[go: nahoru, domu]

[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Gustaf18788 (Diskussion | Beiträge)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(14 dazwischenliegende Versionen von 13 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1:
Als '''SpaltenvorgangängenSpaltprodukte''' werden die durch [[Kernspaltung]] entstehenden SchwänzeStoffe bezeichnet. Sie entstehen in größeren Mengen in [[Kernreaktor]]en. Einige der in Spaltprodukten enthaltenen [[Radionuklid]]e haben nützliche Anwendungen, aber für die Hauptmenge ist eine sichere Entsorgung wichtig. Einige Spaltprodukte sind stabil, andere wiederum zerfallen mit sehr kurzer Halbwertszeit zu stabilen Isotopen. Für einige der verbliebenen langlebigen Spaltprodukte ist die [[Transmutation]] als Möglichkeit der dauerhaften Unschädlichmachung bereits im Labormaßstab erprobt, wird jedoch (Stand 2022) großtechnisch weltweit nicht eingesetzt.
 
Spaltprodukte sind nicht zu verwechseln mit den [[Neutroneneinfang]]sprodukten wie etwa [[Plutonium]], die ebenfalls in Reaktoren aus dem Kernbrennstoff entstehen.
[[Datei:Nuklearer Brennstoffverbrauch.png|mini|Schematische Darstellung des [[Abbrand (Kerntechnik)|Abbrands]] eines Brennelements in einem Leichtwasserreaktor. Es entstehen Transurane und Spaltprodukte.]]
 
[[Datei:Brennstab 1.png|miniatur|Beim Abbrand eines schwach angereicherten Reaktorbrennelements (links) sinkt der Anteil an <sup>235</sup>U, neue Elemente entstehen]]
 
== Physikalische Grundlagen ==
[[Datei:Fission product-en.svg|miniatur|Spaltung durch thermische Neutronen: Schematische Häufigkeitsverteilung der Spaltprodukte (senkrecht) als Funktion der Spaltprodukt-[[Massenzahl]] ''A'' (waagerecht). Da vorzugsweise zwei Spaltstücke verschiedener Massenzahl entstehen, hat die Kurve zwei [[Peak]]s („Höcker“).]]
[[Datei:Actinidesvsfissionproducts uncomp DE.png|miniatur|Einige [[Actinoide]] und ihre wichtigsten Spaltprodukte. Die durch thermische Neutronen gut spaltbaren Actinoide sind '''fett''' geschrieben. Die Isotope sind nach der Zugehörigkeit zu [[Zerfallsreihe]]n und/oder [[Halbwertszeit|HWZ]] sortiert.]]
Die unmittelbar entstehenden (sog. ''primären'') Spaltprodukt-Atomkerne oder ''Spaltfragmente'' haben einen hohen [[Neutronenüberschuss]]; sie sind daher instabil ([[Radioaktivität|radioaktiv]]) und wandeln sich durch aufeinander folgende [[Betazerfall|Beta-Minus-Zerfälle]] in andere Atomkerne um. Da beim Betazerfall die Massenzahl des Atomkerns gleich bleibt, bilden die nacheinander entstehenden Nuklide sogenannte [[Isobar (Kernphysik)|Isobarenkette]]n. Jede dieser Zerfallsketten setzt sich fort bis zu einem stabilen Nuklid. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen Endprodukten der Kernspaltung um Metalle mit Massenzahlen um 90 (im [[Periodensystem]] von Zirkon bis Palladium) und einige Elemente mit Massenzahlen um 140 (Tellur bis Samarium; mit Ausnahme von Tellur, RadionIod und Xenon ebenfalls Metalle).
 
Diese radioaktiven Zerfälle finden großteils kurz (Sekundenbruchteile bis Stunden) nach der Kernspaltung statt. Die dabei frei werdende Energie trägt mehrere Prozent zur Leistung eines Kernreaktors bei ([[Nachzerfallswärme]]). Gesundheitlich wichtig sind vor allem jene Spaltprodukte, bei denen der letzte (teilweise der vorletzte) dieser Zerfälle eine [[Halbwertszeit]] von Tagen bis Jahren hat, insbesondere wenn sie aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften leicht verfrachtet werden und in den menschlichen Körper gelangen können.
 
Einige Spaltprodukte haben erheblichen Einfluss auf die Funktionsweise eines Kernreaktors. Insbesondere sind dies Spaltprodukte, die Neutronen erst verzögert freisetzen und es überhauptdeutlich erst ermöglichenerleichtern, einen Reaktor zu [[Kritikalität|regeln]], sowie Nuklide, die Neutronen stark [[Neutronengift|absorbieren]], insbesondere [[Xenonvergiftung|<sup>135</sup>Xe]].
 
