Hycomat

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Der Hycomat ist eine Version des Trabant 601 mit der Typbezeichnung Trabant 601-H. Dieses Fahrzeugmodell wurde vom Sachsenring Automobilwerke Zwickau produziert und verfügte über eine automatische elektrohydraulische Kupplungsbetätigung, welche das Kupplungspedal im linken Fußraum der Fahrerseite ersetzte.[1][2][3]

Trabant 601 S Universal (Dezember 1989): Der Hycomat-Aufkleber auf der Heckscheibe weist auf die automatische Kupplungs­steuerung hin.

Geschichte

Der Trabant 601 H wurde von 1965 bis 1990 als Limousine oder Kombi gebaut und war eine Modellweiterentwicklung innerhalb der 26-jährigen Produktion des Trabant 601.[2] Dieses Auto soll das Einzige in der DDR gewesen sein, welches serienmäßig über eine automatische Kupplung verfügte,[4][5] und wurde 1964 entwickelt, sodass es im Jahr 1965 fertiggestellt und dann in Serie produziert werden konnte.[2][6][7] Einer der letzten Hycomaten soll im Jahr 1990 im Werk Zwickauer Sachsenring Automobilwerke produziert worden sein.[8]

Im Testbericht der KFT wird gelobt, dass sich der Trabant Hycomat im Unterschied zum westdeutschen Saxomat sehr schnell schalten lasse und in den Fahrleistungen der manuell betätigten Kupplung nicht unterlegen sei. Sogar ein schneller Gangwechsel ohne Gaswegnahme sei möglich. Er wurde als Bedienungserleichterung vor allem im dichten Stadtverkehr eingeschätzt. Ein sehr gleichförmiger Anfahrvorgang sei auf diese Weise möglich. Kritisiert wurde aber, dass beim Herunterschalten kein ruckfreier Kraftschluss erfolgt. Prädestiniert sei der Hycomat für Versehrte, weil er in vielen Fällen den aufwändigen Umbau zu einem behindertengerechten Fahrzeug überflüssig mache. Zusammenfassend wurde festgehalten, dass die Bedienungserleichterung den Hycomat nicht nur für Versehrte und Unerfahrene interessant mache, sondern auch geübten Fahrern eine tatsächliche Bedienungsvereinfachung bringt, ohne Abstriche an den Fahrleistungen. Der Hycomat des Testfahrzeugs wies einige Kinderkrankheiten auf, von denen erwartet wurde, dass sie in der Serienproduktion problemlos beseitigt werden können.[9]

Aufbau

Der Hycomat unterscheidet sich durch seine automatische hydraulische Kupplung von den anderen Versionen des P 601. Dieser Unterschied besteht allgemein durch die folgenden Bauteile: [10]

Wirkweise der Kupplung

Hycomat-Mechanik im Kupplungszustand (Modell)

Eine Hydraulikpumpe (Zahnrad-Ölpumpe) ist über eine Welle direkt mit der Kurbelwelle des Motors verbunden. Dadurch wird entsprechend zur Motordrehzahl ein bestimmter Druck erzeugt, dieser Druck geht über eine Druckleitung zum Kupplungszylinder. Der Kupplungszylinder übt dabei Wirkung auf einen Kupplungshebel aus, welcher bei steigendem Druck dann eingekuppelt. Dieser Mechanismus gewährleistet, dass der Motor bei hohen Drehzahlen bzw. sportlicher Fahrweise sehr schnell einkuppelt, während dieser Vorgang bei geringeren Drehzahlen langsamer abläuft. Ein Überdruckventil verhindert übermäßigen Druckanstieg. Eine Ausrückfeder am Kupplungshebel sorgt dafür, dass bei Stillstand und Leerlaufdrehzahl der Motor ausgekuppelt bleibt.[1][10]

