Landkreis Graslitz

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Karte des tschechoslowakischen Bezirks und späteren deutschen Landkreises Graslitz

Der deutsche Landkreis Graslitz war Teil des Regierungsbezirks Eger im Reichsgau Sudetenland. Er bestand in der Zeit zwischen 1938 und 1945.

Das Gebiet des Landkreises Graslitz hatte am 1. Dezember 1930 35881 Einwohner und am 17. Mai 1939 35.484 Einwohner. Nach Abschluss der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit hatte der Landkreis nur noch 12.300 Einwohner (Stand 22. Mai 1947).

Nachbarlandkreise

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Der Landkreis Graslitz war umgeben von folgenden Landkreisen, im Uhrzeigersinn beginnend im Norden:

Verwaltungsgeschichte

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Der Landkreis Graslitz umfasste am 1. Januar 1945 die beiden Städte Graslitz (Kreisstadt) und Heinrichsgrün sowie 22 weitere Gemeinden:[1] Altengrün und Markhausen wurden vollständig abgesiedelt. 13 Gemeinden, darunter Markhausen, wurden in die Stadt Graslitz eingegliedert.

Name
deutsch
Name
tschechisch[2]
Fläche
ha 1)
Bevölkerung
1930[3]
Bevölkerung
1939
Bevölkerung
2001[4]
heutige
Gemeinde
frühere
Herrschaft[5]
Graslitz 2) Kraslice 1301,43 13936 12590 6867 Kraslice Graslitz
Heinrichsgrün Jindřichovice 1040,44 1804 1668 364 Jindřichovice Heinrichsgrün
Altengrün Stará 274,91 130 101 - Jindřichovice Heinrichsgrün
Eibenberg Tisová 203,20 1794 1596 88 Kraslice Graslitz
Frankenhammer Liboc 656,87 471 416 2 Kraslice Gut Frankenhammer[6]
Grünberg Zelená Hora 186,07 1362 1335 103 Kraslice Graslitz
Hochgarth Obora 1510,27 850 839 76 Šindelová Heinrichsgrün
Kirchberg Kostelní 503,29 371 317 12 Kraslice Schönbach
Konstadt Mlýnská 716,92 326 307 18 Kraslice Schönbach
Lauterbach Čirá 405,99 130 131 27 Kraslice Schönbach
Markhausen Hraničná 386,84 1253 1135 - Kraslice Graslitz
Neudorf Nová Ves 964,19 414 299 - Stříbrná Heinrichsgrün
Pechbach Smolná 149,25 917 844 68 Rotava Graslitz
Rothau Rotava 1053,49 3711 3252 3381 Rotava Heinrichsgrün
Schönau Sněžná 821,96 575 551 14 Kraslice Graslitz
Schönwerth Krásná 729,46 1100 1027 104 Kraslice Graslitz
Schwaderbach Bublava 614,47 4106 3835 336 Bublava Graslitz
Schwarzenbach Černá u Kraslic 654,26 234 208 0 Kraslice Schönbach
Silberbach Stříbrná 2390,94 4112 3872 432 Stříbrná Graslitz
Silbersgrün Háj 643,85 324 270 22 Jindřichovice Heinrichsgrün
Stein Kámen 248,73 251 248 11 Kraslice Schönbach
Ursprung Počátky 745,75 364 334 17 Kraslice Schönbach
Waitzengrün Loučná 469,90 203 187 - Jindřichovice Heinrichsgrün
Waltersgrün Valtéřov 574,65 143 132 8 Kraslice Schönbach
Landkreis Graslitz Okres Kraslice 17247,13 35881 35484 11952    

1) Flächen der heutigen Katastralgemeinden, die von den damaligen Gemeinden leicht abweichen können.[7] Für den gesamten damaligen Landkreis Graslitz werden 171,65 km² angegeben, darunter 22,48 km² für die flächengrößte Gemeinde Silberbach.[8]
2) mit Glasberg (Sklená), das heute als eigener Ortsteil nachgewiesen wird (412 Einwohner 1930, 36 Einwohner 2001, 33 Einwohner 2011)[9]

