Benutzer:Wilfried Litz/Schönrath-Neurath - namhaftes Gestüt der ehemaligen Rheinprovinz
Heinrich Johann Litz ¤22.12.1822 †13.6.1875, zweitgeborener Sohn des Stadtbauern und Brandweinbrenners Peter Litz ¤14.6.1792 †24.8.1841 in der Bauernbank Schaafenstraße der Bauerngenossenschaft der Stadt Köln, setzte die Tradition der Familie fort. Heinrich erlernte auf dem Steinzlerhof der Familie Vonhausen bei Drommershausen/Weilburg die Landwirtschaft. Er heiratete deren Tochter Wilhelmine. Auf dem Paulinenhof des Grafen Fürstenberg zu Stammheim in Flittard bei Mülheim am Rhein bildete er sich weiter. Graf Fürstenberg war dabei von ihm sehr beeindruckt; im gräflichen Zeugnis ist zu lesen: „Dem Herrn Litz erteile ich mit vielem Vergnügen gegenwärtiges Zeugnis unter der Bemerkung, daß er als gründlicher Landwirth ausgebildet ist und ohngeachtet seiner Jugend, mit einer jeden Landwirtschaft betraut zu werden, würdig ist“. Er setzte ihn zunächst als Wiesenbeauftragten, dann als Verwalter der Liegenschaften seines Schlosses Reuschenberg bei Opladen ein. Heinrich bewohnte einen Nebenflügel des Schlosses. Seit 1856 bewirtschaftete er als Pächter das gräfliche Hofgut Neurath bei Mülheim am Rhein. 1860 übernahm er zusätzlich das Neurath eng benachbarte Hofgut Schönrath. Während seiner Ausbildungszeit auf dem Steinzlerhof der Vonhausens hatte er durch seinen Schwager Wilhelm Vonhausen, der in Giesen Forstwirtschaft studierte, Justus Liebig kennen gelernt und wurde ein begeisterter Anhänger von dessen Agrikulturchemie ( Lehre über die Düngung des Bodens ). Diese Kenntnisse setzte er auf den von ihm bewirtschafteten Höfen um und steigerte damit seine Erträge wesentlich im Vergleich zu den umliegenden Betrieben. Dabei machte er sich die Nähe der Stadt Mülheim zunutzen. Dazu schaffte er sogenannte Vakuumwagen an. Diese "Litze Attlerie"(Grubenreinigung) war bald ein Begriff in der Umgebung, unter dem seine Kinder und auch die Enkelkinder, gelegentlich sogar noch die Urenkel zu leiden hatten, die von ihren Schulfreunden gehänselt wurden (Anrede “Driss Litz“ sowie Zwischenrufe “Abtrittsfeger“ von Mitschülern bei der Frage der Lehrer nach dem Beruf des Vaters). Heinrich begann zudem, Arbeitspferde belgischen Schlages zu züchten
Heinrichs Sohn Ludwig Nikolaus ¤19.7.1851 †7.12.1913 absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung und wurde nach seiner Militärzeit bei den Deutzer Kürassieren sowie der Teilnahme am deutsch-französichen Krieg von 1870/71 ein herausragender Landwirt. Er heiratete Alouise Leuffen, Tochter des Landwirts Arnold Leuffen auf Haus Haan bei Dünnwald. Ludwig brachte das Rheinische Kaltblutpferd durch seine Zucht zu Ansehen. Die Schönrather Pferdezucht war die bedeutendste im Westen des Reiches. Die herausragendsten Vererber hießen Coloß und Rochus. Der Hengst Rochus und siebzehn eingetragene Stuten wurden beispielsweise bei der Hengstschau der Rheinprovinz 1907 Sieger. Von Schönrath holte der preußische Oberlandstallmeister Graf Lehndorf die Zuchttiere, und alle bekannten Gestüte wurden beliefert. Hengste und Stuten gingen in die Nachbarländer, sogar nach Rußland und gelegentlich nach Amerika
Der zunehmende Bedarf an Fleisch der schnell wachsenden Städte Mülheim und Köln, die zur Fleischversorgung in steigendem Maße von weit her Tiere mit großen Frachtausgaben heranschaffen mußten, veranlaßte ihn, die Schweinezucht zu erweitern. Dabei erfolgte das Mästen der Schweine im Weidegang auf den Weiden des Höfeterritoriums von 951,5 Morgen, das sich vom Rhein bis in den Weidenbruch im heutigen Stadtteil Höhenhaus erstreckte. Der Höchstbestand erreichte über dreitausend Tiere, ein unglaublich großes Gewimmel an Schweinen auf den Weiden,
Bis zu Vierzig Zentner Spargel wurden zur Erntezeit täglich sortiert, verpackt und verschickt. Über Kommissionäre gingen die Postrollis durch ganz Deutschland, und jeden Morgen um vier Uhr rollten die Wagen zum Kölner Markt.
