Höhenheiligtum

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Als Höhenheiligtum werden Heiligtümer auf Erhebungen oder in Bergsätteln bezeichnet, die aus verschiedenen Kulturen des Altertums bekannt sind. Sie gehören zu den Kultstätten, also Orte oder Bauwerke, die Räume umfassen und zum Vollzug kultischer Handlungen dienen. Meist handelte es sich um Opferkultstätten unter freiem Himmel. Nach archäologischen Belegen zählen die sogenannten Feuer-Höhenheiligtümer des Ba’al im Nahen Osten zu den ältesten bekannten ihrer Art.[1]

Ägäis

Aus der minoischen Kultur sind auf Kreta ab den Phasen FM III/MM I (etwa 2200–2100 v. Chr.) Gipfelheiligtümer bekannt, die sich später auch in minoisch beeinflussten oder mit den Minoern Handel treibenden Gebieten, wie beispielsweise Kythera, finden.[2] Möglicherweise waren sie von den Feuer-Höhenheiligtümern des Nahen Ostens beeinflusst.[1] Die minoischen Gipfelheiligtümer wurden in der Phase MM III (um 1700 v. Chr.) aufgegeben.

Auf dem griechischen Festland, in Attika und dem Ostpeloponnes, sind Gipfelheiligtümer erst seit der geometrischen Zeit (etwa 800 v. Chr.) bezeugt.[2]

Gebiete (grün) des minoischen Einflusses im östlichen Mittelmeer.

Levante

Ungefähre Lage der Region Levante (rot)

Den Phöniziern

Es scheint Beziehungen zwischen Begräbnisstätten und den Höhenheiligtümern gegeben zu haben, wie durch Funde phönizischer Tephatim auf Sardinien bekannt ist. Zur Standardausrüstung des levantinischen Höhenheiligtums gehörten Altäre, Götterpfähle der Aschera und Mazzeben.

Den Israeliten

Auch die Israeliten nutzten Höhenheiligtümer (hebräisch במה bamah, Plural במות bamot), obwohl diese ab dem 8. Jahrhundert[3] durch die Propheten (bes. im Südreich Juda) bekämpft wurden. Beth-el oder Bethel (Haus des El) gilt als eines der ältesten Höhenheiligtümer des Landes. In Bethel standen und bei Gezer stehen immer noch riesige Masseben. Im Bergheiligtum von Tel Arad standen zwei Masseben (eine wurde erst kürzlich entfernt).

Dass es sich bei den „Höhen“, wie sie verkürzend genannt werden, nicht nur um feste Bauten, sondern um Heilige Bezirke mit witterungsanfälliger Ausrüstung handelte, erklärt die zumeist dürftige archäologische Befundlage. Plätze, an denen sich nur Asche und Scherben finden, sind schwer einzuordnen. Vermeintliche Altäre in der Jesreelebene erwiesen sich als Bestandteil von Stallungen, das Höhenheiligtum von Gezer als Friedhof. Auf den Höhen feierte man jahreszeitliche Feste wie Erntedank und brachte Schlachtopfer dar. In der Region Kanaans (Landnahme der Israeliten) waren Höhenheiligtümern zur Verehrung der jeweiligen Götter/Göttinnen weit verbreitet. Das Volk Israel praktizierte seine Glaubensvorstellungen auch auf diesen Heiligen Höhen, sie waren häufig in direkter Nähe zu wichtigen israelitischen Städten zu finden. Sie finden im Tanach vielfach Erwähnung.[4]

So schickte der Prophet Samuel den zukünftigen König Saul zur Höhe von Bet-El (hebräisch בֵּית אֵל[5]) (1 Sam 10,3 EU). Später wird Samuel selbst in den Stadttoren und Höhen von Bet-El, Rama und Sichem Recht sprechen. Samuel und Saul erwähnen die Höhe von Gibea mit einem Baum einer Tamariske (1 Sam 10,5 EU und 1 Sam 22,6 EU) und König Salomo habe, so wird berichtet (1 Kön 11,7-8 EU), schuf für die Götter seiner Ehefrauen Höhenheiligtümer rund um Jerusalem. Zumeist wiesen diese Heiligen Höhen, als bevorzugte Stätten der Verehrung, eine fortwährend ähnliche Ausstattungen auf. Ein alter Baum (Dendrolatrie), ein aufgerichteter Stein (Mazewa[6] hebräisch מַצֵּבָה, Ri 9,6 EU) in Kombination oder auch ohne einem Altarstein (1 Kön 14,23 EU). Seltener wiesen die Höhenheiligtümer kleinere festangelegte Tempelanlagen auf. Die Tradition der Höhenheiligtümer lag weiter zurück als der Glaube an den einen Gott Israels (JHWH), deshalb wurden sie Elemente des tradierten Volksglaubens und als vor-mosaischer Bräuche weiter praktiziert, etwa in Fruchtbarkeitsritualen (Hos 4,13-14 EU). Bei religiösen Erneuerungsbewegungen, so unter Hiskia (725 v. Chr.) oder unter König Joschija (640 v. Chr.) wurden die Höhenheiligtümer mehrfach abgeschafft (2 Kön 23,8 EU). Von diesem Zeitpunkt an war der Tempel in Jerusalem der einzige Ort, an dem man dem Gott Israels Opfer darbringen durfte.[7]

