Immaterialismus
Der Ausdruck Immaterialismus wurde bisweilen in unterschiedlichem Sinne verwendet, um bestimmte ontologische Positionen zu bezeichnen, darunter Positionen[1], welche auf eine der folgenden Thesen verpflichtet sind:
- Was uns als Materie erscheint, ist reduzierbar auf Bedingungen im Erkenntnissubjekt: Idealismus. (Eine antirealistische These.)
- Was uns als Materie erscheint, ist reduzierbar auf immaterielle Objekte: Spiritualismus. (Eine realistische These.)
- Was uns als Materie erscheint, existiert wirklich, ebenso wie aber auch Immaterielles. Impliziert die Negation des ontologischen Materialismus. (Eine realistische These.)
Begriffsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die bekannteste und philosophiehistorisch wichtigste Begriffsverwendung von „Immaterialismus“ im Sinne eines Idealismus ist die entsprechende Selbstbezeichnung der Position von George Berkeley. Dieser zufolge hat die räumlich erstreckte Außenwelt kein objektives Sein, sondern „existiert“ nur mittelbar, insofern sie dem Subjekt erscheint. Die vielzitierte Kurzformel „Their esse is percipi“ fasst dies prägnant zusammen: materielle Objekte sind nur, insofern sie aufgefasst werden, ihr Sein ist Wahrgenommensein.[2][3]
Ähnliche Positionen waren kurz zuvor von Pierre de Lanion und Jean Brunet[4] vertreten worden, zeitgleich auch von Arthur Collier, im 19. Jh. dann von Collyns Simon.[3][5]
Der Ausdruck „Idealismus“ wurde zunächst von Leibniz für die platonische Philosophie gebraucht, wird dann aber im 18. Jh. zur Kennzeichnung vorbenannter Position verwendet, wofür der Wortgebrauch Wolffs maßgeblich wird.[3]
Auch Berkeleys Philosophie wurde später mit der Kennzeichnung „Spiritualismus“ versehen.[3]
Denis Diderot definiert abweichend Immaterialismus als die (dritte einführend angeführte) These, dass sowohl Materielles wie Immaterielles existiert.[3]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vgl. für die ersten beiden Charakterisierungen etwa Art. Immaterialismus, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 769. Sowie Rudolf Eisler: Art. Immaterialismus, in: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1, Berlin 1904, S. 499. Ausschließlich im Sinne der ersten Position wird der Ausdruck „Immaterialismus“ engführend erklärt etwa in: Walther Ch. Zimmerli: Art. Empirismus, in: Evangelisches Kirchenlexikon, Bd. 1/3, S. 1026.
- ↑ G. Berkeley: Principles, in: Luce / Jessop: Works, London 1948–57, 2, 42, § 3.
- ↑ a b c d e W. Halbfass: Art. Immaterialismus, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4, S. 241.
- ↑ Auch als Claude Brunet geführt, vgl. Charles James McCracken: Knowledge of the Existence of Body, in: Daniel Garber / Michael Ayers (Hgg.): The Cambridge History of Seventeenth-Century Philosophy, Cambridge: Cambridge University Press 1998, 1, 624–48, hier 647.
- ↑ Zu Lanion, Brunet und Collier vgl. einführend die Darstellungen in: Charles James McCracken / I. C. Tipton: Berkeley's Principles and Dialogues, Background source materials, Cambridge philosophical texts in context, Cambridge: Cambridge University Press 2000.