Kruzifix von Mastro Guglielmo

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Kruzifix von Mastro Guglielmo
Kruzifix aus Sarzana
Künstler Mastro Guglielmo
Jahr 1138
Technik Tempera auf Kastanienholz
Höhe 299 cm
Breite 214 cm
Standort Kirche Santa Maria Assunta in Sarzana (Italien)
Das Kruzifix in der Cappella del Crocifisso der Kirche Santa Maria Assunta in Sarzana

Das Kruzifix von Mastro Guglielmo – auch als Kruzifix aus Sarzana bekannt – ist eine in Tempera gemalte Darstellung des auferstandenen Christus an einem Kruzifix aus Kastanienholz.

Dieses Kreuz aus dem Jahr 1138 ist das erste bekannte Beispiel einer Ikonografie der Typologie Christus triumphans[1][2] und auch das älteste datierte Exemplar eines gemalten Kruzifixes aus der Toskana.[3] Das Kruzifix wird heute in der Cappella del Crocifisso der Kirche Santa Maria Assunta in Sarzana an der Küste des Ligurischen Meeres aufbewahrt.[1]

Das Kreuz ist 1138 datiert und von dem Maler Guillielmus (Mastro Guglielmo) signiert: Anno Milleno Centeno Ter Quoque Deno Octavo Pinxit Guillielmus Et Hec Metra Finxit.

Die Herkunft des Kruzifixes ist unbekannt: Es könnte aus der alten Kathedrale von Luni oder der Pfarrkirche St. Andreas (Pieve di Sant’Andrea) in Sarzana stammen. Der Auftraggeber soll ein gewisser Guglielmo Francesco, der Sohn von Alberto Rufo, der mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt in Verbindung gebracht wird, oder ein Mitglied der Villano-Familie sein.

Im Jahr 1470 wurde die Pfarrkirche St. Andreas renoviert und das Guglielmo-Kreuz an einen nicht näher bezeichneten Ort gebracht. Einige Jahre später tauchte es im Oratorium von Santa Croce wieder auf. Von dort gelangte es in die Kathedrale Santa Maria Assunta, wo es über der Tür der Sakristei angebracht wurde.

Das Kruzifix war dort auch während des Pastoralbesuchs von Bischof Giovanni Battista Bracelli im Jahr 1572, der feststellte: invenit iconam seu potius aliquas figuras Crucifixi, Beatae Mariae, Nicodemi et aliorum sanctorum vetustissimas et minime condecentes (deu. eine Ikone oder vielmehr einige Figuren des Gekreuzigten, der seligen Gottesmutter Maria, Nikodemus und anderer Heiliger sind sehr alt und nicht passend).[4]

Zwölf Jahre später, 1584, sah Monsignore Angelo Peruzzi während seiner apostolischen Visitation auf dem Altar das Bild Purificazione della Beata Vergine Maria (deutsch Reinigung der Jungfrau Maria) ausgestellt und stellte fest, dass dieser Altar habet iconam cum Imagine Crucifixi, in actu quo Nicodemus Corpus D. N. Jesu Christi levavit de cruce, cum multis aliis imaginibus, ita quod redditur valid ornatum (deutsch eine Ikone mit dem Bild des Gekreuzigten hat, in dem Nikodemus den Leib unseres Herrn Jesus Christus vom Kreuz erhoben hat, sowie viele andere Bilder wie diese wertvolle Verzierung).[5]

Im Jahr 1602 wurde dem Kruzifix ein Wunder zugeschrieben: Ein Kind namens Agostino wurde am 14. September geheilt, nachdem seine Mutter ein Gelübde beim Kreuz abgelegt hatte. Am 26. und 27. Oktober desselben Jahres ereigneten sich zwei weitere Heilungswunder, die jeweils von der Kirche bestätigt wurden.[6] Als Folge dieser Wunder und der wachsenden Verehrung der Gläubigen wurde das Kruzifix auf Vorschlag der Kanoniker in die Johannes dem Täufer geweihte Kapelle der Familie Cattanei gebracht. Der Altar wurde im Jahr 1607 geweiht.[7] Die offizielle Liturgie wurde durch die Volksfrömmigkeit ergänzt: Es entstand eine dem Heiligen Kreuz geweihte Bruderschaft, die sich um die Kapelle kümmerte und die Kreuzesverehrung verbreitete. Eine Zeit lang wurde jeden Morgen vor dem Kruzifix eine Messe gefeiert.[8]

Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Verehrung des Kruzifixes mit drei Passionsreliquien verbunden, die sich in der Konkathedrale von Sarzana befanden: die Reliquie des Heiligen Kreuzes, die des Kostbaren Blutes Christi und die der Heiligen Jungfrau Maria des Chores.[9] Die populäre Überlieferung berichtet von weiteren Wundern, die mit der Verehrung des Kruzifixes aus Sarzana verbunden sind.