Im Jahre 1900 entschloß er sich, eine Ziegelbrennerei zu erstellen. Dazu sollte der Ring(brenn)ofen nahe bei Schönrath errichtet und das notwendige Ausgangsmaterial aus einer Lehmschicht gewonnen werden, die sich in unmittelbarer Nähe unter einer Ackerparzelle von Neurath befand. Nach Ausbeutung des Lehmlagers sollte der Acker wieder aufgeschüttet und rekultiviert werden. Geplant war die Produktion von fünf Millionen Steinen pro Jahr mit einer Abgabe von 1,25 Mark je tausend Steine an Graf Fürstenberg. Ein Vertrag wurde geschlossen. Auf der Basis des Rayongesetzes vom 10. September 1828, das verbietet, im Vorfeld einer Festung Gebäude zu errichten, um das Schießfeld frei zu halten, vereitelte die Militärverwaltung schließlich den Bau des Ringofens wegen Nähe zu Fort 11.
In den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg plante er an einer Konservierungsfabrik für die Nahrungsmittel Fleisch, Gemüse und Obst; doch unvorhersehbar, übernahm die Brauerei Balsam in Mülheim die dafür ins Auge gefaßten in der Nähe liegenden Gebäude der schon seit langem geschlossenen, aufgegebenen und verlassenen Bergischen Löwenbrauerei. Schon früh erkannte er die Bedeutung des Umweltschutzes. 1888 weist er in einem Schreiben an den Bürgermeister Steinkopf der Stadt Mülheim auf die Flurschäden und insbesondere auf die allgemeinen Gefahren hin, die von den Abgasen des abgebrochenen Schornsteins der chemischen Fabrik Colomba ausgehen.
Ständig waren Eleven auf den Höfen Schönrath und Neurath, darunter viele Ausländer, die zu tüchtigen Landwirten erzogen wurden.
Für den Menschen Ludwig Litz zeugen sowohl die “Litze Hüser“ – Wohnungen für seine gelernten Arbeiter – als auch manches Jubiläum seiner alten Gehilfen, ein für die damaligen Verhältnisse außergewöhnliches soziales Verhalten. Jeder, auch der “Sachsengänger“ (Saisonarbeiter) wußte, daß Fleiß und Pflichttreue ihren verdienten Lohn fanden. Ein kleines Lebensbild eines Gehilfen, des Schmiedemeisters Nikolaus Schäfer, auch als “De Schäfers Klös“ bekannt: Nicht nur in der Umgebung der Höfe war der “Sanipädsrat Klös“ wegen seines “Pädsverstands“ bekannt; sein Name wurde mit dem von Ludwig Litz genannt: Als junger Hufschmied kam der Eifeler auf die Höfe und führte hier wie auf den Ausstellungen die Pferde vor. Litz holte die Preise in der Pferdezucht, sein “Nikla“ die im Hufbeschlag. Es war nach einigen Ausstellungen so, daß die Leiter nach anerkennenden Worten den Nikolaus Schäfer aus der Liste strichen, damit auch andere Hufschmiede einmal als Preisträger genannt werden konnten. Auch bei den Tierärzten war er bekannt, weil er auf den Höfen und in der Umgebung, wenn schnelle Hilfe Not tat, manches Tier rettete. Einmal verfolgte er einen Pferdedieb bis an die belgische Grenze und brachte das wertvolle Tier zurück.
