Sand gegen Meer
Sand gegen Meer (niederländisch zand tegen zee) ist eine neue Bauweise beim Küstenschutz in den Niederlanden. Umfangreiche Sandaufspülungen in naturnaher Gestaltung formen eine Dünen- und Strandlandschaft, die einen sanften Übergang vom Meer zum Land bilden. Die erste praktische Anwendung dieser Methode erfolgte bei den Hondsbosschen Dünen in Nordholland zwischen Petten und Camperduin. Ein ähnliches Küstenschutzprojekt ist der Sandmotor in Südholland, bei dem ein vergleichbares Sandvolumen bewegt wurde.
Geschichte
BearbeitenDurch ihre geografische Lage kämpfen die Niederlande seit Urzeiten mit und gegen die Fluten der Nordsee. Fast ein Drittel des Landes liegt unter dem Meeresspiegel, sodass ohne die umfangreichen Deichbaumaßnahmen die Hälfte des Landes unter Wasser stünde. Verheerende Sturmfluten erteilten den Arbeiten immer wieder herbe Rückschläge. In der Folge wurden die Deiche weiter erhöht und/oder durch massives Deckwerk befestigt.
Die letzte Sturmflut im Februar 1953 zeigte deutlich die Schwächen im Deichbau und der nachlassenden Sorgfalt in der Erhaltung und Wartung der Deiche. Um eine Wiederholung einer solchen Katastrophe zu verhindern, wurde der Plan für die Deltawerke ins Leben gerufen, der den Höhepunkt der großen wasserbautechnischen Projekte in den Niederlanden darstellt. Durch riesige Absperrbauwerke im gesamten Rhein-Maas-Delta wurde die Deichlinie extrem verkürzt und alle Deiche an der Nordsee erhielten eine neue Ausbauhöhe von 11,5 Meter über NAP (Normaal Amsterdams Peil).
Zukunft
BearbeitenDurch die Klimaveränderungen wird ein Anstieg des Nordseewasserspiegels erwartet.[1] Daher denkt man in den Niederlanden über weiteren Küstenschutz nach und untersucht die Deiche auf ihre Schwachpunkte.[2] Grundlage ist ein statisch ermittelter Nordseewasserstand für ein Ereignis, das ein Mal in 10.000 Jahren (10.000-jährliches Hochwasser) auftritt z. B. eine extreme Springflut in Kombination mit heftigem Nordweststurm. Eine Springflut wird durch bestimmte Konstellationen von Mond und Sonne hervor gerufen und bringt deutlich höhere Tidewasserstände als normal. Bei anhaltenden Nordweststurm in Orkanstärke wird durch Windstau das Ablaufen des Wassers bei Ebbe verhindert, sodass bei der nächsten Flut noch höhere Wasserstände befürchtet werden müssen.
Der Seedeich zwischen Petten und Camperduin
BearbeitenEine schwere Sturmflut im Mittelalter zerstörte 1421 das Dünengebiet zwischen Petten und Camperduin. Als Ersatz errichteten die Holländer den Seedeich „Hondsbossche und Pettemer Zeeweering“. Doch der aus Sand gebaute Deich brach immer wieder. Erst 1880 erhielt der Deich seine heutige Form und in der Folgezeit auf seiner Seeseite eine starke Befestigung durch Asphalt und Basaltblöcke. Mit dem Deltaplan wurde 1977 bis 1981 die Deichhöhe auch hier nochmals angepasst.
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Seedeich Blickrichtung Norden (2006)
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Seedeich Blickrichtung Süden (2005)
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Deichbefestigung
Hondsbossche Dünen
BearbeitenUntersuchungen im Jahr 2004 zeigten, dass der „Hondsbossche“ eines von acht schwachen Gliedern in der Deichkette der niederländischen Küste darstellt und einem 10.000-jährigen Hochwasserereignis nicht Stand halten würde.[3] Da man seit Ende des 20. Jahrhunderts in den Niederlanden über neue Methoden des Küstenschutzes nachdachte, beschlossen die zuständigen öffentlichen Verwaltungen (Rijkswaterstaat, Provinzregierungen und Wasserverbände) keine traditionelle Deichverstärkung durchzuführen. Statt weiteren künstlichen Befestigungen und Deicherhöhungen sollte ein 250 Meter breiter Dünen- und Strandstreifen angelegt werden, der dem alten Deich vorgelagert ist.