Christus wird am Kreuz dargestellt, begleitet von den Trauernden (dolens) und umrahmt von Tafelbildern unterschiedlicher Größe mit Passionsgeschichten. Der Autor wurde mit dem konventionellen Namen Mastro Guglielmo bezeichnet, da er sich epigraphisch unter dem titulus crucis als Autor des Couplet (metra) unter diesem Namen ausweist und erklärt: ANNO MILLENO CENTENO / TER QUOQ(ue) DENO / OCTAVO PIN/X(it) / GUILLEM ET H(aec) METRA FINX(it).[10]

Die Christusfigur ist als triumphierend dargestellt (Christus triumphans), eine Ikonographie, die auf karolingische Elfenbeine zurückgeht und typisch für das Umfeld der Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts (ita. Riforma gregoriana) ist, die in den anderen bemalten Kreuzen des mittelitalienischen Raums wiederkehrt, z. B. in Lucca, Pisa, Florenz, Arezzo, Spoleto und möglicherweise auch in Rom. Die Bemalung wurde auf einem Träger aus Kastanienholz ausgeführt, einer Holzart, die typisch für Werke des 12. und frühen 13. Jahrhunderts ist. Zwischen den verschiedenen vorbereitenden Schichten befanden sich je nach Epoche eine verputzte kreidehaltige Leinwand, einige Pergamentstreifen für die strukturell brüchigeren Bereiche und eine sehr kompakte und perfekt ausgeführte Schicht aus Gips und Leim.

Wahrscheinlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde die Christusfigur – mit Ausnahme des Lendenschurzes – unter Berücksichtigung des Stils und der Physiognomie des Werks neu bemalt. Die ursprüngliche Figur ist teilweise lesbar dank der Radiographie und Reflektographie, die während der letzten Restaurierung durch das Opificio delle Pietre Dure im Jahr 2001 durchgeführt wurden.[11]

Christus triumphans

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Wesensmerkmale des Christus triumphans, die die Haltung eines lebendigen Christus zeigen, der von den Leiden am Kreuz losgelöst ist:

Darstellungsinhalte

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Hochaltar der Kirche von Stift Heiligenkreuz mit der Kopie des Kruzifixes von Mastro Guglielmo

Kopie: Die Kreuzesikone im Stift Heiligenkreuz

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Eine moderne Kopie des Kruzifixes von Mastro Guglielmo befindet sich in der Kirche des Zisterzienser-Stiftes Heiligenkreuz, diese wurde im Rahmen der Renovierung des Altarbereichs der Kirche vom italienischen Künstler Renato Manfredi aus Arcola (Provinz La Spezia) in den Jahren 1980 bis 1981 angefertigt[15] und am Karfreitag (17. April) des Jahres 1981 über dem Altar aufgehängt.[16]

Die Kopie des Kruzifixes aus Sarzana weist nur wenige Unterschiede zum Original auf. Sie wurde mit Ölfarben auf Holz (2,6 × 2,02 m) gemalt. Die Holzstärke beträgt 6 cm, das Gewicht 17 kg. Der Goldgrund besteht aus 22-karätigem Blattgold.[15]

Papst Benedikt XVI. hat am 9. September 2007 das Zisterzienserstift Heiligenkreuz besucht[17] und bei diesem Anlass die Kreuzesikone in der Heiligenkreuzer Abteikirche mit folgenden Worten ausgedeutet:

Unser Licht, unsere Wahrheit, unser Ziel, unsere Erfüllung, unser Leben – all das ist nicht eine religiöse Lehre, sondern eine Person: Jesus Christus. Noch viel mehr als wir Menschen Gott je suchen und ersehnen können, sind wir schon zuvor von ihm gesucht und ersehnt, ja gefunden und erlöst! Der Blick der Menschen aller Zeiten und Völker, aller Philosophien, Religionen und Kulturen trifft zuletzt auf die weit geöffneten Augen des gekreuzigten und auferstandenen Sohnes Gottes; sein geöffnetes Herz ist die Fülle der Liebe. Die Augen Christi sind der Blick des liebenden Gottes. Das Kreuzesbild über dem Altar, dessen romanisches Original sich im Dom von Sarzana befindet, zeigt, dass dieser Blick einem jeden Menschen gilt. Denn der Herr schaut jedem von uns ins Herz.

