Jürgen Aretz

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Jürgen Aretz (* 10. Februar 1946 in Rheydt) ist ein deutscher Beamter.

Leben

Nach einem Humanistischen Abitur in Rheydt-Odenkirchen 1965 studierte er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Er engagierte sich von 1967 bis 1971 auch überregional intensiv in der Studenten- und Hochschulpolitik und war 1968/69 Erster Sprecher des Bonner Studentenparlamentes. Als Schüler von Konrad Repgen wurde er mit einer 'egregie' benoteten Dissertation über 'Katholische Arbeitervereine und Nationalsozialismus', die zwei Auflagen erreichte, zum Dr. phil. promoviert.

1971 wurde er Assistent des Rektors der Universität Bonn (u. a. Rektorat Hatto Schmitt). Ab 1977 arbeitete er als wissenschaftlicher Referent bei der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle Mönchengladbach (KSZ). Ende 1978 wurde er bei der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn Grundsatzreferent für Menschenrechtsfragen sowie den entwicklungspolitischen Bereich Lateinamerika und südliches Afrika. 1988 erfolgte der Wechsel in das Bundesministerium für innerdeutsche Fragen (Leiter der Unterabteilung Grundsatzfragen); 1990 nahm er für das Ministerium an den Verhandlungen zum Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR teil. 1991 wechselte er in den Leitungsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung, 1992 durch eine persönliche Entscheidung von Bundeskanzler Helmut Kohl in das Bundeskanzleramt. Dort übernahm er als Leiter des Arbeitsstabes neue Länder die Führung einer Leitungsgruppe. Nach dem Regierungswechsel 1998 wurde ihm unter Bundeskanzler Gerhard Schröder der Kulturbereich übertragen.


Aretz ging 1999 als Staatssekretär in das Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (TMWTA) nach Erfurt. U. a. leitete er als Beauftragter der Landesregierung für den Freistaat Thüringen die Restitutionsverhandlungen im besonderen mit den ehemals regierenden Häusern Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Weimar-Eisenach sowie Sachsen-Meiningen. Es wurden in allen Fällen gütliche Einigungen erzielt, die im Landtag auch Zustimmung von der Opposition erfuhren. Die Regelungen sichern dauerhaft das öffentliche Eigentum an den Kulturgütern u. a. in Weimar, Gotha, Meiningen und auf der Wartburg bei Eisenach; Teile davon gehören inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe. Durch eine beherzte Initiative und zunächst ohne politische Rückendeckung gelang es ihm, den Verkauf der einzigartigen „Perthes-Sammlung“, der größten historischen Kartensammlung auf dem europäischen Kontinent, ins Ausland abzuwenden und für ihren Ursprungsort Gotha zu sichern.

Gegen bürokratischen und auch kirchlichen Widerstand setzte er u. a. mit Gesprächen in Rom durch, dass das von der Auflösung bedrohte „Philosophisch-Theologische Studium Erfurt“, die seinerzeit einzige von der DDR geduldete katholische Theologenausbildungsstätte, als vierte Fakultät in die Universität Erfurt integriert wurde. Auch hier warb er erfolgreich um die Unterstützung von Teilen der Opposition. Thüringen ist damit das einzige neue Bundesland, das sowohl über eine Evangelisch-Theologische Fakultät (Jena) als auch über eine Katholisch-Theologische Fakultät (Erfurt) verfügt.


2002 Wahl zum Vorsitzenden der Amtschefskonferenz der Kultusministerkonferenz (KMK); in seine Amtszeit fiel die Präsentation der ersten PISA-Studie, durch die die Notwendigkeit umfassender Reformen im Bildungsbereich deutlich wurde. 2004 wurde er Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit (Wirtschaftsstaatssekretär), 2006 Wahl zum Leiter der Amtschefskonferenz der Wirtschaftsministerkonferenz.

Von 2007 bis 2011 übernahm Aretz als Generalbevollmächtigter der Thüringer Aufbaubank den Aufbau und die Leitung ihrer Repräsentanz in Brüssel. Er organisierte u. a. eine in Belgien und darüber hinaus vielbeachtete Ausstellung über Thüringen, das Haus Sachsen-Coburg und Gotha und Europa, die durch den Kronprinzen und heutigen König der Belgier eröffnet wurde.

Jürgen Aretz hat mehr als hundert wissenschaftliche Veröffentlichungen publiziert. Zusammen mit Rudolf Morsey und Anton Rauscher ist er Herausgeber des zwölfbändigen Standardwerks „Zeitgeschichte in Lebensbildern“.

Er ist Mitglied des Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereins Unitas-Salia (Unitas-Verband, dort langjähriges Vorstandsmitglied). 2006 hat ihm die Katholische Deutsche Studenten-Verbindung Saarland Saarbrücken zu Jena im CV die Ehrenmitgliedschaft verliehen. 2016 wurde er mit dem Großkreuz des Herzoglich Sachsen Coburg und Gotha'schen Hausorden ausgezeichnet.

Seit Januar 2012 ist Aretz Mitglied des Hochschulrates der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.[1][2]

Ehrenamtliche Tätigkeiten (Auswahl) Kuratorium Deutsche Einheit (Verleihung des Point-Alpha-Preises, u. a. an Michail Gorbatschow, George Bush sen., Helmut Kohl, Vaclav Havel, Lech Walesa); Mitbegründer und Vizepräsident;


Schriften (Auswahl)

  • hrsg. mit Rudolf Morsey und Anton Rauscher: Zeitgeschichte in Lebensbildern: Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Grünewald, Mainz, später Aschendorff, Münster. Bd. 3 (1979) bis Bd. 12 (2007).
  • mit Wolfgang Stock: Die vergessenen Opfer der DDR. 13 erschütternde Berichte mit Original-Stasi-Akten. Lübbe, Bergisch Gladbach 1997, ISBN 3-404-60444-X; Neuausgabe: Palmedia, Berlin 2009, ISBN 978-3-00-029219-4.
  • mit Günter Buchstab und Jörg-Dieter Gauger: Geschichtsbilder: Weichenstellungen deutscher Geschichte nach 1945. Herder, Freiburg im Breisgau 2003, ISBN 3-451-20329-4.

Einzelnachweise

  1. Hochschulrat. Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, abgerufen am 16. Februar 2015.
  2. Neue externe Mitglieder für Hochschulrat der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Pressemeldung vom 21. Dezember 2011 auf ku.de