Auch der Stellmachermeister Kowalski, der Sattlermeister Oepen, der Gärtnermeister Neukirchen und der Schweizer Vogler waren äußerst tüchtige und treue Gehilfen. Überhaupt, alle Landarbeiter, bestehend aus Jaeschke, Damm, Krupa, Mischke, Ignaz und viele, viele andere, fühlten sich geborgen wie in einer großen Familie.
Nach Ludwigs Tod war sein ältester Sohn Heinrich ¤19.3.1881 †7.3.1945.für die landwirtschaftlichen Belange, sein zweitgeborener Sohn Ludwig ¤24.6.1888 †13.4.1957 für die Kaltblutpferdezucht verantwortlich. Diese endete mit dessen Tod. Ludwigs jüngster Sohn Wilhelm ¤9.6.1892 †2.1.1973 studierte zunächst an der Militärakademie in Berlin. Aufgrund seines exzellenten Examens wurde er ─ im Jargon des adeligen Offizierkorps ausgedrückt ─ als einziges „bürgerliches Schwein“ in das 2.Gardeulanen Regiment aufgenommen. Als Leutnant nahm er am ersten Weltkrieg teil. Ende 1918 beendete er aber seine Offizierslaufbahn und wurde im Hofbetrieb Schönrath-Neurath tätig, wobei er als passionierter Reiter mit der Zucht von Vollblütern begann, weil er die Ansicht vertrat, daß dort, wo erstklassige Kaltblüter wachsen, bei richtiger Freilandaufzucht auch erstklassige Vollblutpferde gezüchtet werden können. Seine Pferde wie Widerspruch, Friedrich, Renatus, HeinzLudwig, Friede, Fahrewohl u.v.a. haben sich in der Tat die bedeutendsten Prüfungen des Westens geholt, so daß die Fachpresse Schönrath als die neben Gestüt Ravensberg durchschnittlich erfolgreichste Vollblutzucht im Westen ermittelte. Anfang 1945 wurde der Grundstock der Zucht in einem Gewitter durch einen Blitz auf einen Schlag vernichtet: Schönrath liegt relativ nah an der Stadt Köln. In den letzten Kriegsjahren wurden daher der Bombengefahr wegen die meisten Mutterstuten ins Bergische Land nach dem Dorf Schönenbach bei Schladern a.d. Sieg evakuiert. Die Familie war schon ins Haus Mühlenbach gezogen, das an der Landstraße von Schladern a.d. Sieg über Spurkenbach in Richtung Waldbröl liegt. Aufgrund der züchterisch praktizierten Freilandhaltung war den Pferden freie Tür gegeben, d.h. sie hatten die Möglichkeit sich auf die Weide oder in den Stallbereich zu begeben, je nach Neigung. Unangekündigt entwickelte sich in einer Nacht ein heftiges Unwetter. Durch die extreme Häufigkeit der Blitze und Donnerschläge sind die Pferde offensichtlich in Panik ins Freie gestürmt und eng gedrängt (wie ein Körper) auf der mit Wasser überzogenen Koppel im Kreis gerannt. Ein Pferd ist wahrscheinlich vom Blitz getroffen worden und damit die auf der wasserüberströmten Weide eng gedrängte Pferdemenge als Ganzes. Jedenfalls lagen am Morgen alle Pferde tot auf der Weide, mit Ausnahme eines versprengten Fohlens namens Friede. Damit war die Basis seiner Vollblutzucht vernichtet, eine Basis, die in vielen Jahren wieder hätte aufgebaut werden müssen, ein nutzloses Unterfangen in Hinblick auf den kommenden wirtschaftlichen Zusammenbruch infolge des nahenden Kriegsendes .Die Restzucht wurde daher aufgelöst und dabei Friede als Jährling verkauft. An den ersten wichtigen Rennen, die nach dem Krieg 1948 stattfanden, nahm sie teil. Dabei zeigte sie die herausragenden Qualitäten ihrer vom Blitz erschlagenen Mutter Friederun.