Papst Benedikt XVI.[18][19]
  • Georg Martin Richter: The Crucifix of Guilielmus at Sarzana. In: The Burlington magazine for Connoisseurs, Bd. 51, Nr. 295, Oktober 1927, S. 162+166-169+172-175+177 (JSTOR).
  • Piero Torriti: Ritorno a una vecchia città. Guida di Sarzana e dintorni. Canale, Sarzana 1977, S. ?.
  • Marco Ciatti, Cecilia Frosinini, Roberto Bellucci (Hrsg.): Pinxit Guillielmus. Il restauro della croce di Sarzana. Edifir, Florenz 2001, ISBN 978-88-7970-069-6 (Digitalisat S. 27–30).
  • Mariagiulia Burresi, Lorenzo Carletti, Cristiano Giacometti: I pittori dell’oro. Alla scoperta della pittura a Pisa nel Medioevo. Pacini Editore, Pisa 2002, ISBN 88-7781-501-9.
  • Agnes Willi: Über alle erhöht. Die Kreuzesikone des Meisers Gulielmus im Stift Heiligenkreuz. Mit einer Hinführung von Pater Karl Wallner. Be&Be, Heiligenkreuz 2009, ISBN 978-3-902694-02-7.
  • Giuliana Algeri: La Croce dipinta di Sarzana e la tradizione del “Volto Santo” nelle chiese del Levante. In: La pittura in Liguria. Genua 2011, S. 17–29.
Commons: Kruzifix von Mastro Guglielmo – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Finestre sull’Arte: La croce di Guglielmo a Sarzana: la prima croce dipinta datata della storia dell’arte, abgerufen am 29. Juni 2022.
  2. François Boespflug: La Crucifixion dans l’art. Un sujet planétaire. Bayard Editions, Montrouge 2019. ISBN 978-2-227-49502-9, S. 63.
  3. M. Burresi, L. Carletti, C. Giacometti: I pittori dell’oro. Alla scoperta della pittura a Pisa nel Medioevo, S. 20; A. Willi: Über alle erhöht, S. 27.
  4. W. G. van Ketel: Del Crocifisso di mastro Guglielmo a Sarzana: la sua vicenda storica e il suo vissuto come oggetto sacro, in: Archivio vescovile Lunense, Visita Apostolica di G. Battista Bracelli, Blatt 42, Università degli studi di Genova, facoltà di lettere e filosofia, 1983–1984.
  5. Archivio vescovile Lunense, Visita Apostolica di Monsignor Angelo Peruzzi (parte I, carta 26), in: La visita apostolica di Angelo Peruzzi nella Diocesi di Luni-Sarzana (1584), E. Freggia, Rom 1986, Bd. I, S. 22 (italienisch) ISBN 88-6372-240-4.
  6. A. Willi: Über alle erhöht, S. 85.
  7. Nach der feierlichen Überführung des gemalten Kreuzes wurde die Kapelle jedoch als „Kapelle des Kruzifixes“ bekannt, und 1717 ließ Kardinal Lorenzo Casoni, päpstlicher Legat von Papst Clemens XI., alle mit der Familie verbundenen Wappen und Ornamente entfernen. Zwischen 1991 und 1998 wurde die Kapelle erneut restauriert.
  8. In einer Intervention des Bischofs vom 21. Januar 1617 heißt es: Da berichtet wurde, dass die erste Messe jeden Morgen in der Kapelle des Allerheiligsten Kruzifixes unserer Kathedrale von Sarzana gefeiert wird und dass es wegen der Enge dieser Kapelle oft zu Skandalen kommt und kommen kann (...), informieren wir jeden Priester, die erste Messe am Hochaltar zu feiern.
  9. Der handschriftliche Kodex Il Sacrista istruito, der zwischen 1741 und 1842 entstand, gibt die Art und Weise an, wie bestimmte Gebete zu verrichten sind: „Wenn die Reliquie des Kostbaren Blutes ausgesetzt wird, werden am Morgen auch das Kruzifix und die Jungfrau des Chores aufgedeckt (...) sobald die gesungene Hl. Messe beendet ist, werden sowohl das Kruzifix als auch die Jungfrau des Chores bedeckt“. Diese Anweisungen besagen auch, dass jeden Freitag die Konventsmesse in der Kapelle des Allerheiligsten Kreuzes gesungen werden muss.
  10. G. M. Richter: »The Crucifix of Guilielmus at Sarzana«, in: The Burlington magazine for Connoisseurs, S. 162; G. Rosini: Storia della pittura Italiana. Niccolò Capurro, Pisa 1840, S. ?.
  11. Opificio delle Pietre Dure – Sarzana, Croce dipinta, abgerufen am 29. Juni 2022.
  12. Die Klagelieder – Viertes Lied: 4, 1-22, in: Die Bibel (Einheitsübersetzung, Gesamtausgabe), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-460-44102-6, S. 962.
  13. Lamentationes 4, 20.
  14. Das Buch Jesaja 53, 7 und Apostelgeschichte 8, 32, in: Die Bibel (Einheitsübersetzung, Gesamtausgabe), Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-460-44102-6, S. 883 und 1264.
  15. a b A. Willi: Über alle erhöht, S. 33; Stift Heiligenkreuz: „Bravo, lieber Herr Renato Manfredi, bravo!“. 15. November 2012, abgerufen am 3. Juli 2022.
  16. A. Willi: Über alle erhöht, S. 7 und 33.
  17. Apostolische Reise von Papst Benedikt XVI. nach Österreich anlässlich des 850. Gründungsjubiläums des Wallfahrtsortes Mariazell (7.-9. September 2007), abgerufen am 28. Juli 2022; Agenzia Fides – Vatikan: Papst Benedikt in Österreich. 11. September 2007, abgerufen am 28. Juli 2022.
  18. A. Willi: Über alle erhöht – Hinführung von Pater Karl Wallner, S. 17.
  19. Papst Benedikt XVI.: »Ansprache in der Abteikirche Heiligenkreuz am 9. September 2007«; in: Maximilian Heinrich Heim (Hg.): Tu es Pastor Ovium, Heiligenkreuz: Be&Be-Verlag 2009, S. 95 ISBN 978-3-902694-03-4