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Pianola

Selbstspielapparatur für Klaviere
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Ein Pianola oder Player Piano ist eine Selbstspielapparatur für Klaviere. Der Name Pianola ist ursprünglich ein Markenname der Aeolian Company in New York. Der Markenname Pianola wurde so bekannt, dass er zur Bezeichnung für die gesamte Produktgattung wurde; in Europa galt dies zeitweilig auch für den Markennamen Phonola.[1]

Ein Vorsetzer spielt einen Flügel
Phonola-Flügel von Blüthner, 1910
Technik eines Pianolas

Geschichte

Das erste Pianola wurde 1895 von Edwin Scott Votey in Detroit gebaut. Man kann das Pianola nicht als seine Erfindung betrachten, aber sein Verdienst ist es zweifellos, eine Vielzahl von vorhandenen Techniken sinnvoll zum Bau des ersten funktionierenden mechanischen Klaviers benutzt zu haben. Votey wurde daraufhin von der Aeolian Company engagiert, die das Instrument 1897 in den USA und 1899 in Europa auf den Markt brachte. In Deutschland fertigte die Firma Hupfeld in Leipzig seit 1902 ein ähnliches System, die sogenannte Phonola.

Eine höher entwickelte Art des selbstspielenden Klaviers sind die Kunstspielklaviere und die Reproduktionsklaviere, z. B. das Welte-Mignon. Weltweit wurden bis ca. 1930 über 2 Millionen selbstspielende Instrumente und Vorsetzer hergestellt.

Seit ca. 1926 standen diese Instrumente in einem Verdrängungswettbewerb gegen elektrische Schallplattenspieler und das Radio, die in der Herstellung wesentlich billiger und dazu deutlich kleiner waren. Weltweit brach die Industrie der mechanischen Musikinstrumente ab 1930 zusammen, nur wenige Firmen der Branche überlebten.

Technik

Bei den Apparaten werden durch Lochstreifen aus Papier, die sogenannten Notenrollen oder Klavierrollen, vorgefertigte Musikstücke auf den Instrumenten wiedergegeben. Die Saugluft wurde anfangs mittels zweier Pedale am Klavier oder Flügel erzeugt, ähnlich denen des Harmoniums, später durch einen elektrischen Motor. In diesem Fall spricht man vom elektrischen Klavier, englisch Pianola Piano.

Die ersten Pianolas waren Vorsetzer. Diese enthielten keinerlei Klaviertechnik, sondern spielten mit gepolsterten Holzfingern auf einem vorhandenen Klavier oder Flügel, vor das sie gestellt bzw. gesetzt wurden.

Später gab es auch Pianolas, bei denen die Mechanik in ein normales Klavier oder einen Flügel eingebaut wurde. Vor dem Pianola hatte nun ein Pianolist Platz, der die Lautstärke und die Geschwindigkeit der Musik beim Abspielen gestaltend beeinflussen konnte.

Kompositionen für Pianola

Etliche Komponisten haben Stücke für selbstspielende Klaviere geschrieben, zum Beispiel Igor Strawinsky und Alfredo Casella für Pianola, Paul Hindemith und Ernst Toch für das Reproduktionsklavier Welte-Mignon. Von Percy Grainger gibt es ein von ihm für Pianola arrangierte Version von Shepherd’s Hey. George Antheil arrangierte im Juli 1927 den ersten Teil seines Ballet mécanique für Welte-Mignon. Ein Komponist, der sich beinahe ausschließlich mit Kompositionen für Player-Piano befasste, war Conlon Nancarrow.

Museen

In Amsterdam gibt es das Pianola Museum mit mehr als 20.000 Notenrollen und rund 50 Musikinstrumenten. Auch im Klangmaschinenmuseum in Dürnten (Schweiz) sind viele solcher Instrumente zu sehen und zu hören. Im Deutschen Musikautomaten-Museum in Bruchsal sind selbstspielende Klaviere ausgestellt. Eine kleine Sammlung von Musikautomaten und Selbstspielenden Klavieren ist im Musikhistorischen Museum auf der Burg Beeskow[2] in Brandenburg zu sehen und zu hören.

Trivia

In dem Lied Ich bin die fesche Lola von Marlene Dietrich fand das Pianola Eingang in den Text. Im Lied Joe's Pianola auf dem 1977 erschienenen Album Checkpoint der britischen Band Sailor fand das Pianola Erwähnung.

Organola

1904 brachte die Ludwigsburger Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie. einen Selbstspielapparat für Orgeln heraus (DRP 154377, DRGM 672447). Dieser wurde analog zum Pianola Organola genannt.[3]

Literatur

  • John McTammany: History of the Player. Blumenberg Press, New York, NY, USA, 1913.
  • John McTammany: The Technical History of the Player. The Musical Courier Company, New York, NY, USA: 1915. Nachdruck Vestal Press, Vestal, NY, USA: o. D.
  • William Braid White: The player-piano up-to-date: a comprehensive treatise ... New York 1914.
  • William Braid White: Piano playing mechanisms, a treatise on the design and construction of the pneumatic action of the reproducing piano. 2. ed., Boston, Mass.: Tuners Supply Comp., 1953.
  • Harvey Roehl: Player Piano Treasury. Vestal Press: Vestal, NY, USA, 1961. 2. erw. u. erg. Aufl. Vestal Press: Vestal, NY, USA, 1973.
  • Automatische Musikinstrumente aus Freiburg in die Welt – 100 Jahre Welte-Mignon: Augustinermuseum, Ausstellung vom 17. September 2005 bis 8. Januar 2006. Hrsg.: Stadt Freiburg im Breisgau, Augustinermuseum. Mit Beitr. von Durward R. Center, Gerhard Dangel u. a. (Red.: Gerhard Dangel). Freiburg: Augustinermuseum, 2005.
  • Peter Donhauser: Konserventöne, Elektroklänge und Ingenieurmusik. Anmerkungen zur Technik- und Musikgeschichte in: IMA (Hg.), Zauberhafte Klangmaschinen. Von der Sprechmaschine bis zur Soundcard, Schott Music Mainz, 2008.
  • Jürgen Hocker: Faszination Player Piano, Edition Bochinsky, 2009.
  • Jürgen Oberschmidt: Zwischen Mensch und Maschine. Komponieren für Piano-Player und Player Piano. In: Musik im Spektrum technologischer Entwicklungen und Neuer Medien, hrsg. v. Arne Bense, Martin Gieseking, Bernhard Müßgens. epOs-Music, Osnabrück 2015, S. 563–580.

Einzelnachweise

  1. Stichwort Phonola in: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon, 5. Auflage 1911, S. 402.
  2. Förderverein Musikmuseum Beeskow e.V.: Förderverein Musikmuseum Beeskow e.V. In: Wikipedia die freie Enzyklopädie. Abgerufen am 28. Oktober 2019.
  3. Bernhard Häberle: Die Organola von Walcker, ein halbautomatischer Orgelspielapparat, in: Das mechanische Musikinstrument, Ausgabe 116, April 2013 (PDF)
Commons: Pianola – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien