Bernard-Henri Lévy

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Bernard-Henri Lévy (* 5. November 1948 in Beni-Saf, Algerien), ist ein französischer Journalist, Publizist und Mitbegründer der "Nouvelle Philosophie". Er schreibt regelmäßig für das Wochenmagazin Le Point, ist einer der Direktoren des Verlagshauses Éditions Grasset, gibt das Journal "La Règle du Jeu" heraus und ist Teilbesitzer der Tageszeitung Libération.

Leben

Ausbildung und Berufseinstieg

Lévy entstammt einer reichen Familie, sein Vater André Lévy war Besitzer des Holzverarbeitungskonzerns Becob. Er wurde auf die Privatschule Lycée Louis-le-Grand und die École normale supérieure geschickt, wo er Philosophie studierte. Er begann daraufhin als Journalist bei der Zeitung "Combat", für die er 1971 als Kriegsberichterstatter nach Bangladesh reiste. Er mitbegründete in den 1970ern die Gruppe Nouvelle Philosophie, einer Gruppe von Autoren die sich gegen, ihrer Ansicht nach linkslastige, Philosophen wie Jean-Paul Sartre wandte und insbesondere gegen den Marxismus schrieb. Hierdurch erhielt Lévy auch erstmals Medienaufmerksamkeit aus dem Ausland und dem Fernsehen. 1973 wurde er beim Verlagshaus Grasset eingestellt.

Hauptwirkzeit

Lévy wird von Anhängern als der Erbe von Jean-Paul Sartre betrachtet (von der Bedeutung her, nicht inhaltlich). Lévy bezeichnet sich selbst nach seinen Initialen "BHL", teils wird diese Abkürzung auch in den Medien seitdem verwendet. Die Zeitung Die Welt schrieb als Anerkennung von Lévy, er sehe „Öffentlichkeit als ein Schlachtfeld, auf dem nicht die Wahrheit oder auch nur das bessere Argument zählen, sondern gelungene Kampagnen und Manöver”.[1] Vom Magazin Der Spiegel wurde er 2010 als der bekannteste und wohl auch umstrittenste politische Intellektuelle aus Frankreich bezeichnet. Deutliche Kritiken an seinen Philosophie-Schriften stammen unter anderem von dem Philosophen Cornelius Castoriadis, von dem Historiker Pierre Vidal-Naquet und dem Politologen Raymond Aron, die "BHL" für seine ungenaue Arbeit heftig kritisierten. Die Kontroverse erreichte 1979 ihren Höhepunkt in dem Vorwurf "Gedankenpolizei", den BHL an die Adresse der Ersteren richtete, welche unter Angabe der richtigen Quellen durchaus sachliche Kritik geübt hatten. ”[2]

Bekannt ist er in Europa unter anderem dadurch geworden, dass er, unterstützt von einem Chauffeur und Korrespondenten des Atlantic Monthly[3] ein Jahr lang (wie er selbst behauptet auf den Spuren Alexis de Tocquevilles[4]) durch die USA gereist ist und ein Buch darüber geschrieben hat. Ziel war eine Beschreibung der Kultur in den USA. Getroffen hatte sich Lévy dazu unter anderem in den USA für Interviews mit Prominenten wie Sharon Stone und insbesondere mit Neokonservativen wie Paul Wolfowitz, Samuel Phillips Huntington und William Kristol.

Lévy erwartet von den Europäern mehr "Patriotismus", wie er in den USA nach Aussage von Lévy weiter verbreitet sei, und kritisiert scharf Multinationalität und Multikulturalismus in Europa. Er gehört zu den Unterzeichnern des Manifestes der 12 gegen den Islamismus als neue totalitäre Bedrohung. Er ergänzte allerdings später in Interviews, im Unterschied zu einigen Mitunterzeichnern, dass der Koran und Islam kein Übel sei und er sich nur speziell auf den Fundamentalismus beziehe. Während er die Neokonservativen in den USA wie z.B. Wolfowitz lobt, sieht er Bush als einen für sie ungenügenden Herrscher an, er habe einen "Mangel an Statur", so Lévy.[5] Er kritisierte im Zusammenhang mit seinem Buch über die USA des Weiteren häufig die Linke. Er bezeichnete z.B. die Linke mit ihrem Widerspruch zum Irakkrieg und den Vorwürfen, dass auch Bush mit seiner Politik ein Terrorist sei, als anti-amerikanisch.[6] In Ländern, wie in den USA, wo weniger Widerspruch zum Irakkrieg vorhanden war, kritisierte Lévy die Linke als passiv-uninteressiert.[7]

