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Das Bundesverfassungsgericht orientiert sich bei einem Parteiverbot zusätzlich an dem Kriterium des [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte]], wonach ein „dringendes soziales Bedürfnis“ Voraussetzung ist. Das Bundesverfassungsgericht begrenzte im NPD-Urteil von 2017 die [[freiheitliche demokratische Grundordnung]] im Sinne des Parteiverbotes auf die drei Grundprinzipien der [[Menschenwürde|Würde des Menschen]], des [[Demokratieprinzip]]s und des [[Rechtsstaat]]sgebotes.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - [http://www.bverfg.de/e/bs20170117_2bvb000113.html 2 BvB 1/13] = BVerfGE 144, 20 Rn. 535 ff.</ref> „Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit“.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 539.</ref> Als Kern des Demokratieprinzips sieht das Bundesverfassungsgericht die „Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk“.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 543.</ref> Zum Rechtsstaatsprinzip in diesem Sinne zählt das Bundesverfassungsgericht die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte und das [[Gewaltmonopol des Staates|staatliche Gewaltmonopol]].<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 547.</ref> Nicht zur geschützten freiheitlich demokratischen Grundordnung zählte das Bundesverfassungsgericht das [[Republik]]- und das [[Bundesstaat (föderaler Staat)|Bundesstaat]]s-Prinzip, „da auch konstitutionelle Monarchien und Zentralstaaten dem Leitbild einer freiheitlichen Demokratie entsprechen können“.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 537.</ref> Weitere Kriterien enthalten die „Guidelines on prohibition“ der Venedig-Kommission des [[Europarat]]es.
 
Zudem muss die Partei darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. ''Beseitigen'' meint „die Abschaffung zumindest eines der Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem“.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 550.</ref> Von einem ''Beeinträchtigen'' ist nach dem Bundesverfassungsgericht auszugehen, „wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt“. Bloße [[Verfassungsfeindlichkeit|verfassungsfeindlichverfassungsfeindliche]]e Forderungen reichen nicht aus.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 556.</ref>
 
==== Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden ====
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Im zweiten NPD-Verbotsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht diese Formel weiterentwickelt, indem es aus dem Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ abgeleitet hat, dies setze ein ''planvolles Handeln'' voraus, das im Sinne einer ''qualifizierten Vorbereitungshandlung'' auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder auf die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 570</ref>
 
Darüber hinaus kann ein „Darauf Ausgehen“ nach dem NPD-Urteil vom 2017 nur angenommen werden, „wenn konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichtete Handeln einer Partei erfolgreich sein kann (''Potentialität'')“.<ref>BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 = BVerfGE 144, 20 Rn. 585</ref> Nicht erforderlich ist dabei allerdings eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter des Art.&nbsp;21 Abs.&nbsp;2 GG.<ref>BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2017, Az. {{Rspr|2 BvB 1/13}}, Rn.&nbsp;581 ff.</ref><ref>Foroud Shirvani: "''Parteiverbot und Parteienfinanzierungsausschluss.''Jura 2020, S. 448-456448–456.</ref>
 
==== Rechtsstaatliches Verfahren ====
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Auch wenn es mehrere entsprechende Eröffnungsanträge gegeben hat, sind durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der [[Bundesrepublik Deutschland]] bisher erst zwei Parteienverbote ausgesprochen worden: gegen die [[Sozialistische Reichspartei|SRP]], eine Nachfolgeorganisation der NSDAP, am 23.&nbsp;Oktober&nbsp;1952<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html SRP-Verbotsurteil] des BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1952, Az.&nbsp;{{Rspr|1 BvB 1/51}}.</ref> und die [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] am 17.&nbsp;August&nbsp;1956 (siehe [[KPD-Verbot]])<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv005085.html KPD-Verbotsurteil] des BVerfG, Urteil vom 17. August 1956, Az.&nbsp;{{Rspr|1 BvB 2/51}}.</ref>.
 
Daneben gab es drei weitere Verfahren: Die Verfahren gegen die [[Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei]] (FAP) und die auf den Hamburger Raum beschränkte Nationale Liste (NL) scheiterten daran, dass das Bundesverfassungsgericht der FAP und der NL die Parteieigenschaft absprach. Die Verbote erfolgten daraufhin nach den [[Vereinsrecht (Deutschland)|vereinsrechtvereinsrechtlichen]]lichen Regelungen durch den jeweils zuständigen Innenminister.<ref>Vgl. [[Robert van Ooyen]]: ''Die Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht''; in: Martin Möllers/ Robert van Ooyen (Hrsg.), ''Parteiverbotsverfahren'', 3.&nbsp;Aufl., Frankfurt a.&nbsp;M. 2011, S.&nbsp;139–160, ISBN 978-3-86676-137-7.</ref>
 
Das [[NPD-Verbotsverfahren (2001–2003)|NPD-Verbotsverfahren]], das 2001 gemeinschaftlich von [[14. Deutscher Bundestag|Bundestag]], Bundesrat und Bundesregierung ([[Kabinett Schröder I]]) eingeleitet wurde, wurde vom Bundesverfassungsgericht am 18. März 2003 aus Verfahrensgründen eingestellt, weil V-Leute des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Die Frage, ob die NPD damals eine verfassungswidrige Partei war, wurde nicht geprüft.
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Nach dem kurz darauf erfolgten Einmarsch und „[[Anschluss Österreichs]]“ wurde am 15.&nbsp;März&nbsp;1938 das ''[[Gesetz gegen die Neubildung von Parteien]]'' vom 14. Juli 1933, das alle Parteien außer der NSDAP verbot, auch auf das annektierte „Land Österreich“ übertragen.
 
Mit Kriegsende erließ die [[Provisorische Staatsregierung Renner 1945|provisorische Staatsregierung Renner]] das „Verfassungsgesetz vom 8. Mai über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz)“, es wurde am 6. Juni 1945 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.<ref>https://ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1945_13_0/1945_13_0.pdf</ref> Jede Wiederbetätigung wurde untersagt. Das Verbot gilt derzeit in der Fassung vom [[Verbotsgesetz 1947]],<ref>https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1947_25_0/1947_25_0.pdf</ref> auf dieser Grundlage wurde der 1967 gegründeten [[Nationaldemokratische Partei (Österreich, 1967–1988)|Nationaldemokratischen Partei]] im Jahre 1988 die Rechtspersönlichkeit als Partei aberkannt und auch der gleichnamige Verein am 21. November 1988 behördlich aufgelöst.
 
== Schweiz ==