Verwaltung im Spiegel der Geschichte

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Die Gemeinden wurden als Verwaltungseinheiten im Königreich Böhmen im Jahr 1850 eingerichtet, auf der Basis der bereits im 18. Jahrhundert eingerichteten Katastralgemeinden. Vorher gehörten die Ortschaften noch zu verschiedenen Patrimonialherrschaften des Elbogener Kreises:

Graslitz (mit Glasberg), Schönau, Schönwerth, Markhausen, Grünburg, Schwaderbach, Eibenberg, Silberbach und Pechbach gehörten zur Herrschaft Graslitz. Heinrichsgrün, Altengrün, Silbersgrün, Waitzengrün, Neudorf, Rothau und Hochgart gehörten zur Majorats-Herrschaft Heinrichsgrün. Schwarzenbach, Stein (mit Ursprung und Kirchberg), Waltersgrün, Lauterbach und Konstadt gehörten zur Herrschaft Schönbach (heute Luby). Frankenhammer war ein Gut innerhalb der Herrschaft Hartenberg.[10]

In Österreich-Ungarn wurden im Jahre 1850 in allen Kronländern neben den Gemeinden Bezirkshauptmannschaften eingerichtet, die 1854 von gemischten Bezirksämtern abgelöst wurden; Verwaltung und Justiz waren damals noch nicht getrennt und die Größe entsprach der eines Gerichtsbezirks (Kreisgericht)[11]. Erst 1868 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten oberhalb der Gemeindeebene.

23 der 24 Gemeinden des Landkreises Graslitz von 1945 bildeten 1868 das Bezirksgericht Graslitz der Bezirkshauptmannschaft Graslitz. Zu letzterer gehörten auch die Gemeinden des Bezirksgerichts Neudek (später Landkreis Neudek). Nur die Gemeinde Markhausen gehörte noch zum Bezirksgericht Eger (später Landkreis Eger) in der gleichnamigen Bezirkshauptmannschaft.[12]

Die Gemeinden Lauterbach, Stein, Ursprung und Waltersgrün wurden 1910 noch als Ortsteile der Gemeinde Kirchberg nachgewiesen.[13]

Tschechoslowakei / Deutsche Besatzung

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Vor dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938 gehörte der politische Bezirk Kraslice zur Tschechoslowakei.

In der Zeit vom 1. bis 10. Oktober 1938 besetzten deutsche Truppen das Sudetenland. Der politische Bezirk Kraslice trug fortan die frühere deutsch-österreichische Bezeichnung Graslitz. Er umfasste den Gerichtsbezirk Graslitz. Seit dem 20. November 1938 führte der politische Bezirk Graslitz die Bezeichnung „Landkreis“. Er unterstand bis zu diesem Tage dem Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Walther von Brauchitsch, als Militärverwaltungschef.

Deutsches Reich

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Okres Sokolov. Das Gebiet des früheren Landkreises Graslitz verteilt sich auf die heutigen Gemeinden Kraslice, Bublava, Stříbrná, Rotava, Šindelová und Jindřichovice
Verwaltungsbezirk Kraslice im Okres Sokolov

Am 21. November 1938 wurde das Gebiet des Landkreises Graslitz als Teil des Regierungsbezirks Eger förmlich in das Deutsche Reich eingegliedert und kam zum Verwaltungsbezirk der Sudetendeutschen Gebiete unter dem Reichskommissar Konrad Henlein.

Sitz der Kreisverwaltung wurde die Stadt Graslitz.

Ab dem 15. April 1939 galt das Gesetz über den Aufbau der Verwaltung im Reichsgau Sudetenland (Sudetengaugesetz). Danach kam der Landkreis Graslitz zum Reichsgau Sudetenland und wurde dem neuen Regierungsbezirk Eger mit dem Sitz des Regierungspräsidenten in Karlsbad zugeteilt.