Die Abhängigkeit des Einkuppelns zur Motordrehzahl wird über eine Drosseldüse gesteuert, die sich in einer Verbindungsleitung zwischen Ansaug- und Druckleitung befindet. Um das Auskuppelns zu beschleunigen, befindet sich außerdem im Schaltgestänge ein elektrischer Kontakt, der durch Betätigen des Schalthebels dafür sorgt, dass ein Steuerventil in der Druckleitung den Kupplungszylinder drucklos werden lässt. Der Druckverlust führt zum sofortigen Auskuppeln. Sobald der Schalthebel nach dem Schaltvorgang wieder losgelassen wird, baut sich wieder Druck in der Druckleitung auf und der eingelegte Gang wird wie beschrieben automatisch eingekuppelt.[1] [11]

Betriebszustände

Leerlauf

Hycomat-Mechanik im Leerlauf (Modell)

Der Leerlauf wird durch Berühren des Schalthebels bei laufendem Motor, durch hydraulische Kupplung oder durch das Einrasten der Parkbremse, durch mechanische Kupplung, sichergestellt.

Anfahren

Sobald der Motor angelassen wurde, muss das Fahrpedal zurückgenommen werden, sodass der Motor mit seiner Leerlaufdrehzahl weiterlaufen kann. Anschließend kann der 1. Gang oder der Rückwärtsgang durch Betätigung des Schalthebels eingelegt werden. Dann wird durch Treten des Gaspedals die Motordrehzahl gesteigert und die hydraulische Kupplung kuppelt automatisch ein, sodass das Fahrzeug anfährt.

Am Berg soll die Handbremse erst gelöst werden, wenn das Fahrzeug spürbar anziehen will.[1][11][12]

Schalten

Hycomat-Mechanik im Schaltvorgang (Modell)

Durch die Berührung des Schalthebels schaltet der innenliegende Kontakt, woraufhin das Relais den Strom zum Elektromagneten unterbricht. Mittels einer Druckfeder bewegt sich der Steuerschieber in Nullstellung. Damit wird schlagartig das Hydrauliköl aus dem Kupplungszylinder zum Hydrauliktank abgelassen und der Ausrückhebel wird zurückgezogen. Gleichzeitig blockiert der Schieber die Druckleitung der Pumpe und Überdruck wird über das Druckbegrenzungsventil abgeleitet. Die Kupplung ist offen und es kann geschaltet werden. Nach dem Loslassen des Schalthebels wiederholt sich der Vorgang Anfahren.[1][11][12]

Bremsen und Anhalten

Der Hycomat verfügt über eine Bremsschaltung, wodurch das Fahrzeug nach dem Zurückschalten in einen niedrigeren Gang durch den Motor abgebremst werden kann. Dies wird durch das nicht vollständige Zurücksetzen des Gaspedals erreicht, sodass der Motor nicht in die Leerlaufdrehzahl abfallen und die automatische Kupplung greifen kann.

Das Fahrzeug kann durch das Betätigen der Bremse über das Bremspedal oder durch das Ausrollen zum Stehen gebracht werden. Die Fahrgeschwindigkeit sinkt ab auf die Leerlaufdrehzahl und in diesem Augenblick kuppelt die automatische Kupplung selbstständig aus. Ein Abwürgen des Motors ist nicht mehr möglich.[1][11]

Parken

Zur Ergänzung wird beim Parken eine Parksperre im Hycomat benutzt. Diese befindet sich nahe dem linken Fußraum auf der Fahrerseite und wird durch Durchtreten und Einrasten in die Sperrhalterung betätigt. Ebenfalls kann über das Einlegen des 1. Ganges durch Kraftwirkung des Motors eine Parkwirkung erzielt werden, wenn die Parkbremse gelöst ist, denn die Parkbremse betätigt die Kupplung mechanisch und versetzt das Fahrzeug in Leerlauf.[1][11][12][13]

Winterbetrieb

In der Saugleitung (zwischen Pumpe und Vorratsbehälter) befindet sich eine Ansaugdrossel, die die Wirkung der Pumpe bei zähflüssigem Öl drosselt, sodass ein zu hartes Greifen der Kupplung bei Kälte verhindert wird.[1] Der Motor läuft erst ab einer bestimmten Temperatur im Leerlauf normal. Diese Betriebstemperatur kann durch das Beschleunigen des Motors im ausgekuppelten Zustand leichter erreicht werden, also durch Berühren des Schalthebels und betätigen des Gaspedals.[11][12]