Genaue Zahlenwerte für die Ausbeute der verschiedenen Isobarenketten bei der Spaltung sind in einer Datensammlung der Internationalen Atomenergieorganisation angegeben.<ref>[httphttps://www-nds.iaea.org/sgnucdat/c1.htm Datensammlung der Internationalen Atomenergieorganisation]</ref>
 
Die anfängliche Zusammensetzung des entstehenden Spaltproduktgemisches hängt ab vom Reaktortyp (Spaltmaterial, Neutronen-Energiespektrum) und von der Verweildauer der Spaltprodukte im Reaktor (Dauer weiterer Neutronenbestrahlung). Nach der Entnahme aus dem Reaktor bestimmen Halbwertszeit und Zerfallsprodukte der einzelnen Spaltprodukte die zeitliche Änderung der Zusammensetzung.
Zeile 25 ⟶ 24:
 
Zerfallsreihen der primären Spaltprodukte:
:<math>\mathrm{^{133}_{\ 52}Te\ \xrightarrow [12{12,}5} \ {\ ,min}]{\beta^{-}} \ {}^{133}_{\ 53}I\ \xrightarrow [20{20,}8} \ {\ ,h}]{\beta^{-}} \ {}^{133}_{\ 54}Xe\ \xrightarrow [5{5,}243} \ {\ ,d}]{\beta^{-}} \ {}^{133}_{\ 55}Cs } </math>
 
:<math>\mathrm{^{101}_{\ 40}Zr\ \xrightarrow [2{2,}3} \ {\ ,s}]{\beta^{-}} \ ^{101}_{\ 41}Nb\ \xrightarrow [7{7,}1} \ {\ ,s}]{\beta^{-}} \ {}^{101}_{\ 42}Mo\ \xrightarrow [14{14,}61} \ {\ ,min}]{\beta^{-}} \ {}^{101}_{\ 43}Tc\ \xrightarrow [14{14,}22} \ {\ ,min}]{\beta^{-}} \ ^{101}_{\ 44}Ru } </math>
 
Durch mehrfachen Betazerfall entstehen die stabilen Endprodukte Ru-101 und Cs-133.
Zeile 45 ⟶ 44:
 
=== Krypton ===
Radioaktives [[Krypton]] entsteht in geringen Mengen in Kernreaktoren. Während einer [[Wiederaufarbeitung]] abgebrannten Spaltmaterials, etwa zur Extraktion von Plutonium und verbleibendem Uran, wird das relativ langlebige Kryptonisotop <sup>85</sup>Kr (Halbwertszeit 10,756 Jahre) freigesetzt und entweicht in die Atmosphäre. Die Menge an radioaktivem Krypton in der Erdatmosphäre gibt daher einen Anhaltspunkt über die Menge an bearbeitetem Spaltmaterial. Die Differenz zwischen dem aus bekannten Bearbeitungen entstandenen und gemessenem Krypton erlaubt es, die Menge geheim gehaltener Bearbeitungen (gewöhnlich zur Herstellung von [[Kernwaffe]]n) abzuschätzen.
 
=== Strontium ===
Da [[Strontium]] biologisch ähnlich wie [[Calcium]] wirkt, ist das radioaktive Strontiumisotop <sup>90</sup>Sr eines der potentiell gesundheitsschädlichsten Spaltprodukte, denn es lagert sich nach Aufnahme in den Organismus in den Knochen ab und verbleibt bis zu seinem Zerfall im Körper. Da die Halbwertszeit etwa 30 Jahre beträgt, trägt man das Strontium für den Rest des Lebens in sich. Das eigentlich Gefährliche am <sup>90</sup>Sr ist das Tochternuklid <sup>90</sup>Y, das ebenfalls zerfällt, wobei seine Betastrahlung die vierfache Energie derjenigen des <sup>90</sup>Sr aufweist.
 
Die bevorzugte Aufnahme von Strontium in die Knochen wird bei [[Knochenkrebs]] therapeutisch oder [[Palliation|palliativ]] genutzt: Durch die bevorzugte Einlagerung im Knochen kann Strontium <sup>89</sup>Sr (Halbwertszeit 50,5 Tage) zur Bekämpfung von [[Tochtertumor]]en eingesetzt werden.
 
=== Iod ===
Bei der Kernspaltung entstehen in unterschiedlichen Mengen die [[Iod]]-Isotope <sup>127</sup>I (0,12 % aller Spaltungen bei der Spaltung von <sup>235</sup>U in einem thermischen Reaktor<ref>[httphttps://atom.kaeri.re.kr/tonnuchart/nuc6.html Nuklidtabelle], [[Nuklidkarte]]</ref>), <sup>129</sup>I (0,7 %) und <sup>131</sup>I (2,9 %). <sup>127</sup>Iod ist nicht radioaktiv (natürliches Iod besteht ausschließlich aus<sup>127</sup>I); <sup>129</sup>Iod ist wegen seiner langen Halbwertszeit (15,7 Mio. Jahre) nur schwach radioaktiv. Eine besondere Gefahr geht hingegen von <sup>131</sup>I aus, da Iod aufgrund seiner physikalisch-chemischen Eigenschaften in der Umwelt sehr mobil ist – es wird auch bei einem Unfall besonders leicht freigesetzt – und zudem als essentielles Spurenelement vom menschlichen Organismus aktiv aufgenommen wird. Vor allem die [[Schilddrüse]] enthält hohe Konzentrationen an Iod.
 
<sup>131</sup>I hat eine Halbwertszeit von 8 Tagen. Nach 8 Tagen ist die Strahlung also auf die Hälfte abgeklungen, nach 27 Tagen auf ein Zehntel und nach 80 Tagen auf ein Tausendstel.