Zum 1. Mai 1939 wurde eine Neugliederung der teilweise zerschnittenen Kreise im Sudetenland verfügt. Danach blieb der Landkreis Graslitz in seinen bisherigen Grenzen erhalten.

Bei diesem Zustand blieb es bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Seit 1945 gehörte das Gebiet wieder zur Tschechoslowakei. Nach der Teilung der Tschechoslowakei 1992 ist es ein Teil der Tschechischen Republik. Die 24 ursprünglichen Gemeinden des Landkreises Graslitz verteilen sich heute auf die sechs Gemeinden Kraslice, Bublava, Stříbrná, Rotava, Šindelová und Jindřichovice im Norden des Okres Sokolov, der zum Karlovarský kraj gehört. Dabei reichen die beiden letztgenannten Gemeinden Šindelová und Jindřichovice nach Osten über das frühere Kreisgebiet hinaus.

1938–1939: Henning von Winterfeld (1901–1945) (kommissarisch)
1939–1945: August Bossert

Kommunalverfassung

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Bereits am Tag vor der förmlichen Eingliederung in das Deutsche Reich, nämlich am 20. November 1938, wurden alle Gemeinden der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, welche die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Es galten fortan die im bisherigen Reichsgebiet üblichen Bezeichnungen, nämlich statt:

  • Ortsgemeinde: Gemeinde,
  • Marktgemeinde: Markt,
  • Stadtgemeinde: Stadt,
  • Politischer Bezirk: Landkreis.

Es galten die bisherigen Ortsnamen weiter, und zwar in der deutsch-österreichischen Fassung von 1918.

  • Gemeindeverzeichnis Großdeutsches Reich 1944

Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Großdeutsche Reich auf Grund der Volkszählung 1939. Statistik des Deutschen Reichs. Band 550. Verbesserte zweite Auflage. Berlin (Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Paul Schmidt) 1944.

  • Gemeindeverzeichnis Sudetendeutschland 1938

Publikationsstelle Berlin-Dahlem (Hrsg.): Verzeichnis der sudetendeutschen Gemeinden und Gemeindeteile die auf Grund der Grenzfestlegung vom 20. November 1938 von der Tschechoslowakei an das Deutsche Reich gefallen sind. Berlin (Selbstverlag der Publikationsstelle) 1938.

  • Ortsbuch Sudetengebiete 1944

Friedrich Müller: Ortsbuch für die Sudetengebiete (Ergänzung zur 7. Auflage von Müllers Großes Deutsches Ortsbuch). III. Auflage. Wuppertal-Nächstebreck (Post- und Ortsbuchverlag) 1944.

Einzelnachweise

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  1. Gemeindeverzeichnis Landkreis Graslitz (Stand: 1. 1. 1945)
  2. Graslitz - die klingende Stadt (Memento des Originals vom 13. November 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.graslitz.de
  3. Michael Rademacher: Deutsche Geschichte Sudetenland, Kreis Graslitz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 21. Oktober 2023.
  4. [1]
  5. im Elbogener Kreis [2]
  6. zur Herrschaft Hartenberg
  7. [3]@1@2Vorlage:Toter Link/www.isu.cz (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. Graslitz. Die klingende Stadt.
  9. Historický lexikon obcí České republiky - 1869-2015. Český statistický úřad, 18. Dezember 2015, abgerufen am 17. Dezember 2020 (tschechisch).
  10. Das Königreich Böhmen: Bd. Elbogner Kreis. 1847
  11. Zemský věstník vládní pro království České, Volume 2, Part 1
  12. Politische und gerichtliche Organisation der im Reichsrathe vertretenen Länder von Oesterreich
  13. Statistische Zentralkommission in Wien (Hrsg.): Allgemeines Verzeichnis der Ortschaften und Ortsgemeinden Österreichs nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 31. Dezember 1910., S. 204