Rache

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Juni 2008 um 11:43 Uhr durch AlleborgoBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ändere: it:Vendetta). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Rache ist eine Handlung, bei der ein Rächer jemandem das Gleiche oder Schlimmeres antut, was dieser ihm, oder einem Dritten, zuvor angetan hat. Sie geht oft mit der Emotion der Rachlust einher, der die Schädigung oder Verletzung des Kontrahenten zur Genugtuung dient. Doch kann sie ebenso auch kühl geplant (kalte Rache) und verhohlen und heimtückisch ausgeübt werden (heimliche Rache). Das dazugehörige Verb heißt rächen und ist entweder auf den Gegenstand des vorherigen Tatbestands (etwas oder jemanden rächen, Akkusativ) oder auf die Person, der die Rache gilt (sich an jemandem rächen, Dativ) bezogen.

Der Wortstamm ist eng verwandt mit dem des Rechtes, des Rechtens, des Richtens und der Gerechtigkeit. Hier spiegelt sich eventuell sprachlich eine historische Entwicklung wider, in der das archaische Sippenrecht der Blutrache von einem öffentlichen Gerichtsverfahren abgelöst worden sein könnte, also einem gesamtgesellschaftlich anerkannten geordneten Vorgang der Konfliktklärung, Bestrafung und Schadensregulierung.

Dennoch wird der Begriff der Rache bis heute zum Teil gleichsinnig mit dem Begriff der Vergeltung gebraucht. Dieser meint im eigentlichen Sinn nicht die private (Wieder-)Herstellung einer subjektiv empfundenen Gerechtigkeit und Sühne, sondern den Schadensausgleich zwischen den betroffenen Personen oder Gruppen.

Gegenbegriffe zu Beidem sind die Vergebung der von einem an sich zu „rächenden“ Tatbestand Betroffenen sowie die Versöhnung mit dem oder denen, die Objekt der Rache hätten sein sollen und können.

Überblick

Die Rache ist ein Akt der Selbsthilfe. Eine erfahrene Schädigung kränkt die Selbstachtung derart, dass sie Hass auslöst, und der als gerecht empfundene Hass soll durch die Rachetat gestillt werden. Ihr geht es darum, den Missetäter oder einen ihm Nahestehenden in die gleiche Lage zu versetzen. Wen die Rache traf, der glaubt sich nicht selten seinerseits im Recht, sich am Rächer zu rächen, oft ein Teufelskreis.

Ist es zu einem von beiden Seiten gefühlten Ausgleich gekommen, ist eine vertragliche Aussöhnung möglich.

Religiöser Aspekt

In Religionen wie z. B. dem Christentum tritt als Forderung an den Gläubigen an die Stelle der Rache – wenngleich nicht immer – die Vergebung.

Innerhalb der eigenen Gemeinschaft sind gegenseitige „Missetaten“ untersagt und dies wird durch die soziale Nähe auch durchwegs kontrolliert. Deswegen tritt dort die Rache oft hinterrücks auf. Ein Beispiel, dass hier ein Problem des Zusammenlebens liegt, ist z. B. im Judentum das folgende Zitat aus der Pentateuch: Du sollst nicht Rache üben, noch Groll behalten gegen die Kinder deines Volkes, sondern du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Denn ich bin der Herr. (3.Buch Mose 19, 18).

Nach christlichem Verständnis ist Rache mit der Todsünde Zorn (Ira) zu vergleichen.

Soziologischer Aspekt

Soziologisch bzw. sozialanthropologisch gefasst, dient die Rache der Wiederherstellung verletzter Ehre, wenn diese anders nicht Genugtuung findet. Man kann sie als „negative Gabe“ auffassen, die auf eine „negative Gabe“ antwortet (vgl. Tausch (Soziologie) – insofern besteht eine strukturelle Ähnlichkeit der „Rache“ zur „Dankbarkeit“ (s.a. unten).

Formen der Rache sind bei Mangel an zentraler Rechtsprechung verbreitet (vgl. die „Blutrache“). Sie ist eine soziale Institution in Gemeinschaften bzw. segmentären Gesellschaften, in denen Kränkungen innerhalb von Untergruppierungen (Segmenten) offiziell nicht vorkommen dürfen und nicht anders behoben werden können. In diesem Rahmen ist „blinde Rache“ gerade unüblich: Mögliche Rächer und Opfer sind relativ fest durch die Sitte geregelt.