Theoretische Hintergründe (Israeliten vs. Kanaanäer)

In dem Zeitraum zwischen den 12. bis zum 9. Jahrhunderts v. Chr. sind Auseinandersetzungen zwischen den nicht sesshaften „Aramäern“ („aramäische Wanderbewegung“, Deut 26,5 EU) und den Assyrern (Assyrien) in der Region um den Tigris sowie den ehemals hethitischen Besitzungen westlich des Euphrats belegt.[8][9] Aus diesen nicht geschlossenen ethnischen Gruppen wanderten einige nach Kanaan ein und ließen sich dort um das 13. Jahrhundert v. Chr als einzelne nomadische Stämme aramäischer Herkunft dort nieder („Landnahme der Israeliten“). Die Familien- und Sippenverbände wechselten saisonal von den Winterweiden zu den Sommerweiden, sie waren als Verbände lose organisiert und wurden von Stammesältesten angeführt. Dabei verehrten sie überwiegend Vätergottheiten.[10]

Alt (1929) prägte den Begriff „Gott der Väter“[11]. Der Begriff umschreibt den Unterschied zu den kanaanäischen Gottheiten, die sich über ihren Kultort definierten, so auch Höhenheiligtümern, während die „Vätergottheiten“ durch die Person bestimmt wurden, denen er sich zum ersten Mal offenbarte.[12] Während das Pantheon der Kanaanäer, deren Zentren die kanaanäischen Stadtstatten wie Hazor, Megiddo und Lachisch waren, ihre Götter an bestimmten Kultplätzen verehrten, so En-Gannim (hebräisch עֵין גַּנִּים), Jibleam (hebräisch יִבְלְעָם), Dotan (hebräisch דֹּתָן), Tirza (hebräisch תרצה,) und Besek (hebräisch בֶּזֶק).[13]

Metztger (1979)[14] greift die Begrifflichkeit und Vorstellung Alts auf und vermutet, dass die an den Kultplätzen oder Heiligtümern tradierten Kulterzählungen sukzessive auf die „Vätergottheiten“ übertragen wurden, wobei insbesondere die Figur der Erzväter bzw. Erzelterngestalten in die kultischen Erzählungen einbezogen wurden.[15] Zu den Erzeltern zählen Abraham und Sara ihr Sohn Isaak und dessen Frau Rebekka, ihre Zwillingssöhnen Esau und Jakob sowie dessen Ehefrauen Lea und Rachel.[16] So sei das Baumheiligtum von Mambre bei Hebron in die Abrahamserzählung (Gen 18,23 EU) eingeflossen, das Quellen- oder Brunnenheiligtum von Beerscheba Anknüpfungspunkt für die Erzählung um Isaak (Gen 26,23-25 EU) geworden und die (Höhen-)heiligtümer von Sichem (Gen 33,18-20 EU), Bet-El (Gen 28,10-22 EU), Penuel (Gen 32,22-32 EU) sowie Mahanajim (Gen 32,2 EU) wurden in die Erzählungen um Jacob eingewoben. In einem nächsten Schritt der Religionsentstehung wurden die Erzelterngestalten auch genealogisch verbunden und die zugehörigen Gottheiten unter dem Begriff der „Gott Abrahams Isaaks und Jacobs“ oder den „Gott der Väter“ (Ex 3,6 EU) zusammengeführt. Damit war die Umwandlung der (Höhen-)heiligtümer zu den tradierten Erzählungen „Gott der Väter“ weitgehend abgeschlossen.