Lévy unterstützte die Präsidentschaft von François Mitterrand (1981-1995) und wurde von ihm zum Vorsitzenden der staatlichen Filmkommission ernannt. In dieser Position unterstütze er finanziell auch eigene Filme und Filme mit seiner Frau Arielle Dombasle.[8] 1993 sprach er sich in Medien auch für die Wahl von Édouard Balladur aus und wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden vom Fernsehsender ARTE ernannt.[9] Im Bosnienkrieg (1992 bis 1995) sprach sich er für die Unabhängigkeit von Bosnien und Herzegowina aus. Er arbeitete in dem Zusammenhang auch als einer der Regisseure vom 1994 veröffentlichten Film "Bosna!". Der Film erhielt polarisierte Kritiken, war jedoch kommerziell erfolgreich und wurde für den Filmpreis César 1995 nominiert. Sein zweiter und bis dahin letzter Film, "Le jour et la nuit" (1997), war hingegen sowohl bei den Kritikern als auch kommerziell nicht erfolgreich. 1995 erbte Lévy von seinem Vater das Unternehmen Becob und wurde dessen Manager. Es wurde unter anderem in einem Bericht der kanadischen Regierung vorgeworfen, dass unter Lévy im Unternehmen afrikanische Arbeiter sklavenähnlich behandelt wurden. In Bedrängnis geriet er auch wegen Vorwürfen des Insiderhandels und einer drohenden Anklage wegen Steuerhinterziehung, die jedoch vom damaligen Finanzminister Nicolas Sarkozy abgebrochen wurde.[8] Später verkaufte Lévy das Unternehmen Becob an François Pinault.

2007 lehnte Lévy es – für Nicolas Sarkozy überraschend – ab, zur Wahl von Sarkozy aufzurufen, unter anderem (so Lévy) wegen Sarkozys Kritik an der Generation der 1968er-Bewegung, zu der sich Lévy selbst zählt.[10] 2009 veröffentlichte er mit Michel Houellebecq das Buch "Volksfeinde", in dem Dialoge der beiden Autoren festgehalten sind. Vom Spiegel-Autor Matthias Matussek wurde es als Debatten-Glanzstück gelobt. Von der Zeit-Autorin Martina Meister wurde es als unterhaltsame Erfindung des "Philotainment" eingeordnet, wobei sie dem Spiegel widersprach und es nicht als philosophisch herausragend betrachtete.[11] Deutschlandradio -Autor Walter van Rossum sah das Buch als uninteressante Selbstinszenierung beider Autoren an, von einem wirklichen Schlagabtausch (wie vom Verlag angekündigt) gebe es keine Spur.[12]

2010 veröffentlichte Lévy das Buch Vom Krieg in der Philosophie, in dem er sich, auch unter Bezugnahme auf Jean-Baptiste Botul, sehr kritisch mit Immanuel Kant auseinandersetzt und ihn unter anderem als „wütenden Irren des Denkens“ einordnet. Dies verursachte größeren Spott in Rezensionen, Unterstützer äußerten sich zurückhaltend zu dem Buch, da (von Lévy unbemerkt) Botul und seine angeblichen Werke lediglich ein Fake eines französischen Satiremagazins darstellen.[13]

Privates

Seit 1993 ist er in dritter Ehe verheiratet mit der Schauspielerin und Sängerin Arielle Dombasle. Seine Tochter aus der ersten Ehe, Justine Lévy, ist ebenfalls Autorin.

Werke (Auswahl)

  • Sartre. Der Philosoph des 20. Jahrhunderts, München, 2002, ISBN 3-446-20148-3
  • Das Testament Gottes. Der Mensch im Kampf gegen Gewalt und Ideologie. 1984
  • Der Teufel im Kopf. München, 1986
  • Die abenteuerlichen Wege der Freiheit, 1992
  • American Vertigo: Auf der Suche nach der Seele Amerikas, 2007
  • Volksfeinde: Ein Schlagabtausch, Briefwechsel mit Michel Houellebecq, Dumont Verlag, Köln 2009 ISBN 9783832195182
  • Ce grand cadavre à la renverse. Paris 2007 (Grasset), ISBN 978-2-246-68821-1.

Literatur

  • Dominique Lecourt, Mediocracy : French Philosophy Since the Mid-1970s (2001), new ed. Verso, London, 2002.

Einzelnachweise

  1. Die Welt: Houellebecq verteidigt Egoismus und Feigheit, Dezember 2009
  2. [1]
  3. Zeit-Online: Ein Pariser in Amerika, März 2006
  4. New York Mag: American Psychoanalyst, 2006
  5. „Wer 'Stoppt den US-Imperialismus' wiehert, hat nichts begriffen” In: FAZ vom 24. Januar 2006
  6. „Demokratie ist nicht heilig“ In taz vom 13. April 2007
  7. Gastbeitrag in The Nation: "A Letter to the American Left", Februar 2006
  8. a b The Lies of Bernard-Henri Lévy, von Doug Ireland, 3. März 2006
  9. Oliver Hahn: ARTE – der Europäische Kulturkanal, Verlag Reinhard Fischer, 1997, S. 219
  10. Wiederbelebungsversuche an einem Kadaver NZZ vom 5. November 2007
  11. [Die Zeit: http://www.zeit.de/2009/45/L-B-Houellebecq?page=all Ein schöner Fall von Philotainment], 30. Oktober 2009
  12. Deutschlandfunk: Seichter Schlagabtausch?, 13. Mai 2010
  13. Zeit-Online: Tage der Häme, 1. März 2010