In neuzeitlichen Gesellschaften dient sie vielfach zur ideologischen Bemäntelung politisch und kommerziell ausgerichteter Handlungen.

Psychologischer Aspekt

Psychologisch gesehen, kann die Rache als bewertungsabhängige Emotion verstanden werden (je nach emotionstheoretischem Standpunkt schließt die Emotion Rachehandlungen bereits mit in den „Emotions“-Begriff ein, oder die Emotion wird als zu solchen Rachehandlungen disponierend angesehen), deren Qualität und Intensität davon abhängt, ob einem Schädiger Verantwortlichkeit und Absicht unterstellt werden.

Der „Rachgier“ – dem Wunsch nach Rache – liegen zum einen situative Aspekte zugrunde, zum anderen verschiedene personenbezogene Bedingungen und Motive:

  • der Wunsch nach Wiederherstellung des Selbstwertes
  • der Wunsch nach Wiederherstellung von Gerechtigkeit
  • der Wunsch nach Wiederherstellung von Sicherheit
  • persönliche Voreingenommenheiten und individuelle Unterschiede in der Sensibilität für Ungerechtigkeit.

Eine persönliche Voreingenommenheit, andere Menschen milde und versöhnlich zu betrachten, verhindert oder vermindert hingegen die „Rachlust“.

Rache wird entweder direkt, oder stellvertretend für andere ausgeführt (z. B. für machtlose Opfer), gegenüber unmittelbaren Schädigern oder mit diesen assoziierten Menschen (z. B. Judenverfolgung, wenn man in deren Vorfahren die „Mörder Jesu“ sah), sie kann sich in Rachehandlungen manifestieren oder nur in der Fantasie ausgelebt werden.

Philosophischer Aspekt

Verzicht auf Rache gilt als Tugend von Hochgestellten (als „Großmut“), auch als christliche Tugend (Langmut, Barmherzigkeit).

Friedrich Nietzsche hat „Vergeltung“ als natürliche Antwort auf Gutes wie Böses, das Menschen empfängt, gedeutet. So ist Dankbarkeit für ihn „die gute Rache“ (Morgenröte 138).

Rechtlicher Aspekt

Rache ist nach deutschem Recht ein Mordmerkmal des § 211 StGB in Form des niederen Beweggrundes. Wer einen Menschen aus Rache tötet, begeht keinen Totschlag (§ 212 StGB), sondern Mord mit der Folge einer höheren Strafzumessung.

Rache ist nicht deckungsgleich mit dem strafrechtlichen Begriff der „Vergeltung“, da Vergeltung einen deutlicheren Gerechtigkeitsbezug, d. h. eine Ausgleichsfunktion für erlittene Ungerechtigkeit hat.

Andere Formen der „Vergeltung“ in Selbstjustiz, etwa durch Rückzug (z. B. die „Schweigestrafe“ gegenüber einem Nahestehenden, der einem etwas angetan hat) oder die Beeinträchtigung der Arbeitsleistung („Bremsen“, „Sabotage“ gegenüber einem Arbeitgeber, der einen schindet oder schlecht bezahlt) kommen der „Rache“ wiederum näher.

Rache in der Dichtung

Die Rache – oder der großmütige Verzicht auf sie – ist eins der häufigsten Motive dramatischer und epischer Literatur:

Fachliteratur

  • Karl, Isak: Die Rachegesellschaft. Der Rachediskurs in den Printmedien. Ein Beitrag zur Logistik der Medien" Maria Saal: v+m-Verlag, 2003.
  • Paul, Axel: Die Rache und das Rätsel der Gabe, in: Leviathan, 2005, H. 2, S. 240–256 (soziologische Analyse)
  • Richter, Ursula: Die Rache der Frauen, Formen weiblicher Selbstbehauptung. Kreuz Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-7831-1114-5

Unterhaltungsliteratur

  • Punisher, John: Das Schwarzbuch der Rache, 2004 (Rachegeschichten)

Film

Siehe auch

Wikiquote: Rache – Zitate