Höhenheiligtümer anderer Kulturen

Viele prähistorische und historische Kulturen verehrten Gottheiten auf Anhöhen (Göbekli Tepe, Keldağ in Syrien oder das gallo-römische Tegna im Tessin).

Literatur

  • Glyn Daniel: Enzyklopädie der Archäologie. S. 201, 1966, ISBN 3-930656-37-X
  • Crista Frateantonio, Heike Kunz: Höhenheiligtum. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 5, Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01475-4, Sp. 657.
  • Michael Tschurtschenthaler: Ein latène- und frühkaiserzeitlicher Brandopferplatz und ein spätantikes Pass- bzw. Höhenheiligtum auf der Pillerhöhe.
  • Jürgen E. Walkowitz: Quantensprünge der Archäologie In: Varia neolithica IV, 2006, ISBN 3-937517-43-X

Einzelnachweise

  1. a b Crista Frateantonio, Heike Kunz: Höhenheiligtum. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 5, Metzler, Stuttgart 1998, ISBN 3-476-01475-4, Sp. 657.
  2. a b Katja Sporn: „Der göttliche Helikon“. Bergkulte oder Kulte auf den Bergen in Griechenland? In: Rupert Breitwieser, Monika Frass, Georg Nightingale (Hrsg.): Calamus. Festschrift für Herbert Graßl zum 65. Geburtstag (= Joachim Hengstl, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn [Hrsg.]: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen 57). Harrassowitz, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-447-06856-7, S. 465 (Digitalisat [abgerufen am 31. Juli 2018]).
  3. Späte Eisenzeit I 1037–918; Frühe Eisenzeit IIA 920–883; Späte Eisenzeit IIA 886–760 v. Chr. Siehe hierzu Israel Finkelstein: Das vergessene Königreich. Israel und die verborgenen Ursprünge der Bibel. dtv, München 2017, ISBN 978-3-423-34916-1, S. 16
  4. Klaus-Dietrich Schunck: Zentralheiligtum, Grenzheiligtum und Höhenheiligtum in Israel. In: Altes Testament und Heiliges Land: Gesammelte Studien zum Alten Testament und zur biblischen Landeskunde. Band I, Jahr: 1989, ISBN 3820411879, S. 105–113
  5. Klaus Koenen: Bethel [Ort] Andere Schreibweise: Beth-el; Betel; Bet-el. Erstellt: Juni 2007; letzte Änderung: Mai 2010, Deutsche Bibelgesellschaft, auf bibelwissenschaft.de [1]
  6. Rüdiger Schmitt: Mazzebe. Andere Schreibweise: Massebe. Erstellt: April 2008, auf bibelwissenschaft.de [2]
  7. Richard E. Friedman: Wer schrieb die Bibel? So entstand das Alte Testament. Anaconda, Köln 2007, ISBN 978-3-86647-144-3, S. 118; 126–127
  8. Annemarie Ohler: dtv-Atlas Bibel. 3. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2006, ISBN 3-423-03326-6, S. 38.
  9. Werner H. Schmidt: Einführung in das Alte Testament. 5. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2012, ISBN 3-11-014102-7, auf books.google.de [3]
  10. Martin Metzger: Grundriß der Geschichte Israels. 5. Auflage, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1979, ISBN 3-7887-0463-2, S. 57; 58; 61
  11. Albrecht Alt: Der Gott der Väter. Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Israelitischen Religion. W. Kohlhammer, Stuttgart 1929
  12. Andrea Beyer: Gottesbegegnung (AT). Erstellt: Februar 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, auf bibelwissenschaft.de [4] hier „3. Ur- und Vätergeschichte (Gen 1-11.12-50)“
  13. Robert Wenning, Erich Zenger: Ein bäuerliches Baal-Heiligtum im samarischen Gebirge aus der Zeit der Anfänge Israels. Erwägungen zu dem von A. Mazar zwischen Dotan und Tirza entdeckten ,Bull Site'. Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 102, 1986, S. 75-86, auf archiv.ub.uni-heidelberg.de [5] hier S.7
  14. Martin Metzger: Grundriß der Geschichte Israels. 5. Auflage, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1979, ISBN 3-7887-0463-2, S. 24
  15. Martin Metzger: Grundriß der Geschichte Israels. 5. Auflage, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1979, ISBN 3-7887-0463-2, S. 25
  16. Michael Pietsch: Väterverheißungen. Erstellt: Februar 2012, Deutsche Bibelgesellschaft, auf bibelwissenschaft.de [6]