Die Durchführung der Baumaßnahme erfolgte in den Jahren 2013 bis 2015 und es entstanden mit 35 Millionen Kubikmetern Sand die Hondsbosschen Dünen.[4] Sie bilden die Verbindung der Dünengebiete des Zwanenwaters mit den Schoorlser Dünen, dem breitesten Naturgebiet entlang der niederländischen Küste. Der nun flach auslaufende Strand bewirkt ein Brechen der Wellen weit vor der Küste, sodass der Wellenschlag auf den Strand und die Dünen stark reduziert wird. Dies stellt eine natürliche und nachhaltige Lösung dar. Einerseits folgt der Sand der Bewegung des Wassers beim Anstieg des Meeresspiegels und andererseits kann abgetragener Sand leicht wieder ersetzt werden. Bei der Küstenverstärkung durch Sand hilft die Natur bei der Arbeit und macht dadurch die Maßnahmen kostengünstiger.
Anstelle eines kaum nutzbaren und unattraktiven Küstenstreifens entstand ein neuer acht Kilometer langer Sandstrand, der am südlichen Übergang zu den Schoorlser Dünen eine künstliche Lagune erhielt. Mit der Anlage von neuen Rad- und Wanderwegen, Strandabgängen und Aussichtsdünen wurden die Attraktivität gesteigert und neue Möglichkeiten für Erholung und Tourismus geschaffen.
Mit der Sandvorlagerung vergrößerte sich das Gemeindegebiet von Petten und erreichte das ehemalige Dorfzentrum, das vor Jahrhunderten bei einer Sturmflut verloren ging. Zur Erinnerung wurde an der Stelle der Dorfkirche am Strand eine Gruppe von Stelen aus Holz aufgestellt.
Auch die Natur profitiert durch neue Naturzonen wie dem Wechsel von ruhigen, feuchten Dünentälern mit trockenen Dünenkämmen. Dabei wurde der alte Deich integriert und bleibt für den Tourismus sichtbar. Bei der laufenden Überwachung werden die Vögel gezählt und die Pflanzen untersucht, die den Flugsand zurückhalten sollen. Die Höhe und Breite von Dünen und Strand werden regelmäßig kontrolliert, um die Zuverlässigkeit des Küstenschutzes nachzuweisen. Das Informationszentrum „zand tegen zee“[5] in Petten zeigt die Historie und die Baumaßnahmen in Wort und Bild.
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Die neue Panoramadüne am Strand von Petten – Blickrichtung Norden (2015)
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Hondsbossche Dünen mit sichtbarem alten Deich – Blick von Panoramadüne Richtung Süden (2015)
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Die Position der alten Dorfkirche von Petten (2017)
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Andreas Gebbing: Klimaschutzpolitik in den Niederlanden. Westf. Wilhelms-Universität Münster, September 2010, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 19. September 2016; abgerufen am 20. Februar 2017.
- ↑ Ronny Vergouwe: The National Flood Risk Analysis for the Netherlands. (PDF) Rijkswaterstaat VNK Project Office, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 21. März 2016; abgerufen am 23. Januar 2017 (englisch).
- ↑ Zwakke Schakels. Rijkswaterstaat Project HWBP-2, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. März 2016; abgerufen am 23. Januar 2017 (niederländisch).
- ↑ Annette Birschel: Hochwasserschutz: Die Niederlande bauen Strände gegen den Klimawandel - WELT. welt.de, 10. November 2014, abgerufen am 23. Januar 2017.
- ↑ Kust op kracht. Gemeente Schagen, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2017; abgerufen am 4. Februar 2017 (niederländisch).
Koordinaten: 52° 44′ 41″ N, 4° 38′ 43″ O