ADB:Albert II. (Erzbischof von Riga)
[203] 1245 bezeugte er, als der sechste der anwesenden Prälaten, die Beglaubigungsurkunde, welche Innocenz IV. trotz des Widerspruchs der kaiserlichen und englischen Abgeordneten über alle den Päpsten von Kaisern und Königen gewährten Privilegien ausstellen ließ, und wird auch die Absetzung Kaiser Friedrichs II. mit beschlossen haben. Unmittelbar danach, Anfang 1246, ward er durch Innocenz zum Erzbischof von Preußen, Livland und Estland ernannt, zugleich zum apostolischen Legaten in den gedachten Ländern, in Gothland, Rügen und Holstein, später auch in Rußland. Es ist klar, daß der Papst in eine so einflußreiche Stellung nur einen Mann seines unbedingten Vertrauens berufen konnte. Kirchlich eifrig, hatte der deutsche Orden bisher treu zu Friedrich II. gehalten. Es kam darauf an, das gute Einvernehmen mit Rom nicht zu stören, welches stets die Unabhängigkeit des Ordens gegen die Gelüste der höheren Weltgeistlichkeit im eigenen Interesse zu schützen gestrebt hatte. Es galt aber auch, das neugewonnene umfangreiche Ordensgebiet kirchlich zu organisiren, die christliche Mission im Osten zu fördern und die Bedrängniß der russischen Theilfürsten durch die Tartaren klug zu benutzen, um sie von der griechischen Kirche ab- und Rom zuzuwenden. Die in letzterer Hinsicht von A. auf einer zweimaligen Reise nach Galizien, 1246 und 1249, eingeleiteten Unterhandlungen mit dem Fürsten Daniel von Halicz scheiterten an der Machtlosigkeit des Papstes, ein Kreuzheer gegen die Tartaren aufzubringen, für welche Unterstützung der Fürst seinen Uebertritt zur römischen Kirche zugesagt hatte. Spätere Bekehrungsversuche an russischen und litauischen, griechisch-katholischen oder heidnischen Landschaften mißlangen ebenfalls in Folge der päpstlichen Politik, die, den Werth oberflächlich gegebener Versprechen der Fürsten überschätzend, mit diesen sich begnügte und ein kräftiges Vordringen des Ordens aufhielt. Für die von Rom beabsichtigte kirchliche Einigung der Ordenslande erwies sich bald am hinderlichsten die persönliche Prärogative des neuen Kirchenfürsten. So kommt es denn bald zu päpstlichen Einsprachen, Compromissen, zu gelegentlicher Abnahme und Beschränkung des Legatenamts. A. weiß sich jedoch dabei auf gutem Fuß mit Innocenz und seinen Nachfolgern zu erhalten und verfolgt mit ruhiger Ausdauer die endliche Erlangung des Erzbisthums. Man hatte ihm nicht gestattet, seinen Sitz im Lande zu nehmen, deshalb ging er nach Lübeck zurück, dessen gerade erledigtes Bisthum er seit 1247 verwaltete. Als sein früherer Nebenbuhler Nicolaus 1253 starb, ließ er sich vom Capitel zu Riga förmlich wählen und als dortigen Metropolitan vom Papst bestätigen. Mit Gewandtheit hatte er als Verweser des Bremen untergebenen Bisthums Lübeck die Eifersucht seines alten Gönners Gerhard beseitigt. Er mehrte die Güter des Stifts und vertrat dessen Rechte gegen die Grafen von Holstein und Herzog Albert I. von Sachsen. Auch der Stadt diente er durch Beendigung des langen, über die Umgestaltung des Johannisklosters geführten Streits und kräftige Verordnungen wider das Strandrecht 1253 und 1256. Dagegen ist seine erzbischöfliche Thätigkeit eine fast ununterbrochene Reihe von Competenzstreitigkeiten mit dem Orden, die freilich einerseits Erbtheil seines Vorgängers Albert I. waren und von der durch diesen schon erreichten Unterstellung der livländischen Bischöfe unter Riga herrührten, andererseits aus den vom Papst auf Preußen ausgedehnten Metropolitanrechten entsprangen, an denen aber Alberts Persönlichkeit auch viel verschuldet zu haben scheint. Mit der Stadt Riga, welche an dem Orden einen Rückhalt suchte, kam es ebenfalls zu Mißhelligkeiten, welche erst 1262 ausgetragen wurden. Noch am Ende seines Lebens versuchte der Erzbischof sich gegen den Orden dadurch eine Stütze zu verschaffen, daß er den Grafen Günzel III. von Schwerin 1268 zum Schirmherrn des Erzbisthums ernannte. Dreißig Jahre später hat Erzbischof Johann III., ein Sohn jenes [204] Günzel, den Orden der gewaltsamen Entführung und Gefangensetzung seines Vorgängers A. angeklagt. Es erzählt aber kein gleichzeitiger Chronist davon, auch ist es schwer glaublich, daß A. eine solche That sollte ungeahndet gelassen haben. Er † 1272 gegen Ende des Jahres. Ihm gebührt das Verdienst, die Größe des Erzbisthums Riga, welche Albert I. anbahnte, zum Ausdruck gebracht zu haben, doch trägt er an seinem Theile die Mitschuld an den überhundertjährigen Streitigkeiten Riga’s mit dem Orden, welche den vorhandenen Zwiespalt zwischen Livland und Preußen nährten und die einheitliche Macht des Ordensstaates untergruben.
Albert II. (Suerbeer), erster Erzbischof von Riga, aus Köln, muthmaßlich gegen Ende des 12. Jahrhunderts von bürgerlichen Eltern geboren, † 1272. Seiner geschieht zuerst 1229 Erwähnung, als ihn, damals Domherrn zu Bremen und verhältnißmäßig noch jung, sein Erzbischof, Gerhard II., zum Nachfolger des Bischofs Albert I. von Riga bestimmte. Das rigische Capitel machte gegen diesen Versuch der Erneuerung eines Bremer Primats seine Wahlfreiheit geltend und setzte beim Papst Gregor IX. seinen Erwählten, Bischof Nicolaus, durch. A. wird bei dieser Gelegenheit in den Annal. Stadenses Scholasticus genannt, die Urkunden des Erzbisthums weisen ihn als solchen aber erst seit 1231 (bis 1236) aus. Schon dies Amt, sowie der ihm gegebene Titel Magister legen Zeugniß von seiner theologischen Bildung ab. Daß er durch bedeutende Geistesgaben, vornehme Sitte und einen tadellosen Wandel hervorragend gewesen sei, dürfen wir aus seiner raschen Beförderung in die höchsten geistlichen Stellen vermuthen. Er theilt mit den großen Kirchenfürsten seiner Zeit die rücksichtslose Energie, Roms Einfluß zum allein herrschenden zu machen. Dadurch der Curie empfohlen, ward er 1240 zum Erzbischof von Armagh und Primas von Irland geweiht. Aus seiner fünfjährigen Wirksamkeit daselbst ist nur bekannt, daß er gelegentlich in Conflict mit der weltlichen Macht gerieth und den Uebergriffen der damaligen päpstlichen Legaten im Interesse der Landeskirche nicht entgegentrat. Auf dem großen Concil zu Lyon- Vgl. P. v. Goetze, Albert Suerbeer, St. Petersb. 1854.