Einige Monate vorher hatte Wilhelm noch die Auslieferung der Pferde an den verbohrten Militärbefehlshaber in Waldbröl verweigert., der sie zum Ziehen von Kanonen requirieren wollte, Wilhelms Begründung, als Offizier des 1.Weltkrieges wisse er, welche Pferde zu welchem militärischen Einsatz verwendet werden können, brachten den Obernazi zum Tobsuchtsanfall, wobei er die Offiziere des ersten Weltkriegs als Saboteure bezeichnete und Wilhelm wegen Wehrzersetzung und wegen seiner Nichtmitgliedschaft in der NSDAP (HitlerPartei) standrechtlich zum Tod durch Erschießen verurteilte. Als Wilhelm zum Exekutionsplatz transportiert wurde, fragte der Fahrer, wo die amerikanische Armee stünde. Auf Wilhelms Antwort, diese stehe bei Schladern an der Sieg und die Amerikaner würden sicher in der Nacht oder morgen früh die Sieg überqueren, setzte er sich ab, nachdem er zuvor Wilhelm nach Hause zum Haus Mühlenbach gefahren hatte.
Durch den Vergleich der relativen Züchterprämien (gezahlte Züchterprämie/vorhandene Mutterstuten) ermittelte die Fachpresse, daß Schönrath neben Ravensberg jahrelang die erfolgreichste Zucht im Westen führte.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Bendel: Heimatbuch des Landkreises Mülheim am Rhein. Geschichte und Beschreibung. Sagen und Erzählungen. 2. und 3. Aufl. Eigenverlag, Köln-Mülheim 1925, S. 398.
- Manfred Gorny: 1948–1998 50 Jahre dazwischen. Die Geschichte der Bruder-Klaus-Siedlung in Köln-Mülheim. Eigenverlag, Köln-Mülheim 1998.
- Jürgen Huck: Die Bürgermeisterei Merheim und ihre Vorläufer im Wandel der Zeit. In: Die Bürgermeisterei Merheim im Wandel der Zeit. Hrsg. vom Heimatverein Köln-Dellbrück e.V. „Ahl Kohgasser“. 2. Aufl. Köln 1974, S. 44–157.
- W. Jorzik / J. Kisters / S. Schatz: Vorstadt in Köln: Siedlung Neurath in Höhenhaus. Hrsg.: Mieterinitiative Höhenhaus – Neurath. Köln 1990. [Rezension in in: Geschichte in Köln 31 (1992), S. 152–153]
- Alfred Kemp: Köln-Höhenhaus zwischen damals und gestern. Cramer, Köln 1996, Neuauflage 2007, S. 6.
- Henriette Meynen (Historische Texte): Denkmälerverzeichnis. 12.7 Köln Stadtbezirk 9 (Mülheim) Hrsg. vom Landeskonservator Rheinland. Rheinland Verlag, Köln 1979, ISBN 3-7927-0461-7, S. 70.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Schönrath als Denkmal auf Bilderbuch-Koeln.de ( vom 19. Januar 2019 im Internet Archive)
- Schönrath auf Bilderbuch-Koeln.de ( vom 19. Januar 2019 im Internet Archive)
- „Schönrather Hof“. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. (Abgerufen: 19. Januar 2019)
Einzelnachweise
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