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ADB:Gasser, Simon Peter

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Artikel „Gasser, Simon Peter“ von Karl Theodor von Inama-Sternegg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 401–402, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gasser,_Simon_Peter&oldid=- (Version vom 6. November 2024, 10:59 Uhr UTC)
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Gasser: Simon Peter G., Cameralist, geb. am 13. Mai 1676 zu Colberg in Pommern, wo sein Vater Georg G. kurfürstlich brandenburgischer Landrentmeister gewesen, † am 22. November 1745 zu Halle. Die Stadtschule besuchte er in seiner Vaterstadt und studirte sodann die Humaniora an dem Gymnasium zu Stettin, das damals unter der Leitung des berühmten Rectors Pompejus stand. Im J. 1694 bezog er die Universität Leipzig, um sich der Jurisprudenz zu widmen und wandte sich von da 1696 nach Halle, wohin er besonders durch die Lehrwirksamkeit Stryk’s gezogen wurde. Auf dessen Empfehlung hin wurde er im J. 1700 Hofmeister des jungen Baron von Enden, mit welchem er bis zum J. 1704 in Halle verweilte, um ihn sodann zu weiterer Ausbildung auf verschiedenen Reisen zu begleiten. Zuerst wandten sie sich nach Holland, wo G. in Utrecht den berühmten Rechtsgelehrten Cornelius van Eck, sowie andere Gelehrten zu hören Gelegenheit fand. Nach Halle zurückgekehrt, disputirte G. im J. 1705 unter Bodinus „de beatitudine juridica“, und erwarb sich damit das Licenciat. Nach einer zweiten Reise, welche er darauf mit seinem Zögling durch Deutschland, Oesterreich und Italien machte, traf G. im J. 1706 wieder in Halle ein, und fing nun an Privatissima zu lesen und zugleich sich der Advocaturpraxis zu widmen. Im J. 1710 wurde er Doctor und noch im gleichen Jahre außerordentlicher Professor der Rechte an der Universität Halle, bald darauf auch Kammerconsulent und 1711 Assessor des Schöppenstuhls, mußte aber, als die Regierung und Kammer von Halle nach Magdeburg verlegt wurde, derselben dorthin folgen und wurde 1716 zum Kammerrathe daselbst befördert. Einer Specialcommission nach Cleve, um die dort entstandenen Schwierigkeiten der Domänenverwaltung zu beheben, entledigte er sich mit so viel Geschick und so gutem Erfolge, daß ihm zur Belohnung, auf seinen besonderen Wunsch, im J. 1721 eine ordentliche Professur der Rechte in Halle verliehen und er zugleich als Kriegs- und Domänenrath in die neu eingerichtete Salz- und Bergwerksdeputation eingesetzt wurde. Im J. 1727 wurde er durch das besondere Vertrauen König Friedrich Wilhelm I., der sich sogar persönlich mit ihm darüber berieth, auf die neu errichtete Lehrkanzel der „Oekonomie“ berufen, durch welche „denen studiosis die principia der Landwirthschaft, wie auch die Polizei, ingleichen die Einrichtung der Anschläge von Aemtern und Gütern nicht weniger guter Verfaß- und Regulirung der Städte“ beigebracht werden sollten. Zugleich [402] aber behielt er, auf Wunsch des Königs, seine Stelle im Schöppenstuhl zu Halle bei, wie er auch wissenschaftlich immerfort neben den Cameralien auf dem Gebiete der Jurisprudenz thätig blieb. Ein klarer, aber sehr nüchterner Verstand, eine erstaunliche Detailkenntniß in wirthschaftlichen Dingen, aber jeglicher Mangel einer höheren philosophischen, ethischen und historischen Auffassung treten als charakteristische Merkmale dieses Geistes aus seiner einzigen Schrift über das neue Fach „Einleitung zu den ökonomischen, politischen und Cameralwissenschaften“, Halle 1729, hervor. Es ist auch das einzige deutsche Werk seiner Feder. In seinen zahlreichen lateinischen Abhandlungen und Dissertationen über allerlei Gegenstände der Jurisprudenz erhebt er sich nicht über die trockne Manier seiner Zeitgenossen. Die „Praelectiones ad codicem Justinianeum ejusque titulos qui in digestis non continentur“, Hal. 1727, und die „Selectae observationes forenses“, ib. 1738, sind hierunter die bedeutendsten. Aber auch in seinem cameralistischen Hauptwerke ist er seiner Zeit nur durch positives Wissen, nicht durch die Tiefe und Originalität der Gesammtauffassung überlegen. Ja es steht seine „Einleitung“ in dieser Beziehung entschieden hinter V. L. v. Seckendorf’s „Deutschem Fürstenstaat“, den G. selbst als Grundlage seiner cameralistischen Vorlesungen benutzte. Denn während Seckendorf es wenigstens zu einer Gesammtauffassung der Staatsverwaltung brachte und damit eine principiell wissenschaftliche Behandlung ihrer Probleme ermöglichte, ist bei G. das Bewußtsein vom inneren Zusammenhang der ökonomischen, socialen und politischen Erscheinungen wieder gänzlich verloren und[WS 1] jene casuistische, halb juristische, halb technisch-ökonomische Behandlung aller einzelnen Verwaltungsfragen eingebürgert worden, welche bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus den Anfängen cameralistischer Wissenschaft in Deutschland Werth und Einfluß auf die Ausbildung der Nationalökonomie und Verwaltungslehre so wesentlich geschmälert hat. Uebrigens ist von seiner „Einleitung“ nur ein einziger Theil veröffentlicht worden, welcher die Verwaltung der Staatsfinanzen (Domänen, Regalien, Steuer- und Rechnungswesen) behandelt.

Dreyhaupt’s Beschreibung des Salkreises, 2. Theil S. 619, wo auch 30 Schriften angeführt sind; ebendort sein Bildniß in Kupferstich. – Elogium Gasseri, Hal. 1746. – Ersch und Gruber s. v.Roscher, Geschichte der Nat.-Oek. S. 372 ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nnd