Rolf Gutbrod
Rolf Gutbrod (* 13. September 1910 in Stuttgart; † 5. Januar 1999 in Arlesheim im Kanton Basel-Landschaft, Schweiz; vollständiger Name: Konrad Rolf Dietrich Gutbrod) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.
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Neue Liederhalle, Stuttgart 1956
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gutbrod war ein Sohn des Arztes Theodor Gutbrod und dessen Frau Eugenie Sofie, geb. Wizemann.[1] Er besuchte zunächst die Freie Waldorfschule Stuttgart, die erste Waldorfschule. Gutbrod begann in den Jahren 1929 und 1930 das Studium der Architektur an der TH Berlin-Charlottenburg unter anderem bei Jobst Siedler.[2] Ab 1930 bis 1931 und von 1932 bis 1935 setzte er seine Studien bei Paul Bonatz, Paul Schmitthenner u. a. an der Technischen Hochschule Stuttgart fort. Nach Tätigkeiten in den Büros von Gustav August Munzer und Günter Wilhelm machte er sich 1936 in Stuttgart selbständig, arbeitete 1936 bis 1937 jedoch wieder in vorgenanntem Büro.[2]
Nach dem Einsatz im öffentlichen Dienst während der Kriegsjahre nahm Gutbrod 1946 seine selbständige Tätigkeit als Architekt wieder auf, ein wichtiger Mitarbeiter aus dieser Zeit war Ottmar Besenfelder. 1947 wurde er Lehrbeauftragter für Entwerfen an der Technischen Hochschule (heute Universität) Stuttgart, ab 1957 lehrte er als Gastprofessor an der İstanbul Teknik Üniversitesi, an der auch sein 1956 verstorbener Lehrer Paul Bonatz von 1946 bis 1954 tätig gewesen war. Von 1961 bis 1972 war er Ordinarius für Innenraumgestaltung und Entwerfen in Stuttgart. Eine Gastprofessur an der University of Washington in Seattle folgte 1963.
Bekannt wurde er vor allem durch die Stuttgarter Liederhalle, gemeinsam mit Adolf Abel, das erste asymmetrische Konzerthaus der Welt, mit einer frei geschwungenen Grundrissform und dem Deutschen Pavillon für die Weltausstellung Expo 67 in Montreal, gemeinsam mit Frei Otto.
Bauten (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1937: Heizhaus der Flak-Kaserne im Fallenbrunnen in Friedrichshafen[3][4]⊙
- 1949–1950: Haus der Holzberufsgenossenschaft in Stuttgart (bekannt als LOBA-Haus), mit Ottmar Besenfelder.[5]
- 1950–1967: Industrie- und Handelskammer Stuttgart⊙
- 1950: Milchbar am Flamingosee für die Deutsche Gartenschau 1950, Höhenpark Killesberg, Stuttgart, mit Denes Holder
- 1952–1953: Verlagsbauten der Versandbuchhandlung Rieck Aulendorf in Aulendorf, mit Denes Holder[6]
- 1952: Neuwiesenschule in Ravensburg⊙[6]
- 1952: Montagehalle des Werk 2, Porsche-Automobilhersteller, Stuttgart-Zuffenhausen[7]
- 1953–1957: Fernsehstudio Villa Berg (mit Herta-Maria Witzemann und Hellmut Weber)
- 1955–1956: Studentenhaus (Clubhaus und Wohnheim) der Eberhard Karls Universität Tübingen, Wettbewerbsentwurf aus dem Jahr 1954
- 1956: Liederhalle Stuttgart, Konzerthaus (mit Adolf Abel)⊙
- 1957: Firma Rössler & Weißenberger in Stuttgart
- 1959–1965: Deutsche Botschaft Wien, Metternichgasse 3 (abgerissen)⊙
- 1960–1962: IBM-Verwaltungsgebäude in Berlin⊙
- 1962–1964: Hochhaus an der Friedrichstraße (ehemaliges VW-Hahn-Hochhaus) in Stuttgart
- 1962–1968: Wohnsiedlung in der Gropiusstadt in Berlin
- 1963–1968: Württembergische Bank in Stuttgart, am Kleinen Schlossplatz⊙
- 1964–1966: Haus der Werbung in Berlin („Dorland-Haus“) (mit Horst Schwaderer und Hermann Kiess)⊙
- 1964–1968: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln sowie Hörsaalgebäude der Universität zu Köln⊙
- 1967: Deutscher Pavillon der Weltausstellung in Montreal (mit Frei Otto u. a.)