Notbetätigung und Sicherung

Hycomat-Mechanik in Notbetätigung und Beschriftungen der Modellteile

Im Falle, dass der Motor nicht anspringt, verfügt der Hycomat mithilfe der Parkbremse über eine mechanische Kupplung. Diese wird durch das Einlegen des 1. Ganges und langsames Lösen der Parkbremse betätigt, während am Fahrzeug angeschoben oder gezogen wird. Anschließend muss die Parkbremse wieder vollständig durchgetreten werden, um den Leerlaufbetrieb sicherzustellen. Das Gestänge betätigt über die Zugfeder an der Parkbremse die Kupplung, sodass ausgekuppelt wird.[12]

Unter der Motorhaube befinden sich zwei Sicherheitsschalter für je einmal hydraulische und mechanische Kupplung. Diese wirken bei aktiver Betätigung dem ungewollten automatischen Einkuppeln in das Getriebe entgegen, sodass nicht durch die elektrische Steuerung oder das ungewollte Lösen der Parkbremse eingekuppelt wird. Das Fahrzeug kann dann nicht losfahren oder blockieren, durch z. B. eine Fehlfunktion bei Reparatur, Wartung oder Ausfall.[10]

Siehe auch

Commons: Trabant 601 Hycomat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Die automatische Kupplungsbetätigung Hycomat für den Trabant 601. In: Kraftfahrzeugtechnik 1/1966, S. 7–12.
  2. a b c Kleine Geschichte des Trabant. In: https://trabitechnik.com/. Lars Steiner, 6. Oktober 2003, abgerufen am 1. April 2020.
  3. Hycomat Kupplungsautomat. In: http://www.trabant-original.de/. VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau - DDR, abgerufen am 1. April 2020.
  4. Heinzpeter Kemnitz: Meine Geschichte. Hrsg.: BoD – Books on Demand. 1. Auflage. Norderstedt 2017, ISBN 978-3-7448-7155-6 (google.de).
  5. Vorstand des DAVC (Hrsg.): Deutscher Automobil-Veteranen-Club e.V. CM 2-2014 Auflage. Masuhr Druck- und Verlags GmbH, Reinfeld (Holstein) Februar 2014, S. 15 (davc.de [PDF]).
  6. Werner Oswald: Autos in Deutschland 1945-1966: Eine Typengeschichte. 3. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1968, S. 254; 261 (google.de).
  7. Typenübersicht zur Fahrzeugmarke Trabant. In: https://www.trabantteam-freital.de/. Abgerufen am 1. April 2020.
  8. Karla Brinkmann & Uwe Neumann: Historic Rallye Erzgebirge. In: https://www.historic-rallye-erzgebirge.com/. Historic Rallye Erzgebirge GbR, 8. September 2018, S. 4, abgerufen am 1. April 2020.
  9. Trabant 601 mit Hycomat. In: Kraftfahrzeugtechnik 10/1965, S. 386–387.
  10. a b c VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau (Hrsg.): Reparaturhandbuch TRABANT 601. VEB Fachbuchverlag Leipzig, Naumburg (Saale) 15. November 1974, S. 83; 85 - 88 (trabant-pausa.de [PDF]).
  11. a b c d e f VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau (Hrsg.): Betriebsanleitung TRABANT 601, 601S, 601S de luxe. 4. Auflage. VEB Fachbuchverlag Leipzig, Leipzig 30. Juni 1987, S. 53 - 54 (trabantclub.ch [PDF]).
  12. a b c d e Beilage zur Betriebsanleitung Trabant 601 Hycomat - DDR (Hrsg.): Beilage zur Betriebsanleitung Trabant 601 Hycomat. 4. Auflage. VEB Fachbuchverlag Leipzig, Leipzig 15. Januar 1973, S. 4 - 6 (trabiteamkievit.nl).
  13. Hiller und H. Körner: 1965 - Trabant 601 Hycomat Limousine. In: https://www.trabantteam-freital.de/. VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau, abgerufen am 1. April 2020.