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ArchivDeutsches Ärzteblatt15/2024Neuregelung der Lebendorganspende: Hoffnung für Nierenkranke

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Neuregelung der Lebendorganspende: Hoffnung für Nierenkranke

Richter-Kuhlmann, Eva

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Nierenspenden sollen künftig auch zwischen unterschiedlichen Paaren überkreuz möglich sein. Eine entsprechende Novelle zur Lebendorganspende wurde gerade vom Bundeskabinett gebilligt. Auch präemptive Nierentransplantationen sollen künftig ermöglicht werden.

Foto: Science Photo Library/Arno Massee
Foto: Science Photo Library/Arno Massee

Unabhängig von der aktuell erneut entfachten gesellschaftlichen Debatte um eine Änderung der Regeln für die Organspende in Deutschland gibt jetzt ein Gesetzentwurf aus dem Hause von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nierenkranken Menschen Hoffnung. Künftig soll eine Lebendorganspende nicht nur wie bisher bei bestehenden Näheverhältnis von spendender und empfangender Person möglich sein. Stattdessen sollen entsprechend des Entwurfs eines dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes künftig auch Nierenspenden zwischen zwei unterschiedlichen Paaren über Kreuz, sogenannte Cross-over-Lebendspenden, sowie nicht gerichtete anonyme Nierenspenden ermöglicht werden. Auch die Nachrangigkeit einer Lebendspende gegenüber einer postmortalen Spende (Subsidaritätsgrundsatz) soll entfallen.

Die – seit Jahren auch von der Ärzteschaft geforderte – Novellierung der Lebendorganspende wurde jetzt vom Bundeskabinett beschlossen und soll bald das Parlament passieren. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Diese Novelle des Transplantationsgesetzes sei jedoch unabhängig von einer möglichen Neuregelung der Organspende in Deutschland, betonte Lauterbach. „Das Sterben auf der Warteliste muss ein Ende haben. Langfristig brauchen wir deshalb die Widerspruchslösung“, sagte er. Kurzfristig könne man aber auf diese Weise mehr Organspenden möglich machen.

Tatsächlich wird sich durch die Möglichkeit von Spende und Empfang einer Niere „überkreuz“ bei medizinisch inkompatiblen Organspendepaaren der Empfängerkreis deutlich erweitern. Denn die beiden Paare müssen sich nicht mehr kennen; das Näheverhältnis der jeweils inkompatiblen Partner bleibt aber weiterhin Pflicht.

Durch die bislang strengen Voraussetzungen für die Lebendorganspende in Deutschland (Kasten) sollte vor allem der Handel mit Organen unterbunden und die Freiwilligkeit der Organspende gesichert werden. Diese Ziele haben weiterhin Priorität, sollen aber mit anderen Mitteln erreicht werden.

So soll die Vermittlung der Nieren ausschließlich nach medizinischen Kriterien beziehungsweise unter Wahrung der Anonymität erfolgen. Konkret sollen die Transplantationszentren über die Annahme inkompatibler Organspendepaare und von Spenderinnen oder Spendern nicht gerichteter anonymer Nierenspenden entscheiden und die erforderlichen Daten an eine unabhängige zentrale Stelle melden. Die Regeln für die Annahme und Vermittlung von Nieren von inkompatiblen Organspendepaaren und von nicht gerichteten anonymen Nierenspenden sollen in den Richtlinien der Bundesärztekammer festgehalten werden. Ferner soll in Deutschland ein nationales Programm für Überkreuzlebendnierenspenden aufgebaut werden.

Auch der Spenderschutz soll weiter gestärkt werden. Dazu sollen die Regelungen zur Aufklärung und Konkretisierung der Spendereignung erweitert werden. Eine psychosoziale Beratung der spendenden Person und eine Evaluation sollen verpflichtend sein. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Bisher geltende Regelungen

Nach den derzeit noch geltenden Regelungen des Transplantationsgesetzes müssen für eine Lebendorganspende spendende und empfangende Person strenge Voraussetzungen erfüllen. Sie ist nur zulässig, wenn sich beide Personen nahestehen. Das gilt beispielsweise bei Verwandten ersten oder zweiten Grades, Verlobten, Lebenspartnerinnen und -partnern oder Personen, die sich offensichtlich in persönlicher Verbundenheit nahe sind. Eine Lebendspende kommt momentan auch nur dann infrage, wenn kein postmortal gespendetes Organ zur Verfügung steht.

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