- 1968: Freie Waldorfschule am Kräherwald in Stuttgart
- 1969–1970: Haus am Opernplatz in Berlin-Charlottenburg (mit Horst Schwaderer und Sigbert Vogt)⊙[8]
- 1974: Rudolf-Steiner-Schule in Wuppertal
- 1966–1974: Hotel und Konferenzzentrum in Mekka, Saudi-Arabien (mit Frei Otto)
- 1966–1976: Funkhaus des Süddeutschen Rundfunks (SDR) in Stuttgart („Stuttgarter Funkhaus“)
- 1981: Kulturhaus Lüdenscheid[9]⊙
- 1982: Fernsehturm Stuttgart (Neugestaltung der Inneneinrichtung des Turmkorbs)
- 1985: Kunstgewerbemuseum Berlin (nur teilweise nach Entwurf von Gutbrod)⊙
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Milchbar für die Deutsche Gartenschau 1950, Höhenpark Killesberg, Stuttgart (1950)
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Clubhaus in Tübingen (1956)
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SWR-Funkstudio in Stuttgart (1953–1957)
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Hochhaus an der Friedrichstraße in Stuttgart (1962–1964)
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Das Dorland-Haus in Berlin (1964–1966)
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Württembergische, heute Baden-Württembergische Bank in Stuttgart (1963–1968)
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Universitäts- und Stadtbibliothek Köln (1964–1968)
Preise und Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1968: Auguste-Perret-Preis (Prix Perret) der Union Internationale des Architectes (UIA) für den Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung Expo 67 in Montreal, Kanada.[10]
- 1969: Hugo-Häring-Preis für den Verwaltungsbau der Württembergischen Bank in Stuttgart[11]
- 1970: Paul-Bonatz-Preis für die Gebäude der Württembergischen Bank, Stuttgart
- 1971: Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste
- 1972: Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
- 1972: Paul-Bonatz-Preis für die Gebäude der Waldorfschule Uhlandshöhe, Stuttgart
- 1980: Aga Khan Award for Architecture für das Hotel- und Konferenzzentrum in Mekka, Saudi-Arabien
- 1983: Architekturpreis Beton für das Kulturhaus Lüdenscheid
- 1991: Bürgermedaille der Stadt Stuttgart
Nachlass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus dem Nachlass Gutbrods befindet sich ein umfangreiches Werkarchiv mit ca. 25.700 Plänen und 12.500 Fotografien im Bestand des Südwestdeutschen Archivs für Architektur und Ingenieurbau (SAAI) am Karlsruher Institut für Technologie.[12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- SAAI: Das Werk des Architekten Rolf Gutbrod (PDF; 1,6 MB) Notizen aus dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karlsruhe, Nummer 6, 2., veränderte Auflage 2000.
- Margot Dongus: Rolf Gutbrod: Studien über das Leben und Werk des Architekten. Dissertation der Universität Stuttgart, 2000; Wasmuth, Tübingen 2002, ISBN 3-8030-2100-6.
- Initiativkreis Rolf Gutbrod: Der Architekt Rolf Gutbrod – von Stuttgart nach Mekka. Festschrift zum 100. Geburtstag. Stuttgart 2010, ISBN 978-3-00-032163-4, Inhaltsverzeichnis.
- Klaus Jan Philipp (Hrsg.): Rolf Gutbrod. Bauten in den Boomjahren der 1960er. Müry Salzmann, Salzburg 2011, ISBN 978-3-99014-035-2.
- Rolf Derenbach: Exemplarische Bauwerke des Architekten Rolf Gutbrod in der Orientierungsphase des Bauens 1950–1970, Zweite, erweiterte Fassung, Bonn: Dr. Rolf Derenbach, Berlin: Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin 2019 (Publikation der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin), ISBN 978-3-96110-247-1.
- Martina Goerlich: Form außer Funktion: Rolf Gutbrods vergessenes Frühwerk in der ehemaligen Flak-Kaserne in Friedrichshafen-Schnetzenhausen. (PDF; 839 kB) In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 2019, Nr. 3, S. 157–163
- Ralf Liptau: Architekturen bilden: Das Modell in Entwurfsprozessen der Nachkriegsmoderne. Bielefeld 2019, ISBN 978-3-8376-4440-1; zu Rolf Gutbrod vor allem S. 51 ff. und S. 142 ff.
