Internetrecht

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Der Begriff Internetrecht bezeichnet alle Normen des objektiven Rechts, die sich mit dem Internet beschäftigen.

Mit der zunehmenden Nutzung und Kommerzialisierung des Internets im Laufe der 1990er Jahre weckten auch deren rechtliche Implikationen die Aufmerksamkeit der Rechtswissenschaft. Die staatliche Regulierung insbesondere in den Vereinigten Staaten war zu dieser Zeit allerdings noch von einer großen Zurückhaltung und dem Vertrauen in eine weitgehende Selbstregulierung des Internets geprägt.[1]

„The Internet succeeds in great measure because it is a decentralized system that encourages innovation and maximizes individual freedom. Where possible, market mechanisms that support competition and consumer choice should drive the technical management of the Internet because they will promote innovation, preserve diversity, and enhance user choice and satisfaction.“
Certain technical management functions require coordination. In these cases, responsible, private-sector action is preferable to government control. A private coordinating process is likely to be more flexible than government and to move rapidly enough to meet the changing needs of the Internet and of Internet users. The private process should, as far as possible, reflect the bottom-up governance that has characterized development of the Internet to date.“[2]

Dies zeigte sich auch in den ersten Regulierungsversuchen, insbesondere dem Communications Decency Act 1996 und dem Digital Millenium Copyright Act 1998, die von weitreichenden Haftungsprivilegien für Internetplattformen geprägt waren.[1] Diese Zurückhaltung ging Hand in Hand mit einer Überzeugung vieler Internetnutzer, dass sich das Internet aufgrund seiner scheinbaren Anonymität und grenzüberschreitenden Funktionsweisesich einer staatlichen Regulierung generell entzöge.[3] Als wichtigstes Zeugnis dieser Auffassung gilt die Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace von John Perry Barlow.

Der Glaube an ein staatlicher Regulierung gänzlich entzogenes Internet fand dabei durchaus Widerhall in der Rechtswissenschaft, etwa in einem vielbeachteten Beitrag von David R Johnson und David Post mit dem „Titel Law and Borders — The Rise of Law in Cyberspace“.[4] Er stieß aber auch auf Widerstand, für den exemplarisch der ebenfalls vielzitierte Text „Against Cyberanarchy“[5] von Jack L Goldsmith steht.

Spätestens mit den ersten prominenten Gerichtsentscheidungen, die Anfang der 2000er Jahre eine – teilweise umfassende – Zuständigkeit staatlicher Gerichte auch für Internetsachverhalte bejahten und stark zunehmenden Regulierungsbemühungen, hat die Idee eines inhärent staatlich unregulierten Internets die meisten ihrer Fürsprecher inzwischen verloren. Vielfach wird inzwischen sogar eine Überregulierung[6] und fehlende Koordination zwischen einzelstaatlichen Regelungen[7] beklagt.

Das Internet wird nicht als eigenständiges Rechtsgebiet, sondern als Querschnittsmaterie verstanden.[1] Dieser Ansatz wurde 1996 von Frank H. Easterbrook mit der Metapher verdeutlicht, es gebe ebenso auch kein Pferde-Recht („Law of the Horse“), vielmehr gehöre die rechtliche Behandlung des Verkaufs eines Pferdes, die Regulierung eines Pferderennens und die Sorgfaltspflichten für Pferdeärzte zu unterschiedlichen Rechtsgebieten.[8] Diese Auffassung wurde wiederum von Lawrence Lessig in Frage gezogen.[9]

Regelungsgegenstände

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Zum Internetrecht werden die folgenden Rechtsfragen gezählt:[10][11]

Länderberichte

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Eine internationale Harmonisierung des Internetrechts existiert nur punktuell sowie innerhalb der Europäischen Union.[1] Trotz der grenzüberschreitenden Natur des Internets sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Nutzern weiterhin national geregelt.[13]

  • Jonathan L. Zittrain: Be Careful What You Ask for: Reconciling a Global Internet and Local Law. In: Harvard Law School (Hrsg.): Public Law Research Paper. Nr. 60 (ssrn.com).
Commons: Internetrecht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Tobias Lutzi: Private International Law Online. Oxford University Press, 2020, ISBN 978-0-19-886526-1., Rn. 2.11 f.
  2. United States Department of Commerce, National Telecommunications & Information Administration, „Improvement of Technical Management of Internet Names and Addresses; Proposed Rule“, 20.2.1998, DOCID:fr20fe98-24, (1998) 63 Federal Register (No 34) 8825, 8827.
  3. Reed: Internet Law. 2. Auflage. Cambridge University Press, 2004, ISBN 978-0-521-60522-9.
  4. David R Johnson and David G Post: Law and Borders — The Rise of Law in Cyberspace. In: Stanford Law Review. Band 48, 96, S. 1367 ff.
  5. Jack L Goldsmith: Against Cyberanarchy. In: University of Chicago Law Review. Band 65, 1998, S. 1199 ff.
  6. Dan JB Svantesson: Solving the Internet Jurisdiction Puzzle. Oxford University Press, 2017, ISBN 978-0-19-886526-1., Rn. 4.71 ff., 4.93 ff.
  7. Tobias Lutzi: Private International Law Online. Oxford University Press, 2020, ISBN 978-0-19-879567-4., S. 105 ff.
  8. Frank H. Easterbrook: Cyberspace and the Law of the Horse. In: University of Chicago Legal Forum. 1996 (upenn.edu [PDF]).
  9. Lawrence Lessig: The Law of the Horse: What Cyberlaw Might Teach. In: Harvard Law Review. Band 113, Nr. 2, 1999, S. 501–549, doi:10.2307/1342331, JSTOR:1342331 (harvard.edu [PDF]).
  10. Internet Law and Practice. Thomson West, 2024, ISBN 978-93-8108250-8.
  11. Michael L. Rustad: Global Internet Law in a Nutshell. 5. Auflage. West Academic Press, 2021, ISBN 978-1-63659-086-8.
  12. Tobias Lutzi: Private international law online: internet regulation and civil liability in the EU (= Oxford private international law series). Oxford University Press, Oxford 2020.
  13. Swan: Internet Law: A Concise Guide to Regulation Around the World. Kluwer Law International, 2022, ISBN 978-94-035-4294-2.
  14. Graham Smith (Hrsg.): Internet Law and Regulation. 5. Auflage. Sweet & Maxwell, 2019, ISBN 978-0-414-04789-1.