[https://www.absatzwirtschaft.de/was-google-maps-mit-einem-weltmarktfuehrer-aus-jena-zu-tun-hat-169172/ Absatzwirtschaft vom 22. Januar 2020]</ref>
 
== Bekannte Luftbildfotografen ==
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{{Commonscat|Aerial photographs|Luftbildfotografie|3=S}}
{{Commonscat|Luftbildplanwerk des Deutschen Reiches}}
* {{DNB-Portal|4036546-3}}
* [[Frank M. Bischoff]] (Verantw.): [http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/bestand.jsp?archivNr=185&tektId=5644&expandId=5640 ''Luftbilder / Einführung in die Überlieferung''] auf der Seite des [[Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland|Landesarchivs Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland]]
* [http://professionalaerialphotographers.com/content.aspx?page_id=22&club_id=808138&module_id=158950 History of Aerial Photography] Professional Aerial Photographers Association (englisch)
* [http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=09.12.2003&Aktenzeichen=VI%20ZR%20373/02 BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003, AZ: VI ZR 373/02, - Luftbildaufnahmen vom Ferienhaus]
* [http://www.museum-digital.de/berlin/index.php?t=objekt&oges=897 Exemplarisches Luftbild aus dem Jugoslawienkrieg, ca. 1996, aus der Sammlung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr] via Museum-Digital.de
* [[Wilhelm Füßl]]: "[https://visual-history.de/2014/03/11/luftbildfotografie-im-ersten-weltkrieg/ Luftbildfotografie im Ersten Weltkrieg]", in: Visual History, 11. März 2014
 
== Einzelnachweise ==
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{{Rechtshinweis}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4036546-3|LCCN=sh85101264|NDL=00566466}}
 
[[Kategorie:Photogrammetrie]]