- Jörg Widmaier: Ein „Weltkloster“ für Oberschwaben, Die Verlagsbauten Rolf Gutbrods für den Buchhändler Josef Rieck in Aulendorf. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 2019, Band 48, Nr. 4, S. 276–282
- Joachim Kleinmanns: Der deutsche Pavillon der Expo 67 in Montreal. Ein Schlüsselwerk deutscher Nachkriegsarchitektur. DOM publishers, Berlin 2020, ISBN 978-3-86922-751-1, Inhaltsverzeichnis, Besprechung: [13]
- Joachim Kleinmanns: Eine Haltung, kein Stil. Das architektonische Werk von Rolf Gutbrod. Berlin 2020, ISBN 978-3-86922-757-3.
- Rolf Gutbrod. In: Die Zeit, Nr. 3/1999 (Nachruf).
Film
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rolf Gutbrod – Häuser für Menschen. Dokumentarfilm, BR Deutschland, 1974, 57 Min., Buch und Regie: Gisela Reich, Produktion: SDR Stuttgart, Filmdaten von Landesbibliographie Baden-Württemberg online.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Rolf Gutbrod im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Das Werk des Architekten Rolf Gutbrod (PDF; 1,6 MB) In: saai, (PDF; 12 S., 1,7 MB), Februar 2000
- Professor Rolf Gutbrod, Architekt (1910–1999). Häuser für Menschen. Initiativkreis Rolf Gutbrod.
Biografien
- Rolf Gutbrod. In: archINFORM.
- Rolf Gutbrod. Stadt Stuttgart.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Rolf Gutbrod. In: archINFORM.
- ↑ a b Rolf Gutbrod. ( des vom 23. April 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Stadt Stuttgart, aufgerufen am 24. Januar 2020.
- ↑ Das Werk des Architekten Rolf Gutbrod. (PDF; 1,6 MB) In: SAAI – Notizen aus dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karlsruhe, Nummer 6, 2. veränderte Auflage 2000.
- ↑ Martina Goerlich: Form außer Funktion: Rolf Gutbrods vergessenes Frühwerk in der ehemaligen Flak-Kaserne in Friedrichshafen-Schnetzenhausen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 2019, Band 48, Nr. 3, S. 157–163.
- ↑ Roman Hillmann: Die Erste Nachkriegsmoderne. Ästhetik und Wahrnehmung der westdeutschen Architektur 1945–63. Imhof, Petersberg 2011, ISBN 978-3-86568-589-6, S. 67–90.
- ↑ a b Jörg Widmaier: Ein „Weltkloster“ für Oberschwaben, Die Verlagsbauten Rolf Gutbrods für den Buchhändler Josef Rieck in Aulendorf. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 2019, Band 48, Nr. 4, S. 276–282.
- ↑ Porsche-Jubiläum: Seit 80 Jahre schlägt das Herz von Porsche in Zuffenhausen. Abgerufen am 10. März 2022.
- ↑ Das Werk des Architekten Rolf Gutbrod. Abgerufen am 7. Januar 2024.
- ↑ Kulturhaus Lüdenscheid - Chronik. Abgerufen am 12. Oktober 2022.
- ↑ Ulla Hanselmann: Jahrhundert-Architektur aus Stuttgart. Ein Zelt für „Swinging Germany“ – Bild 7. In: Stuttgarter Zeitung, 7. Januar 2020.
- ↑ Hugo-Häring-Preise 1969 bis 2000. ( vom 23. Januar 2016 im Internet Archive) In: BDA Baden-Württemberg.
- ↑ Rolf Gutbrod (1910–1999). In: saai, aufgerufen am 24. Januar 2020.
- ↑ Ulla Hanselmann: Jahrhundert-Architektur aus Stuttgart. Ein Zelt für „Swinging Germany“. In: Stuttgarter Zeitung, 7. Januar 2020, mit Fotostrecke.
Personendaten | |
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NAME | Gutbrod, Rolf |
ALTERNATIVNAMEN | Gutbrod, Konrad Rolf Dietrich (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 13. September 1910 |
GEBURTSORT | Stuttgart |
STERBEDATUM | 5. Januar 1999 |
STERBEORT | Arlesheim |